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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_703/2022  
 
 
Urteil vom 1. September 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hübscher, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Fallabschluss), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 18. Oktober 2022 (VBE.2022.67). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1963 geborene A.________ war als Leiter Kundendienst bei der B.________ AG tätig und dadurch obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) versichert. Am 9. März 2016 kollidierte der von ihm gelenkte Lieferwagen mit einem entgegenkommenden Personenwagen seitlich frontal. Gemäss Austrittsbericht des Spitals C.________ vom 9. März 2016 erlitt A.________ eine Kontusion der Halswirbelsäule (HWS), der Schulter und des Thorax links. Die Suva erbrachte Taggeld- und Heilbehandlungsleistungen. Mit Verfügung vom 29. August 2017 und Einspracheentscheid vom 9. Mai 2018 verneinte sie einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den noch bestehenden, organisch nicht (hinreichend) nachweisbaren Beschwerden und stellte ihre Leistungen per 31. August 2017 ein. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 19. Februar 2020 gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zu weiteren Abklärungen und zur Neuverfügung an die Suva zurück.  
 
A.b. Die Suva liess A.________ daraufhin durch die asim Begutachtung, Universitätsspital Basel (asim), polydisziplinär (internistisch, psychiatrisch, rheumatologisch, neurologisch, neuropsychologisch und otorhinolaryngologisch) untersuchen (Expertise vom 18. März 2021). Mit Verfügung vom 12. Juli 2021 stellte sie die Versicherungsleistungen auf den 31. Dezember 2018 ein. Sie begründete dies damit, dass ab Ende 2018 von weiteren Behandlungsmassnahmen keine namhafte Besserung mehr zu erwarten gewesen sei und die noch über diesen Zeitpunkt hinaus geklagten, organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beschwerden in keinem adäquaten Kausalzusammenhang zum Unfall stünden. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 11. Januar 2022 fest.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht mit Urteil vom 18. Oktober 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils seien ihm die gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung über Ende Dezember 2018 hinaus zuzusprechen, insbesondere eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung. 
Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 304 E. 1.1; je mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Die Vorinstanz legte die Rechtsgrundlagen zur Beurteilung der Streitsache zutreffend dar. Dies betrifft die Ausführungen über das gemäss den übergangsrechtlichen Regelungen zur Änderung des UVG vom 25. September 2015 anwendbare Recht sowie über den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 4 ATSG) erforderlichen natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (BGE 142 V 435 E. 1; 129 V 177 E. 3.1 f.), insbesondere die Grundsätze der Adäquanzprüfung nach der sogenannten Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109). Richtig sind auch die Darlegungen betreffend die Voraussetzungen des Fallabschlusses mit Einstellung von Heilbehandlung und Taggeld (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4.3). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung des Einspracheentscheids vom 11. Januar 2022 einen Leistungsanspruch des Beschwerdeführers über den 31. Dezember 2018 hinaus verneinte. Im Fokus steht dabei ihre Adäquanzprüfung bezüglich der organisch nicht hinreichend ausgewiesenen Restbeschwerden (vgl. vorstehende E. 2). 
 
3.1. Die Vorinstanz erachtete nach Würdigung der medizinischen Unterlagen den mit einer Einstellung der vorübergehenden Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld) einhergehenden Fallabschluss per Ende Dezember 2018 als zulässig. Dem polydisziplinären Gutachten der asim vom 18. März 2021 mass sie dabei vollen Beweiswert zu. Sie erkannte, es sei gestützt darauf anzunehmen, dass der Beschwerdeführer beim Unfall vom 9. März 2016 eine HWS-Distorsion erlitten habe. Es liege ein für diese Verletzung typisches Beschwerdebild vor (Kopfschmerzen, zervikothorakales Schmerzsyndrom, muskuläre Verspannungen im HWS-Bereich, neuropsychologische Störungen, Konzentrationsstörungen, Energiemangel und Schlafstörungen; vgl. BGE 134 V 109 E. 6.2.1). Für die im Zeitpunkt der Leistungseinstellung noch persistierenden Beschwerden, soweit sie zumindest teilweise natürlich unfallkausal seien, liesse sich kein objektivierbares organisches Korrelat finden (vgl. dazu BGE 138 V 248 E. 5.1). Spätestens im Zeitpunkt der ersten Begutachtung Ende 2018 sei durch weitere Behandlungen keine namhafte Verbesserung der unfallbedingten Gesundheitsschäden mehr zu erreichen gewesen.  
 
3.2. Die Vorinstanz erachtete ferner die im psychiatrischen Gutachten der asim festgehaltene psychische Symptomatik als nicht ganz im Vordergrund stehend, weshalb sie die Beurteilung der Adäquanz der Restbeschwerden nach der Schleudertrauma-Praxis vornahm. Ausgehend von einem mittelschweren Unfall im engeren Sinn bejahte sie das Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände bzw. der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls, jedoch nicht in besonders ausgeprägt erfüllter Form. Das Kriterium der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen liege jedenfalls nicht in ausgeprägter Weise vor. Daher und mangels weiterer Adäquanzkriterien verneinte die Vorinstanz einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den über den 31. Dezember 2018 hinaus geklagten Beschwerden.  
 
4.  
 
4.1. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, verfängt nicht. Er rügt allein die Adäquanzbeurteilung der Vorinstanz als rechtsverletzend, wobei er sich nicht gegen die Qualifikation des Unfallgeschehens als mittelschweres Ereignis im engeren Sinn wendet. Er macht einzig geltend, das Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände oder der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls sei in ausgeprägter Weise gegeben.  
 
4.2. Hinsichtlich des Unfallhergangs vom 9. März 2016 ist unbestritten, dass der Lieferwagen des Beschwerdeführers auf einer Hauptstrasse mit signalisierter Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h seitlich mit einem entgegenkommenden Personenwagen kollidierte, dabei infolge der linksseitigen Kollision nach rechts kippte und auf den Geleisen der Bahn D.________ zu stehen kam. Unbestritten ist ferner, dass Seiten- und Kopf-Airbag linksseitig ausgelöst wurden und der Beschwerdeführer selbstständig das Fahrzeug verlassen konnte, eine Bewusstlosigkeit wurde verneint.  
 
4.3. Mit der Vorinstanz ist zu betonen, dass sich das Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände oder der besonderen Eindrücklichkeit praxisgemäss objektiv und nicht aufgrund des subjektiven Empfindens beziehungsweise Angstgefühls der versicherten Person beurteilt. Jedem mindestens mittelschweren Unfall ist eine gewisse Eindrücklichkeit eigen, die somit noch nicht für eine Bejahung des Kriteriums ausreichen kann (Urteil 8C_500/2022 vom 4. Mai 2023 E. 5.2.3 mit Hinweis auf Urteil 8C_100/2011 vom 1. Juni 2011 E. 3.5.1, nicht publ. in: BGE 137 V 199, aber in: SVR 2012 UV Nr. 2 S. 3). Das Kriterium kann als erfüllt gelten, wenn objektiv eine unmittelbare Lebensbedrohung bestand (Urteile 8C_500/2022 vom 4. Mai 2023 E. 5.2.3; 8C_799/2008 vom 11. Februar 2009 E. 3.2.3; 8C_257/2008 vom 4. September 2008 E. 3.3.3).  
Eine solche behauptet der Beschwerdeführer zwar, indem er geltend macht, eine Bahn sei herangefahren und in seinem Fahrzeug hätte sich Rauch entwickelt. Solches ist hingegen weder im Polizeirapport vom 26. April 2016 noch in den weiteren Unfallakten dokumentiert. Objektive Umstände mit einem unmittelbar lebensbedrohenden Charakter bestanden demnach nicht. Dass der Beschwerdeführer nicht wusste, dass die Rauchentwicklung in der Airbagöffnung gründete, ändert daran mit Blick auf die anzuwendende objektive Betrachtungsweise nichts. Die Vorinstanz ging überdies davon aus, dass sich der Unfall bei Tageslicht bzw. guten Sichtverhältnissen und an übersichtlicher Stelle zugetragen habe und sich die Bahn nicht mit hoher Geschwindigkeit hätte nähern können, da die Strecke grundsätzlich kurvenreich und eine Haltestelle nahe gewesen sei. In Berücksichtigung dieser Umstände hätte der Lokführer, gemäss Auffassung der Vorinstanz, rechtzeitig den Unfallwagen erkennen und halten können. Dass der rechtserhebliche Sachverhalt im angefochtenen Urteil fehlerhaft festgestellt und damit der Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 ATSG) verletzt worden wäre, wird nicht gerügt. Der vorinstanzliche Schluss, wonach das Kriterium der besonders dramatischen Begleitumstände oder der besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls nicht in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist, hält nach dem Gesagten vor Bundesrecht stand. Damit hat es beim vorinstanzlichen Urteil sein Bewenden. 
 
5.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. September 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla