Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_66/2024  
 
 
Urteil vom 27. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterinnen Moser-Szeless, Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Bögli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Volker Pribnow, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
SWICA Personalvorsorgestiftung, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge (Hinterlassenenleistung; Lebenspartnerrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. November 2023 (BV.2023.00046). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ sel., geb. 1973, war seit dem 1. April 2011 bei der SWICA Personalvorsorgestiftung berufsvorsorgeversichert. Am 2. November 2012 meldete er der C.________ Vorsorge AG, dass er seit dem 1. Dezember 2008 mit A.________ zusammenlebe und am xxx März 2011 der gemeinsame Sohn D.________ geboren worden sei. Am yyy November 2017 verstarb B.________ sel. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2017 teilte die C.________ Vorsorge AG namens der SWICA Personalvorsorgestiftung A.________ mit, dass kein Anspruch auf eine Lebenspartnerrente bestehe. Nach mehrfachen Anfragen bestätigte die SWICA Personalvorsorgestiftung mit Schreiben vom 3. August 2021 das Festhalten an dieser Einschätzung. 
 
B.  
Daraufhin erhob A.________ am 6. Juni 2023 Klage beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und ersuchte um die Ausrichtung einer Lebenspartnerrente. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 22. November 2023 ab. 
 
C.  
A.________ lässt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und die Ausrichtung einer Lebenspartnerrente beantragen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Lebenspartnerrente verneint hat. 
 
3.  
 
3.1. Gemäss Art. 20a Abs. 1 BVG können die Vorsorgeeinrichtungen in ihrem Reglement neben den Anspruchsberechtigten gemäss Art. 19 (überlebender Ehegatte), 19a (überlebende eingetragene Partnerin oder überlebender eingetragener Partner) und 20 BVG (Waisen) auch weitere Personen für Hinterlassenenleistungen als Begünstigte vorsehen. Dies gilt namentlich für natürliche Personen, die vom Versicherten in erheblichem Mass unterstützt worden sind, oder die Person, die mit diesem in den letzten fünf Jahren bis zum Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat oder die für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss (Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG).  
 
3.2. Im weitergehenden berufsvorsorgerechtlichen Bereich sind die Vorsorgeeinrichtungen sodann auch in der Gestaltung ihrer Leistungen - im Rahmen des Gesetzes und unter Berücksichtigung der verfassungsmässigen Schranken (wie Rechtsgleichheit, Willkürverbot und Verhältnismässigkeit; vgl. BGE 140 V 348 E. 2.1) - grundsätzlich frei (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 6 und 49 Abs. 2 BVG; Urteil 9C_369/2020 vom 15. März 2021 E. 3.1). Die diesbezüglichen Rechtsbeziehungen zwischen versichertem Arbeitnehmer und privater Vorsorgeeinrichtung werden durch den - den Innominatverträgen sui generis zugeordneten - Vorsorgevertrag geregelt (vgl. BGE 141 V 162 E. 3.1.1; Urteil 9C_85/2021 vom 9. August 2021 E. 3.2 mit Hinweisen, in: SVR 2022 BVG Nr. 11 S. 37).  
 
3.3. Eine Vorsorgeeinrichtung muss nicht alle der in Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG aufgezählten Personen begünstigen und kann den Kreis der Anspruchsberechtigten enger fassen als im Gesetz umschrieben. Insbesondere ist sie befugt, von einem restriktiveren Begriff der Lebensgemeinschaft auszugehen. Denn die Begünstigung der in Art. 20a Abs. 1 BVG genannten Personen gehört zur weitergehenden bzw. überobligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 3 BVG und Art. 89a Abs. 6 Ziff. 3 ZGB). Die Vorsorgeeinrichtungen sind somit frei zu bestimmen, ob sie überhaupt und für welche dieser Personen sie Hinterlassenenleistungen vorsehen wollen. Zwingend zu beachten sind lediglich die in lit. a-c von Art. 20a Abs. 1 BVG aufgeführten Personenkategorien und die Kaskadenfolge. Umso mehr muss es den Vorsorgeeinrichtungen daher grundsätzlich erlaubt sein, etwa aus Gründen der Rechtssicherheit (Beweis anspruchsbegründender Umstände) oder auch im Hinblick auf die Finanzierbarkeit der Leistungen, den Kreis der zu begünstigenden Personen enger zu fassen als im Gesetz umschrieben (BGE 144 V 327 E. 1.1; 142 V 233 E. 1.1; 137 V 383 E. 3.2; 136 V 49 E. 3.2; je mit Hinweisen).  
 
3.4. Die Beschwerdegegnerin machte von der Ermächtigung gemäss Art. 20a Abs. 1 BVG Gebrauch und regelte in ihrem ab 1. Januar 2017 gültigen, vorliegend anwendbaren "Vorsorgereglement" (nachfolgend: Reglement) mit Art. 14.1 die Anspruchsberechtigung auf eine Lebenspartnerrente wie folgt:  
Der unverheiratete Lebenspartner eines unverheirateten Versicherten hat ebenfalls Anspruch auf eine Ehepartnerrente, falls er die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt; 
-er war mit dem verstorbenen Versicherten nicht verwandt; und 
-er hat das 45. Altersjahr vollendet; und 
-er hat entweder in den letzten fünf Jahren bis zum Tod des verstorbenen Versicherten ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt, oder muss für den Unterhalt eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen. 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht hat - nicht offensichtlich unrichtig und deshalb für das Bundesgericht verbindlich (E. 1) - festgestellt, dass die 1974 geborene Beschwerdeführerin zwar für ein gemeinsames Kind aufkommen muss, im Zeitpunkt des Todes ihres Lebenspartners im November 2017 jedoch das 45. Altersjahr noch nicht vollendet und damit die Voraussetzungen von Art. 14.1 des Reglements nicht erfüllt hat.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie die Voraussetzungen von Art. 14.1 des Reglements nicht erfüllt. Sie macht hingegen geltend, die Altersschwelle sei nicht anwendbar, da sie sachlich unangemessen sei. Es müsse ein Unterschied zwischen hinterbliebenen Partnern mit und ohne minderjährige Kinder gemacht werden. Wenn ein Elternteil versterbe, so habe der Eintritt dieses Risikos keinen Bezug oder Zusammenhang mit dem Alter des überlebenden Elternteils oder der Dauer des Zusammenlebens, sondern einzig mit dem Alter bzw. der Bedürftigkeit des gemeinsamen Kindes. Das Alter des überlebenden Partners sei daher ein sachfremdes Kriterium. Die Einführung eines zivilstandsunabhängigen Betreuungsunterhalts per 1. Januar 2017 zeige auch aus familienrechtlicher Sicht, dass bei unterstützungspflichtigen Kindern das Kriterium einer Altersgrenze nicht gerechtfertigt und daher unzulässig sei. Weiter seien Eltern während der betreuungsintensiven Zeit des Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalters üblicherweise unter 45 Jahre alt. Im Scheidungs- oder Trennungsfall werde vom hauptbetreuenden Elternteil mit dem Schulstufensystem eine Erwerbstätigkeit von 50 % bei Schuleintritt und von 80 % ab der Sekundarstufe I erwartet. Erst wenn das jüngste Kind 16 Jahre alt sei, werde ein Vollzeitpensum gefordert. Art. 14.1 des Reglements führe jedoch dazu, dass jüngere hinterlassene Elternteile, denen keine oder nur eine eingeschränkte Erwerbstätigkeit zumutbar sei, keine Hinterlassenenrente erhielten, während Elternteile über 45 Jahre, deren Kinder meist schon in der Oberstufe seien und keine intensive Betreuung mehr benötigten, Anspruch auf eine Rente hätten. Der Ausschluss von hinterbliebenen unverheirateten Elternteilen unter 45 Jahren von einer Hinterlassenenrente sei diskriminierend und willkürlich, da kein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung vorliege. Die Reglementsbestimmung laufe dem Zweck, die negativen wirtschaftlichen Folgen des Todes eines zuvor unterstützungspflichtigen Elternteils zu mildern, diametral entgegen. Wenn eine Altersgrenze überhaupt zulässig sein sollte, so sei diese mit 45 Jahren jedenfalls viel zu hoch angesetzt, da sie zum Ausschluss der Mehrzahl der Anspruchsberechtigten führe, weshalb sie unverhältnismässig sei. Das rein finanzielle Interesse der Vorsorgeeinrichtung könne keine Rechtfertigung darstellen.  
 
4.2.2. Die Vorinstanz führt im angefochtenen Urteil aus, durch die allgemeine Altersgrenze von 45 Jahren als Voraussetzung für eine Lebenspartnerrente sollte der anpruchsberechtigte Personenkreis verkleinert werden, was bundesrechtskonform sei. Bei Hinterbliebenenleistungen sei im Sozialversicherungsrecht eine Altersschwelle von 45 Jahren weit verbreitet. Es sei in Art. 14.1 des Reglements daher weder eine Verletzung von Grundsätzen der Gleichbehandlung der Destinatäre noch der Angemessenheit und auch keine Verletzung der Kollektivität und Planmässigkeit zu erkennen, weshalb die Bestimmung anwendbar sei.  
 
4.3.  
 
4.3.1. Wie das kantonale Gericht zutreffend darlegt sind Altersschwellen im Sozialversicherungsrecht durchaus üblich (vgl. etwa Art. 24 Abs. 1 AHVG, Art. 29 Abs. 3 UVG, Art. 19 Abs. 1 BVG), auch wenn diese üblicherweise lediglich hinterbliebene Ehepartner ohne Kinder betreffen.  
 
4.3.2. Soweit sich die Beschwerdeführerin mit Bezug auf den zivilstandsunabhängigen Betreuungsunterhalt implizit darauf beruft, eine Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten hinterbliebenen Elternteilen sei rechtswidrig, ist ihr zu widersprechen. Rechtsprechungsgemäss verstösst die Statuierung unterschiedlicher Voraussetzungen für verheiratete und unverheiratete Paare nicht gegen das Rechtsgleichheitsgebot; dies insbesondere mit Blick darauf, dass Letztere keine gesetzliche gegenseitige Unterhaltspflicht trifft, sondern im Grundsatz und vom Umfang her lediglich eine moralische gegenseitige Unterstützungspflicht, weshalb sie denn auch nach dem Tod des Partners nicht mit entsprechenden Ersatzleistungen rechnen können (vgl. BGE 137 V 105 E. 9.3 f.; Urteil 9C_655/2021 vom 3. Februar 2023 E. 4.3.4). Zudem lässt auch der gesetzliche Rahmen eine Privilegierung der hinterlassenen Ehegatten gegenüber den hinterlassenen Lebenspartnern erkennen (vgl. Art. 19 und 20a Abs. 1 BVG; BGE 136 V 49 E. 4.6). Die Ausführungen der Beschwerdeführerin bezüglich der Witwenrente von AHV und BVG sind daher unbeachtlich.  
 
4.3.3. Nachdem Art. 20a Abs. 1 BVG eine Kann-Vorschrift darstellt, also auf eine Begünstigung weiterer Personen überhaupt verzichtet werden kann, müssen - im Rahmen gewisser verfassungsrechtlicher Prinzipien (rechtsgleiche Behandlung, Willkürverbot, Verhältnismässigkeit) - auch restriktive Lösungen gestattet sein (BGE 138 V 86 E. 4.2). Das Bundesgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass es zulässig ist, den Anspruch auf eine Lebenspartnerrente unabhängig vom Vorhandensein von gemeinsamen Kindern an weitere Voraussetzungen zu knüpfen, wie beispielsweise eine vorgängige Begünstigtenerklärung per Formular (BGE 142 V 233 E. 2.1) oder eine bestimmte Mindestdauer des Zusammenlebens (BGE 137 V 383 E. 3.3). Wenn es zulässig ist, eine Lebenspartnerrente auch beim hinterbliebenen Elternteil eines gemeinsamen Kindes nur dann auszurichten, wenn die Partner zuvor während fünf Jahren einen gemeinsamen Haushalt geführt haben, so kann auch nichts dagegen einzuwenden sein, neben dem Vorhandensein von gemeinsamen Kindern zusätzlich eine - im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich erlaubte (vgl. E. 4.3.1; siehe auch BGE 137 V 383 E. 3) - Altersgrenze für den Leistungsanspruch festzulegen. Eine Pflicht zur Ungleichbehandlung von hinterbliebenen Lebenspartnern mit und ohne gemeinsame Kinder, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, würde Bundesrecht verletzen.  
 
5.  
Zusammenfassend hat das Sozialversicherungsgericht durch das Verneinen eines Anspruchs der Beschwerdeführerin auf eine Lebenspartnerrente kein Bundesrecht verletzt. Ein Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot, das Willkürverbot oder die Verhältnismässigkeit ist nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist abzuweisen. 
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 27. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bögli