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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5D_155/2023  
 
 
Urteil vom 7. November 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kanton St. Gallen, 
vertreten durch die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Rechnungswesen, 
St. Georgenstrasse 13, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter für Beschwerden SchKG, vom 11. Juli 2023 (BES.2023.44-EZS1). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Entscheid vom 2. Juni 2023 erteilte das Kreisgericht St. Gallen dem Kanton St. Gallen in der gegen A.________ geführten Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes der Stadt St. Gallen definitive Rechtsöffnung für Fr. 1'300.-- nebst 5 % Zins seit 10. März 2023 sowie für Fr. 360.--. Als Rechtsöffnungstitel reichte der Kanton St. Gallen fünf jeweils mit einer Rechtskraftbescheinigung versehene Strafbefehle ein (Strafbefehl vom 6. April 2022 mit einem Rechnungsbetrag von Fr. 350.--, Strafbefehl vom 18. August 2022 mit einem Rechnungsbetrag von Fr. 310.--, Strafbefehl vom 19. August 2022 mit einem Rechnungsbetrag von Fr. 290.--, Strafbefehl vom 14. September 2022 mit einem Rechnungbetrag von Fr. 420.--, Strafbefehl vom 26. Oktober 2022 mit einem Rechnungsbetrag von Fr. 290.--). 
 
B.  
A.________ erhob am 23. Juni 2023 beim Kantonsgericht des Kantons St. Gallen Beschwerde gegen den Entscheid des Kreisgerichts St. Gallen vom 2. Juni 2023. Auf das Ausstandsgesuch, welches ebenfalls mit Eingabe vom 23. Juni 2023 gestellt wurde, trat der Kantonsgerichtspräsident am 30. Juni 2023 nicht ein, wobei dem Weiterzug dieses Zwischenentscheids an das Bundesgericht kein Erfolg beschieden war (Urteil 5D_150/2023 vom 28. September 2023). Mit Entscheid vom 11. Juli 2023 wies das Kantonsgericht schliesslich die Beschwerde gegen den Rechtsöffnungsentscheid ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Gegen den Entscheid des Kantonsgerichts vom 11. Juli 2023 ist A.________ mit Eingabe vom 16. August 2023 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids und die Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens. Eventuell sei die Rechtsöffnung in dem einen Fall (von fünf) zu erteilen, in welchem er den erhaltenen Umschlag mit dem Strafbefehl geöffnet habe. Mit Verfügung vom 17. August 2023 hat das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid des Kantonsgerichts, das als kantonale Rechtsmittelinstanz über ein Rechtsöffnungsbegehren, mithin eine Schuldbetreibungssache, entschieden hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Aufgrund des unter Fr. 30'000.-- liegenden Streitwerts (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) und mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG) ist die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu behandeln (Art. 113 ff. BGG).  
 
1.2. Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Verfassungsrügen müssen gemäss dem strengen Rügeprinzip von Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet werden. Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 142 III 364 E. 2.4; 133 II 396 E. 3.1).  
 
2.  
 
2.1. Nachdem der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 2. Mai 2023 sinngemäss die gültige Eröffnung der als Rechtsöffnungstitel eingereichten Strafbefehle bestritten hatte, hat das Kreisgericht ausnahmsweise einen zweiten Schriftenwechsel angeordnet. Der Betreibungsgläubiger hat daraufhin zahlreiche Belege eingereicht und dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Strafbefehle nicht nur erhalten, sondern auch darauf reagiert habe und den Vorladungen unentschuldigt ferngeblieben sei. Gestützt auf die vom Betreibungsgläubiger eingereichten Beweismittel hat das Kreisgericht in der Folge sowohl die ordnungsgemässe Eröffnung als auch die Vollstreckbarkeit für alle fünf vorgelegten Strafbefehle als gegeben erachtet. Mit Bezug auf diejenigen Verfahren, welche Gegenstand der Einsprache gewesen wären und in welchen der Schuldner überhaupt Einsprache erhoben habe, trete die Rechtsfolge von Art. 355 Abs. 2 StPO ein. Demnach gelte die Einsprache als zurückgezogen, wenn eine Einsprache erhebende Person trotz Vorladung einer Einsprache unentschuldigt fernbleibe. Folglich handle es sich bei den fünf gegen den Schuldner ergangenen Strafbefehlen um definitive Rechtsöffnungstitel für die darin ausgewiesenen Forderungen. Bezüglich der Pflicht zur Leistung von Verzugszinsen auf Verfahrenskosten in der Höhe von 5 % hat das Kreisgericht auf Art. 442 Abs. 2 StPO verwiesen.  
 
2.2. Das Kantonsgericht hat - unter Verweis auf das Urteil des Bundesgerichts 5A_873/2022 vom 23. Januar 2023 E. 3 sowie die Ausführungen im erstinstanzlichen Rechtsöffnungsentscheid - erwogen, dass die Beanstandungen des Schuldners zur Darstellung seines Namens nicht nachvollziehbar seien, würden doch sowohl sein Familienname als auch sein Vorname auf den Strafbefehlen, dem Zahlungsbefehl und den übrigen relevanten Dokumenten korrekt aufgeführt; ein Komma oder gar die Schreibweise über zwei Zeilen seien nicht Teil des amtlichen Namens. Die diesbezüglichen Einwendungen seien haltlos. Das Kreisgericht sei richtigerweise davon ausgegangen, dass der Betreibungsgläubiger mit den 5 rechtskräftigen Strafbefehlen über definitive Rechtsöffnungstitel verfüge. Es sei nicht Aufgabe des Rechtsöffnungsrichters, die zu vollstreckenden Entscheide, hier die 5 Strafbefehle, inhaltlich zu überprüfen.  
 
3.  
Das sinngemässe Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe ihre Begründungspflicht gemäss Art. 29 Abs. 2 BV verletzt und damit eine Rechtsverweigerung begangen, verfängt nicht. Dem angefochtenen Entscheid lassen sich ohne Weiteres die wesentlichen Punkte und Überlegungen entnehmen, von denen die Vorinstanz sich hat leiten lassen und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 136 I 229 E. 5.2). 
 
4.  
In der Sache ist strittig, ob der Betreibungsgläubiger mit den vorgelegten Strafbefehlen über definitive Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80 Abs. 1 SchKG in Verbindung mit Art. 354 Abs. 3 StPO verfügt. 
 
4.1. Der Beschwerdeführer erklärt vor Bundesgericht, dass er sein Vorbringen, er sei verschiedentlich nicht mit seinem amtlichen Namen gemäss Ausweis angeschrieben worden (weshalb ihn die betreffenden Akte gar nicht betreffen könnten), trotz gegenteiliger Überzeugung nicht mehr weiterverfolge. Er sieht sich durch den angefochtenen Entscheid jedoch in seinen verfassungsmässigen Rechten verletzt und führt zur Begründung aus, er erwarte keineswegs eine inhaltliche Überprüfung der erlassenen Strafbefehle, sondern bloss eine Beweiswürdigung hinsichtlich des formellen Erfordernisses einer persönlichen handschriftlichen Unterschrift auf jedem der fraglichen Strafbefehle. Den diesbezüglichen Beweis habe der Betreibungsgläubiger nicht erbracht, da er die retournierten Briefumschläge mit dem behaupteten Inhalt dem Rechtsöffnungsrichter nicht in ungeöffnetem Zustand vorgelegt habe. Der Rechtsöffnungsrichter habe folglich die Umschläge nicht öffnen und den Inhalt nicht überprüfen können, weshalb die Erteilung der Rechtsöffnung schlicht willkürlich und eine komplette Rechtsverweigerung sei. Sodann macht der Beschwerdeführer geltend, es sei unverständlich, dass die Rücksendung eines von ihm versehentlich geöffneten Strafbefehls von der Staatsanwaltschaft nicht als Einsprache gewertet worden sei.  
 
4.2. Wie die Erstinstanz - auf deren Erwägungen das Kantonsgericht weitgehend verwiesen hat - festgestellt hat, hat der Beschwerdeführer gegen den gleichentags an ihn versandten Strafbefehl vom 6. April 2022 am 11. April 2022 Einsprache erhoben. Den per Einschreiben versandten Strafbefehl vom 18. August 2022 hat der Beschwerdeführer entgegengenommen und ihn dann mit einem Begleitschreiben retourniert, wonach der Brief mit falschem Namen adressiert und versehentlich geöffnet worden sei. Die Sendungen des kantonalen Untersuchungsamts betreffend die Strafbefehle vom 19. August 2022, 14. September 2022 und 26. Oktober 2022 hat der Beschwerdeführer jeweils mit folgender handschriftlicher Bemerkung retourniert: "Darf nicht geöffnet werden auf Grund StGB 179. Bitte korrekte Anschrift der Person prüfen. Siehe AHV-Ausweis oder ID (NACHNAME, VORNAME) gemäss ZStV Art. 24 Abs. 4." Sodann ist aktenkundig und wurde bereits von der Erstinstanz festgestellt, dass dem Beschwerdeführer bezüglich der Strafbefehle vom 6. April 2022, 18. August 2022, 19. August 2022 und 14. September 2022 mit Schreiben vom 22. September 2022 eine "Vorladung nach Einsprachen" zugestellt worden ist, wobei der Beschwerdeführer auf die Vorschrift von Art. 355 Abs. 2 StPO hingewiesen wurde, wonach die Einsprachen als zurückgezogen gelten, wenn er von der Einvernahme unentschuldigt fernbleiben sollte. Dieser Vorladung hat der Beschwerdeführer - nachdem er den Brief des kantonalen Untersuchungsamts mit dem Stempeldatum vom 22. September 2022 einmal mehr unter Hinweis auf eine angeblich falsche Schreibweise seines Namens ungeöffnet retourniert hatte - nach den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen keine Folge geleistet. Wenn der Beschwerdeführer vor Bundesgericht bloss seine bereits erstinstanzlich vorgetragene Behauptung wiederholt, die Staatsanwaltschaft habe zu keinem Zeitpunkt ausgeführt, weshalb sie die vier ganz offensichtlich nicht akzeptierten Strafbefehle nicht in ein Einspracheverfahren habe einfliessen lassen, setzt er sich nach dem Gesagten mit den Feststellungen der kantonalen Instanzen und der gesetzlichen Rückzugsfiktion gemäss Art. 355 Abs. 2 StPO nicht auseinander. Nicht ersichtlich ist auch, inwiefern die Vorinstanzen den Sachverhalt willkürlich oder sonstwie unter Verletzung verfassungsmässiger Rechte festgestellt haben sollen, wenn sie davon ausgegangen sind, dass sich in den Briefumschlägen, auf denen das kantonale Untersuchungsamt jeweils als Absender erkennbar war, tatsächlich die vom Betreibungsgläubiger im Rechtsöffnungsverfahren eingereichten Strafbefehle befanden. Denn nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt dann, wenn der Inhalt einer Sendung der Behörde strittig ist, die Praxis, dass bei substanziierten Angaben des Absenders über deren Inhalt eine natürliche Vermutung für die Richtigkeit dieser Sachverhaltsdarstellung spricht, wogegen dem Empfänger der Nachweis offensteht, dass der tatsächliche Inhalt der Sendung ein anderer war (BGE 124 V 400 E. 2c; Urteile 9C_402/2019 vom 26. Juli 2019 E. 3.2.2; 5A_338/2017 vom 20. Februar 2018 E. 4.2.3). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die betreffenden Sendungen nicht die - jeweils vom zuständigen Sachbearbeiter mit staatsanwaltlichen Befugnissen eigenhändig unterzeichneten - Strafbefehle vom 6. April 2022, 18. August 2022, 19. August 2022, 14. September 2022 und 26. Oktober 2022 beinhaltet hätten, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Damit aber hat das Kantonsgericht kein Verfassungsrecht verletzt, indem es das Vorliegen gültiger Rechtsöffnungstitel und damit die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung bestätigt hat. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass selbst bei fehlender eigenhändiger Unterschrift des ausstellenden Staatsanwalts bzw. der ausstellenden Staatsanwältin nicht notwendigerweise von einer Nichtigkeit des betreffenden Strafbefehls auszugehen wäre (vgl. BGE 148 IV 445 E. 1.4.2).  
 
5.  
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer hat als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter für Beschwerden SchKG, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. November 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss