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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1F_14/2023  
 
 
Urteil vom 29. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Kölz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
 
Kreisgericht Wil, Zwangsmassnahmenrichter, 
Bahnhofstrasse 12, 9230 Flawil. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 1B_261/2023 vom 17. Mai 2023. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil 1B_261/2023 vom 17. Mai 2023 trat das Bundesgericht auf eine von A.________ gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts am Kreisgericht Wil vom 13. April 2023 erhobene Beschwerde in Strafsachen mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht ein. Da die Rechtsmittelfrist von 10 Tagen gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO im Zeitpunkt der Beschwerdeeingabe beim Bundesgericht bereits verstrichen war, verzichtete es zudem auf eine Überweisung der Sache an die kantonal zuständige Anklagekammer des Kantons St. Gallen. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 4. Juni 2023 ersucht A.________ das Bundesgericht sinngemäss darum, das Urteil 1B_261/2023 dahingehend zu erläutern bzw. in Revision zu ziehen, als seine Rüge einer Rechtsverweigerung durch die Staatsanwaltschaft und die kantonalen Gerichtsbehörden unbehandelt geblieben sei. 
Das Bundesgericht hat von einem Schriftenwechsel abgesehen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der vom Bundesgericht beurteilten Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Revisionsgesuche haben den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG zu genügen, weshalb der Gesuchsteller in gedrängter Form darzulegen hat, inwiefern der von ihm behauptete Revisionsgrund vorliegen soll. Fehlt es an einer rechtsgenüglichen Begründung, tritt das Bundesgericht auf das Revisionsgesuch nicht ein (Urteile 1F_6/2021 vom 1. März 2021 E. 1.1; 1F_7/2020 vom 4. Mai 2020 E. 3.1).  
 
1.2. Der Gesuchsteller strebt mit seiner nach Art. 124 Abs. 1 lit. b BGG fristgerecht eingereichten Rechtsschrift keine Erläuterung nach Art. 129 BGG an, sondern beruft sich sinngemäss auf den Revisionsgrund von Art. 121 lit. c BGG. Es ist fraglich, ob die Eingabe, in der sich der Gesuchsteller nicht substanziiert zu den Voraussetzungen für eine Revision nach Art. 121 lit. c BGG äussert, überhaupt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügt. Wie es sich damit verhält, kann aufgrund der nachfolgenden Erwägungen aber offengelassen werden, weil das Gesuch ohnehin abzuweisen ist.  
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 121 lit. c BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind. Der Umstand, dass das Bundesgericht einen Antrag positiv oder negativ beurteilt hat, kann sich auch aus der Begründung des Urteils ergeben, ohne dass dies ausdrücklich festgehalten wurde. Kein Revisionsgrund liegt somit vor, wenn das Urteil, dessen Revision verlangt wird, auf einen Antrag nicht eingeht, sofern dieser stillschweigend beurteilt wird (Urteile 1F_6/2021 vom 1. März 2021 E. 2.1; 2F_9/2019 vom 14. Januar 2020 E. 3.2).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass das Bundesgericht seinen Antrag, die Nichtbehandlung seines Haftentlassungsgesuchs vom 29. März 2023 durch die Staatsanwaltschaft und die zuständigen kantonalen Gerichte stelle eine Rechtsverweigerung dar, nicht behandelt habe, obwohl nach Art. 94 BGG für Rechtsverweigerungsbeschwerden keine Rechtsmittelfristen vorgesehen seien. Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden, da der Grund für den Nichteintretensentscheid des Bundesgerichts nicht die verstrichene Rechtsmittelfrist von 10 Tagen gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO war, sondern in der fehlenden Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs lag (vgl. Sachverhalt lit. A). Zudem verkennt der Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen, dass das Zwangsmassnahmengericht Wil in seinem Entscheid vom 13. April 2023, der im bundesgerichtlichen Verfahren 1B_261/2023 angefochten war, sehr wohl über sein Haftentlassungsgesuch vom 29. März 2023 entschieden hatte (vgl. Urteil 1B_261/2023 vom 17. Mai 2023 E. 1). Mithin lag insoweit keine Rechtsverweigerung, sondern ein taugliches Anfechtungsobjekt für den kantonalen Rechtsmittelweg vor, weshalb für das Bundesgericht kein Anlass zur Prüfung bestand, ob die Beschwerde in Strafsachen als Rechtsverweigerungsbeschwerde im Sinne von Art. 94 BGG entgegenzunehmen war. Mit anderen Worten wurde der Antrag auf Feststellung einer Rechtsverweigerung durch die Staatsanwaltschaft oder die kantonalen Gerichte im Zusammenhang mit der Behandlung des Haftentlassungsgesuchs vom 29. März 2023 vom Bundesgericht stillschweigend mitbeurteilt, weshalb mit Blick auf die vorerwähnte Rechtsprechung kein Revisionsgrund vorliegt (vgl. vorne E. 2.1).  
 
3.  
Das Revisionsgesuch ist nach dem Ausgeführten abzuweisen. Von der Erhebung von Kosten wird umständehalber abgesehen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Gesuchsteller, der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und dem Kreisgericht Wil, Zwangsmassnahmenrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Juni 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn