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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_222/2023  
 
 
Urteil vom 31. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Steiner, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Abteilung 2 Emmen, 
Rüeggisingerstrasse 29, 6020 Emmenbrücke. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung und Durchsuchung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Luzern, Einzelrichterin, vom 4. Mai 2023 (ZMG 23 4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ und weitere Personen wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und Entführung, versuchten schweren Körperverletzung, einfachen Körperverletzung, Sachentziehung, sexuellen Nötigung und Drohung. Am 28. Dezember 2022 stellte die Kantonspolizei das Mobiltelefon des Beschuldigten sicher. Dieser verlangte gleichentags die Siegelung des Gerätes (mit der Begründung: "private Dateien"). 
 
B.  
Am 3. Januar 2023 beantragte die Staatsanwaltschaft beim kantonalen Zwangsmassnahmengericht die Entsiegelung und Durchsuchung des sichergestellten und versiegelten Mobiltelefons. Mit Verfügung vom 4. Mai 2023 hiess das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Luzern, Einzelrichterin (ZMG), das Entsiegelungsgesuch gut, indem es das Mobiltelefon zur Durchsuchung an die Staatsanwaltschaft freigab. 
 
C.  
Gegen den Entsiegelungsentscheid vom 4. Mai 2023 gelangt der Beschuldigte mit Beschwerde vom 2. Juni 2023 an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Entsiegelungsgesuch teilweise abzuweisen. 
Die Vorinstanz verzichtete auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Vernehmlassung vom 14. Juni 2023 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Innert der auf den 3. Juli 2023 angesetzten fakultativen Frist ist keine Replik des Beschwerdeführers eingegangen. Am 6. Juli 2023 zeigte das Bundesgericht den Verfahrensbeteiligten einen Zuständigkeits- bzw. Abteilungswechsel an (Übergang des Verfahrens 1B_298/2023 von der I. öffentlichrechtlichen auf die II. strafrechtliche Abteilung unter der neuen Verfahrensnummer 7B_222/2023). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entsiegelungsentscheid eines Zwangsmassnahmengerichts, gegen den die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht grundsätzlich offensteht (Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 3 StPO). Zu prüfen ist, ob und inwieweit die weiteren gesetzlichen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 78 ff. BGG). Das Bundesgericht beurteilt diese Frage von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 1-2 BGG; BGE 145 I 239 E. 2; 142 IV 196 E. 1.1; je mit Hinweisen). 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in Strafsachen gegen Entsiegelungsentscheide der Zwangsmassnahmengerichte ist nur zulässig, wenn dem Betroffenen wegen eines Eingriffs in seine rechtlich geschützten Geheimnisinteressen ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil droht (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO; BGE 143 I 241 E. 1; 141 IV 289 E. 1.1-1.2 mit Hinweisen; nicht amtl. publ. E. 1 von BGE 144 IV 74, E. 2.1 von BGE 143 IV 270, und E. 2 von BGE 142 IV 207).  
Nach der bundesgerichtlichen Praxis trifft den Inhaber von zu Durchsuchungszwecken sichergestellten Aufzeichnungen und Gegenständen, der ein Siegelungsbegehren gestellt hat, die prozessuale Obliegenheit, die von ihm angerufenen Geheimhaltungsinteressen (im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO) spätestens im Entsiegelungsverfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht ausreichend zu substanziieren. Kommt der Betroffene seiner Mitwirkungs- und Substanziierungsobliegenheit im Entsiegelungsverfahren nicht nach, ist das Gericht nicht gehalten, von Amtes wegen nach allfälligen materiellen Durchsuchungshindernissen zu forschen. Tangierte Geheimnisinteressen sind wenigstens kurz zu umschreiben und glaubhaft zu machen. Auch sind diejenigen Aufzeichnungen und Dateien zu benennen, die dem Geheimnisschutz unterliegen. Dabei ist der Betroffene nicht gehalten, die angerufenen Geheimnisrechte bereits inhaltlich offenzulegen (BGE 142 IV 207 E. 7.1.5 und E. 11; 141 IV 77 E. 4.3, E. 5.5.3 und E. 5.6; 138 IV 225 E. 7.1; 137 IV 189 E. 4.2 und E. 5.3.3; nicht amtl. publ. E. 6 von BGE 144 IV 74). 
Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht sind in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit sie nicht offensichtlich erfüllt erscheinen (Art. 42 Abs. 1-2 BGG; BGE 141 IV 1 E. 1.1, 284 E. 2.3, 289 E. 1.3; je mit Hinweisen). Pauschale Hinweise auf angebliche Privatgeheimnisse genügen nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes nicht zur Substanziierung von konkreten schutzwürdigen Geheimnisinteressen (Urteile 7B_107/2022 vom 12. September 2023 E. 2.1; 7B_87/2022 vom 18. Juli 2023 E. 3.1; 1B_534/2022 vom 5. Juni 2023 E. 2.1; 1B_208/2021 vom 17. Januar 2022 E. 3.2-3.4; 1B_28/2021 vom 4. November 2021 E. 1.8; 1B_427/2020 vom 19. Mai 2021 E. 1.2; 1B_423/2019 vom 5. März 2020 E. 1.4; 1B_153/2019 vom 11. Dezember 2019 E. 1.6; 1B_2/2019 vom 11. Juli 2019 E. 2; je mit Hinweisen). 
 
2.2. Der Beschwerdeführer bringt zum Sachurteilserfordernis von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG Folgendes vor:  
 
"Beim angefochtenen Beschluss handelt sich um einen kantonal letztinstanzlichen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt. Dies ist der Fall, da der Beschwerdeführer u.a. geltend macht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann" (Beschwerdeschrift, S. 5). 
 
In seinen materiellen Vorbringen beruft er sich bezüglich Geheimhaltungsinteressen auf "private Dateien" bzw. "Geschäftsgeheimnisse" (Beschwerdeschrift, S. 12 f.). 
 
2.3. Schon die Vorinstanz hat erwogen, dass der Beschwerdeführer zwar vorinstanzlich Geheimhaltungsinteressen angerufen habe. Er habe dabei aber weder konkretisiert, inwiefern die "privaten Dateien" schützenswerte Geheimhaltungsinteressen enthielten, noch, wo diese Dateien zu finden wären. Ebenso pauschal habe er auf angeblich tangierte "Geschäftsgeheimnisse" einer Gesellschaft hingewiesen. Ob er sich überhaupt im eigenen Namen auf die Interessen dieser juristischen Person berufen könnte, liess die Vorinstanz offen. Ebenso könne offenbleiben, ob die vorgebrachten Geheimnisgründe ein Entsiegelungshindernis begründen könnten. Denn selbst anlässlich seiner vorinstanzlichen Duplik habe es der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer erneut versäumt, anzugeben, wo die betroffenen Dateien zu finden wären (vgl. angefochtener Entscheid, E. 6 S. 6).  
Was der Beschwerdeführer beiläufig vorbringt, substanziiert im Lichte der oben dargelegten Praxis des Bundesgerichtes keinen ihm drohenden nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil (im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Er legt nicht dar, welcher Art die angeblich tangierten Privatgeheimnisse seien bzw. welche "privaten Dateien" und welche Datenspeicher davon betroffen wären. Auch die vom Beschwerdeführer angerufenen allgemeinen "Geschäftsgeheimnisse" substanziieren keine Beschwerdebefugnis. Im vorinstanzlichen Verfahren hat er geltend gemacht, es handle sich um Geschäftsgeheimnisse einer juristischen Person. Er legt nicht dar, inwiefern er diesbezüglich in eigenen Rechten betroffen wäre (Art. 42 Abs. 2 Satz 1, Art. 81 Abs. 1 lit. b und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG i.V.m. Art. 248 Abs. 1 StPO). Im Übrigen begründet das blosse prozesstaktische Motiv einer beschuldigten Person, dass möglichst keine belastenden Beweismittel gegen sie erhoben werden sollen, kein rechtlich geschütztes Geheimnisinteresse im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO und damit auch keinen drohenden nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil (BGE 144 IV 74 E. 2.6; 142 IV 207 E. 11). 
 
3.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist angesichts der Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster