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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_158/2023  
 
 
Urteil vom 23. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Bisaz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________ und B.A.________, 
2. C.________ AG, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger, 
Beschwerdeführende, 
 
gegen  
 
Gemeinderat Birmenstorf, 
Badenerstrasse 25, 5413 Birmenstorf AG. 
 
Gegenstand 
Vollstreckung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 20. Februar 2023 (WBE.2022.406). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. B.A.________ ist Eigentümerin der Parzelle Nr. 976 in der Gemeinde Birmenstorf. A.A.________ und B.A.________ sind Aktionäre der C.________ AG, die auf dem Grundstück gewerblich tätig ist. Nachdem verschiedene Bauvorhaben auf der Parzelle Nr. 976 ohne Bewilligung ausgeführt worden waren, verlangte der Gemeinderat Birmenstorf mit Protokollauszug vom 5. März 2012 ein nachträgliches Baugesuch. Am 12. Mai 2014 wies er dieses u.a. bezüglich eines neuen Ausstellungsraums, der Ausstellungsterrasse inkl. Treppe sowie der Aufstockung des Wohn- und Bürotrakts (Gebäude Nr. 355) ab.  
 
A.b. Im nachfolgenden Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat des Kantons Aargau wurde ein Vergleich getroffen. Gestützt darauf zog der Gemeinderat Birmenstorf den angefochtenen Entscheid vom 12. Mai 2014 mit Protokollauszug vom 26. Mai 2015 in Wiedererwägung und entschied:  
 
"C) 
1. Das Baugesuch für den neuen Ausstellungsraum (H), den Container (A), den Unterstand entlang der Reuss (G), und die Aufstockung des Wohn- und Bürotrakts (Gebäude Nr. 355) wird abgewiesen. 
2. Die Aufstockung des Wohn- und Bürotrakts wird toleriert. Nutzungsmässig darf der Raum "Wohnen/Essen" (inkl. Küche und sep. WC) im Sinne der Tolerierung auf Zusehens hin als Büroraum für die C.________ AG verwendet werden. Die restlichen Räumlichkeiten (Zimmer 1, 2 und WC/Dusche/Bad) dürfen lediglich als Bruttonebenfläche (Lager) genutzt werden. Das bedeutet, dass bei den Zimmern 1 und 2 alle Fenster (inkl. Dachflächenfenster) entfernt werden müssen. Eine natürliche Belichtung dieser Räumlichkeiten ist nicht zulässig. Im Raum "WC/Dusche/Bad" sind die sanitären Anlagen auszubauen und die Wasseranschlüsse sind zu verschliessen. Schliesslich sind in den Zimmern 1 und 2 und im Raum "WC/Dusche/Bad" die Heizungen zu demontieren und die Zuleitungsrohre zu verfüllen. Die Umsetzung dieser Massnahmen hat innert einer Frist von 6 Monaten ab Rechtskraft des kommunalen Entscheids zu erfolgen. 
3. (...) 
4. Der Ausstellungsraum (H) und der Container (A) sind bis spätestens 31. Januar 2016 zu beseitigen. 
(...) " 
 
Dieser Wiedererwägungsentscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Im Verwaltungsbeschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat blieben einzig die Ausstellungsterrasse und die Treppe strittig bzw. zu beurteilen. 
 
 
A.c. Mit Entscheid vom 19. Oktober 2016 beschloss der Regierungsrat:  
 
"1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit sie nicht durch den kantonalen Wiedererwägungsentscheid vom 8. Mai 2015 beziehungsweise den kommunalen Wiedererwägungsentscheid vom 26. Mai 2015 beziehungsweise den erfolgten Teilrückzug gegenstandslos geworden ist. 
2. Die Ausstellungsterrasse sowie die Treppe sind bis zum 31. März 2017 (beziehungsweise innert 4 Monaten) vollständig zurückzubauen. 
(...) " 
 
Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
 
A.d. Mit Protokollauszug vom 29. November 2021 beschloss der Gemeinderat Birmenstorf:  
 
"1. Herr und Frau A.A.________ und B.A.________ wird zur Umsetzung der mit Gemeinderatsentscheid vom 26. Mai 2015 und mit Regierungsratsentscheid vom 19. Oktober 2016 verlangten Rückbauten eine letzte Frist bis 31. März 2022 gewährt. 
2. Lassen Herr und Frau B.A.________ die Nachfrist ungenutzt verstreichen, werden die Rückbauten im Rahmen der Ersatzvornahme vorgenommen. Dh die Arbeiten würden durch den Gemeinderat zu Lasten von Herrn und Frau B.A.________ an Dritte zur Umsetzung übertragen. 
3. Sollte die Vollstreckungsverfügung missachtet werden, behält sich der Gemeinderat Birmenstorf vor, gegen Herrn und Frau B.A.________ bei der Staatsanwaltschaft Baden Strafanzeige zu erstatten (§ 160 BauG und Art. 292 StGB). 
(...) " 
 
Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
 
B.  
 
B.a. Anlässlich einer Begehung am 31. August 2022 wurde festgestellt, dass die verfügten Rückbauten nicht umgesetzt waren. Daraufhin beschloss der Gemeinderat Birmenstorf mit Protokollauszug vom 3. Oktober 2022:  
 
"1. Für den rechtskräftig verfügten Rückbau von Ausstellungsraum und Ausstellungsterrasse mit Treppe sowie die Anpassungen Fenster, sanitäre Anlagen und Heizung in der Aufstockung Wohn- und Bürotrakt gemäss gemeinderätlichem Wiedererwägungsentscheid vom 26. Mai 2015 und Regierungsratsentscheid vom 19. Oktober 2016 wird die Ersatzvornahme angeordnet. 
2. Mit der Ersatzvornahme wird Merz Erdbau AG beauftragt. Die Ausführung erfolgt zwischen dem 1. und 15. Dezember 2022. Eine genauere Datumsangabe folgt. 
3. Herr und Frau A.________ werden aufgefordert, bis Ende November 2022 die Ausstellungsterrasse (EG und OG) zu räumen. 
4. Die Gebühr für diese Verfügung beträgt CHF 200.00 und ist innert 30 Tagen nach Rechtskraft der Finanzverwaltung zu überweisen. 
5. Rechtsmittelbelehrung (...) " 
 
 
B.b. Dagegen erhoben A.A.________ und B.A.________ mit Eingabe vom 18. Oktober 2022 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 20. Februar 2023 ab.  
 
C.  
Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts erheben A.A.________ und B.A.________ sowie die C.________ AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichtes des Kantons Aargau vom 20. Februar 2023 und den Entscheid des Gemeinderates der Gemeinde Birmenstorf vom 3. Oktober 2022 aufzuheben. Es sei im vorliegenden Fall keine Ersatzvornahme bzw. Vollstreckung anzuordnen bzw. es sei auf eine solche zu verzichten. 
Die Gemeinde Birmenstorf beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht verweist im Wesentlichen auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts im Bereich des Baurechts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (BGE 133 II 353 E. 2). Die Beschwerdeführenden 1 haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind als Adressaten des Streitgegenstand bildenden Vollstreckungsentscheids zur Beschwerde legitimiert. Ebenfalls zur Beschwerde befugt ist die Beschwerdeführerin 2, die am vorinstanzlichen Verfahren als Beigeladene teilgenommen hat und die von den Vollstreckungsanordnungen unmittelbar betroffen ist, da sie in den betreffenden Liegenschaftsteilen gewerblich tätig ist (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde vorbehältlich zulässiger und genügend begründeter Rügen (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 95 ff. BGG; nachfolgende E. 1.2) einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht, unter Einschluss des Bundesverfassungsrechts, gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 mit Hinweisen). In der Beschwerde ist klar und detailliert unter Bezugnahme auf und in Auseinandersetzung mit den entscheidenden Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt die angerufenen Rechte verletzt (BGE 146 IV 297 E. 1.2; 145 I 121 E. 2.1; 143 I 377 E. 1.2; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diese Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen. Andernfalls können Rügen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2; 133 II 249 E. 1.4.3; je mit Hinweisen).  
 
2.  
Die Beschwerde genügt den Rügeerfordernissen (vorne E. 1.2) nicht, wie im einzelnen aufzuzeigen sein wird. 
 
2.1. Die Beschwerdeführenden machen wie bereits vor der Vorinstanz geltend, die von der Ersatzvornahme betroffenen Gebäudeteile seien rechtskräftig bewilligt worden. Sie gehen dabei nicht auf die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz ein und legen nicht dar, inwiefern diese bundesrechtswidrig sein sollen. Auch begründen sie nicht, weshalb sie erneut eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben in diesem Zusammenhang vorbringen können sollen, wogegen die Vorinstanz dies verneint hatte, da im vorliegenden Vollstreckungsverfahren die zugrunde liegende Sachverfügung nicht mehr materiell beurteilt werden könne.  
 
2.2. Ob die Vollstreckung der rechtskräftigen Entscheide "sinnvoll" sei, ist vorliegend entgegen der Ansicht der Beschwerdeführenden nicht relevant. Dass sich die Umstände in der Zwischenzeit derart stark verändert hätten und der Vollstreckungsentscheid dadurch rechtswidrig geworden sei, wird nicht rechtsgenüglich geltend gemacht. Der Hinweis auf die Energiekrise und damit verbundene neue Pläne der Regionalwerke Baden, die allenfalls auch das streitbetroffene Grundstück betreffen könnten, reicht offensichtlich nicht, um die angebliche Widerrechtlichkeit der Vollstreckungsverfügung zu begründen. Die angeblich "nicht richtige Würdigung" dieser Aspekte durch die Vorinstanz wird nicht dargetan und ist nicht ersichtlich.  
 
2.3. Die Beschwerdeführenden bringen weiter sinngemäss vor, die Beschwerdeführerin 2 hätte von Anfang an in die Verfahren, die zur Vollstreckungsverfügung geführt haben, beteiligt werden müssen. Die Vorinstanz hatte sich auch mit dieser Rüge eingehend auseinandergesetzt. Diesbezüglich zeigen die Beschwerdeführenden ebenfalls nicht rechtsgenüglich auf, inwiefern die Begründung des Verwaltungsgerichts bzw. dessen Urteil selbst rechts- bzw. verfassungswidrig sein soll. Es reicht nicht aus, eine gegenteilige Ansicht als die Vorinstanz zu vertreten und die vorinstanzlichen Ausführungen sinngemäss als unzutreffend zu bezeichnen. Insbesondere die angeblichen Grundrechtsverletzungen verlangen eine eingehendere Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Argumenten. Immerhin kann darauf hingewiesen werden, dass die Beseitigung der Störung praxisgemäss alternativ oder kumulativ von jedem Verhaltens- oder Zustandsstörer verlangt werden kann, wobei der zuständigen Behörde bei der Auswahl der oder des Pflichtigen ein Ermessensspielraum zusteht. Das Bundesgericht schreitet diesbezüglich wegen Verletzung des Willkürverbots nur ein, wenn die zuständige Behörde ihr Ermessen missbraucht oder überschritten hat (BGE 107 Ia 19 E. 2b; Urteil 1C_180/2021 vom 19. August 2021 E. 3.3 mit Hinweisen). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführerin 2 oder gar eine Nichtigkeit der Vollstreckungsverfügung kann entsprechend nicht daraus abgeleitet werden, dass die Vollstreckungsverfügung sich bloss an die Grundeigentümerin richtet, nicht jedoch an die das strittige Gebäude nutzende Beschwerdeführerin 2. Dass die Vorinstanz diesbezüglich willkürlich gehandelt haben soll, machen die Beschwerdeführenden hingegen nicht geltend.  
 
3.  
Mangels rechtsgenüglich begründeter Rügen ist somit auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführenden zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (vgl. Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (vgl. Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführenden zu gleichen Teilen, ausmachend je Fr. 500.--, auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführenden, dem Gemeinderat Birmenstorf und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Juni 2023 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Bisaz