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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 382/01 
 
Urteil vom 26. Mai 2003 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Fessler 
 
Parteien 
W.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch die Treuhand Z.________, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
(Entscheid vom 16. Oktober 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die seit 1972 in Basel wohnhafte W.________ ist Eigentümerin eines in der Luzerner Gemeinde X.________ gelegenen Grundstückes. Auf der landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft wird seit 1980 Kies abgebaut. Grundlage der Ausbeutung bildet der Dienstbarkeitsvertrag vom 17. November 1971 zwischen dem 1978 verstorbenen Vater von W.________ und der Einwohnergemeinde X.________ als Abbaufirma. 
 
Mit Verfügungen vom 25. September 2000 erhob die Ausgleichskasse Luzern für 1995 sowie 1996/97 und 1998/99 persönliche Beiträge auf den 1991 bis 1996 bezogenen Entschädigungen für die Einräumung des Kiesausbeutungsrechts sowie Verzugszinsen in der Höhe von insgesamt Fr. 307'518.95 (inkl. Verwaltungskostenbeitrag). 
B. 
Die von W.________ hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher u.a. die Zuständigkeit der Ausgleichskasse Luzern zum Beitragsbezug bestritten wurde, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern nach zweifachem Schriftenwechsel mit Entscheid vom 16. Oktober 2001 ab. 
C. 
W.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sowie die Beitragsverfügungen und die Verzugszinsverfügung vom 25. September 2000 seien aufzuheben. 
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und die Ausgleichskasse Luzern beantragen je die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung keine Vernehmlassung einreicht. 
D. 
Die Treuhand Z.________ als Rechtsvertreterin von W.________ hat das Veranlagungsprotokoll für die Bundessteuern 2000 der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt nachgereicht. Die Ausgleichskasse hat auf eine Stellungnahme dazu verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 25. September 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
2. 
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird wie schon im kantonalen Verfahren die Zuständigkeit der Ausgleichskasse Luzern zum Beitragsbezug auf den Kiesabbauentschädigungen an die in Basel wohnhafte Eigentümerin des Abbaugrundstückes und heutige Beschwerdeführerin bestritten. Die Frage der Kassenzugehörigkeit ist vorab zu prüfen, da bei Begründetheit des Einwandes der angefochtene Entscheid sowie die Beitragsverfügungen und die Verzugszinsverfügung vom 25. September 2000 aufzuheben sind, ohne dass zum materiell streitigen Punkt Stellung zu nehmen wäre. 
3. 
3.1 
3.1.1 Gemäss Art. 64 Abs. 2 AHVG werden den kantonalen Ausgleichskassen alle Arbeitgeber und Selbstständigerwerbenden angeschlossen, die keinem Gründerverband einer Verbandsausgleichskasse angehören, ferner die Nichterwerbstätigen und die versicherten Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber. 
3.1.2 Arbeitgeber und Selbstständigerwerbende, die nicht Mitglied eines Gründerverbandes sind, gehören laut Art. 117 Abs. 2 AHVV der Ausgleichskasse ihres Wohnsitzkantons bzw. des Kantons an, in welchem das Unternehmen seinen rechtlichen Sitz hat (Satz 1). Stimmt der Wohnsitz oder Sitz nicht mit dem Ort der Verwaltung oder des Betriebes überein, so kann im Einvernehmen der beteiligten Ausgleichskassen auf den Ort abgestellt werden, wo sich die Verwaltung, der Betrieb oder ein wesentlicher Betriebsteil befindet (Satz 2). 
 
Nach Art. 117 Abs. 4 AHVV können Arbeitgeber und Selbstständigerwerbende nur einer Ausgleichskasse angehören. 
3.2 Die Vorinstanz hat die streitige Zuständigkeitsfrage aus folgenden Gründen bejaht: Ein Grundstück, auf welchem Kies abgebaut werde, gelte als Betriebsstätte im Sinne von Art. 4 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG). In der Alters- und Hinterlassenenversicherung werde zur Ermittlung des beitragspflichtigen Erwerbseinkommens verschiedentlich auf die Vorschriften des DBG Bezug genommen. Es mache daher durchaus Sinn, den Begriff der Betriebsstätte AHV-rechtlich gleich auszulegen resp. zu verstehen. Gemäss Rz 1074 der Wegleitung über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) sei denn auch der Betriebsstättenbegriff gemäss Art. 6ter AHVV mit dem bundessteuerrechtlichen identisch. Die Ausgleichskasse Luzern leite die streitige Beitragspflicht von den Einkünften aus dem Abbau von Kies auf einer im Kanton gelegenen Liegenschaft ab, welche als Betriebsstätte gelte. Damit sei ein wirtschaftlicher Anknüpfungspunkt zum Kanton Luzern gegeben. Sinngemäss genüge dies für die Bejahung der Zuständigkeit zum Beitragsbezug, nachdem die Ausgleichskasse des Wohnsitzkantons Basel-Stadt sich mit dem Anschluss der Beschwerdeführerin an die Ausgleichskasse Luzern einverstanden erklärt habe, mit anderen Worten zwischen den beteiligten Kassen kein Kompetenzstreit bestehe. 
3.3 
3.3.1 Entgegen der Vorinstanz ist der Umstand, dass der Kiesabbau auf einem im Kanton Luzern gelegenen Grundstück stattfindet, für die Frage der Kassenzugehörigkeit der in Basel wohnhaften Beschwerdeführerin in Bezug auf die Entschädigungen für die Einräumung des Ausbeutungsrechts nicht entscheidend. Dagegen spricht neben der Zuständigkeit des Wohnsitzkantons Basel-Stadt zum Steuerbezug auf den fraglichen Entgelten, dass ihr die betreffende Nutzung dienstbarkeitsvertraglich entzogen ist und ihr insofern Kiesgrube und auch Kieswerk nicht zugeordnet werden können. 
 
Ebenfalls nicht entscheidend ist, dass die Ausgleichskasse Basel-Stadt sich mit dem Anschluss der Beschwerdeführerin bei der Ausgleichskasse Luzern im Hinblick auf die Beitragserhebung aus Regalabbau einverstanden erklärt hat. Die Kassenzugehörigkeit beruht auf der gesetzlichen Regelung des Kompetenzbereichs der Ausgleichskassen und ist daher der freien Vereinbarung zwischen den Kassen entzogen (vgl. BGE 101 V 30 Erw. 3 sowie ZAK 1982 S. 84 Erw. 2). 
3.3.2 Art. 117 Abs. 2 AHVV statuiert den Grundsatz der Zuständigkeit des Wohnsitzkantons bzw. des Kantons, in welchem das Unternehmen seinen rechtlichen Sitz hat, zum Beitragsbezug. Davon ist nach der Praxis des Bundesamtes nur abzuweichen und auf den Ort der Verwaltung, des Betriebes oder eines wesentlichen Betriebsteils abzustellen, wenn - kumulativ - die beteiligten Ausgleichskassen sich einig sind, Zweckmässigkeitsgründe dafür sprechen und seitens des Abrechnungspflichtigen keine gewichtigen Einwendungen erhoben werden. Dabei ist unter dem Gesichtspunkt der Zweckmässigkeit einzig massgebend, wo die Arbeitgeberkontrolle am besten und einfachsten durchgeführt werden kann (vgl. ZAK 1959 S. 369 unten). Bei Selbstständigerwerbenden ohne Arbeitnehmer ist daher regelmässig die Ausgleichskasse des Wohnsitzkantons für den Beitragsbezug zuständig. 
 
Art. 117 Abs. 2 zweiter Satz AHVV stellt lediglich eine "Kann-Vorschrift" dar. Fallen Wohnsitz resp. Sitz des Unternehmens und Ort der Verwaltung oder des Betriebes auseinander, kommt nicht zwingend die hier vorgesehene Ausnahmeregelung zum Zuge. Sodann spricht Art. 117 AHVV ausdrücklich von den "Arbeitgebern und Selbstständigerwerbenden". Es besteht somit Raum für eine allenfalls nach Selbstständigerwerbenden mit und ohne Arbeitnehmer differenzierende Zuständigkeitsordnung, wo der Wohnsitz oder Sitz nicht mit dem Ort der Verwaltung oder des Betriebes übereinstimmt. In diesem Zusammenhang stellt der Ort, wo die Arbeitgeberkontrolle am besten durchgeführt werden kann, ein sinnvolles und geeignetes Entscheidungskriterium dar. 
 
Für die dargelegte Regelung der Kassenzugehörigkeit bei Selbstständigerwerbenden ohne Arbeitnehmer spricht auch die Zuständigkeit des Wohnsitzkantons des Beitragspflichtigen zum Steuerbezug. Wo es um die Qualifikation einer Aktivität als selbstständige Erwerbstätigkeit oder Nichterwerbstätigkeit geht, ist schliesslich zu beachten, dass Nichterwerbstätige ihre Beiträge der Ausgleichskasse ihres Wohnsitzkantons zu entrichten haben (Art. 118 Abs. 1 erster Teilsatz AHVV). 
3.4 Nach dem Gesagten ist die Zuständigkeit der Ausgleichskasse Luzern zum Beitragsbezug auf den Entschädigungen an die Beschwerdeführerin für die Einräumung des Kiesabbaurechts auf dem ihr gehörenden Grundstück zu verneinen. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie der Beitragsverfügungen und der Verzugszinsverfügung vom 25. September 2000, ohne dass der materiell streitige Punkt (Qualifikation der fraglichen Entgelte als beitragspflichtiges Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit oder beitragsfreier Kapitalertrag aus der Verwaltung privaten eigenen Vermögens [vgl. dazu BGE 125 V 184 ff. Erw. 2]) zu prüfen wäre. 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Ausgleichskasse Luzern aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 135 OG). 
 
Der durch die Treuhand Z.________ vertretenen Beschwerdeführerin steht eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 3 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 16. Oktober 2001 sowie die Beitragsverfügungen und die Verzugszinsverfügung der Ausgleichskasse Luzern vom 25. September 2000 aufgehoben. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 7000.- werden der Ausgleichskasse Luzern auferlegt. 
3. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 7000.- wird der Beschwerdeführerin rückerstattet. 
4. 
Die Ausgleichskasse Luzern hat der Beschwerdeführerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
5. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hat über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden. 
6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 26. Mai 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: