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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_413/2022  
 
 
Urteil vom 30. Mai 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Nünlist. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roland Zahner, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, 
St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 29. Juni 2022 (VV.2021.268). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 2001 geborene A.________ bezog bereits ab dem Kindesalter Leistungen der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV; heilpädagogische Früherziehung vom 12. November 2004 bis 30. September 2007, Sonderschulmassnahme vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2008, Hilfsmittel in Form eines elektronischen Kommunikationsgeräts).  
 
A.b. Nach einer Anmeldung zum Leistungsbezug im Januar 2016 gewährte die IV-Stelle des Kantons Thurgau dem Versicherten am 14. April 2016 Berufsberatung und Abklärung der beruflichen Eingliederungsmöglichkeiten. Ein durch die IV-Stelle durchgeführter Intelligenztest vom 28. März 2016 hatte eine sehr niedrige Gesamtintelligenz mit einem Intelligenzquotienten (IQ) von 63 ergeben.  
Im November 2017 absolvierte der Versicherte in der Bildungsstätte B.________ eine Schnupperlehre als Praktiker PrA Gärtnerei und Praktiker PrA Industrie. Einer für den Zeitraum vom 1. August 2018 bis 31. Juli 2020 zugesprochenen beruflichen Erstausbildung als Praktiker PrA Industrie in der Bildungsstätte B.________ blieb der Versicherte ab 23. November 2018 unentschuldigt fern. Nach durchgeführtem Mahn- und Bedenkzeitverfahren und erneutem Fernbleiben des Versicherten an der Ausbildungsstätte wies die IV-Stelle seinen Anspruch auf Leistungen der IV mit Verfügung vom 26. Februar 2019 ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 21. August 2019 ab. Dieser erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
 
A.c. Am 29. Juli 2020 meldete sich der Versicherte erneut bei der IV zum Leistungsbezug an. Eine am 10. März 2020 bei den Psychiatrischen Diensten U.________ durchgeführte neuropsychologische Abklärung hatte einen Gesamt-IQ von 64 ergeben.  
Von einer in der Folge für September 2020 vorgesehenen Schnupperwoche als Praktiker PrA Betriebsunterhalt in der Ausbildungsstätte C.________ meldete sich der Versicherte ab. Daraufhin wurde für November 2020 eine weitere Schnupperlehre (im Betriebsunterhalt) im C.________ organisiert und ein erneutes Mahn- und Bedenkzeitverfahren eingeleitet. Am 20. Oktober 2020 wurde dem Versicherten seitens der D.________ AG, Externe Psychiatrische Dienste U.________ (nachfolgend: D.________), vom 14. bis 31. Oktober 2020 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert. Am 10. und 11. November 2020 äusserte sich die behandelnde Psychologin gegenüber der IV-Stelle. Am 17. November 2020 teilte die Ausbildungsstätte der IV-Stelle mit, dass der Versicherte nicht zur Schnupperlehre erschienen sei und sich nicht abgemeldet habe. Daraufhin wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren hinsichtlich beruflicher Massnahmen und Invalidenrente nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren mit Verfügung vom 13. Oktober 2021 ab. 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 29. Juni 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, es sei das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau als Versicherungsgericht vom 29. Juni 2022 aufzuheben und es seien dem Beschwerdeführer die ihm zustehenden gesetzlichen Leistungen aus IVG (Rente) zuzusprechen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur weiteren Abklärung des medizinischen Sachverhalts an die Vorinstanz, subeventualiter an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf überhaupt eingetreten werden könne; eventualiter sei die Sache unter Aufhebung (auch) der Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 13. Oktober 2021 zwecks ergänzender Abklärungen und zum Neuentscheid an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin beantragt unter Verzicht auf eine Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) lässt sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob Bundesrecht verletzt wurde, indem das kantonale Gericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente infolge Verletzung der Mitwirkungs- und Schadenminderungspflicht verneint hat.  
 
2.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Verfügung erging am 13. Oktober 2021. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Im angefochtenen Entscheid wurden die massgeblichen rechtlichen Grundlagen teils dargelegt. Es betrifft dies namentlich die Erwägungen zur Invalidität und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 und Art. 8 Abs. 1 ATSG), zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 f. IVG), zur Mitwirkungs- und Schadenminderungspflicht der Versicherten und den Folgen ihrer Verletzung (Art. 21 Abs. 4 ATSG, Art. 7-7b IVG; BGE 145 V 2 E. 4.2.2; Urteile 9C_671/2016 vom 20. März 2017 E. 4.1.1 und 9C_82/2013 vom 20. März 2013 E. 3, je mit Hinweisen) sowie zur Untersuchungspflicht von Versicherungsträger und Versicherungsgericht (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Darauf wird verwiesen.  
 
2.3.2. Zu ergänzen ist Nachfolgendes:  
 
2.3.2.1. Intelligenzminderungen werden nach dem heute zur Anwendung gelangenden Klassifikationssystem ICD-10 in leichte (IQ 69 bis 50), mittelgradige (IQ 49 bis 35), schwere (IQ 34 bis 20) und schwerste (IQ weniger als 20) Fälle eingeteilt (ICD-10 F70 bis F73). Nach konstanter Rechtsprechung wird heute bei einem IQ von 70 und mehr ein invalidenversicherungsrechtlich massgeblicher Gesundheitsschaden verneint. Demgegenüber führt ein IQ unterhalb dieses Werts in der Regel zu einer relevanten verminderten Arbeitsfähigkeit. Auch diesfalls ist jedoch stets eine objektive Beschreibung der Auswirkungen der festgestellten Intelligenzminderung der versicherten Person auf ihr Verhalten, die berufliche Tätigkeit, die normalen Verrichtungen des täglichen Lebens und das soziale Umfeld erforderlich (Urteil 9C_5/2021 vom 6. Mai 2021 E. 3.3 mit Hinweisen).  
 
2.3.2.2. Zur Bestimmung des Invaliditätsgrades wird gemäss Art. 16 ATSG das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (sog. Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (sog. Valideneinkommen).  
Gemäss Ziff. 3035 des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH; gültig ab 1. Januar 2015) des BSV sind Frühinvalide Versicherte, die seit ihrer Geburt oder Kindheit einen Gesundheitsschaden aufweisen und deshalb keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten. Dazu gehören Versicherte, welche zwar eine Berufsausbildung beginnen und allenfalls auch abschliessen, zu Beginn der Ausbildung jedoch bereits invalid sind und mit dieser Ausbildung nicht dieselben Verdienstmöglichkeiten realisieren können wie eine nichtbehinderte Person mit derselben Ausbildung. Nach Ziff. 3037 KSIH ist als "Erwerb von zureichenden beruflichen Kenntnissen" die abgeschlossene Berufsausbildung zu betrachten. Dazu gehören auch Anlehren, wenn sie auf einem besonderen, der Invalidität angepassten Bildungsweg ungefähr die gleichen Kenntnisse vermitteln wie eine eigentliche Lehre oder ordentliche Ausbildung und den Versicherten in Bezug auf den späteren Verdienst praktisch die gleichen Möglichkeiten eröffnen. 
Bei der Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer Frühinvalidität kommt es nicht nur auf den Intelligenzquotienten an, vielmehr ist die Gesamtheit der gesundheitlichen Beeinträchtigungen massgebend. Es stellt sich in jedem Einzelfall die Frage, inwiefern sich der Intelligenzmangel mit allenfalls weiteren gesundheitsbedingten Einbussen konkret auf die zumutbarerweise mögliche Leistungserbringung auswirkt (Urteil 8C_189/2018 vom 25. Mai 2018 E. 4.2.3 mit Hinweisen). 
Konnte die versicherte Person wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben, so entspricht gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV das Erwerbseinkommen, das sie als Nichtinvalide erzielen könnte, den nach Alter abgestuften Prozentsätzen des jährlich aktualisierten Medianwertes gemäss der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik. 
 
2.3.3. Zu beachten gilt es zudem, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes eine vom Bundesgericht frei zu überprüfende Rechtsfrage darstellt (vgl. Urteil 9C_20/2022 vom 14. Juli 2022 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, das Vorgehen der Beschwerdegegnerin erweise sich auch mit Bezug auf das neue Leistungsbegehren des Beschwerdeführers vom 29. Juli 2020 als korrekt. Von der für September 2020 organisierten Schnupperwoche (als Praktiker PrA Betriebsunterhalt im C.________) habe sich der Beschwerdeführer mangels Interesse selbständig abgemeldet. Vor diesem Hintergrund habe die Beschwerdegegnerin zu Recht ein Mahn- und Bedenkzeitverfahren durchgeführt. Die Voraussetzungen für die daraufhin erfolgte (erneute) Verweigerung von IV-Leistungen seien gegeben: Bei der von der Beschwerdegegnerin im C.________ organisierten Schnupperlehre als Praktiker PrA Betriebsunterhalt handle es sich um eine zumutbare berufliche Eingliederungsmassnahme. Die mit dem Mahn- und Bedenkzeitverfahren angesetzte Frist erweise sich als angemessen. Sodann sei davon auszugehen, dass mit dem Absolvieren der Schnupperlehre die Erwerbsfähigkeit mit dem geforderten Mass der Wahrscheinlichkeit in relevanter Weise hätte gesteigert werden können bzw. gesteigert werden könnte. Es sei weiter darauf zu schliessen, dass der Beschwerdeführer trotz der diagnostizierten leichten geistigen Behinderung unklarer Genese durchaus in der Lage sei, die Tragweite eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens zu erfassen und sich entsprechend den Aufforderungen der Beschwerdegegnerin zu verhalten. Von weiteren, insbesondere medizinischen Abklärungen seien keine entscheidrelevanten Erkenntnisse zu erwarten, weshalb auf solche in antizipierter Beweiswürdigung zu verzichten sei. Zusammenfassend ergebe sich, dass auch das am 22. Oktober 2020 eingeleitete Mahn- und Bedenkzeitverfahren korrekt durchgeführt worden sei. Nachdem sich der Beschwerdeführer geweigert habe, die von der Beschwerdegegnerin im C.________ organisierten Schnupperlehren zu absolvieren, sei der Anspruch auf berufliche Massnahmen und weitere IV-Leistungen durch die Beschwerdegegnerin zu Recht verneint worden.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Bei dem 2001 geborenen Versicherten liegt unbestritten eine leichte Intelligenzminderung vor. Im März 2016 hatte ein Intelligenztest einen Gesamt-IQ von 63 ergeben, im März 2020 resultierte bei einer neuerlichen neuropsychologischen Abklärung ein Gesamt-IQ von 64. Ein IQ unter 70 führt rechtsprechungsgemäss in der Regel zu einer relevanten verminderten Arbeitsfähigkeit (vgl. E. 2.3.2.1 hiervor).  
Dem am 20. März 2020 erstatteten Bericht der Psychiatrischen Dienste U.________ ist Folgendes zu entnehmen: Bei der ausführlichen Untersuchung des allgemeinen intellektuellen Leistungsvermögens zeige sich beim Beschwerdeführer eine leichte Intelligenzminderung im unteren Leistungsbereich. Dabei ergäben sich keine signifikanten Differenzen zwischen dem Sprachverständnis und dem wahrnehmungsgebundenen logischen Denken. Im Bereich des Arbeitsgedächtnisses und der Verarbeitungsgeschwindigkeit erreiche der Beschwerdeführer ein weit unterdurchschnittliches Ergebnis. In der Verhaltensbeobachtung präsentiere er sich initial nervös, wobei sich dies im weiteren Untersuchungsverlauf deutlich regredient zeige. Es zeigten sich deutliche Ermüdungseffekte im Untersuchungsverlauf nach etwa 60 Minuten. Die kognitive Belastbarkeit sei vermindert. Die Spontansprache sei flüssig, jedoch teilweise undeutlich und nur schwer verständlich. Sprachverständnis und Auffassungsgabe seien auf einfachem Niveau gegeben. Es falle eine leichte psychomotorische Unruhe auf. Leicht intelligenzgeminderte Personen erführen die grösste Hilfe durch eine berufliche Tätigkeit, die ihre Fertigkeiten weiterentwickle und ihre Defizite ausgleiche. Sie wiesen ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen auf. Der Beschwerdeführer habe bereits in der Vorgeschichte begrenzte Bewältigungsstrategien im Umgang mit subjektivem Stresserleben im Rahmen der IV-gestützten Anlehre gezeigt, wobei es wiederholt und andauernd zu psychosomatischen und psychischen Beschwerden (Bauchschmerzen, Schlafprobleme, Ängstlichkeit) gekommen sei. Weiter bestünden ausgeprägte Defizite im Bereich des Arbeitsgedächtnisses und der Verarbeitungsgeschwindigkeit. Man erachte deshalb eine IV-gestützte Anlehre als fraglich und empfehle vielmehr eine Beschäftigung im geschützten Rahmen, um einer erneuten Überforderung entgegenzuwirken. Eine Beschäftigung im geschützten Rahmen sei darüber hinaus zur Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur und Risikominderung für psychische Erkrankungen überaus wichtig. 
Am 20. Oktober 2020 wurde dem Beschwerdeführer seitens der D.________ eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 14. bis 31. Oktober 2020 attestiert. Unterschrieben wurde das Arztzeugnis unter anderem von Oberarzt Dr. med. E.________, (gemäss Homepage der D.________, abrufbar unter: (...), zuletzt besucht am 30. Mai 2023; ebenso gemäss der eidg. Gesundheitsberufeplattform, wo Dr. med. E.________ mit dem Fachtitel Kinder- und Jugendmedizin eingetragen ist: https://www.medregom.admin.ch/medreg/search, zuletzt besucht am 30. Mai 2023) Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Für den Zeitraum ab 1. November 2020 ist kein Arbeitsunfähigkeitszeugnis aktenkundig. Während die behandelnde Psychologin schliesslich am 10. November 2020 noch nicht erwartete, dass der Beschwerdeführer es schaffe, am 16. November 2020 an der Schnupperlehre im C.________ teilzunehmen, und annahm, dass es noch Zeit brauche, um seine Situation besser einschätzen zu können, teilte sie der IV-Stelle tags darauf telefonisch mit, es bestehe keine funktionale Einschränkung, somit könne der Beschwerdeführer an der Schnupperlehre teilnehmen. 
 
3.2.2. Mit Blick auf das Dargelegte rügt der Beschwerdeführer, der bereits seit seiner Kindheit Leistungen der IV in Anspruch nahm (unter anderem eine Sonderschule besuchte), zu Recht eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes:  
Dem Bericht betreffend neuropsychologische Abklärung des Versicherten vom 20. März 2020 ist zu entnehmen, dass er in verschiedenen Bereichen teils erhebliche Defizite aufweist. Aktenkundig ist sodann der mehrfache Abbruch von Eingliederungsmassnahmen durch den Beschwerdeführer. Ob diesbezüglich ein Zusammenhang zu den festgestellten Defiziten besteht, ist offen. Denn hinsichtlich der konkreten Auswirkungen der neuropsychologischen Einschränkungen auf die (Erwerbs-) Fähigkeit (-en) des Beschwerdeführers fehlt eine begründete fachärztliche Einschätzung. Eine solche liegt weder mit der hausärztlichen Stellungnahme aus dem Jahre 2019, noch mit der knappen Beurteilung des versicherungsinternen Psychiaters vom Oktober 2020 vor, auf welche sich die Vorinstanz beruft (vorinstanzliche Erwägungen 5.2.1 und 5.3, S. 16 f. und S. 20). 
 
3.2.3. Aufgrund der Aktenlage lässt sich der Rentenanspruch des Beschwerdeführers nicht in schlüssiger, abschliessender Weise beantworten. Der angefochtene Entscheid beruht auf unvollständiger Beweisgrundlage (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Die Sache ist zwecks Klärung mittels eines (Akten-) Gutachtens an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Es fragt sich insbesondere, welche Auswirkungen die Intelligenzminderung des Beschwerdeführers auf seine Eingliederungsfähigkeit (Frühinvalidität [E. 2.3.2.2 hiervor] / Erwerbsfähigkeit ausserhalb des geschützten Rahmens) und -bereitschaft, auf die Zumutbarkeit der hier in Frage stehenden Schnupperlehre als Praktiker PrA Betriebsunterhalt und die Fähigkeit, die Tragweite eines Mahn- und Bedenkzeitverfahrens zu erfassen, hat. Dabei ist die Gesamtheit der gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen (vgl. Urteil 8C_189/2018 vom 25. Mai 2018 E. 4.2.3). Danach wird neu über die etwaige Verletzung der Mitwirkungs- und Schadenminderungspflicht und die Folgen zu entscheiden sein.  
 
4.  
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung gilt als vollständiges Obsiegen der leistungsansprechenden Partei nach Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG (etwa: BGE 132 V 215 E. 6.1; Urteil 8C_694/2018 vom 22. Februar 2019 E. 4). Als unterliegende Partei trägt demnach die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Sie schuldet dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens ist die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 29. Juni 2022 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 13. Oktober 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle des Kantons Thurgau zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. Mai 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Nünlist