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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_730/2022  
 
 
Urteil vom 2. November 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Beusch, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Spedition A.________ AG, 
vertreten durch Heinz Schreier, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Dienstbereich Grundlagen, Sektion Recht, Taubenstrasse 16, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Einfuhrabgaben, Abgabeperiode 2020, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 19. August 2022 (A-4201/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 22. Oktober 2020 meldete die Spedition A.________ AG bei der Zollstelle U.________ eine Sendung mit 480 Flaschen Gin aus dem Land B.________ für die C.________ GmbH mit Sitz in V.________/BE zur Einfuhr in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die elektronische Zollanmeldung wurde vom IT-System "e-dec" nach erfolgter Plausibilitätskontrolle angenommen und mit dem Ergebnis "frei ohne" selektioniert und freigegeben. 
 
B.  
Mit Veranlagungsverfügungen vom 23. Oktober 2020 erhob die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV; seit dem 1. Januar 2022: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit [BAZG]) Zollabgaben in Höhe von Fr. 364.55, Spirituosensteuer in Höhe von Fr. 3'996.20 sowie Mehrwertsteuer in Höhe von Fr. 498.20. Am 29. Oktober 2020 reichte die Spedition A.________ AG bei der Zollstelle U.________ ein Gesuch um die Annullation der Veranlagung vom 23. Oktober 2020 und den Wechsel des Zollverfahrens ein. Diese Eingabe wurde in der Folge dem "Zoll Nordost" (Zollkreisdirektion) als Beschwerde überwiesen. Nach weiterer Korrespondenz mit der Spedition A.________ AG wies der "Zoll Nordost" die Beschwerde mit Entscheid vom 18. August 2021 ab. Eine Beschwerde hiergegen wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. August 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 7. Oktober 2022 beantragt die Spedition A.________ AG, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2022 sei aufzuheben, das bei der Zollverwaltung eingereichte Gesuch um Berichtigung der Zollanmeldung (Beibehaltung des Transitverfahrens) sei zu bewilligen und die erhobenen Fiskalabgaben und Gebühren seien zurückzuerstatten. 
Das BAZG beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Beide Parteien haben je eine weitere Stellungnahme eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einem Zollstreit, mithin in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG). Es liegt keine der Ausnahmen von Art. 83 BGG vor. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG) der nach Art. 89 Abs. 1 BGG legitimierten Beschwerdeführerin ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2).  
 
2.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die vorgebrachten Argumente, falls weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung der verfassungsmässigen Rechte gilt nach Art. 106 Abs. 2 BGG eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2; 138 I 274 E. 1.6).  
 
3.  
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Zollanmeldung nach Art. 34 Abs. 3 und 4 lit. a des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG; SR 631.0) erfüllt seien. Es sei aus den Begleitdokumenten ersichtlich gewesen, dass die streitbetroffenen Waren, die sie vor der Zollanmeldung im Transitverfahren zunächst zu sich in Regensdorf transportiert hatte, nicht in den zollrechtlich freien Verkehr hätten überführt werden sollen. 
 
3.1. Die Zollanmeldung bildet die Grundlage der Zollveranlagung (Art. 18 Abs. 1 ZG; Botschaft vom 15. Dezember 2003 über ein neues Zollgesetz [nachfolgend: Botschaft ZG], BBl 2004 567 ff., insb. Ziff. 2.1.2.2 zu Art. 18 E-ZG). Sie leitet das zollrechtliche Veranlagungsverfahren förmlich ein, worauf dieses von Amtes wegen durchzuführen ist. Das Veranlagungsverfahren setzt sich zusammen aus der summarischen Prüfung (Art. 32 ZG), der Annahme der Zollanmeldung (Art. 33 ZG), gegebenenfalls der Überprüfung (Art. 35) und der Beschau (Art. 36 f. ZG), ferner der Veranlagung und dem Erlass der Veranlagungsverfügung (Art. 38 ZG; dazu Botschaft ZG, a.a.O., Ziff. 2.2.4 vor E-Art. 32 ff.; vgl. auch Urteil 2C_3/2022 vom 17. Mai 2022 E. 2.3.3 und 2.3.4, in: ASA 91 S. 133).  
 
3.2. Die Zollanmeldung ist für die anmeldepflichtigen Personen grundsätzlich verbindlich (Art. 33 Abs. 1 ZG). Sie kann aber unter den Voraussetzungen von Art. 34 ZG berichtigt werden (vgl. zum Charakter der Berichtigung BGE 142 II 433 E. 3.2). Die Berichtigung kann sich gegen die Zollanmeldung richten (Art. 34 Abs. 1 ZG). Berichtigungsfähig sind auch "die Veranlagung" (Art. 34 Abs. 2 ZG) und die Veranlagungsverfügung (Art. 34 Abs. 3 und 4 ZG; BGE 143 II 646 E. 2.3.2 mit Hinweisen auf die Literatur). Die Veranlagungsverfügung wird berichtigt, wenn die anmeldepflichtige Person nachweist, dass die Waren irrtümlich zu dem in der Zollanmeldung genannten Zollverfahren angemeldet worden sind (Art. 34 Abs. 4 lit. a ZG). Nach Art. 88 der Zollverordnung vom 1. November 2006 (ZV; SR 631.01) kann ein Irrtum geltend gemacht werden, wenn der Irrtum zum Zeitpunkt der ursprünglichen Zollanmeldung auf Grund der damaligen Begleitdokumente hätte erkannt werden können (lit. a) oder die für das neue Zollverfahren notwendigen Bewilligungen bereits erteilt waren (lit. b). Diese Regeln über die Berichtigung der Zollanmeldung, der Veranlagung und der Veranlagungsverfügung gelten auch für die übrigen hier streitbetroffenen Einfuhrabgaben (Art. 34 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1932 über die gebrannten Wasser [AlkG; SR 680]; Art. 50 des Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer [MWSTG; SR 641.20]). Laut den Materialien ist das Berichtigungsverfahren gemäss Art. 34 ZG von den Berichtigungs- und Ungültigkeitserklärungsverfahren des Zollkodex der Europäischen Union (EU) inspiriert (ursprünglich Art. 65 f. der Verordnung [EWG] Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, Abl. L 302 vom 19. Oktober 1992 S. 1; heute Art. 173 f. der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10. Oktober 2013 S. 1, sowie Art. 148 der Delegierten Verordnung [EU] 2015/2446 der Kommission zur Ergänzung der Verordnung [EU] Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union, ABl. L 343 vom 29. Dezember 2015 S. 1).  
 
3.3. Die Parteien sind sich einig und es ergibt sich aus den Akten (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass die Begleitdokumente an mehreren Stellen eine zugelassene Empfängerin (D.________ AG) auswiesen, die mit der Käuferin der Waren (C.________ GmbH) nicht übereinstimmte.  
 
3.3.1. Der Begriff des zugelassenen Empfängers geht auf das Übereinkommen vom 20. Mai 1987 über ein gemeinsames Versandverfahren (gVV-Übereinkommen; SR 0.631.242.04) zurück (vgl. REMO ARPAGAUS, Zollrecht, SBVR XII, 2. Aufl. 2007, N. 729; PATRICK RAEDERSDORF, in: Zollgesetz, Stämpflis Handkommentar, 2009, N. 5 zu Art. 42 ZG). Nach diesem Abkommen können die Zollbehörden der Vertragsstaaten als Vereinfachung im Versandverfahren einer Person den Status eines zugelassenen Empfängers bewilligen. Der Inhaber der Bewilligung kann Waren, die im Rahmen des gemeinsamen Versandverfahrens befördert werden, an einem zugelassenen Ort empfangen (Art. 55 Abs. 1 lit. d sowie Art. 87 ff. gVV-Übereinkommen).  
 
3.3.2. Im internen Recht hat der Bundesrat den Status des zugelassenen Empfängers gestützt auf die Delegation für Vereinfachungen des Zollverfahrens in Art. 42 Abs. 1 lit. a und d ZG in der Zollverordnung näher geregelt. Danach ist ein zugelassener Empfänger eine Person, die vom BAZG ermächtigt ist, Waren direkt an ihrem Domizil oder an zugelassenen Orten zu empfangen, ohne dass die Waren der Bestimmungszollstelle zugeführt werden müssen (Art. 101 ZV). Spediteure und Importeure, die über die erforderliche Bewilligung des BAZG verfügen (vgl. Art. 103 ZV), können also den Einfuhrveranlagungsprozess an ihrem zugelassenen Ort (Art. 102 ZV) vornehmen (vgl. BAZG, Richtlinie 10-21 "Zugelassene Versender und Empfänger", 1. Mai 2023 [nachfolgend: BAZG-RL 10-21], Ziff. 1.2 sowie die soweit hier relevant identische Fassung vom 1. Oktober 2020). Der Zollveranlagungsprozess erfolgt in zwei Schritten: Die Waren werden erstens im Transitverfahren zum zugelassenen Ort des zugelassenen Empfängers gebracht (vgl. Art. 109 ZV), wo dieser das nachfolgende Zollverfahren initiiert (z.B. Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr) und die dafür erforderliche Zollanmeldung einreicht (vgl. BAZG-RL 10-21, Ziff. 1.2; BAZG, Prozessbeschrieb für das vereinfachte Verfahren für Versand und Empfang, Mai 2023 [nachfolgend: ZVE-Prozessbeschrieb], Ziff. 5.1.1.1 sowie die soweit hier relevant identische Fassung vom Juni 2020; vgl. zum Ganzen auch ARPAGAUS, a.a.O., N. 729 ff.; KÖNIG/MADUZ, Einführung in das Zollrecht, 2021, S. 60 f.).  
 
3.3.3. Das BAZG führt in seiner Stellungnahme aus, die Angabe eines zugelassenen Empfängers impliziere und indiziere nicht per se ein Transitverfahren. Es könne durchaus sein, dass Waren einfuhrverzollt werden und dann im offenen Zolllager der zugelassenen Empfängerin als Inlandware eingelagert würden.  
Aus der Angabe eines zugelassenen Empfängers erschliesst sich für den Spediteur zwar nicht, in welches Zollverfahren (z.B. Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr nach Art. 48 ZG oder Zolllagerverfahren nach Art. 50 ff. ZG) die Waren nach dem Transport übergeführt werden. Entscheidend ist jedoch, dass es gerade Funktion und Aufgabe des zugelassenen Empfängers ist, die für die definitive Verzollung erforderlichen Schritte einschliesslich der Zollanmeldung vorzunehmen, wenn die Waren am zugelassenen Ort angekommen sind (vgl. ZVE-Prozessbeschrieb, Ziff. 5.1.1). Mit anderen Worten gibt es keinen anderen Grund für die Angabe eines zugelassenen Empfängers in den Begleitdokumenten, als dass das vereinfachte Verfahren nach Art. 100 ff. ZV in Anspruch genommen werden soll. Aus der Sicht des Spediteurs bedeutet die Angabe eines zugelassenen Empfängers also, dass er die Waren dem zugelassenen Empfänger im Transitverfahren zuzuführen und nicht etwa selbst in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen oder zu einem sonstigen Verfahren anzumelden hat, jedenfalls solange er nicht mit dem zugelassenen Empfänger vereinbart hat, dass er anstelle des zugelassenen Empfängers die Zollanmeldung vornimmt (vgl. ZVE-Prozessbeschrieb, Ziff. 3.4.2). Ob der zugelassene Empfänger neben Transitwaren auch einfuhrverzollte Waren entgegen nehmen und lagern kann, wie das BAZG meint, tut nichts zur Sache. Diese Tätigkeit hätte mit der Funktion eines zugelassenen Empfängers nichts zu tun. Ein Versender, der in den Begleitdokumenten einen zugelassenen Empfänger angibt, darf erwarten, dass der Spediteur die Waren dem zugelassenen Empfänger im Transitverfahren zuführt. Er darf und muss nicht damit rechnen, dass dieser die Waren in den zollrechtlich freien Verkehr überführt und dem zugelassenen Empfänger Inlandwaren liefert. 
 
3.4. Nach dem Gesagten war aus den Begleitdokumenten für die Beschwerdeführerin erkennbar, dass sie die streitbetroffenen Waren nicht in den zollrechtlich freien Verkehr hätte überführen, sondern der darin angegebenen zugelassenen Empfängerin hätte zuführen sollen. Zu diesem Zweck hätte die Beschwerdeführerin das bereits laufende Transitverfahren fortsetzen müssen und keine neue Zollanmeldung auf Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eingeben dürfen. Die Feststellung der Vorinstanz, es lasse sich den Begleitdokumenten kein Hinweis auf ein Transitverfahren entnehmen (vgl. angefochtenes Urteil E. 3.3.2.2), beruht aller Wahrscheinlichkeit nach darauf, dass die Vorinstanz gleich wie das BAZG die Funktion des zugelassenen Empfängers zu wenig bedacht hat. Soweit die Feststellung der Vorinstanz nicht ohnehin offensichtlich unrichtig ist, beruht sie auf einer Rechtsverletzung, weswegen sie von Amtes wegen zu korrigieren ist (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
Die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr beruht also auf einem Irrtum seitens der Beschwerdeführerin. Bezeichnenderweise anerkennt selbst das BAZG, dass "wohl die Überführung der Ware per (nationalem) Transitverfahren ins Zolllagerverfahren" und nicht die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr "beabsichtigt gewesen" sei (Stellungnahme des BAZG vom 28. November 2022, S. 5). Art. 34 Abs. 4 lit. a ZG setzt nicht voraus, dass der Irrtum entschuldbar sein muss. Entgegen der Vorinstanz (vgl. angefochtenes Urteil E. 3.3.2.2) besteht daher selbst dann ein Anspruch auf Berichtigung, wenn der Irrtum der Spediteurin grobfahrlässig war (vgl. zur analogen unionsrechtlichen Regelung von Art. 148 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/2446 REGINHARD HENKE, in: Zollkodex der Union [UZK], 8. Aufl. 2022, N. 5 f. zu Art. 174 UZK, der eine Verwirkung des Anspruchs erst für organisatorische Missstände in Betracht zieht, die "über den Grad der groben Fahrlässigkeit" hinausgehen). Aufgrund ihres Irrtums hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf Berichtigung der streitbetroffenen Veranlagungsverfügungen, zumal die übrigen Voraussetzungen dafür nach Art. 34 Abs. 3 ZG unstreitig erfüllt sind. 
 
3.5. Die Berichtigung der Veranlagungsverfügungen betreffend die Überführung der streitbetroffenen Waren in den zollrechtlich freien Verkehr hat vorliegend zur Konsequenz, dass das Transitverfahren wieder auflebt, während die streitbetroffene Zollanmeldung sowie die gestützt darauf ergangenen Veranlagungsverfügungen dahin fallen. Die erhobenen Einfuhrabgaben sind demgemäss zurückzuerstatten. Dies gilt auch für die Einfuhrsteuer (vgl. Art. 59 Abs. 2 MWSTG e contrario; vgl. auch Eidgenössische Steuerverwaltung, MWST-Info 09, Ziff. 1.6.3).  
 
3.6. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob das Transitverfahren in der Folge ordnungsgemäss abgeschlossen wurde (vgl. zu den Konsequenzen des nicht ordnungsgemässen Abschlusses Art. 49 Abs. 3 ZG).  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde begründet und gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Das Berichtigungsgesuch ist zu bewilligen und die gestützt auf die irrtümliche Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr ergangenen Veranlagungsverfügungen betreffend Zoll, Spirituosensteuer und Mehrwertsteuer sind aufzuheben. Die bezahlten Einfuhrabgaben sind der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens trägt das unterliegende BAZG, da es Vermögensinteressen verfolgt (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Das BAZG hat der Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Zur neuen Verlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorangegangenen Verfahrens ist die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2022 wird aufgehoben. Das Berichtigungsgesuch der Beschwerdeführerin vom 29. Oktober 2020 wird bewilligt und die Veranlagungsverfügungen vom 23. Oktober 2020 werden aufgehoben. Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit wird angewiesen, bereits bezahlte Einfuhrabgaben zurückzuerstatten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit auferlegt. 
 
3.  
Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.- zu bezahlen. 
 
4.  
Zur neuen Verlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorangegangenen Verfahrens wird die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. November 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler