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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_360/2022, 1C_366/2022  
 
 
Urteil vom 6. März 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Müller, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1_360/2022 
Korporation Zug, 
Poststrasse 16, 6300 Zug, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Schweiger, 
Beschwerdeführerin 1, 
 
1C_366/2022 
Amt für Wald und Wild des Kantons Zug, 
Aegeristrasse 56, 6300 Zug, 
Beschwerdeführer 2, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey, Wolfer & Frey Rechtsanwälte, 
 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Waldparkplatz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 13. Mai 2022 (V 2021 37). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 16. November 2018 ersuchte A.________ die Direktion des Innern des Kantons Zug um die waldrechtliche Prüfung des Waldparkplatzes auf dem Grundstück Nr. 1869, Stadt Zug. Er beantragte, dieser sei zu schliessen und dessen weitere Nutzung sei durch geeignete Massnahmen zu unterbinden. Die Parzelle Nr. 1869 gehört der Korporation Zug und liegt gemäss rechtsgültigem Zonenplan in der Zone Wald. Die Korporation Zug nutzt die Fläche als Holzlagerplatz. Beim Waldparkplatz handelt es sich um eine unbestockte Fläche an der Oberbodenstrasse, auf der vor allem Besucherinnen und Besucher der nahegelegenen Zugerbergbahn ihre Fahrzeuge abstellen. 
Mit Verfügung vom 9. August 2019 wies das Amt für Wald und Wild des Kantons Zug (AFW) das Gesuch ab. Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug. Dieses wies die Beschwerde am 7. April 2020 ab. 
Mit Urteil vom 25. März 2021 (1C_250/2020) hiess das Bundesgericht die dagegen gerichtete Beschwerde von A.________ gut und wies die Sache zu ergänzender Sachverhaltsfeststellung und neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurück. 
 
B.  
Das Verwaltungsgericht hiess die Beschwerde von A.________ am 13. Mai 2022 gut und hob den Entscheid des AFW vom 9. August 2019 auf. Es wies die Sache an das AFW zurück, um ein nachträgliches Bewilligungsverfahren betreffend den Waldparkplatz durchzuführen. 
 
C.  
Dagegen haben die Korporation Zug am 15. Juni 2022 (Verfahren 1C_360/2022) und das AFW am 17. Juni 2022 (Verfahren 1C_366/2022) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. 
Die Korporation Zug (Beschwerdeführerin 1) beantragt, der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur ergänzenden Feststellung des Sachverhalts und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das AFW (Beschwerdeführer 2) beantragt, das verwaltungsgerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Sache zur erneuten Beurteilung für den weiteren Umgang mit der strittigen Parkierungsanlage an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Überdies stellt es verschiedene Feststellungsanträge. 
 
D.  
A.________ (Beschwerdegegner) und das Verwaltungsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
E.  
Mit Verfügung vom 21. Juli 2022 wurden die Verfahren vereinigt und den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuerteilt. 
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) äussert sich in seiner Vernehmlassung vom 8. November 2022 zur Sache, ohne einen Antrag zu stellen. 
Es wurden keine Repliken eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen kantonal letztinstanzliche Endentscheide steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). 
 
1.1. Vorliegend ist ein Rückweisungsentscheid des Verwaltungsgerichts angefochten. Rückweisungsentscheide schliessen das Verfahren nicht ab und sind daher als Zwischenentscheide zu qualifizieren, und zwar auch dann, wenn sie gewisse materielle Grundsatzfragen bereits für die Vorinstanz verbindlich entscheiden (grundlegend BGE 133 V 477 E. 4.2; ständige Rechtsprechung). Insofern spielt es - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin 1 - keine Rolle, dass das Verwaltungsgericht bereits über gewisse Vorfragen (Bestandesgarantie, Verwirkung des Anspruchs auf Wiederherstellung) entschieden hat. Über das Begehren des Beschwerdegegners, den Waldparkplatz zu schliessen und dessen weitere Nutzung durch geeignete Massnahmen zu unterbinden, wurde bislang noch nicht entschieden (auch nicht teilweise).  
 
1.2. Ein Endentscheid läge daher allenfalls vor, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wurde, kein Entscheidungsspielraum mehr verbliebe, d.h. die Rückweisung nur der Umsetzung des bereits vom oberinstanzlich Angeordneten dienen würde (BGE 138 I 143 E. 1.2 mit Hinweis). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Rückweisung erfolgte zur Prüfung, ob für den Waldparkplatz eine nachträgliche Bewilligung erteilt werden könne und/oder wie mit der bereits gerodeten Fläche umzugehen sei. Zwar hat sich das Verwaltungsgerichts bereits "gewisse Gedanken" dazu gemacht (vgl. E. 3.7.3 des angefochtenen Entscheids). Diese betreffen jedoch nur die Verhältnismässigkeit einer Wiederaufforstung des Holzlagerplatzes und nicht dessen Nutzung als Parkplatz; zudem sind sie in Form vorläufiger und nicht verbindlicher Überlegungen formuliert ("Gedanken", "vermutlich").  
 
1.3. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich somit um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG.  
Dieser ist nur anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). 
 
1.3.1. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird von der Beschwerdeführerin 1 weder dargelegt, noch liegt dies auf der Hand. Damit ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten.  
 
1.3.2. Dagegen macht der Beschwerdeführer 2 geltend, eine Rückweisung mit verbindlichen materiellrechtlichen Vorgaben stelle für das AFW als untere Instanz einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar, weil es dadurch gezwungen werde, eine aus seiner Sicht rechtswidrige neue Verfügung zu erlassen, die es in der Folge selbst nicht mehr anfechten könnte.  
Eine derartige Konstellation kann in der Tat einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG begründen (vgl. BGE 140 II 315 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Zu prüfen sind daher im Folgenden die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen, inbesondere die Partei- und Prozessfähigkeit des AFW (E. 2) und die Legitimation des Kantons Zug (E. 3). 
 
2.  
Das AFW ist die erstinstanzlich verfügende Behörde, der keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Es ist daher nicht parteifähig, d.h. Beschwerde kann allein das Gemeinwesen führen, dessen Organ das AFW ist, hier also der Kanton Zug. 
 
2.1. Grundsätzlich steht die Befugnis, Beschwerde im Namen des Kantons zu führen, dem Regierungsrat als oberster vollziehender Behörde zu. Wird die Beschwerde von einer anderen Behörde erhoben, muss diese ihre Vertretungsbefugnis explizit dartun, sei es durch einen spezifischen Ermächtigungsbeschluss der Kantonsregierung oder durch Angabe der sie zur Prozessführung namens des Kantons berechtigenden kantonalen Vorschriften (BGE 137 V 142 E. 1.1 mit Hinweisen; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar BGG, 3. Aufl., 2018, Art. 89 N. 40).  
 
2.2. Vorliegend wurde die Beschwerde im Namen des AFW erhoben und vom Amtsleiter unterschrieben. Es wird auch nicht darlegt, inwiefern das AFW befugt sei, namens des Kantons zu prozessieren. Der Umstand allein, dass die Waldgesetzgebung im Kanton Zug vom AFW vollzogen wird, genügt dafür nicht (BGE 141 I 253 E. 3.2 mit Hinweisen; vgl. zuletzt Urteil 1C_177/2022 vom 22. Juli 2022 E. 2.2.3).  
 
2.3. Fraglich ist, ob dem AFW Gelegenheit gegeben werden muss, seine Vertretungsbefugnis nachzuweisen (so z.B. geschehen im Urteil 9C_460/2021 vom 1. April 2022, in BGE 148 V 242 nicht publ. E. 2.1). Die Frage kann offenbleiben, weil auf die Beschwerde selbst dann nicht einzutreten wäre, wenn das AFW zur Prozessführung für den Kanton Zug berechtigt wäre.  
 
3.  
Das AFW stützt sich für die Beschwerdebefugnis des Gemeinwesens (Kanton Zug) auf Art. 89 Abs. 1 BGG. Diese Vorschrift ist indessen auf Private zugeschnitten. Darauf kann sich das Gemeinwesen nur berufen, wenn es entweder wie ein Privater (z.B. in seiner Eigentümerstellung) betroffen ist, oder aber wenn es um die Wahrnehmung bedeutender hoheitlicher Befugnisse geht (BGE 141 II 161 E. 2.1 mit Hinweisen). Besondere Zurückhaltung ist geboten, wenn sich Organe desselben Gemeinwesens gegenüberstehen, namentlich die kantonalen Exekutivbehörden und ein kantonales Gericht (BGE 141 II 161 E. 2.2 mit Hinweisen; bestätigt z.B. in Urteil 2C_381/2021 vom 15. März 2022 E. 3.2.1). 
Das AFW beruft sich im Wesentlichen auf das Interesse am korrekten Vollzug der Waldgesetzgebung; dieses Interesse genügt nach ständiger Rechtsprechung nicht, um die Beschwerdelegitimation des Kantons gegen einen ihn desavouierenden Entscheid der kantonalen Rechtsmittelinstanz zu begründen (BGE 141 II 161 E. 2.1; 140 I 90 E. 1.2.2; je mit Hinweisen: vgl. zuletzt Urteil 1C_177/2022 vom 22. Juli 2022 E. 2.2.1). 
 
4.  
Nach dem Gesagten ist auf beide Beschwerden nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin 1 kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG). Im Verfahren 1C_366/2022 sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG); dem Beschwerdegegner ist aber eine Parteientschädigung zu Lasten des Kantons Zug (AFW) zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Im Verfahren 1C_360/2022 werden die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- der Korporation Zug auferlegt. Im Verfahren 1C_366/2022 werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Die Korporation Zug und der Kanton Zug (AFW) haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 2'500.-- (insgesamt Fr. 5'000.--) zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. März 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber