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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_995/2021  
 
 
Urteil vom 28. September 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Beriger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch BUCOFRAS, 
Consultation juridique pour étrangers, Monsieur Alfred Ngoyi Wa Mwanza, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 28. Oktober 2021 (VB.2021.00411). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1976) ist ein ghanaischer Staatsangehöriger, der über eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz verfügt. Am 15. Juli 2019 stellte er ein Gesuch um Einreisebewilligung für seine Ehefrau, B.________, welches das Migrationsamt des Kantons Zürich mit Verfügung vom 27. November 2020 abwies. Den dagegen gerichteten Rekurs von B.________ wies die Sicherheitsdirektion mit Entscheid vom 28. April 2021 ab. 
 
B.  
Hiergegen liess A.________, vertreten durch Alfred Ngoyi Wa Mwanza, für B.________ am 31. Mai 2021 Beschwerde beim Verwaltungsgericht Zürich erheben. Mit Präsidialverfügung vom 3. Juni 2021 wurde B.________ aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes aufgefordert, eine Kaution von Fr. 2'070.-- zu leisten. 
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde vom 9. Juli 2021, die A.________, vertreten durch Alfred Ngoyi Wa Mwanza, im Namen von B.________ erheben liess, trat das Bundesgericht mit Urteil 2C_559/2021 vom 13. Juli 2021 nicht ein und überwies die Eingabe dem Verwaltungsgericht Zürich als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Mit Präsidialverfügung vom 28. Juli 2021 wies das Verwaltungsgericht Zürich das Gesuch um Befreiung von der Kostenvorschusspflicht ab und forderte B.________ auf, eine Kaution in der Höhe von Fr. 2'570.-- zu leisten. Weiter wurde sie aufgefordert, eine Vollmacht einzureichen, welche entweder ihren Ehemann oder Alfred Ngoyi Wa Mwanza zu ihrer Vertretung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ermächtigt. Mit Beschluss vom 28. Oktober 2021 trat das Verwaltungsgericht Zürich infolge Fehlens einer entsprechenden Vollmacht auf die Beschwerde nicht ein, wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab und auferlegte die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 1'570.-- Alfred Ngoyi Wa Mwanza. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und eventualiter erhobener subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 6. Dezember 2021 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt die Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und die Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Zürich vom 28. Oktober 2021. Eventualiter beantragt er die Gutheissung der subsidiären Verfassungsbeschwerde, die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Feststellung einer Verletzung der angerufenen Verfassungsgarantien. Subeventualiter ersucht er um Rückweisung der Angelegenheit an die kantonalen Behörden zwecks zusätzlicher Abklärungen im Sinne der Beschwerdebegründung. 
Die Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Migrationsamt des Kantons Zürich hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerde zulässigerweise auf Französisch verfasst (Art. 42 Abs. 1 BGG); das Verfahren vor Bundesgericht wird jedoch in der Sprache des angefochtenen Entscheids und damit auf Deutsch geführt (Art. 54 Abs. 1 BGG), nachdem der Beschwerdeführer keinen Antrag gestellt hat, der es rechtfertigen würde, von dieser Regel abzuweichen (Urteil 2C_234/2017 vom 11. September 2017 E. 1.2). 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Ausschluss gemäss Art. 83 BGG gilt auch für prozessuale Entscheide (BGE 137 I 371 E. 1.1 mit Hinweisen). Der angefochtene Nichteintretensbeschluss betrifft ein Verfahren um Familiennachzug der Ehefrau einer niederlassungsberechtigten Person. Damit wird in vertretbarer Weise ein Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 43 Abs. 1 AIG (SR 142.20) geltend gemacht. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten steht daher grundsätzlich offen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG e contrario). Für die eventualiter erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde bleibt daneben kein Raum (Art. 113 BGG).  
 
2.2. Im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren ergibt sich aus der Beschwerdeschrift, und zwar sowohl angesichts der Bezeichnung der beschwerdeführenden Partei ("le recourant") als auch der Begründung, dass A.________ und nicht B.________ als Beschwerdeführer auftritt (vgl. Beschwerdeschrift, insbesondere S. 3). In den bundesgerichtlichen Instruktionsverfügungen wurde versehentlich B.________ als Beschwerdeführerin aufgeführt. Die Instruktionsverfügungen gingen jeweils an den Rechtsvertreter, Alfred Ngoyi Wa Mwanza, sodass dem Beschwerdeführer daraus kein Rechtsnachteil erwachsen ist.  
 
2.3. Im vorinstanzlichen Verfahren wurde B.________ als Partei aufgeführt. Gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat. Der Beschwerdeführer macht in vertretbarer Weise geltend, dass er im vorinstanzlichen Verfahren zu Unrecht nicht als Partei aufgenommen worden sei. In Anbetracht seiner Vorbringen (vgl. Urteile 2C_1054/2016 vom 15. Dezember 2017 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 144 II 147; 2C_673/2011 vom 3. August 2012 E. 1.2) kann trotz fehlender Parteistellung im vorinstanzlichen Verfahren ausnahmsweise auf die Beschwerde eingetreten werden.  
 
2.4. Der kassatorische Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids ist zulässig, obwohl die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein grundsätzlich reformatorisches Rechtsmittel ist (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG). Tritt die Vorinstanz auf ein Rechtsmittel nicht ein, ohne mit einer Eventualbegründung die Sache auch materiell zu beurteilen, kann vor Bundesgericht nur das Nichteintreten angefochten werden. Ist die Beschwerde begründet, weist das Bundesgericht die Sache zur weiteren Beurteilung des Falls zurück. Andernfalls hat es mit dem vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid sein Bewenden (Urteile 2C_997/2021 vom 11. Mai 2022 E. 1.3; 2C_508/2016 vom 18. November 2016 E. 1.2).  
 
2.5. Da alle Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten (vgl. Art. 42, Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG sowie vorn E. 2.3).  
 
3.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft es nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern die angerufenen Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 142 II 369 E. 2.1). 
 
4.  
Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung vor, indem sie die sich aus seiner Beschwerde ergebenden Angaben unvollständig und ungenau festgestellt habe (Beschwerdeschrift, S. 4). 
 
4.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen). Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
4.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Beschwerde an das Verwaltungsgericht im Namen B.________s durch den Ehemann A.________ erhoben worden sei (vorinstanzlicher Beschluss E. 1.3.2). Wie der Beschwerdeführer zutreffend vorbringt, steht auf dem Deckblatt der Beschwerde ans Verwaltungsgericht: "Beschwerde vor [recte: an] Verwaltungsgericht, Freischützgasse 1, 8004 Zürich i.S. B.________, geb. (...) 1998, von Ghana, wohnhaft in Ghana, durch den Ehemann Herr A.________, geb. (...) 1976, von Ghana, wohnhaft in U.________ (...) ". Ziffer 2 der Anträge lautet: "Es sei der Entscheid der Vorinstanz aufzuheben und die Einreisebewilligung der Ehefrau des Beschwerdeführers zu erteilen bzw. die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen". Bei Punkt 2 unter dem Titel "Formelles" der Beschwerde an das Verwaltungsgericht ist Folgendes ausgeführt: "Als direkter Adressat ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat gemäss § 21 lit. a VRG ein schutzwürdiges Interesse daran, dass dieser Entscheid aufgehoben wird". Die Vollmacht ist von A.________ unterzeichnet. Darin ermächtigt er den Rechtsvertreter im Verfahren betreffend "Einreisebewilligung zwecks Familiennachzug meiner Ehefrau B.________, geb. (...) 1988, Ghana, wohnhaft in Ghana". Angesichts dieser Umstände sind die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich unvollständig. Da die erwähnten Tatsachen im Hinblick auf die Frage der Parteistellung im vorinstanzlichen Verfahren relevant und damit für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können, sind die Sachverhaltsfeststellungen entsprechend zu ergänzen (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
5.  
In rechtlicher Hinsicht bringt der Beschwerdeführer vor, selbst wenn die Vorinstanz auf die Beschwerde von B.________ angesichts der Vollmacht nicht eingetreten wäre, hätte sie seine Beschwerde behandeln müssen. Indem sie das nicht getan habe, habe sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und das Willkürverbot verletzt (vgl. Beschwerdeschrift, S. 5). Ausserdem habe sie ihm gegenüber eine formelle Rechtsverweigerung begangen (Beschwerdeschrift, S. 8). 
 
5.1. Gemäss Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichtsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. Als Teilgehalt fliesst aus der genannten Bestimmung das Verbot formeller Rechtsverweigerung. Eine formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache nicht eintritt, obschon sie darüber befinden müsste. Ob eine solche formelle Rechtsverweigerung vorliegt, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 144 II 184 E. 3.1 mit Hinweisen).  
 
5.2. Aufgrund der Angaben auf dem Deckblatt, des Wortlauts des Antrags in Ziff. 2 und der Formulierung in der vom Beschwerdeführer unterzeichneten Vollmacht (vgl. vorn E. 4.2) war die Beschwerde von A.________ vor Verwaltungsgericht nach Treu und Glauben so auszulegen, dass er sie in eigenem Namen eingereicht hat. Indem die Vorinstanz ihn nicht als Beschwerdeführer behandelt hat, hat sie ihm gegenüber eine formelle Rechtsverweigerung begangen. Dass sich der rechtskundig vertretene Beschwerdeführer während des vorinstanzlichen Verfahrens passiv verhielt, obwohl für ihn erkennbar war, dass die Vorinstanz B.________ und nicht ihn als beschwerdeführende Partei betrachtete (vgl. ausdrücklich vorinstanzliche Präsidialverfügung vom 28. Juli 2021; vorinstanzliches actorum [act. 1], S. 5), ändert daran nichts. Die Vorinstanz hat mit ihrem Vorgehen Art. 29 Abs. 1 BV verletzt.  
 
5.3. Da die Beschwerde bereits aus den genannten Gründen gutzuheissen ist, braucht auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers nicht eingegangen zu werden.  
 
6.  
Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Zürich vom 28. Oktober 2021 ist aufzuheben und die Sache zur Durchführung des Verfahrens mit dem Beschwerdeführer als Partei an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
7.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Kosten zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (vgl. Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Zürich vom 28. Oktober 2021 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. September 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Beriger