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[AZA] 
H 76/00 Gb 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiber Nussbaumer 
 
Urteil vom 16. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 
St. Gallen, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. M.________, 
2. T.________, 
3. S.________, 
 
Beschwerdegegner, alle vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. K.________, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
    A.- Mit Verfügungen vom 2. Juni 1998 verpflichtete die 
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen M.________, 
T.________ und S.________ als ehemalige Verwaltungsräte der 
am 28. November 1997 in Konkurs gefallenen Firma X.________ 
zur Leistung von Schadenersatz in der Höhe von Fr. 16'421.- 
unter solidarischer Haftbarkeit für entgangene bundesrecht- 
liche Sozialversicherungsbeiträge in den Monaten Januar bis 
Oktober 1997 (einschliesslich Mahngebühren und Verzugszin- 
sen). 
 
    B.- Die auf Einspruch hin von der Ausgleichskasse ge- 
gen die drei Verwaltungsräte eingereichten Klagen wies das 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen nach Vereini- 
gung der Verfahren mit Entscheid vom 29. Oktober 1999 ab 
und verpflichtete die Ausgleichskasse, den Beklagten eine 
Parteientschädigung von je Fr. 1800.- zu bezahlen. 
 
    C.- Die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen führt 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung 
des vorinstanzlichen Entscheides seien die Beschwerdegegner 
zu verpflichten, ihr Fr. 16'421.- zu bezahlen. Eventuell 
sei in Änderung der Ziff. 3 des vorinstanzlichen Disposi- 
tivs festzustellen, dass die Beschwerdegegner Anspruch auf 
eine Parteientschädigung von je Fr. 900.- haben. 
- M.________, T.________ und S.________ lassen auf Abwei- 
sung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Kanto- 
nales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherung ver- 
zichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht 
um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleis- 
tungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht 
nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht 
verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Miss- 
brauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachver- 
halt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter 
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt 
worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und 
b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
    2.- a) Die im vorliegenden Fall massgebenden recht- 
lichen Grundlagen (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in 
Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) und die zur subsidiären 
Haftbarkeit der Organe (vgl. statt vieler BGE 123 V 15 
Erw. 5b) sowie zur Haftungsvoraussetzung des zumindest 
grobfahrlässigen Verschuldens (BGE 108 V 186 Erw. 1b, 193 
Erw. 2b; ZAK 1985 S. 576 Erw. 2, 619 Erw. 3a) - namentlich 
auch in Zusammenhang mit dem Pauschalverfahren (AHI-Praxis 
1993 S. 163; ZAK 1992 S. 247 Erw. 3b) - ergangene Recht- 
sprechung finden sich im kantonalen Entscheid zutreffend 
wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden. 
 
    b) Die konkursite Aktiengesellschaft rechnete mit der 
Beschwerde führenden Ausgleichskasse im Pauschalverfahren 
ab. In der Jahresrechnung 1996 bezifferte sie die mutmass- 
liche Lohnsumme für das Folgejahr 1997 mit Fr. 160'000.-. 
Die Ausgleichskasse ging von einer solchen von 
Fr. 152'400.- aus. Die nach der Konkurseröffnung vom 
28. November 1997 von der Aktiengesellschaft am 9. Dezember 
1997 eingereichte Jahresabrechnung 1997 enthielt für die 
Monate Januar bis Oktober eine beitragspflichtige Lohnsumme 
von Fr. 228'496.15. Dieser Betrag wurde anlässlich der Ar- 
beitgeberkontrolle vom 5. Februar 1998 um Fr. 18'100.- auf 
Fr. 210'396.15 reduziert. 
    Hinsichtlich der am 7. Februar 1997 in der Jahresab- 
rechnung 1996 deklarierten mutmasslichen Lohnsumme für 1997 
hielt das kantonale Gericht in tatsächlicher Hinsicht fest, 
die angeführte Summe von Fr. 160'000.- ergebe sich aus den 
mutmasslichen Löhnen für das in diesem Zeitpunkt angestell- 
te Personal, wobei für drei Personen damals ein Austritt 
vorgesehen und ein Austritt bereits vollzogen gewesen sei. 
Die Differenz von rund Fr. 50'000.- zu der tatsächlich aus- 
bezahlten Lohnsumme für 1997 resultiere im Wesentlichen da- 
raus, dass nach Abgabe der Jahresabrechnung 1996 drei Per- 
sonen angestellt worden seien. Dass diese Entwicklung be- 
reits bei Abgabe der Jahresabrechnung 1996 bekannt gewesen 
und damit bewusst eine zu tiefe mutmassliche Lohnsumme an- 
gegeben worden sei, sei auf Grund der Aktenlage nicht aus- 
gewiesen. Sodann sei das Pauschalverfahren nicht mit Auf- 
lagen verbunden gewesen. Das kantonale Gericht stellte fer- 
ner fest, dass mit Ausnahme des dritten Quartals die übri- 
gen Pauschalen bezahlt worden seien. Allerdings habe die 
Beschwerdeführerin der konkursiten Arbeitgeberin bereits 
für die Lohnbeiträge 1996 und die ersten beiden Pauschalen 
für 1997 Stundungen bewilligt. In der Folge habe die Ar- 
beitgeberin die bewilligten Teilzahlungen praktisch einge- 
halten und beispielsweise am 10. Oktober 1997 noch die Pau- 
schale für April/Juni 1997 über Fr. 4660.85 bezahlt. Ge- 
stützt auf diese Sachlage kam das kantonale Gericht zum 
Schluss, eine Meldepflicht der konkursiten Aktiengesell- 
schaft für die höhere Lohnsumme sei zu verneinen, weshalb 
den Beschwerdegegnern bezüglich der Schlussrechnung weder 
ein widerrechtliches, noch ein grobfahrlässiges Verhalten 
angelastet werden könne. Was die Nichtbezahlung der Pau- 
schale für das dritte Quartal 1997 über Fr. 5240.85 be- 
treffe, welche am 10. Oktober 1997 und damit vor Konkurser- 
öffnung fällig gewesen sei, so sei zwar die Widerrechtlich- 
keit zu bejahen, hingegen im Lichte von BGE 121 V 244 ein 
grobfahrlässiges Verhalten zu verneinen. Werde berücksich- 
tigt, dass bis zur Konkurseröffnung vom 28. November 1997 
lediglich eine Pauschale unbezahlt blieb und dass sich die 
Arbeitgeberin darum bemüht habe, die Ausstände zu beglei- 
chen, so könne diesbezüglich nicht von einem groben Ver- 
schulden gesprochen werden. 
    c) Der Auffassung der Vorinstanz ist beizupflichten. 
Nach den verbindlichen Feststellungen (vgl. Erw. 1 hievor) 
des kantonalen Gerichts hat die konkursite Aktiengesell- 
schaft nicht bewusst eine zu tiefe Lohnsumme für das Jahr 
1997 angegeben und in der Folge die ohne Auflage bewillig- 
ten Pauschalzahlungen mit Ausnahme der letzten vor der 
Konkurseröffnung fällig gewordenen Quartalsabrechnung be- 
glichen und sich an den in diesem Zusammenhang gewährten 
Zahlungsaufschub gehalten. Aus bundesrechtlicher Sicht 
lässt sich daher bei dieser Sachverhaltskonstellation die 
Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts nicht beanstanden, 
angesichts der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versiche- 
rungsgerichts habe für die Gesellschaft keine Pflicht zur 
Meldung der höheren Lohnsumme bestanden und in Würdigung 
der bisherigen Zahlungsmoral der Gesellschaft könne im 
Lichte von BGE 121 V 244 für die Nichtbezahlung der letzten 
Quartalsrechnung kein grobfahrlässiges Verhalten der Be- 
schwerdegegner angenommen werden. In der Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was die tatsäch- 
lichen Feststellungen der Vorinstanz - namentlich auch in 
Bezug auf die Lohndeklaration für das Jahr 1997 - als 
mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG oder die recht- 
liche Würdigung als bundesrechtswidrig erscheinen liesse. 
Insbesondere ergibt sich aus den Akten, dass die Gesell- 
schaft Änderungen des Personalbestands im Laufe des Jahres 
1997 der Beschwerdeführerin gemeldet hat, was den Schluss 
auf eine absichtlich zu tiefe Deklaration der mutmasslichen 
Lohnsumme für das Jahr 1997 ebenfalls verbietet. 
 
    3.- Die Beschwerdeführerin ficht schliesslich auch die 
vorinstanzlich zugesprochenen Parteientschädigungen von 
drei Mal je Fr. 1800.- an. Sie bringt vor, der Rechtsver- 
treter habe eine gemeinsame Klageantwort und eine gemein- 
same Duplik eingereicht. In Anbetracht der einfachen Sach- 
und Rechtslage, des geringen Aufwandes für die beiden 
Rechtsschriften und des tiefen Streitwertes von 
Fr. 16'421.- erscheine eine Parteientschädigung von 
Fr. 2700.- (drei Mal je Fr. 900.-) als angemessen. Mit 
dieser Begründung legt die Beschwerdeführerin nicht dar, 
inwiefern die vorinstanzliche Parteikostenregelung will- 
kürlich oder ermessensmissbräuchlich sein soll. Sie 
erschöpft sich vielmehr in appellatorischer Kritik am 
vorinstanzlichen Entscheid, was in diesem Zusammenhang 
nicht genügt, weil die Prüfung der Parteientschädigung im 
Wesentlichen nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür 
(Art. 4 aBV, Art. 9 BV) in Betracht fällt (BGE 114 V 86 
Erw. 4a mit Hinweisen; nicht veröffentlichtes Urteil vom 
14. März 2000 in Sachen Interessengemeinschaft L., 
H 133/99). 
 
    4.- Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens wird die 
Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig 
(Art. 134 OG e contrario, Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 
Abs. 2 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.  
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 1400.- werden der Be-  
    schwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten 
    Kostenvorschuss verrechnet. 
 
III. Die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen hat den  
    Beschwerdegegnern für das Verfahren vor dem Eidge- 
    nössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädi- 
    gung von insgesamt Fr. 2500.- (einschliesslich Mehr- 
    wertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs-  
    gericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für 
    Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 16. Mai 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: