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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_170/2021  
 
 
Urteil vom 27. Juli 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Grossenbacher, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des 
Kantons Bern, Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Entzug des Führerausweises für Motorfahrzeuge für immer, 
 
Beschwerde gegen das Urteil der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern vom 1. Juli 2020 (300.2020.70). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Wegen einer schweren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften entzog das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA) A.________ am 10. August 2009 den Führerausweis für Motorfahrzeuge für drei Monate. Am 7. Juli 2010 entzog es ihm wegen einer weiteren schweren Widerhandlung den Führerausweis erneut, diesmal für sechzehn Monate. Da er am 14. August 2011 dennoch und überdies in einem qualifiziert angetrunkenen Zustand einen Personenwagen gelenkt, mithin erneut schwere Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften begangen hatte, verfügte das SVSA am 18. Oktober 2011 einen Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre (Sicherungsentzug). Am 4. Juli 2018 liess es A.________ gestützt auf ein Gutachten, das seine Fahreignung bejahte, wieder zum motorisierten Strassenverkehr zu. 
 
B.  
Mit Rapport vom 13. Dezember 2019 zeigte die Kantonspolizei Bern A.________ wegen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz an. Sie warf ihm vor, am 3. Dezember 2019, um ca. 16.20 Uhr, mit einem Personenwagen auf der Autostrasse A8 von P.________ herkommend in Richtung Q.________ gefahren und dabei mit einem nervösen Fahrstil dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nahe aufgefahren zu sein. Auf Höhe einer Baustelle beim Restaurant "B.________" in R.________ sei er in einer Rechtskurve geradeaus auf die Einspurstrecke gefahren, um die vorausfahrenden Fahrzeuge zu überholen. Als Folge des Überholmanövers habe er die auf die Einspurstrecke folgende Sperrfläche befahren. Nach Überholen eines Fahrzeugs sei er auf Höhe des Restaurants wieder auf den Normalstreifen zurückgewechselt. In der Folge sei er weiter dem vor ihm fahrenden Auto nahe aufgefahren, bis er es im S.________tunnel habe überholen können. Daraufhin habe er die A8 bei der Ausfahrt T.________ verlassen. 
Mit Strafbefehl vom 20. Dezember 2019 erklärte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Oberland, A.________ hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe der mehrfachen einfachen Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 500.--. Dieser Strafbefehl erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
Gestützt auf den rechtskräftigen Strafbefehl entzog das SVSA A.________ am 6. März 2020 den Führerausweis für Motorfahrzeuge für immer. Es beurteilte dabei die fraglichen Verkehrsregelverletzungen als mittelschwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften. 
 
C.  
Gegen die Verfügung des SVSA gelangte A.________ an die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern. Mit Urteil vom 1. Juli 2020 (versandt am 2. März 2021) wies die Rekurskommission das Rechtsmittel ab. 
 
D.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. April 2021 an das Bundesgericht beantragt A.________, das Urteil der Rekurskommission aufzuheben und das SVSA anzuweisen, ihm den Führerausweis unverzüglich auszuhändigen. Mit separater Eingabe vom gleichen Datum ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
In der Beschwerde beantragte A.________ auch die Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss des gleichentags beim Obergericht des Kantons Bern gegen den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft vom 20. Dezember 2019 eingeleiteten Revisionsverfahrens. Mit Schreiben vom 19. November 2021 teilte er auf Nachfrage vonseiten des Bundesgerichts mit, das Revisionsverfahren sei abgeschlossen, und ersuchte um Fortführung des Beschwerdeverfahrens. 
Das SVSA beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Rekurskommission schliesst auf Abweisung, soweit auf die Beschwerde eingetreten werden könne. Das zusätzlich zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt unter Hinweis auf das angefochtene Urteil ebenfalls, die Beschwerde sei abzuweisen. A.________ hat am 22. April 2021 und am 2. Februar 2022 weitere Eingaben gemacht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Innert Frist (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG) angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Ein Ausnahmegrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, wird durch den angefochtenen Entscheid auch materiell beschwert und ist damit nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auch sonst steht einem Eintreten auf die Beschwerde grundsätzlich nichts entgegen. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person vorbringt und begründet, sofern die rechtlichen Mängel des angefochtenen Entscheids nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil weiter den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. dazu BGE 137 I 58 E. 4.1.2), ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht. Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 264 E. 2.3).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer bestreitet wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren, dass er am 3. Dezember 2019 die Verkehrsregelverletzungen begangen habe, für die er mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft vom 20. Dezember 2019 mit einer Busse bestraft wurde. Damit habe er auch die Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften nicht begangen, aufgrund welcher ihm das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern (SVSA) mit Verfügung vom 6. März 2020 den Führerausweis für immer entzogen habe. Indem die Vorinstanz zum Schluss gekommen sei, im erwähnten Strafbefehl sei der Sachverhalt verbindlich festgestellt worden und das SVSA habe auf diesen abstellen dürfen, habe sie den Sachverhalt offensichtlich unrichtig und willkürlich festgestellt. Mit der Abweisung seiner Beweisanträge habe sie zudem seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verletzt, womit ihre Sachverhaltsfeststellung auch auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhe. Da er die fragliche Widerhandlung nicht begangen habe, sei der strittige Führerausweisentzug unrechtmässig und aufzuheben. 
 
4.  
 
4.1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Verwaltungsbehörde grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts gebunden. Sie darf davon nur abweichen, wenn sie Tatsachen feststellt und ihrem Entscheid zugrunde legt, die dem Strafgericht unbekannt waren, wenn sie zusätzliche Beweise erhebt oder wenn das Strafgericht bei der Rechtsanwendung auf den Sachverhalt nicht alle Rechtsfragen abgeklärt, namentlich die Verletzung bestimmter Verkehrsregeln übersehen hat (vgl. BGE 139 II 95 E. 3.2; 136 II 447 E. 3.1; 124 II 103 E. 1c/aa; je mit Hinweisen). Bestehen klare Anhaltspunkte, dass die Sachverhaltsfeststellung des Strafgerichts unrichtig ist, darf die Verwaltungsbehörde nicht ohne Weiteres darauf abstellen; vielmehr hat sie nötigenfalls selber Beweiserhebungen durchzuführen (vgl. die vorgenannten Urteile; Urteile 1C_589/2021 vom 5. Mai 2022 E. 3.1; 1C_491/2021 vom 17. Februar 2022 E. 3.4; 1C_33/2018 vom 6. Juli 2018 E. 3.2).  
Die Verwaltungsbehörde hat vor allem dann auf die Sachverhaltsfeststellung im Strafurteil abzustellen, wenn dieses im ordentlichen Verfahren gefällt wurde. Sie ist unter bestimmten Umständen aber auch an die sachverhaltlichen Feststellungen eines Strafentscheids gebunden, der im Strafbefehlsverfahren erging, selbst wenn er ausschliesslich auf einem Polizeirapport beruht. Dies gilt insbesondere, wenn die betroffene Person weiss oder wissen musste, dass neben dem Strafverfahren ein Administrativverfahren eröffnet wird, und sie es trotzdem unterlässt oder darauf verzichtet, im Rahmen des Strafverfahrens die ihr garantierten Verteidigungsrechte geltend zu machen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darf sie nicht das Verwaltungsverfahren abwarten, um Einwände gegen die tatsächlichen Grundlagen der strafrechtlichen Verurteilung zu erheben. Sie hat dies vielmehr bereits im Strafverfahren zu tun und dort die nötigen Rechtsmittel zu ergreifen (vgl. BGE 123 II 97 E. 3c/aa; 121 II 214 E. 3a; Urteil 1C_491/2021 vom 17. Februar 2022 E. 4.3). 
 
4.2. Die Staatsanwaltschaft stützte sich im Strafbefehl vom 20. Dezember 2019 auf den Anzeigerapport der Kantonspolizei Bern vom 13. Dezember 2019. Diese hatte im Wesentlichen den Beschwerdeführer einvernommen und mehrere beteiligte Automobilisten als Auskunftspersonen befragt sowie das Überwachungsvideo von einem Portal des U.________tunnels gesichtet. Zudem hatte sie mit einer Garage in V.________ Rücksprache genommen. Weitere Abklärungen hatte sie nicht vorgenommen. Die Staatsanwaltschaft hielt im Strafbefehl unter dem Randtitel "Sachverhalt" fest, der Beschwerdeführer sei als Lenker des fraglichen Personenwagens von W.________ herkommend auf der A8 in Richtung Q.________ auf dem Normalstreifen gefahren. Bei der Baustelle auf Höhe des Restaurants "B.________" habe er das ihm vorausfahrende Fahrzeug über die Einspurstrecke und die darauffolgende Sperrfläche überholt. Nach dem Überholen habe er wieder auf den Normalstreifen gewechselt. Bei der Weiterfahrt auf der A8, auf Höhe des Eingangs zum U.________tunnel in Richtung Q.________ bis zum S.________tunnel, habe er weiter keinen ausreichenden Abstand beim "Hintereinanderfahren" gewahrt. Als Zeitpunkt des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Verhaltens nannte die Staatsanwaltschaft den 3. Dezember 2019, ca. 16.20 Uhr, als Ort die A8 im Raum R.________.  
 
4.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, er könne den fraglichen Personenwagen im massgeblichen Zeitpunkt nicht gelenkt haben. Gemäss dem Rapport der Kantonspolizei Bern zeige das Überwachungsvideo, dass das Fahrzeug das betreffende Portal des U.________tunnels um 16.22 Uhr befahren habe. Auf dem Überwachungsvideo sei nach dem Rapport zudem nur eine Person im Fahrzeug zu sehen. Auch sämtliche Auskunftspersonen hätten angegeben, dass sich im Auto nur eine Person befunden habe. Er habe indessen am 3. Dezember 2019 seine Arbeit gemäss dem Wochenrapport erst um 16.30 Uhr beendet und sich danach von der Baustelle in X.________ zunächst zum Magazin in Y.________ begeben, wo er das Geschäftsfahrzeug mit dem fraglichen Personenwagen eingetauscht habe. Anschliessend sei er im Weiteren nach Z.________ gefahren, wo er einen Kollegen abgeholt habe. Von dort aus seien sie zu zweit zu einer Garage in V.________ gefahren, um die Reifen zu wechseln, und dann nach Hause nach T.________. Sein Kollege, der auf dem Beifahrersitz gesessen habe, habe handschriftlich bestätigt, dass er mit ihm mitgefahren sei, ebenso, dass es während der Fahrt zu keinem Überholmanöver und zu keinem Verstoss gegen die Verkehrsvorschriften gekommen sei.  
Der Beschwerdeführer macht ausserdem geltend, im massgeblichen Zeitpunkt habe der Onkel seines Halbbruders das betreffende Fahrzeug gelenkt. Dieser Onkel lebe in Portugal, habe sich damals aber ferienhalber für ein paar Tage in der Schweiz aufgehalten, um eine Arbeit als Handwerker zu finden, und habe beim Halbbruder in T.________ gewohnt. Am 3. Dezember 2019 habe er in der Region W.________/Y.________ auf den Reisecar gewartet, um nach erfolgloser Arbeitssuche nach Portugal zurückzukehren. Plötzlich habe er bemerkt, dass seine Brieftasche mit den Ausweisdokumenten fehle. Da er keine Zeit mehr gehabt habe, um mit dem Zug nach T.________ zurückzukehren, habe er ohne vorgängige Absprache mit ihm das im Magazin in Y.________ abgestellte Auto geholt, in dem sich wie üblich der Autoschlüssel befunden habe, und sei nach T.________ gefahren, um seine Sachen zu holen. Anschliessend sei er vor 17.00 Uhr ins Magazin in Y.________ zurückgekehrt. Der Onkel seines Halbbruders habe ihm diesen Sachverhalt in einem handschriftlichen Schreiben vom 26. März 2020 bestätigt. Er habe ihm zudem mündlich zugesichert, dass er die Busse gemäss dem Strafbefehl vom 20. Dezember 2019 sowie die Gebühren von Fr. 200.-- in Raten zurückzahlen werde, sobald er über genügend finanzielle Mittel verfüge. 
 
4.4.  
 
4.4.1. Der Beschwerdeführer gab bereits im Rahmen seiner polizeilichen Einvernahme vom 3. Dezember 2019 an, er habe an diesem Tag um 16.30 Uhr Feierabend gehabt. Ausserdem führte er aus, er sei nach der Rückkehr ins Magazin in Y.________ und dem Fahrzeugwechsel um ca. 16.35 Uhr losgefahren, um seinen Kollegen in Z.________ abzuholen, mit dem er dann zusammen zur Garage in V.________ und anschliessend nach Hause nach T.________ gefahren sei. Ob er die ihm vorgeworfenen Verkehrsregelverletzungen begangen habe, wurde er nicht gefragt; ebenso wenig äusserte er sich dazu.  
Obschon der Beschwerdeführer somit gemäss seinen Aussagen in der polizeilichen Einvernahme die ihm angelasteten Verkehrsregelverletzungen nicht begangen haben konnte, da diese gemäss dem Strafbefehl vom 20. Dezember 2019 bereits um ca. 16.20 Uhr erfolgt sein sollen, setzte er sich gegen den Strafbefehl nicht zur Wehr. Er erhob nicht Einsprache und verlangte keine weiteren Beweismassnahmen. Auch als ihm das SVSA mit Schreiben vom 29. Januar 2020 die Eröffnung des Administrativverfahrens ankündigte, brachte er keine Einwände gegen den im Strafbefehl festgestellten Sachverhalt vor und beantragte er keine weiteren Beweiserhebungen. Erst als ihm das Amt mit Verfügung vom 6. März 2020 den Führerausweis für immer entzog, erhob er gegen diesen Entscheid Beschwerde, bestritt er seine Täterschaft und kritisierte er die Sachverhaltsfeststellung im Strafbefehl bzw. die polizeiliche Abklärung des Vorfalls. 
 
4.4.2. Der Beschwerdeführer erklärt die unterlassene Einsprache gegen den Strafbefehl damit, er sei nicht rechtskundig, habe wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse dessen Inhalt nicht verstanden und sei der Ansicht gewesen, die Angelegenheit würde sich mit der Bezahlung der Busse erledigen. Zudem habe er in diesem Zeitpunkt noch nicht gewusst, welche Beweismittel den Strafverfolgungsbehörden vorgelegen hätten. Ebenso wenig sei ihm bekannt gewesen, dass der Onkel seines Halbbruders den Personenwagen für eine Fahrt von Y.________ nach T.________ und zurück benutzt habe.  
Mit diesen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer seine Passivität nicht zu rechtfertigen. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zutreffend ausgeführt hat, musste er aufgrund seiner einschlägigen Erfahrung mit Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften und Administrativmassnahmen (vgl. vorne Bst. A) auch als Rechtsunkundiger damit rechnen, dass wegen des Vorfalls vom 3. Dezember 2019 ein Administrativverfahren gegen ihn eröffnet würde. Die vorinstanzliche Beurteilung, wonach sein Vorbringen betreffend unzureichende Deutschkenntnisse als Schutzbehauptung zu betrachten sei, stellt er zudem nicht rechtsgenüglich in Frage. Die von ihm geltend gemachte Unkenntnis über die den Strafverfolgungsbehörden vorliegenden Beweismittel wäre mit Blick auf seine Aussagen in der polizeilichen Einvernahme sodann gerade Anlass gewesen, gegen den Strafbefehl vorzugehen und namentlich weitere Beweismassnahmen zu verlangen. Da er gemäss seinen Angaben im massgeblichen Zeitpunkt das Fahrzeug nicht gelenkt haben konnte, bestand ein solcher Anlass ausserdem unabhängig davon, ob er den angeblichen wahren Lenker kannte. Er brauchte mithin nicht zu wissen, dass, wie er vorbringt, der Onkel seines Halbbruders das Fahrzeug benutzt hatte. Auch angesichts der ausgefällten Busse von immerhin Fr. 500.-- und der auferlegten Gebühren von Fr. 200.-- hätte er Grund gehabt, den in der Folge als ungerechtfertigt kritisierten Strafbefehl anzufechten. 
Unter diesen Umständen durfte der Beschwerdeführer nicht das Administrativverfahren abwarten, um Einwände gegen die tatsächlichen Grundlagen seiner strafrechtlichen Verurteilung zu erheben. Vielmehr hätte er dies gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bereits im Strafverfahren tun und dort die nötigen Rechtsmittel ergreifen müssen (vgl. vorne E. 4.1). Sein Verhalten war somit, wie die Vorinstanz zu Recht festgehalten hat, mit diesem Grundsatz nicht vereinbar. Das SVSA und damit auch die Vorinstanz waren daher grundsätzlich an die Sachverhaltsfeststellung der Staatsanwaltschaft im Strafbefehl vom 20. Dezember 2019 gebunden. Daran ändert nichts, dass der Anzeigerapport der Kantonspolizei nicht auf der Wahrnehmung der fraglichen Verkehrsregelverletzungen durch Polizisten vor Ort beruht. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist dies keine Voraussetzung für die Verbindlichkeit der erwähnten Sachverhaltsfeststellung. 
 
4.5. Soweit der Beschwerdeführer die Sachverhaltsfeststellung im Strafbefehl in Zweifel zieht, ist dies im Weiteren unbehelflich. Zwar stellt er dieser Sachverhaltsfeststellung, wie erwähnt, seine eigene Version entgegen, wonach er im massgeblichen Zeitpunkt den fraglichen Personenwagen nicht gelenkt haben könne und der wahre Lenker der Onkel seines Halbbruders gewesen sei. Klare Indizien für die Richtigkeit dieser Darstellung und damit die Unrichtigkeit der Sachverhaltsfeststellung der Staatsanwaltschaft führt er jedoch keine an. So handelt es sich beim angeblichen Schreiben des Onkels, mit welchem dieser bestätigt, das Auto am 3. Dezember 2019 benutzt zu haben, um eine blosse schriftliche Behauptung, die ohne Weiteres aus Gefälligkeit verfasst worden sein könnte. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte mündliche Zusicherung des Onkels, die Busse und die Gebühren in Raten zurückzuzahlen, ist weiter unbelegt, wäre zudem eine reine Absichtserklärung und könnte ebenfalls aus Gefälligkeit erfolgt sein. Die angebliche Erklärung des Kollegen, er sei mit dem Beschwerdeführer auf dem massgeblichen Streckenabschnitt mitgefahren, betrifft sodann, unabhängig davon, wie sie sonst zu beurteilen ist, nicht den Zeitpunkt, in welchem dieser gemäss dem Strafbefehl die Verkehrsregelverletzungen begangen haben soll. Der Wochenrapport des Beschwerdeführers bietet ferner keine Gewähr, dass er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch arbeitete. Auch sonst nennt der Beschwerdeführer keine klaren Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Darstellung.  
Die Vorinstanz hat dementsprechend mit der Begründung, der Beschwerdeführer berufe sich im Wesentlichen auf seine eigenen Aussagen und vermöge weder mit den eingereichten angeblichen Schreiben seines Kollegen und des Onkels seines Halbbruders noch sonst wie die Sachverhaltsfeststellung der Staatsanwaltschaft zu widerlegen, zu Recht sinngemäss das Vorliegen klarer Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Sachverhaltsfeststellung verneint. Dies gilt umso mehr, als sie nachvollziehbar aufgezeigt hat, dass das Vorbringen, der Onkel des Halbbruders habe im massgeblichen Zeitpunkt das fragliche Fahrzeug gelenkt, mit den Angaben des Beschwerdeführers zur eigenen Fahrt von Y.________ über Z.________ nach V.________ und anschliessend nach T.________ in zeitlicher Hinsicht nicht vereinbar sein dürfte. 
Damit durfte die Vorinstanz mit Blick darauf, dass sich der Beschwerdeführer nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bereits im Strafverfahren gegen die Sachverhaltsfeststellung im Strafbefehl hätte zur Wehr setzen müssen, auf die bei ihr beantragten Beweismassnahmen (Edition des Überwachungsvideos vom Tunnelportal, Befragung des Kollegen sowie des Onkels des Halbbruders) verzichten. Ausserdem durfte sie den von der Staatsanwaltschaft festgestellten Sachverhalt als für das SVSA und damit auch für sie verbindlich beurteilen. Sie hat demnach mit der Abweisung der entsprechenden Beweisanträge des Beschwerdeführers dessen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt, womit ihre Sachverhaltsfeststellung auch nicht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG). Ebenso wenig hat sie den Sachverhalt offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV festgestellt. Die entsprechenden Rügen des Beschwerdeführers erweisen sich daher als unbegründet. 
 
4.6. Weitere Rügen gegen den angefochtenen Entscheid erhebt der Beschwerdeführer nicht. Insbesondere bringt er nicht vor, das SVSA habe ihm entgegen der vorinstanzlichen Beurteilung gestützt auf den im Strafbefehl festgestellten Sachverhalt den Führerausweis nicht in Anwendung von Art. 16b Abs. 2 Bst. f SVG für immer entziehen dürfen. Solches liegt auch nicht auf der Hand (vgl. vorne E. 2.1).  
 
5.  
Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da die Voraussetzungen für deren Gewährung als erfüllt erscheinen (vgl. Art. 64 BGG), ist dem Gesuch stattzugeben. Parteientschädigungen hat der Beschwerdeführer keine zu bezahlen (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwältin Barbara Grossenbacher wird für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- entschädigt.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern sowie dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Juli 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur