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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_766/2022  
 
 
Urteil vom 12. Juli 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiberin de Sépibus. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Dieter Roth, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Bürgerrecht 
des Kantons Basel-Landschaft, 
Parkstrasse 3, 4402 Frenkendorf, 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und 
Verwaltungsrecht, vom 27. April 2022 (810 21 264). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der srilankische Staatsangehörige A.________ (geb. 1971) reiste am 2. November 2009 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Mit Entscheid vom 23. Oktober 2014 wies des damalige Bundesamt für Flüchtlinge (heute: Staatssekretariat für Migration [SEM]) das Gesuch von A.________ ab. Jedoch wurde die vorläufige Aufnahme verfügt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde am 19. Mai 2016 vom Bundesverwaltungsgericht gutgeheissen, worauf A.________ als Flüchtling anerkannt wurde. Daraufhin erteilte ihm das Amt für Migration und Bürgerrecht des Kantons Basel-Landschaft (nachfolgend: Migrationsamt) am 2. Juni 2016 eine Aufenthaltsbewilligung, die einmal bis zum 29. Mai 2018 verlängert wurde.  
 
A.b. Am 17. November 2015 wurde A.________ von der Staatsanwaltschaft wegen mehrfachen Exhibitionismus zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen bei einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt.  
 
A.c. Am 8. Juli 2016 stellte A.________ beim SEM ein Familiennachzugsgesuch für seine Ehefrau B.________ (geb. 1973) und seine drei Töchter C.________ (geb. 1997), D.________ (geb. 2004) und E.________ (geb. 2006). Aufgrund verschiedener Ungereimtheiten zwischen den Angaben im Familiennachzugsgesuch und den Aussagen von A.________ im Asylverfahren liess das SEM dessen Töchter sowie Ehefrau am 5. September 2016 auf der Schweizer Vertretung in Colombo/Sri Lanka befragen. Am 4. Januar 2018 widerrief das SEM das Asyl von A.________ und aberkannte ihm die Flüchtlingseigenschaft mit der Begründung, er habe das Asyl durch falsche Angaben erschlichen. Die gegen den Entscheid des SEM erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 2018).  
 
A.d. Am 26. April 2019 reiste die älteste Tochter C.________ in die Schweiz ein und ersuchte erfolglos um Asyl. Zurzeit läuft der Wegweisungsvollzug.  
 
A.e. Im Betreibungsregister ist A.________ mit einer Betreibung vom 10. August 2021 in der Höhe von Fr. 1'360.-- verzeichnet.  
 
B.  
Mit Schreiben vom 22. Juli 2020 gewährte das Migrationsamt A.________ das rechtliche Gehör zum möglichen Widerruf der Aufenthaltsbewilligung sowie zur Wegweisung aus der Schweiz. Am 10. August 2020 machte A.________ von seinem rechtlichen Gehör Gebrauch. Mit Verfügung vom 2. Dezember 2020 verweigerte das Migrationsamt die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. Eine gegen diesen Entscheid beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft erhobene Beschwerde wurde abgewiesen (Entscheid vom 7. September 2021). Ebenso blieb die beim Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft dagegen eingereichte Beschwerde ohne Erfolg (Urteil vom 27. April 2022). 
 
C.  
A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 19. September 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 27. April 2022 sei aufzuheben und die Aufenthaltsbewilligung sei zu verlängern. Eventualiter sei ihm eine neue Bewilligung aufgrund eines Härtefalls zu erteilen bzw. die Sache zu erneuter Sachverhaltsfeststellung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt er, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu bewilligen und ihm zu allfälligen Stellungnahmen der Beschwerdegegner das Replikrecht einzuräumen. 
 
D. Das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt mit Vernehmlassung vom 6. Oktober 2022 die Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) lässt sich nicht vernehmen. A.________ erhält die Eingaben des Kantonsgerichts sowie des Regierungsrats zur Kenntnisnahme; er repliziert nicht.  
Die Abteilungspräsidentin hat der Beschwerde mit Verfügung vom 22. September 2022 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn die betroffene Person in vertretbarer Weise dartut, dass potenziell ein solcher Anspruch besteht. Ob tatsächlich ein Bewilligungsanspruch besteht, ist praxisgemäss eine Frage der materiellen Beurteilung und nicht des Eintretens (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1.1; Urteil 2C_668/2018 vom 28. Februar 2020 E. 2, nicht publ. in: BGE 146 I 185).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer beruft sich aufgrund der Dauer seines Aufenthalts in der Schweiz auf einen Bewilligungsanspruch gestützt auf Art. 8 EMRK (Achtung des Privatlebens). Von einem solchen Anspruch ist in der Regel nach einem rechtmässigen Aufenthalt von rund zehn Jahren auszugehen (BGE 144 I 266 E. 3.9). Wird ein Asylgesuch abgewiesen, kann der Aufenthalt während des Asylverfahrens nicht als rechtmässig im Sinne dieser Rechtsprechung betrachtet werden (vgl. BGE 137 II 10 E. 4.6; Urteil 2C_19/2019 vom 20. März 2020 E. 1.3). Das Gleiche muss gelten, wenn das Asyl aufgrund falscher Angaben erteilt und anschliessend aus diesem Grund widerrufen wurde. Der Beschwerdeführer macht folglich nicht in vertretbarer Weise geltend, er habe gestützt auf konventionsrechtliche Vorgaben einen Bewilligungsanspruch. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist insofern nicht einzutreten. Auch das in Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Familienleben, worauf sich der Beschwerdeführer mit seiner in der Schweiz lebenden Tochter beruft, kann er nicht in vertretbarer Weise geltend machen. Gegen die in der Schweiz lebende Tochter wurde die Wegweisung verfügt; die Wegweisung des Beschwerdeführers greift daher nicht in die Beziehung zu einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person ein (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_33/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 3.2.3). Auch insoweit ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.  
 
1.3. Soweit der Beschwerdeführer (eventualiter) die Erteilung einer Härtefallbewilligung gemäss Art. 30 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und die Integration (AIG; SR 142.20, in der Fassung vom 1. April 2020) beantragt, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ebenfalls unzulässig. Bei dieser Bewilligung geht es um eine Ermessensbewilligung, auf deren Erteilung kein Anspruch besteht; ein solcher kann weder aus dem Willkürverbot, dem Rechtsgleichheitsgebot noch dem Verhältnismässigkeitsprinzip abgeleitet werden (vgl. BGE 137 II 305 E. 2; 134 I 153 E. 4; 133 I 185 E. 6.2; Urteil 2C_549/2022 vom 15. September 2022 E. 2.2.1).  
 
1.4. Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig, steht unter bestimmten Voraussetzungen die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (Art. 113 ff. BGG). Mit dieser kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wobei die Beschwerdeberechtigung ein rechtlich geschütztes Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Urteils erfordert (Art. 115 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten mit Einschluss der aus der EMRK fliessenden Ansprüche nur insofern, als die entsprechende Rüge in der Beschwerdeschrift klar vorgebracht und verfassungsbezogen begründet wird (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; Urteil 2C_853/2022 vom 29. März 2023 E. 1.3).  
 
1.5. Da der Beschwerdeführer bezüglich der Bewilligungserteilung keinen Rechtsanspruch hat, fehlt es insoweit an einem rechtlich geschützten Interesse, und zwar selbst dann, wenn der Beschwerdeführer die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) geltend machen wollte (BGE 133 I 185 E. 6.2, 6.3 und 7; Urteil 2C_64/2021 vom 3. März 2021 E. 4.1). Der Beschwerdeführer rügt sodann in Bezug auf den angefochtenen Entscheid auch keine Verfahrensfehler, die einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen und die das Bundesgericht im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde losgelöst von der Sache selber prüfen könnte (sog. "Star"-Praxis; BGE 137 II 305 E. 1.1 und 2; Urteil 2C_64/2021 vom 3. März 2021 E. 4.2).  
Der Beschwerdeführer bringt vor, bei einer Wegweisung nach Sri Lanka mit erheblichen Nachteilen rechnen, wenn nicht sogar um Leib und Leben fürchten zu müssen. Er substanziiert jedoch nicht hinreichend, inwiefern eine Wegweisung Art. 3 EMRK oder ein anderes verfassungsmässiges Recht verletzen würde. Namentlich ist die vom Beschwerdeführer geltend gemachte politische Verfolgung bei einer Rückkehr nach Sri Lanka nicht nachvollziehbar dargetan, bringt der Beschwerdeführer doch lediglich allgemein und kurz vor, er habe sich vor langer Zeit exilpolitisch betätigt und an diversen Demonstationen mitgewirkt, weshalb er damit rechnen müsse, wegen seiner Nähe zur LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam - Tamilische Befreiungstiger) von den Behörden genauer überprüft zu werden. 
Die Beschwerde ist daher auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen. 
 
2.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. Mangels rechtlich geschützten Interesses bzw. hinreichender Substanziierung kann die Beschwerde auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen genommen werden (Art. 115 lit. b BGG). Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, sowie dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Juli 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: J. de Sépibus