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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_194/2022  
 
 
Urteil vom 5. Dezember 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle  
Landenbergstrasse 35, 6005 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 15. Februar 2022 (5V 21 27). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1961, war seit August 2008 im Teilzeitpensum bei der Spitex B.________ beschäftigt. Im September 2018 meldete sie sich unter Hinweis auf starke Schmerzen sowie eine Beweglichkeitseinschränkung an der linken Schulter bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Luzern klärte die medizinische, die erwerbliche sowie die Situation im Haushalt ab. Des Weiteren holte sie Gutachten der Dres. med. C.________, Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 14. Oktober 2019 und D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 16. Januar 2020 ein. Mit Verfügung vom 4. Januar 2021 lehnte sie den Anspruch auf eine Invalidenrente ab. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Urteil vom 15. Februar 2022 ab, soweit darauf einzutreten war. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei ihr mindestens eine Viertelsrente zuzusprechen, zuzüglich Verzugszinsen von 5 % rückwirkend seit Leistungszusprache. Des Weiteren ersucht sie darum, dass dem urteilenden Gericht sämtliche durch Dres. med. C.________ und D.________ bidisziplinär seit dem 1. Januar 2017 erstatteten Gutachten in anonymisierter Form gemäss Art. 41b IVV aufzulegen seien. Eventualiter sei das Verfahren bis zur Verfügbarkeit der vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) zu erhebenden Daten zu sistieren. Es sei festzustellen, dass die beiden Gutachter die Neutralitätsanforderungen nach Art. 44 ATSG nicht erfüllten. 
Die IV-Stelle, das BSV sowie die Vorinstanz schliessen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).  
 
2.  
Die Beschwerdeführerin beantragt eine richterliche Feststellung hinsichtlich der Neutralität der von der Beschwerdegegnerin beigezogenen Gutachter. Da der Antrag nicht begründet wird, ist insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten, ohne dass auf die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens weiter eingegangen werden müsste. 
 
3.  
 
3.1. Gestützt auf Art. 41b IVV verlangt die Beschwerdeführerin Angaben über die Anzahl der von den beauftragten Gutachtern Dres. med. C.________ und D.________ insgesamt für die Invalidenversicherung erstatteten Expertisen.  
 
3.2. Das BSV gibt in seiner Vernehmlassung zunächst zu bedenken, die angerufene Bestimmung sei auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbar. Im Übrigen sei darin, in Ausführung des Art. 57 Abs. 1 lit. n und Abs. 2 IVG, vorgesehen, dass in der von den IV-Stellen zu führenden Liste unter anderem für jeden einzelnen Sachverständigen, jedes Sachverständigen-Zweierteam beziehungsweise jede Gutachterstelle die Anzahl Aufträge sowie die Gesamtvergütung erfasst werden. Zudem sei zu erheben, welche Arbeitsunfähigkeiten in der bisherigen und in einer angepassten Tätigkeit (nach der Konsensbeurteilung aller beteiligten Sachverständigen) in den Gutachten attestiert worden sei. Des Weiteren sei die Anzahl der Gutachten zu erfassen, die Gegenstand eines gerichtlichen Entscheides gebildet hätten, und schliesslich, ob die Gutachten beweiskräftig gewesen seien. Hingegen lasse sich, so das BSV weiter, aus Art. 41b IVV kein Anspruch darauf ableiten, dass die Gutachten in anonymisierter Form einsehbar seien. Es sei nie vorgesehen gewesen, dass diese durch das Parlament eingeführte Bestimmung eine Einsicht in einzelne Gutachten ermöglichen solle. Eine solch weitgehende Auslegung von Art. 41b IVV entspreche nicht dem gesetzgeberischen Willen. Im Übrigen weisen sowohl das BSV als auch die IV-Stelle darauf hin, dass die Liste der IV-Stellen erstmals per 1. März 2023 und die gesamtschweizerische Übersicht per 1. Juli 2023 publiziert würden. Der Artikel könne, so das BSV, auch nicht beigezogen werden, um für die Zeit vor seinem Inkrafttreten entsprechende Rechte abzuleiten.  
 
3.3. Die Bestimmung von Art. 41b IVV trat am 1. Januar 2022 mit der Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535) gestützt auf dessen neu eingefügten Art. 57 Abs. 1 lit. n in Kraft. Danach zählt es zu den Aufgaben der IV-Stellen, eine Liste zu allen beauftragten Sachverständigen und Gutachterstellen zu führen (unter Erhebung auch der weiteren, im Einzelnen dort genannten Daten) und zu veröffentlichen.  
 
3.4. Vorbehältlich besonderer übergangsrechtlicher Regelungen sind in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestands Geltung haben. Anders verhält es sich mit verfahrensrechtlichen Neuerungen. Neue Verfahrensvorschriften sind grundsätzlich mit dem Tag des Inkrafttretens sofort und in vollem Umfange anwendbar, es sei denn, das neue Recht kenne anderslautende Übergangsbestimmungen (BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 113 E. 2.2).  
 
3.5. Die Frage, um welche Art Bestimmung es sich bei Art. 57 Abs. 1 lit. n IVG handelt, kann offengelassen werden. Selbst wenn sie vorliegend - bei Verfügungserlass am 4. Januar 2021 - bereits anwendbar wäre, würde dies im Ergebnis nichts ändern. Dass die Regelung über die Erhebung einer Statistik nicht in Art. 44 ATSG bei den Verfahrensbestimmungen eingefügt wurde, lag gemäss den Protokollen der vorberatenden national- und ständerätlichen Kommissionen daran, dass letztlich, entgegen dem früheren Vorschlag, nur die Invalidenversicherung und nicht alle Versicherungsträger zur Führung entsprechender Listen verpflichtet werden sollten (Sitzungen vom 12./13. August, 3. September und 17./18. Oktober 2019). Zur Qualität der Bestimmung als verfahrens- oder materiellrechtlich oder zu einer allfälligen Rückwirkung hat sich der Gesetzgeber nicht geäussert.  
 
Gemäss dem Wortlaut der Bestimmung von Art. 41b Abs. 2 IVV, den der Bundesrat gestützt auf Art. 57 Abs. 2 IVG erlassen hat, erfasst die Liste die Daten nach Kalenderjahr und wird auf den 1. März des Folgejahres veröffentlicht. Zudem erstellt das BSV nach Art. 41b Abs. 3 IVV eine gesamtschweizerische Übersicht gestützt auf die Listen der IV-Stellen. Die Übersicht wird auf den 1. Juli veröffentlicht. Es besteht somit eine Rechtsgrundlage für die Herausgabe der Daten erst mit der Publikation der Angaben für das ganze Jahr 2022 am 1. März (kantonale Zahlen der IV-Stellen) beziehungsweise 1. Juli 2023 (gesamtschweizerische Übersicht). Ein Anspruch auf eine rückwirkende Erhebung der von den hier beauftragten Gutachtern erstatteten Expertisen lässt sich daraus nicht ableiten. Zwingende Gründe für eine Abweichung vom entsprechenden Wortlaut der genannten Bestimmungen sind nicht ersichtlich. Zudem sollte gemäss den erwähnten Gesetzesmaterialien ausdrücklich aus verfahrensökonomischen Gründen auf einzelfallbezogene Abklärungen verzichtet werden. Im Übrigen besteht gestützt auf den Wortlaut der zitierten Bestimmungen auch kein Anspruch auf Einsicht in die betreffenden Gutachten. 
 
3.6. Die Beschwerde ist in diesem Punkt somit abzuweisen. Fehlt es an einem rückwirkenden Anspruch auf Herausgabe entsprechender Daten, kann auch dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Sistierung des Verfahrens bis zu deren Publikation nicht stattgegeben werden, da dies an den dargelegten rechtlichen Vorgaben, welche zu dem für die richterliche Überprüfungsbefugnis massgeblichen Zeitpunkt der Verfügung vom 4. Januar 2021 galten (BGE 129 V 167 E. 1), nichts ändern würde.  
 
4.  
Streitig ist im Übrigen, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die am 4. Januar 2021 verfügte Rentenablehnung durch die IV-Stelle bestätigte. Zur Frage steht die Beurteilung der verbleibenden Arbeitsfähigkeit sowie, hinsichtlich der erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung, die Ermittlung des Invalideneinkommens. 
 
5.  
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 IVG) sowie zur Ermittlung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichs- (Art. 16 ATSG) beziehungsweise nach der gemischten Methode (Art. 28a Abs. 3 IVG) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich der Regeln über den Beweiswert von ärztlichen Berichten und Gutachten im Allgemeinen (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a) und von versicherungsexternen Gutachten (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; 125 V 351 E. 3b/bb) sowie von Stellungnahmen der therapeutisch tätigen Fachpersonen (BGE 135 V 465 E. 4.5; 125 V 351 E. 3b/cc; SVR 2017 IV Nr. 7 S. 19, 9C_793/2015 E. 4.1; Urteile 8C_630/2020 vom 28. Januar 2021 E. 4.2.1; 8C_370/2020 vom 15. Oktober 2020 E. 7.2) im Besonderen. Es wird darauf verwiesen. 
Ob beim Einkommensvergleich der hypothetische Verdienst, den die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität durch eine ihr zumutbare Tätigkeit verdienen könnte (Invalideneinkommen), um einen leidensbedingten Abzug zu reduzieren sei (BGE 148 V 174 E. 6.3 mit Hinweisen), ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage (BGE 137 V 71 E. 5.1). 
 
6.  
 
6.1. Die Vorinstanz stellte fest, dass die Beschwerdeführerin als Gesunde zumindest (wie von der IV-Stelle angenommen) im Umfang von 65 % erwerbstätig wäre, beurteilte die Statusfrage indessen nicht abschliessend. Selbst unter Annahme eines 74 %-Pensums resultierte kein rentenbegründender Invaliditätsgrad. Im Haushalt bestehe eine Einschränkung von 35,66 %, mithin gewichtet - bei einer Beschäftigung im Haushalt von 26 % - 9,27 %. Hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit im erwerblichen Bereich ging die Vorinstanz gestützt auf das orthopädische Gutachten davon aus, dass der Beschwerdeführerin die angestammte Tätigkeit in der Pflege zufolge einer Arthrose im Sternoclaviculargelenk (links ausgeprägter als rechts) nicht mehr zuzumuten sei. Für körperlich leichte Tätigkeiten bestünden aber keine Einschränkungen, weder in der Präsenzzeit noch in der Leistungsfähigkeit. Aus psychiatrischer Sicht seien keine Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit gestellt worden.  
In erwerblicher Hinsicht rechnete das kantonale Gericht der Beschwerdeführerin als Invalideneinkommen einen Betrag von Fr. 60'764.- an. Diesen ermittelte es gestützt auf die vom Bundesamt für Statistik herausgegebene Lohnstrukturerhebung (LSE), Tabelle TA1, Sektor 3 (Dienstleistungen), Kompetenzniveau 2. Einen leidensbedingten Abzug gewährte es nicht. Hinsichtlich des Lohns, den die Beschwerdeführerin als Gesunde erzielen könnte (Valideneinkommen), holte die Vorinstanz weitere Beweisauskünfte bei der vormaligen Arbeitgeberin ein. Gestützt darauf ging sie davon aus, dass die Beschwerdeführerin bei einer Vollerwerbstätigkeit in dem seit jeher von ihr ausgeübten ausschliesslichen Nachtdienst (entsprechend einem 90 %-Pensum im Tagdienst) jedenfalls weniger als Fr. 102'750.- verdienen würde. Nur unter der Annahme eines Valideneinkommens in dieser Höhe resultierte rechnerisch bei einem Anteil der Erwerbstätigkeit von 74 % ein rentenbegründender Invaliditätsgrad. 
 
6.2. Die Beschwerdeführerin rügt, dass sich die Vorinstanz mit hypothetischen Annahmen hinsichtlich der Statusfrage begnügt habe, statt den Umfang der Erwerbstätigkeit als Gesunde exakt festzustellen. Bezüglich ihrer Arbeitsfähigkeit beruft sie sich auf ihre behandelnden Ärzte, welche im Gegensatz zu den Gutachtern von einer erheblichen somatisch bedingten Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ausgingen. Zumindest hätte berücksichtigt werden müssen, dass die Arthrose progredient sei. Bemängelt wird auch das psychiatrische Gutachten. In erwerblicher Hinsicht wird die Ermittlung des Invalideneinkommens beanstandet, dabei insbesondere auch, dass die Vorinstanz auf einen leidensbedingten Abzug verzichtete.  
 
7.  
 
7.1. Was zunächst die Statusfrage betrifft, wird vorgebracht, gestützt auf die Angaben der Arbeitgeberin sei von einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 75 % auszugehen. Das kantonale Gericht stellte fest, die Beschwerdeführerin habe anlässlich der Abklärung im Haushalt erklärt, als Gesunde im 65 %-Pensum im Nachtdienst zu arbeiten. Anhand der von ihr eingeholten Beweisauskunft der vormaligen Arbeitgeberin errechnete die Vorinstanz den (bis 2018 hypothetisch erzielbaren) Lohn für ein Vollzeitpensum (Fr. 93'285.-) und verglich diesen mit den tatsächlichen Einkommen gemäss IK-Auszug. Daraus schloss sie, dass die dort ausgewiesenen Löhne einem Pensum von 74 % entsprächen. Es bedürfe indessen keiner abschliessenden Beurteilung, da auch bei Annahme eines 74 %-Pensums kein rentenbegründender Invaliditätsgrad von mindestens 40 % resultiere. Inwiefern die Vorinstanz diesbezüglich offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen haben sollte, wird beschwerdeweise nicht dargetan und ist nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die von ihr selber eingeholten Angaben der Spitex vom 15. (richtig: 13.) Januar 2021. Inwiefern gestützt darauf das von der Beschwerdeführerin behauptete 75 %-Pensum bewiesen werden könnte, ist indessen nicht erkennbar. Dem betreffenden Schreiben lässt sich lediglich sinngemäss entnehmen, dass sich mit dem gleichen zeitlichen Pensum bei dem von der Beschwerdeführerin ausgeübten Nachtdienst mehr Lohn habe erzielen lassen als im Tagdienst, nämlich 65 statt 60 % des Verdienstes für ein Vollzeitpensum. Daraus kann die Beschwerdeführerin bezüglich der Statusfrage nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dass die Vorinstanz jedenfalls nicht von dem von der Beschwerdeführerin behaupteten 75 %-Pensum ausging, auf eine exakte Feststellung des hypothetischen Umfangs der Erwerbstätigkeit als Gesunde jedoch verzichtete, ist nicht zu beanstanden.  
 
7.2.  
 
7.2.1. Hinsichtlich der vorinstanzlichen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit gestützt auf das von der IV-Stelle eingeholte orthopädische Gutachten wird geltend gemacht, die behandelnde Ärztin Dr. med. E.________ habe andere Befunde erhoben als die Gutachterin. Auf das Gutachten habe daher nicht abgestellt werden dürfen, zumindest aber sei eine Verschlechterung des progredienten Arthroseleidens ausgewiesen.  
 
7.2.2. Die Vorinstanz stellte dazu fest, dass wegen der Arthrose im Sternoclaviculargelenk körperlich schwere Arbeiten wie die angestammte in der Pflege nicht mehr zumutbar seien, körperlich leichte Tätigkeiten (bevorzugt aus wechselnder Ausgangslage, aber auch im Sitzen verrichtet) uneingeschränkt möglich seien. Die Berichte der behandelnden Ärztinnen Dres. med. E.________, Fachärztin FMH Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates, sowie F.________, Fachärztin FMH Rheumatologie, beide Zentrum G.________, zeigten gegenüber dem Gutachten keine objektiven neuen Aspekte.  
 
7.2.3. Inwiefern das kantonale Gericht damit offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfestellungen getroffen oder die zu beachtenden Beweiswürdigungsregeln verletzt haben sollte, ist nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere für die von Dr. med. E.________ erhobenen Befunde bezüglich des für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit massgeblichen Bewegungsumfangs der Arme. Es lässt sich nicht ersehen, inwiefern sich aus ihren Schilderungen Abweichungen zum Gutachten ergeben sollten. Vielmehr stellte die behandelnde Ärztin insoweit übereinstimmend mit der Gutachterin fest, dass die Abduktion des linken Arms bis 90° schmerzlos, weitergehend aber nur unter Schmerzen möglich sei (Bericht vom 18. August 2020). Auch lassen sich im Bericht der Dr. med. E.________ vom 17. September 2020 keine objektiven Aspekte finden, die anlässlich der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben wären. Sie äussert sich vielmehr zunächst zu der auch von der Gutachterin als nicht mehr zumutbar erachteten Tätigkeit in der Pflege. Bei ihren Angaben zu dem im Zentrum G.________ erfolgten täglich zweistündigen Arbeitsversuch (gemäss Arbeitsvertrag vom 26. Oktober 2020: Berichte schreiben ab Diktaphon, Auffüllen von Praxisutensilien, Abstauben) stützte sich Dr. med. E.________ hinsichtlich der Belastbarkeit auf die subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin. Inwiefern die dort ausgeübten Tätigkeiten dem von der Gutachterin formulierten Zumutbarkeitsprofil nicht entsprochen hätten beziehungsweise die behandelnde Ärztin diesbezüglich zu abweichenden Schlüssen gekommen wäre, ist nicht erkennbar.  
Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen behauptet, es hätte zusätzlich eine rheumatologische Begutachtung erfolgen müssen beziehungsweise eine bidisziplinäre Begutachtung sei unzureichend, lässt sich ein entsprechender Bedarf anhand der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. med. F.________ nicht ersehen. Denn in deren Bericht vom 28. August 2020 wird ausdrücklich festgehalten, dass das Gutachten in diagnostischer Hinsicht nicht zu kritisieren sei. Aus dem gleichen Grund ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht auch angesichts der Bescheinigung einer lediglich 40%igen Arbeitsfähigkeit durch Dr. med. F.________ auf entsprechende weitere rheumatologische Abklärungen verzichtete, zumal in ihrem Bericht auch keine anderen objektiven Aspekte erwähnt werden, die von der Gutachterin unerkannt geblieben wären. Nicht durchzudringen vermag die Beschwerdeführerin schliesslich insoweit, als sie geltend macht, die Gutachterin habe zu Unrecht auf eine weitere Bildgebung verzichtet, nachdem sich aus den Berichten der behandelnden Ärztinnen keinerlei Anhaltspunkte für einen entsprechenden Bedarf beziehungsweise die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verschlechterung ergeben. 
 
7.3. Was die Rügen am psychiatrischen Gutachten betrifft, beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf eine Wiederholung ihrer Vorbringen im vorinstanzlichen Verfahren, die das kantonale Gericht entkräftet hat. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern die Vorinstanz dabei offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen oder sonstwie Bundesrecht verletzt haben sollte.  
 
7.4.  
 
7.4.1. Bezüglich der erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung wird zunächst beanstandet, dass die Vorinstanz bei der Ermittlung des Invalideneinkommens den Tabellenlohn (unbestrittenerweise im Dienstleistungssektor) für Kompetenzniveau 2 (Fr. 60'764.-) heranzog.  
Praxisgemäss rechtfertigt sich bei der Bemessung des Invalideneinkommens, wenn die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität nicht auf ihren angestammten Beruf zurückgreifen kann, das Abstellen auf den Totalwert im Kompetenzniveau 2 gemäss LSE nur dann, wenn sie über besondere Fertigkeiten und Kenntnisse verfügt, beispielsweise Führungserfahrung, zusätzliche formale Weiterbildungen oder andere während der Berufsausübung erworbene besondere Qualifikationen. Andernfalls ist der im Kompetenzniveau 1 ausgewiesene Wert entscheidend (Urteile 8C_156/2022 vom 29. Juni 2022 E. 7.3; 8C_276/2021 vom 2. November 2021 E. 5.4.1; 8C_737/2020 vom 23. Juli 2021 E. 2; 8C_457/2017 vom 11. Oktober 2017 E. 6.3, je mit weiteren Hinweisen). 
Wie bereits dargelegt, steht fest, dass die Beschwerdeführerin ihren angestammten Beruf nicht mehr ausüben kann. Des Weiteren stellte das kantonale Gericht fest, dass sie eine Lehre als Kinderkrankenschwester absolviert habe und später mehrere Jahre im Pflegeberuf tätig gewesen sei. Die Vorinstanz zog in Erwägung, dass die Beschwerdeführerin damit durchaus Fertigkeiten und Kenntnisse mitbringe, die ihr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugutekämen. Jedenfalls sei sie nicht auf einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art entsprechend dem niedrigsten Kompetenzniveau 1 beschränkt. Auch sei sie gestützt auf das Zumutbarkeitsprofil nicht auf entsprechende Tätigkeiten limitiert. Unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung, ihrer Berufserfahrung und ihres Gesundheitszustandes kämen etwa betreuende, überwachende und administrative Tätigkeiten vollumfänglich und auch ohne zeitliche Einschränkungen in Betracht. Um welche im Bereich des Kompetenzniveaus 2 anzusiedelnde Tätigkeiten es sich dabei handeln könnte, lässt das kantonale Gericht indessen offen und ist nicht ersichtlich. Gestützt auf die vorinstanzlichen Feststellungen verfügt die Beschwerdeführerin ausserhalb ihrer angestammten Tätigkeit als Pflegefachfrau über keinerlei spezielle Kenntnisse. Es verbietet sich daher die Anwendung von Kompetenzniveau 2 und die Vorinstanz verletzte insoweit Bundesrecht. 
Unter Zugrundelegung der vom kantonalen Gericht herangezogenen Zahlen (betriebsübliche Arbeitszeit: 41,7 Stunden pro Woche; Indexierung 2018: 101,7, 2019: 102,7), jedoch mit dem Betrag für den Totallohn für Frauen im Sektor 3 Kompetenzniveau 1 gemäss Tabelle TA1_tirage_skill_level der LSE 2018 (Fr. 4293.- pro Monat), ergibt sich für den vorinstanzlich festgestellten Zeitpunkt des Rentenbeginns im April 2019 ein jährliches Invalideneinkommen von Fr. 54'233.- für ein 100%-Pensum. 
 
7.4.2. Es wird des Weiteren die Gewährung eines leidensbedingten Abzuges beantragt. Die Beschwerdeführerin beruft sich dabei vorab auf BGE 148 V 174 und die in diesem Urteil hervorgehobene Korrekturmöglichkeit mittels Reduktion der weiterhin zu verwendenden LSE-Medianwerte.  
Die Vorinstanz stellte dazu unter anderem fest, dass die gesundheitsbedingten Leistungseinschränkungen bereits bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit beziehungsweise beim Zumutbarkeitsprofil berücksichtigt worden seien. Im Segment der 40- bis 64-/65-jährigen Frauen ohne Kaderfunktion wirke sich das Alter sogar eher lohnerhöhend aus. Ein Abzug wegen Teilzeitpensums falle angesichts der vollzeitlich zumutbaren Tätigkeit ausser Betracht. Es wird beschwerdeweise nicht dargetan, inwiefern diese Feststellungen offensichtlich unrichtig sein sollten oder weitere Aspekte zu Unrecht ausser Acht geblieben wären. Dass das kantonale Gericht keinen leidensbedingten Abzug gewährte, ist daher nicht zu beanstanden. 
 
7.4.3. Was das Valideneinkommen betrifft, ist den vorinstanzlichen Erwägungen zu entnehmen, dass sich der Lohn bei der Spitex gestützt auf die Beweisauskünfte der vormaligen Arbeitgeberin theoretisch auf maximal Fr. 112'287.- für den von der Beschwerdeführerin ausgeübten Nachtdienst belaufen könnte. Bei einer Tätigkeit ausschliesslich im Nachtdienst könne aber, auch bei "Vollerwerbstätigkeit", höchstens ein 90 %-Pensum bewerkstelligt und damit ein Lohn von Fr. 101'058.- erzielt werden. Die Beschwerdeführerin machte demgegenüber ein Valideneinkommen von Fr. 109'188.- geltend.  
Gestützt auf den vom kantonalen Gericht in Erwägung gezogenen (wenn auch nicht abschliessend beurteilten) Betrag von Fr. 101'058.- resultierte verglichen mit dem Invalideneinkommen von Fr. 54'233.- eine Einkommenseinbusse von 46 %. Daraus ergibt sich ein gewichteter Invaliditätsgrad von 34 % bei dem von der Vorinstanz in Erwägung gezogenen 74 %-Pensum als Gesunde beziehungsweise ein solcher von 30 % bei Annahme des von der IV-Stelle angenommenen 65 %-Pensums. Die unbestritten gebliebenene Einschränkung im Haushalt beläuft sich auf 36 %, gewichtet 9 % bei einem entsprechenden Anteil von 26 % beziehungsweise 13 % bei einem Anteil von 35 %. Daraus resultiert so oder anders insgesamt ein Invaliditätsgrad von 43 %. Die Zugrundelegung des von der Beschwerdeführerin beantragten Valideneinkommens von Fr. 109'188.- führt, bei im Übrigen gleichen Werten, zu einem Invaliditätsgrad von 46 beziehungsweise 44 %. 
 
7.4.4. Damit besteht so oder anders Anspruch auf eine Viertelsrente und die Beschwerde ist insoweit gutzuheissen.  
Die Beschwerdeführerin verlangt zudem Verzugszinsen von 5 % ab der Leistungszusprache. Gemäss Art. 26 Abs. 2 ATSG werden Sozialversicherungen nach Ablauf von 24 Monaten nach der Entstehung des Anspruchs, frühestens 12 Monate nach dessen Geltendmachung verzugszinspflichtig, sofern die versicherte Person ihren Mitwirkungspflichten vollumfänglich nachgekommen ist. Dass die Beschwerdeführerin Mitwirkungspflichten verletzt haben sollte, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beschwerdegegnerin nicht vorgebracht. Somit ist 24 Monate nach dem Rentenbeginn am 1. April 2019 (oben E. 7.4.1 a.E.), also ab 1. April 2021, ein Verzugszins geschuldet (BGE 133 V 9 E. 3.6; Urteil 9C_109/2020 vom 17. November 2020 E. 6). Dem Zeitpunkt der Anmeldung im September 2018 kommt insoweit keine Bedeutung zu. 
 
8.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden IV-Stelle auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG), welche der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen hat (Art. 68 Abs. 2 BGG), 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Sistierungsgesuch wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 15. Februar 2022 und die Verfügung der IV-Stelle Luzern vom 4. Januar 2021 werden aufgehoben. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin ab 1. April 2019 eine Viertelsrente auszurichten sowie einen Verzugszins von 5 % ab 1. April 2021 auszubezahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
4.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
5.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 5. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo