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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_503/2021  
 
 
Urteil vom 4. Juli 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführende, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Christian Juchler, 
 
gegen  
 
D. C.________ und E. C.________, 
Beschwerdegegnerschaft, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Philipp Dreier, 
 
Planungs- und Baukommission Thalwil, Präsident, 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 3. Juni 2021 (VB.2020.00765). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Beschluss vom 23. August 2017 erteilte die Planungs- und Baukommission Thalwil E.C.________ und D.C.________ die baurechtliche Bewilligung für den Umbau des "Haus zur Platte" sowie den Neubau eines Pavillons und einer Unterniveaugarage mit elf Fahrzeugabstellplätzen auf der Parzelle Nr. 5994 an der Alten Landstrasse 95 in Thalwil. Dagegen erhoben unter anderem A.________ und B.________ Rekurs. Das Baurekursgericht ergänzte den Beschluss der Planungs- und Baukommission mit einer verkehrssicherheitsrechtlichen Auflage, wies im Übrigen die Rekurse jedoch ab, soweit sie nicht gegenstandslos geworden waren. A.________ und B.________ legten dagegen ohne Erfolg ein Rechtsmittel beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ein. Auch das von ihnen in der Folge angerufene Bundesgericht wies ihre Beschwerde in der Sache ab. Einzig in Bezug auf die vorinstanzlichen Kosten hiess es sie gut und reduzierte die Gerichtsgebühren von Fr. 10'000.-- auf Fr. 6'000.--, zuzüglich Zustellkosten von Fr. 180.-- (Urteil 1C_129/2019 vom 11. Juli 2019). 
Ein Revisionsgesuch von A.________ und B.________ wies das Bundesgericht mit Urteil 1F_44/2019 vom 9. September 2019 ab. 
 
B. Anfangs Februar 2020 ersuchten E.C.________ und D.C.________ um Bewilligung einer alternativen Ausführung (Variante B). Diese soll dann zum Zug kommen, wenn die usprüngliche, bereits rechtskräftig bewilligte Projektvariante (Variante A) mangels Gewährung des sogenannten Hammerschlagsrechts (Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks) durch A.________ und B.________ nicht verwirklicht werden kann. Die Variante B zeichnet sich gegenüber der Variante A namentlich dadurch aus, dass das Untergeschoss nicht mehr an die Grenze des Grundstücks von A.________ und B.________ gebaut, sondern davon weggerückt werden soll. Mit Verfügung vom 10. März 2020 erteilte der Präsident der Planungs- und Baukommission die Baubewilligung im vereinfachten Verfahren.  
Die Rechtsmittel, die A.________ und B.________ in der Folge beim Baurekursgericht und beim Verwaltungsgericht einlegten, blieben erfolglos (Entscheid des Baurekursgerichts vom 29. September 2020 und Urteil des Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2021). 
 
C.  
Mit Beschwerde an das Bundesgericht in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 6. September 2021 beantragen A.________ und B.________ im Wesentlichen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Baubewilligung sei zu verweigern oder die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter seien die Gerichtskosten des vorinstanzlichen Verfahrens von Fr. 5'000.-- auf Fr. 3'000.-- zu reduzieren. 
Das Verwaltungsgericht und die Beschwerdegegnerschaft beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Planungs- und Baukommission schliesst auf deren Abweisung. Die Parteien haben sich in der Folge ein weiteres Mal vernehmen lassen. 
 
D.  
Mit Präsidialverfügung vom 1. Oktober 2021 hat das Bundesgericht das Gesuch der Beschwerdeführenden um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Dem angefochtenen Entscheid liegt ein Beschwerdeverfahren über eine baurechtliche Bewilligung zu Grunde. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG das zutreffende Rechtsmittel. Die Beschwerdeführenden haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, sind als Nachbarin bzw. Nachbar durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens 1C_129/2019 war (abgesehen von der Höhe der Gerichtskosten im vorinstanzlichen Verfahren) im Wesentlichen die Frage, ob ein auf dem Grundstück der Beschwerdeführenden stehender Tulpenbaum durch das Bauvorhaben geschädigt werden könnte. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das Verwaltungsgericht willkürfrei davon ausgehen durfte, dies sei nicht der Fall. Die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführenden erhobenen Rügen erachtete es deshalb als unbegründet, soweit sie hinreichend substanziiert worden waren (E. 3.5 des Urteils 1C_129/2019 vom 11. Juli 2019). 
 
3.  
 
3.1. Im vorliegenden Verfahren kritisieren die Beschwerdeführenden, dass die Baubewilligung im vereinfachten Verfahren erteilt worden ist. Es sei willkürlich, dass nicht das ordentliche Verfahren durchgeführt worden sei. Aufgrund dieses Fehlers habe statt der Planungs- und Baukommission in ihrer Gesamtheit nur deren Präsident entschieden. Zudem beanstanden sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das Verwaltungsgericht sich mit ihren Rügen betreffend die kumulativen Voraussetzungen von § 325 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2011 (PBG; LS 700.1) nicht hinreichend auseinandergesetzt habe. Diese formelle Rüge ist vorab zu behandeln.  
 
3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen der vom Entscheid in ihrer Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die Betroffenen über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 143 III 65 E. 5.2 mit Hinweisen).  
 
3.3. § 325 Abs. 1 PBG hat folgenden Wortlaut:  
 
"Für Vorhaben von untergeordneter Bedeutung oder für die Änderung bereits bewilligter Projekte kann durch die Verordnung das Bewilligungsverfahren vereinfacht oder durch ein Anzeigeverfahren ersetzt werden, wenn nach den Umständen keine Interessen von Nachbarn oder des Natur- und Heimatschutzes berührt werden können." 
 
3.4. Das Verwaltungsgericht unterstrich in seinen Erwägungen zunächst, dass sowohl die Änderungen untergeordneter Natur sein müssten als auch keine Interessen von zum Rekurs berechtigten Dritten betroffen sein dürften. Sei nur eine dieser Voraussetzungen gegeben, bestehe kein Raum für das Anzeigeverfahren. In der Folge legte es dar, dass die vorgesehenen Änderungen klarerweise untergeordnet seien. Hinsichtlich der Interessen des Natur- und Heimatschutzes sprach es den Beschwerdeführenden ein praktisches Interesse an der Geltendmachung des angeblichen Verfahrensmangels ab. Dies begründete es damit, dass einer zur Beschwerde berechtigten Organisation im Fall einer fälschlicherweise unterbliebenen öffentlichen Bekanntmachung kein Nachteil erwachse, da für sie die Rekursfrist grundsätzlich erst mit Kenntnisnahme der Bewilligung zu laufen beginne. Dass die strittige Präsidialverfügung gegenüber einer beschwerdeberechtigten Organisation gegebenenfalls vorläufig nicht rechtskräftig werde, begründe kein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführenden. Deren Standpunkt sei nicht stichhaltig, wenn nicht gar rechtsmissbräuchlich.  
 
3.5. Da im angefochtenen Urteil die Frage, ob Interessen des Natur- und Heimatschutzes berührt werden können, nicht inhaltlich beantwortet wurde, hätte das Dispositiv konsequenterweise lauten müssen, die Beschwerde werde abgewiesen, soweit darauf einzutreten sei. Dass das Verwaltungsgericht die Beschwerde stattdessen vollumfänglich abwies, ist allerdings für den Prozessausgang nicht von Bedeutung. Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der in § 325 Abs. 1 PBG ebenfalls genannten Interessen von Nachbarn. Die Beschwerdeführenden hatten in ihrer Beschwerde an das Verwaltungsgericht vom 4. November 2020 ausdrücklich vorgebracht, sie seien Eigentümer des Baums, weshalb nicht nur die Interessen des Naturschutzes, sondern gleichzeitig auch ihre nachbarlichen Interessen berührt seien. Dies allein genüge, um die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens auszuschliessen. Das Verwaltungsgericht ging auf dieses zentrale Vorbringen mit keinem Wort ein und verletzte dadurch die Begründungspflicht.  
 
4.  
Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführenden einzugehen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerschaft aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführenden sind zwar anwaltlich vertreten, haben ihre Beschwerde allerdings in eigenem Namen eingereicht und machen nicht geltend, dass ihnen Anwaltskosten entstanden seien. Es ist ihnen deshalb keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das angefochtene Urteil aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Beurteilung an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdegegnerschaft auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Planungs- und Baukommission Thalwil, Präsident, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Juli 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold