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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_468/2023  
 
 
Urteil vom 9. Januar 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Gerichtsschreiber Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwältin Carole Schenkel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mietrecht; summarisches Verfahren betreffend vorläufige Einstellung der Betreibung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 12. Juli 2023 (HSU.2023.23). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes X.________ vom 25. April 2023 setzte die Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin eine Forderung von Fr. 5 Mio. in Betreibung (Betreibung Nr. xxx). Als Forderungsgrund wurde angegeben:  
 
"Schadenersatzanspruch im Zusammenhang mit der Verweigerung des Zugangs zum Mietobjekt an der U.________strasse in V.________ in Anbetracht des andauernden Mietverhältnisses gemäss Mietvertrag Ladenlokal vom 08. Mai 2023, Übergabeprotokoll vom 03. April 2013 und rechtskräftiger Baubewilligung vom 20. November 2013 für Geschäftsräume, Verkaufsladen inkl. Restauration inkl. Nebenräume und Parkplätze gemäss Schreiben betreffend Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere 5 Jahre vom 30. März 2023." 
 
Nachdem die Beschwerdegegnerin gegen die Betreibung keinen Rechtsvorschlag erhoben hatte bzw. dieser von der Postangestellten bei Zustellung des Zahlungsbefehls nicht vermerkt worden sein soll, stellte die Beschwerdeführerin das Fortsetzungsbegehren. Am 20. Juni 2023 wurde der Beschwerdegegnerin die Konkursandrohung vom 12. Juni 2023 zugestellt. 
Mit Gesuch vom 23. Juni 2023 (Postaufgabe: 27. Juni 2023) stellte die Beschwerdegegnerin beim Handelsgericht des Kantons Aargau die Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die mit der vorgenannten Betreibung in Betreibung gesetzte Forderung der Beschwerdeführerin gegenüber der Beschwerdegegnerin in der Höhe von Fr. 5 Mio. nicht bestehe und es sei die Betreibung vollumfänglich aufzuheben. Überdies ersuchte sie darum, es sei die Betreibung superprovisorisch, eventuell provisorisch einzustellen. 
Mit Entscheid vom 12. Juli 2023 ordnete der Präsident des Handelsgerichts gestützt auf Art. 85a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG die vorläufige Einstellung der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts X.________ (Zahlungsbefehl vom 25. April 2023) an (Dispositiv-Ziffer 1). Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- auferlegte er der Beschwerdeführerin (Dispositiv-Ziffer 2) und verpflichtete diese, der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 17'680.-- zu bezahlen (Dispositiv-Ziffer 3). 
 
1.2. Am 14. September 2023 erhob die Beschwerdeführerin "Kostenbeschwerde" gegen diesen Entscheid mit den Anträgen, die Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des Entscheids seien aufzuheben und die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und es sei dieser keine Parteientschädigung zuzusprechen. Sie vertritt die Auffassung, das vorinstanzliche Verfahren sei von Anfang an gegenstandslos gewesen und die Beschwerdegegnerin habe das Verfahren durch vorschnelle Stellung ihres Gesuchs vom 23. Juni 2023 verursacht. Diesen Standpunkt bekräftigte die Beschwerdeführerin mit weiterer Eingabe vom 6. Oktober 2023 und erklärte auf Anfrage des Bundesgerichts hin mit weiterem Schreiben vom 19. Oktober 2023, dass sie an ihrer Beschwerde festhalte. Am 16. November 2023 reichte sie ein weiteres Schreiben ein, mit dem sie beantragte, auf das Gesuch vom 27. Juni 2023 um vorläufige Einstellung der Betreibung Nr. xxx sei nicht einzutreten bzw. es sei dieses abzuweisen.  
 
2.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist. Immerhin sind die sachverhaltlichen Grundlagen, auf die sich die Zulässigkeit der Beschwerde stützt, von den Beschwerdeführenden darzulegen, soweit sie nicht auf der Hand liegen (BGE 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1, je mit Hinweisen). 
 
2.1. Der angefochtene Entscheid über die vorläufige Einstellung der Betreibung nach Art. 85a Abs. 2 SchKG schliesst den Prozess vor der Vorinstanz über die Feststellung des Nichtbestands der von der Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin in Betreibung gesetzten Forderung und über die Aufhebung der Betreibung (Hauptverfahren) nicht im Sinne von Art. 90 BGG ab. Er ist vielmehr ein selbstständig eröffneter Massnahmenentscheid, der während des Hauptverfahrens erlassen wurde und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand hat. Als solcher stellt er einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG dar (Urteile 5A_632/2021 vom 22. Oktober 2021 E. 1.2; 4A_580/2019 vom 16. April 2020 E. 1.2 mit Hinweis auf BGE 144 III 475 E. 1.1.1; 138 III 76 E. 1.2, 333 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1 S. 327 f.).  
 
2.2. Gegen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Bei Zwischenentscheiden betreffend vorsorgliche Massnahmen fällt dabei die Zulässigkeit der Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG allgemein ausser Betracht (BGE 144 III 475 E. 1.2).  
Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen Gründen bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 144 III 475 E. 1.2; 141 III 80 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1). Diese Ausnahme ist restriktiv zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG nicht selbstständig anfechten, können sie ihn doch mit dem Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; BGE 144 III 475 E. 1.2; 138 III 94 E. 2.2; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1; 133 IV 288 E. 3.2). Dementsprechend obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2 in fine; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2). Namentlich obliegt es der Partei, die einen Massnahmenentscheid anficht, in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen, inwiefern ihr im konkreten Fall ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur droht (BGE 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f.; ebenso Urteile 4A_460/2011 vom 20. Dezember 2011 E. 1.1/1.2 und 4A_223/2011 vom 12. Juli 2011 E. 1). 
Die Beschwerdeführerin setzt sich in ihrer Beschwerdeschrift nicht mit der Zulässigkeit der Beschwerde im Lichte der Vorschrift von Art. 93 BGG auseinander, womit die Zulässigkeit der Beschwerde gegen den angefochtenen Entscheid nicht dargetan ist. Da auch nicht offensichtlich in die Augen springt, weshalb der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Entscheid ein nicht wieder gutzumachender Nachteil drohen soll, ist die Beschwerde von vornherein offensichtlich unzulässig, soweit sie sich gegen die vorläufige Einstellung der Betreibung richtet. 
Der Vollständigkeit halber ist anzufügen, dass die Beschwerdeführerin ihren sinngemässen Antrag auf Nichteintreten auf das Gesuch um vorläufige Einstellung der Betreibung bzw. auf dessen Abweisung erst in ihrer Eingabe vom 16. November 2023 und damit offensichtlich verspätet stellte (Art. 100 Abs. 1 und Art. 42 Abs. 1 BGG; s. dazu BGE 134 II 244 E. 2.4; 133 III 489 E. 3.3). Die Beschwerde wäre daher insoweit auch schon aus diesem Grund unzulässig. 
 
2.3. Nach der Rechtsprechung ist der in einem Zwischenentscheid enthaltene Entscheid über die Kostenfolgen des Zwischenverfahrens nicht geeignet, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu bewirken. Der Zwischenentscheid ist deshalb auch insoweit nur anfechtbar, wenn gegen ihn der Rechtsweg nach Art. 93 Abs. 1 BGG offen steht und fristgerecht ergriffen wurde (BGE 135 III 329 E. 1.2.1/1.2.2; 133 V 645 E. 2.2 S. 648), was hier nach dem Dargelegten nicht zutrifft. Andernfalls, d.h. in einem Fall wie dem vorliegenden, kommt die Anfechtung des Kostenentscheids nur im Rahmen einer Beschwerde gegen den prozessabschliessenden Endentscheid gestützt auf Art. 93 Abs. 3 BGG in Betracht (vgl. BGE 138 III 94 E. 2.3 S. 96; 135 III 329 E. 1.2.2 S. 334) oder mit selbstständiger Kostenbeschwerde im Anschluss an einen Endentscheid, falls derselbe die betreffende Partei nicht belastet und sie keinen Anlass hat, diesen mitanzufechten (Urteil 4A_146/2011 vom 12. Mai 2011 E. 1.2; vgl. auch BGE 139 V 600 E. 2.3 in fine; s. zum Ganzen das Urteil 4A_307/2014 E. 1.4).  
 
2.4. Die vorliegende Beschwerde, mit welcher nur der Kostenpunkt des Entscheids vom 12. Juli 2023 fristgerecht angefochten wurde, ist damit offensichtlich unzulässig, weshalb darauf nicht einzutreten ist (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG).  
 
3.  
Diesem Verfahrensausgang entsprechend wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da ihr im Zusammenhang mit dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand erwachsen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Januar 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer