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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_195/2022  
 
 
Urteil vom 23. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Liebfrauenplatz 4, Postfach 1638, 1701 Freiburg. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Gültigkeit des Strafbefehls, Verfahrensvereinigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Strafkammer, vom 23. November 2022 (502 2022 238). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Im Namen des Vereins "B.________" stellte A.________ am 15. November 2021 wegen Diebstahls Strafantrag gegen Unbekannt. Er machte geltend, am 4. November 2021 an verschiedenen Orten in U.________ und V.________ an mehreren Strassenkandelaber mittels Kabelbindern zwölf Plakate angebracht zu haben. Diese Plakate seien danach von der Gemeinde U.________-V.________ entfernt worden. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg erliess daraufhin am 22. April 2022 eine Nichtanhandnahmeverfügung betreffend die Strafuntersuchung gegen die Gemeinde U.________-V.________. Gleichentags sprach sie A.________ mittels Strafbefehl wegen einer Übertretung gegen das Gesetz über die Reklamen des Kantons Freiburg vom 6. November 1986 (RekG/FR; SGF 941.2) schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 300.--. In der Folge erhob A.________ Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung und Einsprache gegen den Strafbefehl. Die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung zog er am 24. Juni 2022 zurück. Am 6. Juli 2022 übermittelte die Staatsanwaltschaft die Strafakten der Polizeirichterin des Sensebezirks. Mit Verfügung vom 27. September 2022 stellte die Polizeirichterin fest, dass der Strafbefehl vom 22. April 2022 gültig und die Staatsanwaltschaft für dessen Erlass zuständig gewesen sei. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht des Kantons Freiburg mit Urteil vom 23. November 2022 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 23. Dezember 2022 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt sinngemäss, das angefochtene Urteil und den gegen ihn erlassenen Strafbefehl aufzuheben. 
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft eine Strafsache im Sinne von Art. 78 Abs. 1 BGG und wurde von einer letzten kantonalen Instanz gefällt (Art. 80 Abs. 1 und 2 BGG). Im angefochtene Urteil befand die Vorinstanz einzig über die Gültigkeit des Strafbefehls vom 22. April 2022 im Sinne von Art. 356 Abs. 2 StPO. Das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wird dadurch nicht abgeschlossen. Es handelt sich daher um einen Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 und Art. 93 BGG angefochten werden kann.  
 
1.2. Die Vorinstanz bejahte im angefochtenen Urteil die sachliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für die Beurteilung der Übertretung nach dem kantonalen Reklamegesetz und ging daher von der Gültigkeit des Strafbefehls vom 22. April 2022 aus. Das angefochtene Urteil betrifft damit die Zuständigkeit einer Rechtspflegeinstanz und kann gestützt auf Art. 92 BGG beim Bundesgericht angefochten werden. Der Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person und im vorinstanzlichen Verfahren unterlegene Partei zudem zur Beschwerdeführung nach Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen grundsätzlich erfüllt sind, ist mit Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen auf die Beschwerde einzutreten.  
 
1.3. Die Beschwerde ist nur im Rahmen des Streitgegenstands zulässig. Dieser wird durch das Anfechtungsobjekt, d.h. den angefochtenen Entscheid, und die Parteibegehren bestimmt, wobei der angefochtene Entscheid den möglichen Streitgegenstand thematisch begrenzt (BGE 142 I 155 E. 4.4.2 mit Hinweisen). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens kann somit nur die Frage bilden, ob die Vorinstanz die sachliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft zum Erlass des Strafbefehls vom 22. April 2022 und damit auch dessen Gültigkeit zu Recht bejahte. Soweit der Beschwerdeführer den Strafbefehl darüber hinaus materiell als rechtswidrig rügt, liegt dies ausserhalb des Streitgegenstands und ist daher insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt, für die Beurteilung der ihm vorgeworfenen Übertretung gegen das RekG/FR sei nicht die Staatsanwaltschaft, sondern nach kantonalem Recht einzig die zuständige Oberamtsperson zuständig, da es sich um eine rein verwaltungsrechtliche Angelegenheit handle. Entgegen den Erwägungen der Vorinstanz sei es daher nicht zulässig, dass die Staatsanwaltschaft das gegen ihn geführte Strafverfahren mit jenem gegen die Gemeinde U.________-V.________ gestützt auf Art. 30 StPO vereinigt habe. Auch das von der Vorinstanz für die Begründung der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft beigezogene Leiturteil BGE 138 IV 29 sei vorliegend nicht einschlägig, da dort zwei ausschliesslich strafrechtlich relevante Tathandlungen zu beurteilen gewesen seien. Wegen der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft sei der Strafbefehl vom 22. April 2022 daher nicht gültig. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz verletze Art. 356 Abs. 2 StPO.  
 
2.2.  
 
2.2.1. Die Kritik ist unbegründet. Wie die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die kantonalrechtlichen Grundlagen nachvollziehbar ausführt, wird nach Art. 16 Abs. 1 lit. a RekG/FR mit einer Busse von Fr. 50.- bis 2'000.-- bestraft, wer eine Reklame ohne Bewilligung betreibt, benützt oder ändert, wobei die Busse nach Art. 17 RekG/FR durch den Oberamtmann nach dem Justizgesetz ausgesprochen wird. Laut den Erwägungen der Vorinstanz handelt die Oberamtsperson dabei nach Art. 63 Abs. 1 lit. c und Art. 84 Abs. 1 des Justizgesetzes des Kantons Freiburg vom 31. Mai 2010 (JG/FR; SGF 130.1) als Übertretungsstrafbehörde und richtet sich das Verfahren gemäss Art. 2 JG/FR nach den Bestimmungen der StPO. Nach Art. 357 Abs. 2 StPO - so die Vorinstanz - kämen vor diesem Hintergrund bei der Sanktionierung einer Widerhandlung gegen das RekG/FR gemäss Art. 357 Abs. 2 StPO sinngemäss die Vorschriften über das Strafbefehlsverfahren zur Anwendung. Dass diese vorinstanzlichen Erwägungen zum kantonalen Recht willkürlich oder sonstwie verfassungswidrig wären, vermag der Beschwerdeführer mit seiner pauschalen Behauptung, es handle sich vorliegend um eine rein verwaltungsrechtliche Angelegenheit, nicht substanziiert darzutun (zu den erhöhten Begründungsanforderungen bei der Rüge einer Verletzung von kantonalem Recht: BGE 148 I 104 E. 1.5; 138 I 171 E. 1.4; 133 II 249 E. 1.4.2).  
 
2.2.2. Sind im vorliegenden Verfahren einer mutmasslichen Übertretung gegen das RekG/FR nach den kantonalrechtlichen Vorgaben sinngemäss die Bestimmungen der StPO anwendbar, verletzt auch die vorinstanzliche Bejahung der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft zum Erlass des strittigen Strafbefehls gestützt auf Art. 30 StPO kein Bundesrecht. Dass die Vorinstanz offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG) davon ausgegangen wäre, die beiden Verfahren seien vereinigt worden, tut der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Nach Art. 30 StPO können die Staatsanwaltschaft und die Gerichte aus sachlichen Gründen Strafverfahren trennen oder vereinen. Diese Möglichkeit bewirkt eine Ausdehnung der Verfahrenseinheit auf Konstellationen, welche von Art. 29 StPO nicht erfasst werden. Für eine Verfahrensvereinigung nach Art. 30 StPO spricht vor allem der enge Sachzusammenhang. Ein solcher besteht namentlich, wenn sich Beteiligte gegenseitig Straftaten beschuldigen, die sie im Rahmen der gleichen Auseinandersetzung begangen haben sollen (BGE 138 IV 29 E. 5.5). Die Tatsache, dass ein Kanton für die Verfolgung von Übertretungen eine eigenständige Verwaltungsbehörde eingesetzt hat, verbietet jedenfalls beim Vorliegen sachlicher Gründe eine Verfahrensvereinigung durch die Staatsanwaltschaft gemäss Art. 30 StPO grundsätzlich nicht (vgl. die Vorgaben in Art. 20 Abs. 3 VStrR [SR 313.0] für die Strafverfolgung durch eine Verwaltungsbehörde des Bundes).  
 
2.2.3. Wie die Vorinstanz unter Bezugnahme zu BGE 138 IV 29 weiter korrekt ausführt, besteht zwischen dem Vorwurf gegenüber dem Beschwerdeführer und jenem gegenüber der Gemeinde U.________-V.________ ein enger Sachzusammenhang im vorgenannten Sinn. Der Beschwerdeführer und die Gemeinde beschuldigen sich gegenseitig Straftaten, die denselben Lebenssachverhalt betreffen, nämlich die Montage und die unmittelbar darauf folgende Entfernung der Plakate des Vereins "B.________" auf dem Gemeindegebiet. Aufgrund dieses engen Sachzusammenhangs bestand somit mit Blick auf die Sicherstellung einer einheitlichen Beweisführung ein sachlicher Grund für die Verfahrensvereinigung und verletzt es daher kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz gestützt auf Art. 30 StPO die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft für den Erlass des den Beschwerdeführer betreffenden Strafbefehls vom 22. April 2022 bejahte. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.  
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (siehe Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn