Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 200/05 
 
Urteil vom 13. Juni 2005 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Flückiger 
 
Parteien 
S.________, 1956, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Gerhard Lanz, Schwanengasse 8, 3011 Bern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
(Entscheid vom 7. Februar 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1956 geborene S.________ meldete sich am 18. Februar 2003 unter Hinweis auf eine seit 1992 bestehende schwere Zwangs- und Angsterkrankung sowie Depressionen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern holte Berichte des Hausarztes Dr. med. E.________ vom 31. März 2003 und der Psychologin lic. phil. J.________ vom 11. März 2003 ein. Zudem gab sie bei Frau Dr. med. C.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, ein Gutachten in Auftrag, welches am 20. November 2003 erstattet wurde, und liess einen Abklärungsbericht Haushalt vom 5. Januar 2004 erstellen. Anschliessend lehnte es die Verwaltung mit Verfügung vom 5. Februar 2004 ab, der Versicherten eine Rente auszurichten. Daran hielt sie auf Einsprache hin - nach Einholung einer Stellungnahme des IV-internen Abklärungsdienstes vom 24. März 2004 - mit Entscheid vom 22. Juni 2004 fest. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Entscheid vom 7. Februar 2005). 
C. 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, es sei ihr mindestens eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die IV-Stelle Bern zurückzuweisen. Ferner wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) und die Verordnung über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 11. September 2002 (ATSV), am 1. Januar 2004 die Änderungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 21. März 2003 (4. IVG-Revision) und der Verordnung über die Invalidenversicherung vom 21. Mai 2003 in Kraft getreten. In dieser Konstellation ist der Rentenanspruch materiellrechtlich für die Zeit bis 31. Dezember 2002 nach den bis zu diesem Datum gültig gewesenen Bestimmungen, für das Jahr 2003 unter zusätzlicher Berücksichtigung des ATSG, der ATSV und der damit verbundenen Rechtsänderungen sowie ab 1. Januar 2004 entsprechend der seither geltenden Normenlage zu beurteilen (vgl. BGE 130 V 445 ff. Erw. 1). 
1.2 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (bis 31. Dezember 2003: Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG; seit 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 1 IVG), die Invaliditätsbemessung bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (bis 31. Dezember 2002: Art. 28 Abs. 2 IVG; seit 1. Januar 2003 Art. 16 ATSG [ab 1. Januar 2004 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 IVG]; BGE 130 V 348 f. Erw. 3.4 mit Hinweisen), bei Nichterwerbstätigen, namentlich im Haushalt beschäftigten Versicherten nach der spezifischen Methode (bis Ende 2003 Art. 28 Abs. 3 IVG, seit 1. Januar 2004 Art. 28 Abs. 2bis IVG, jeweils in Verbindung mit Art. 27 IVV; BGE 130 V 99 Erw. 3.3.1, 104 V 136 Erw. 2a; AHI 1997 S. 291 Erw. 4a) und bei Teilerwerbstätigen nach der gemischten Methode (bis 31. Dezember 2003: Art. 27bis IVV; seit 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 2ter in Verbindung mit Art. 27bis IVV; BGE 130 V 394 f. Erw. 3.2 und 3.3, 125 V 146) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Richtig sind auch die vorinstanzlichen Erwägungen zum Beweiswert und zur Würdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 ff. Erw. 3). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung. 
2.1 In medizinischer Hinsicht kann mit Verwaltung und Vorinstanz grundsätzlich auf das Gutachten von Frau Dr. med. C.________ vom 20. November 2003 abgestellt werden, welches den von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an eine beweiskräftige ärztliche Stellungnahme (BGE 125 V 352 ff. Erw. 3) entspricht und - abgesehen von der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit im Beruf - auch mit der Beurteilung durch die Psychologin lic. phil. J.________ (Bericht vom 11. März 2003) weitgehend vereinbar ist. Die Gutachterin stellt - übereinstimmend mit der Psychologin - die Diagnosen einer Zwangsstörung, vorwiegend mit Zwangsgedanken (ICD-10: F42.0), sowie Angst- und depressive Störung gemischt (ICD-10: F41.2). Nach ihrer Beurteilung sei derzeit von einer um 50% reduzierten Leistungsfähigkeit bei pensummässig grundsätzlich erhaltener Arbeitsfähigkeit als Hausfrau auszugehen. Diese Einschätzung solle jedoch - auch im Interesse der Erhebung "objektiver Daten" - vor Ort durch die darauf spezialisierten Organe der IV-Stelle überprüft werden. Die Arbeitsfähigkeit im Rahmen einer ausserhäuslichen Tätigkeit sei - nach einer Einführungszeit mit verminderter Belastung - im gleichen Ausmass (100% Pensum, 50% Leistung) denkbar. Eine angepasste Tätigkeit müsse durch wiederkehrende Handlungsabläufe charakterisiert sein, welche dem Ausbildungniveau der Versicherten entsprechen. Hilfreich sei ausserdem eine reizarme Umgebung, und es müsse jederzeit möglich sein, die Arbeitsabläufe wegen unberechenbar auftretender Symptome zu unterbrechen. 
2.2 Den Akten ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin, welche seit 1978, dem Jahr ihrer Heirat, in der Schweiz lebt, in den Jahren 1979 und 1980 in relativ geringem Ausmass erwerbstätig war. Anschliessend ging sie, abgesehen von einzelnen Kurzeinsätzen, keiner ausserhäuslichen Arbeit mehr nach. Die 1981 geborene Tochter ist verheiratet und führt einen eigenen Haushalt, während der Sohn (Jg. 1983) noch bei der Mutter lebt. Gegenüber der Abklärungsperson erklärte die Versicherte, ohne ihre psychischen Probleme ginge sie an ein bis zwei Nachmittagen pro Woche einer ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit (vorzugsweise leichte Büroarbeiten) nach. Die IV-Stelle schloss daraus auf eine Teilzeitstelle mit einem Pensum von 20%. Die Beschwerdeführerin lässt demgegenüber geltend machen, sie lebe seit Juni 2000 von ihrem Ehemann getrennt. Erfahrungsgemäss sei mit einer baldigen Scheidung zu rechnen. In diesem Zusammenhang werde - im Gesundheitsfall - angesichts der beiden bereits erwachsenen Kinder praxisgemäss von der Ehefrau verlangt, dass sie ihre Erwerbstätigkeit ausdehne, und die Unterhaltsbeiträge würden dementsprechend festgesetzt. Es sei deshalb von einer ausserhäuslichen Erwerbstätigkeit mit vollem Pensum auszugehen, und der Invaliditätsgrad müsse dementsprechend auf der Grundlage eines reinen Einkommensvergleichs festgesetzt werden. 
 
Die gerichtliche Prüfung ist praxisgemäss in aller Regel auf den Sachverhalt beschränkt, wie er sich bis zum Erlass des Einspracheentscheids entwickelt hat (BGE 130 V 140 Erw. 2.1 mit Hinweisen, 116 V 248 Erw. 1a). Dieser erging am 22. Juni 2004. Zu diesem Zeitpunkt lebten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann getrennt, waren jedoch weiterhin verheiratet. Ein Scheidungsverfahren war nach Lage der Akten nicht im Gang. Damit bestanden, wie die Vorinstanz mit Recht festhält, die ehelichen Unterhaltspflichten weiterhin fort. Der Ehemann hatte sich denn auch gemäss der eingereichten Trennungsvereinbarung verpflichtet, der Beschwerdeführerin einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von - ab August 2003 - Fr. 2250.- zu bezahlen. Dieser Betrag hätte zusammen mit den Einkünften aus einer 20%-igen Anstellung und dem Kostgeld des Sohnes ausgereicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Es hätte also auch im Gesundheitsfall keine zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit vorgelegen, die Erwerbstätigkeit auszudehnen, während für eine unabhängig von diesem Aspekt gegebene diesbezügliche Absicht keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen. Unter diesen Umständen ist mit der Vorinstanz als nicht hinreichend erstellt anzusehen, dass die Versicherte ohne ihre psychischen Probleme ihr Pensum auf mehr als 20% erhöht hätte. Dementsprechend ist die Invalidität in Anwendung der gemischten Methode (Art. 28 Abs. 2ter IVG in Verbindung mit Art. 27bis IVV) zu bestimmen, wobei der erwerbliche Bereich mit 20% und die Haushaltstätigkeit mit 80% zu gewichten sind. 
2.3 
2.3.1 Was die Einschränkung im Haushalt anbelangt, hat das kantonale Gericht die neuere Rechtsprechung zu deren Ermittlung bei psychischen Gesundheitsschäden, insbesondere zum Verhältnis zwischen fachärztlicher (psychiatrischer) Stellungnahme einerseits und Haushalts-Abklärungsbericht andererseits (AHI 2004 S. 139 Erw. 5.3; Urteile V. vom 13. Dezember 2004, I 42/03, Erw. 2.3.3, und P. vom 6. April 2004, I 733/03, Erw. 5.1.3), zutreffend wiedergegeben. Demnach ist zunächst nach Massgabe der von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der Beweiswert sowohl der medizinischen Unterlagen (dazu BGE 125 V 352 ff. Erw. 3) als auch des Abklärungsberichts (AHI 2003 S. 218 Erw. 2.3.2) zu beurteilen. Liegen gleichermassen beweiskräftige Stellungnahmen vor, muss geprüft werden, ob die gemachten Aussagen vereinbar sind oder einander widersprechen. Diesfalls ist mit Bezug auf die einzelnen Fragestellungen eine Würdigung vorzunehmen, wobei die ärztlichen Berichte den Vorrang geniessen, soweit medizinische Belange zu beurteilen sind. 
2.3.2 Der Abklärungsbericht vom 5. Januar 2004 hält in angemessener Ausführlichkeit die Aussagen der Beschwerdeführerin zu ihrer Tätigkeit im Haushalt, mit Einschluss der behinderungsbedingten Einschränkungen, fest. Der Verzicht auf die in Randziffer 3095 des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH) vorgesehene Aufschlüsselung in einzelne Teilbereiche wird in der ergänzenden Stellungnahme des Abklärungsdienstes vom 24. März 2004 plausibel damit erklärt, dass die Beschwerdeführerin ausgesagt habe, sie könne die Arbeiten im Haushalt zwar nur mit erhöhtem Zeitaufwand und unter Einlegung von Pausen, aber im Ergebnis doch vollständig erledigen. Angesichts der Rechtsprechung, wonach ein erhöhter Zeitaufwand keine Invalidität begründet, soweit die Besorgung der Aufgaben insgesamt noch möglich bleibt (vgl. BGE 130 V 101 Erw. 3.3.3 mit Hinweisen), konnte bei dieser Ausgangslage eine Gewichtung der einzelnen Bereiche unterbleiben. Die daraus gezogene Schlussfolgerung, es liege im Aufgabenbereich als Hausfrau keine Invalidität vor, ist mit der Beurteilung durch die Psychiaterin Dr. med. C.________ zu vereinbaren; denn auch sie hält fest, die Beschwerdeführerin könne grundsätzlich sämtliche Haushaltstätigkeiten mit reduzierter Leistung weiterhin ausführen. Aus dem Bericht der Psychologin lic. phil. J.________ (Bericht vom 11. März 2003) geht ebenfalls hervor, dass die Versicherte ihren Haushalt führen kann, wobei sie dabei allerdings an ihre Grenzen stösst. Unter diesen Umständen besteht kein inhaltlicher Widerspruch zwischen den spezialärztlichen Aussagen und den Feststellungen der Abklärungsperson. Im Sinne der dargestellten Praxis hat die Beschwerdeführerin mit Bezug auf den Haushaltsbereich als nicht invalid zu gelten. 
2.4 Nach dem Gesagten ist der Haushaltsbereich mit 80% zu gewichten und für diesen Anteil eine Invalidität zu verneinen. Damit erübrigt sich eine Überprüfung der vorinstanzlichen Bemessung der Teilinvalidität im erwerblichen Bereich. Denn selbst bei einer allfälligen vollumfänglichen Einschränkung - welche laut den medizinischen Unterlagen aber nicht gegeben ist - ergäbe sich gesamthaft ein Invaliditätsgrad von 20%, der keinen Rentenanspruch begründet. 
3. 
Ob eine allfällige künftige Veränderung der familiären Situation Anlass zu einer späteren Bejahung des Rentenanspruch führen könnte, ist vorliegend nicht zu prüfen (vgl. dazu Riemer-Kafka, Veränderungen der familiären Verhältnisse als Rentenrevisionsgrund in der IV, in: Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], Die Revision von Dauerleistungen in der Sozialversicherung, St. Gallen 1999, S. 104 ff.). Es ist der Beschwerdeführerin unbenommen, derartige Gesichtspunkte gegebenenfalls im Rahmen einer Neuanmeldung geltend zu machen. 
4. 
Da es um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten ist daher gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Fürsprecher Gerhard Lanz, Bern, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 13. Juni 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: