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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_864/2022  
 
 
Urteil vom 8. September 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichter Muschietti 
Bundesrichter Abrecht, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Unseld. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Epidemiengesetz (Verletzung der Meldepflicht als einreisende Person; Covid-19-Verordnung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 2. Juni 2022 (SST.2021.204). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Präsident des Bezirksgerichts Zofingen sprach A.________ am 3. Mai 2021 nach Einsprache gegen den entsprechenden Strafbefehl der fahrlässigen Verletzung der Meldepflicht als einreisende Person gemäss Art. 83 Abs. 1 lit. k und Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG; SR 818.101) in Verbindung mit Art. 41 Abs. 2 lit a EpG sowie Art. 2 und 5 der Verordnung vom 2. Juli 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (Covid-19) im Bereich des internationalen Personenverkehrs (AS 2020 2737, Stand 14. September 2020; nachfolgend: Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020) schuldig und verurteilte sie zu einer Busse von Fr. 500.--. 
 
B.  
Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 2. Juni 2022 auf Berufung von A.________ das erstinstanzliche Urteil. 
Das Obergericht wirft A.________ vor, sie sei am 14. September 2020 aus Kroatien mit dem Flugzeug via Zürich in die Schweiz eingereist. Obschon sie gemäss Art. 5 der damals geltenden Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 dazu verpflichtet gewesen wäre, habe sie es unterlassen, sich innerhalb von zwei Tagen nach ihrer Einreise aus Kroatien beim kantonsärztlichen Dienst des Kantons Aargau zu melden. 
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 2. Juni 2022 sei aufzuheben und sie sei vom Vorwurf der fahrlässigen Verletzung der Meldepflicht als einreisende Person freizusprechen. 
 
D.  
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau verzichteten auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 83 EpG. Sie argumentiert, sie habe die Meldepflicht nicht verletzt, da sie im Flugzeug eine Kontaktkarte des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ausgefüllt habe, welche die Fluggesellschaft der Kantonspolizei Zürich und dann weiter an das örtlich zuständige Contact-Tracing-Center weitergeleitet habe. Damit sei sie zumindest indirekt der Meldepflicht nach Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 nachgekommen. Sinn und Zweck der Meldepflicht seien erfüllt gewesen, weshalb eine Bestrafung unnötig sei. Die Vorinstanz übergehe, dass auf dem Kontaktformular ebenso nicht ersichtlich sei, inwiefern das Ausfüllen gerade nicht die Meldung ersetze und eine zusätzliche Meldung erforderlich wäre. Die Kontaktkarte ihrerseits enthalte die Adressdaten sowie Emblem des BAG. Zudem liege dieser ein Hinweis zugrunde, dass die Personendaten gestützt auf Art. 41 EpG erhoben und ausgewertet werden können. Sie habe daher in Treu und Glauben darauf vertrauen und daraus schliessen können, dass sie mit dem Ausfüllen dieser Kontaktkarte ihrer Meldepflicht nachgekommen sei. Entgegen der Vorinstanz sei nicht von einem vermeidbaren Sachverhaltsirrtum, sondern von einem unvermeidbaren Rechtsirrtum auszugehen.  
 
1.2. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, die Beschwerdeführerin sei gemäss Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 verpflichtet gewesen, sich innerhalb von zwei Tagen nach ihrer Einreise bei der zuständigen kantonalen Behörde zu melden. Dieser Pflicht sei sie mit dem Ausfüllen der im Flugzeug verteilten Kontaktkarte nicht nachgekommen. Die Informationen auf der Kontaktkarte würden darauf verweisen, dass die Angaben der Passagiere dazu dienen, diese kontaktieren zu können, falls eine Person an Bord des Flugzeuges oder kurz nach der Landung erkranke. Der Kontaktkarte seien keine Hinweise zu entnehmen, dass deren Ausfüllen die direkte Meldung an die kantonale Behörde ersetzen resp. erübrigen würde. Für die Tatbestandserfüllung sei daher unerheblich, dass die Kantonsärztin schlussendlich aufgrund der weitergeleiteten Kontaktkarten von der Einreise der Beschwerdeführerin aus einem Risikogebiet Kenntnis erhalten habe (angefochtenes Urteil E. 4.3 S. 6). Die Beschwerdeführerin habe nicht mit Vorsatz, sondern fahrlässig gehandelt, da sie sich nicht genügend informiert habe (angefochtenes Urteil E. 4.4.1 S. 6). Das Coronavirus und die Massnahmen für dessen Bekämpfung seien schon seit einigen Monaten allgegenwärtig gewesen. Die während der schon länger dauernden Covid-19-Pandemie ergriffenen Massnahmen hätten insbesondere grosse Auswirkungen auf den öffentlichen und speziell den internationalen Verkehr gehabt. Eine Quarantänepflicht für Einreisende aus Risikogebieten sei breit in den Medien diskutiert worden. Selbst wenn Kroatien bei der Abreise der Beschwerdeführerin noch nicht als Risikogebiet eingestuft worden sei, so hätte sich die Beschwerdeführerin angesichts der ihr zweifellos bekannten speziellen Situation bei der Einreise um ihre Pflichten kümmern resp. sich vergewissern müssen, ob sie aufgrund der Covid-19-Pandemie weiteren Beschränkungen oder Pflichten unterliege. Die Beschwerdeführerin hätte bei pflichtgemässer Vorsicht - indem sie sich informiert hätte - von der Meldepflicht Kenntnis genommen. Sie habe sich daher der fahrlässigen Verletzung der Meldepflicht schuldig gemacht (angefochtenes Urteil E. 4.4.3 S. 7).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Im Strafrecht gilt das Legalitätsprinzip. Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt (Art. 1 StGB; Art. 7 EMRK; BGE 148 IV 329 E. 5.1; 147 IV 274 E. 2.1.1; 138 IV 13 E. 4.1). Das Legalitätsprinzip verbietet, über den Sinn, wie er dem Gesetz bei richtiger Auslegung zukommt, hinauszugehen, also neue Straftatbestände zu schaffen oder bestehende derart zu erweitern, dass die Auslegung durch den Sinn des Gesetzes nicht mehr gedeckt wird (BGE 148 IV 329 E. 5.1; 128 IV 272 E. 2). Das Bestimmtheitsgebot ("nulla poena sine lege certa") als Teilgehalt des Legalitätsprinzips verlangt eine hinreichend genaue Umschreibung der Straftatbestände. Das Gesetz muss so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach richten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann (BGE 145 IV 329 E. 2.2; 138 IV 13 E. 4.1 mit Hinweisen).  
 
1.3.2. Nach Art. 83 Abs. 1 lit. k EpG wird mit Busse bestraft, wer vorsätzlich die Vorschriften über die Ein- oder Ausreise gemäss Art. 41 EpG verletzt. Wer fahrlässig handelt, wird für Übertretungen nach Art. 83 Abs. 1 lit. k EpG mit Busse bis zu Fr. 5'000.-- bestraft (Art. 83 Abs. 2 EpG).  
Gemäss Art. 41 Abs. 1 EpG erlässt der Bundesrat Vorschriften über den internationalen Personenverkehr, die verhindern, dass übertragbare Krankheiten sich grenzüberschreitend ausbreiten. Wenn es zur Verhinderung der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit notwendig ist, kann das BAG Personen, die in die Schweiz einreisen oder aus der Schweiz ausreisen, gemäss Art. 41 Abs. 2 EpG verpflichten, ihre Identität, Reiseroute und Kontaktdaten bekannt zu geben (lit. a), eine Impf- oder Prophylaxebescheinigung vorzulegen (lit. b), Auskunft über ihren Gesundheitszustand zu geben (lit. c), einen Nachweis einer ärztlichen Untersuchung vorzulegen (lit. d) oder sich ärztlich untersuchen zu lassen (lit. e). Zudem kann das BAG Personen, die in die Schweiz einreisen, einer Massnahme nach den Art. 34 EpG (medizinische Überwachung), Art. 35 EpG (Quarantäne und Absonderung), Art. 37 EpG (ärztliche Behandlung) und Art. 38 EpG (Einschränkung bestimmter Tätigkeiten und der Berufsausübung) unterstellen; die Art. 30-32 EpG sind sinngemäss anwendbar (Art. 41 Abs. 3 Satz 1 EpG). Wenn es erforderlich ist, kann der Bundesrat diese Massnahmen vorübergehend auf alle aus gefährdeten Gebieten einreisenden Personen ausdehnen (Art. 41 Abs. 3 Satz 2 EpG). 
 
1.3.3. Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG wird durch Art. 49 Abs. 1 der Verordnung vom 29. April 2015 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemienverordnung, EpV; SR 818.101.1) konkretisiert, wonach die Kontaktdaten und die Reiseroute, die bei der Einreise anzugeben sind, auf einer Kontaktkarte anzugeben sind. Auskünfte über den Gesundheitszustand (vgl. Art. 41 Abs. 2 lit. c EpG) sind mit einem Fragebogen zu erheben (Art. 51 EpV).  
Art. 59 Abs. 2 EpV sieht zudem vor, dass das BAG die Unternehmen, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehr grenzüberschreitend Personen befördern, und die Flughafenhalter verpflichten kann, Kontaktkarten oder Fragebogen zum Gesundheitszustand zu verteilen, die ausgefüllten Dokumente wieder einzusammeln und sie an die vom BAG bezeichnete Stelle weiterzuleiten. 
 
1.3.4. Im kantonalen Verfahren blieb unbestritten, dass die Beschwerdeführerin im Flugzeug eine Kontaktkarte des BAG mit dem Emblem der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausfüllte. Auf diesen Kontaktkarten waren das Ankunftsdatum, die Flug- und Sitznummer, Name, Vorname, Geburtsdatum, die Reiseroute (Abflugort, Zwischenstationen, Zieldestination und jeweilige Abreise- und Ankunftsdaten), die ständige Adresse, Telefonnummern und E-Mail-Adresse sowie die Kontaktangaben während der nächsten drei Wochen (Strasse, Ort, Telefonnummern und E-Mail-Adresse) zu benennen. Weiter enthielten die Kontaktkarten eine Erklärung zur Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben, was die Passagiere im hierfür vorgesehenen Feld durch ihre Unterschrift zu bestätigen hatten. Zudem befand sich auf den Kontaktkarten ein kleingedruckter Hinweis, dass die Informationen dazu dienen, die Passagiere kontaktieren zu können, falls eine Person an Bord des Flugzeuges oder kurz nach der Landung erkrankt. Ein weiterer kleingedruckter Hinweis "Rechtsgrundlagen" erwähnte, dass die Personendaten gestützt auf das Epidemiegesetz (Art. 41) erhoben und ausgewertet werden können (kant. Akten, UA 20).  
 
1.4.  
 
1.4.1. Art. 2 ff. der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 regelte die Quarantänepflicht für einreisende Personen aus Staaten oder Gebieten mit erhöhtem Ansteckungsrisiko. Wer gemäss diesen Bestimmungen verpflichtet war, sich in Quarantäne zu begeben, musste gemäss Art. 5 der erwähnten Verordnung innerhalb von zwei Tagen der zuständigen kantonalen Behörde seine oder ihre Einreise melden und die Anweisungen dieser Behörde befolgen.  
Sinn und Zweck der Meldepflicht war es gemäss den dazu ergangenen Erläuterungen des BAG, die zuständige kantonale Behörde in Kenntnis zu setzen, dass eine Einreise aus einem Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko erfolgt ist und dass sich in ihrem Zuständigkeitsbereich Personen in Quarantäne aufhalten, um überprüfen zu können, ob diese Personen sich regelkonform verhalten. 
 
1.4.2. Die Erhebung von Kontaktdaten und Reiseroute von Einreisenden durch das BAG mittels einer Kontaktkarte im Sinne von Art. 49 EpV war in der Covid-19-Verdnung vom 2. Juli 2020 im Zeitpunkt der Einreise der Beschwerdeführerin in die Schweiz am 14. September 2020 nicht geregelt. Entsprechende Bestimmungen enthielt erst die Nachfolgeverordnung vom 27. Januar 2021 (Verordnung vom 27. Januar 2021 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus [Covid-19] im Bereich des internationalen Personenverkehrs [AS 2021 61; nachfolgend: Covid-19-Verordnung vom 27. Januar 2021]; vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 und Art. 3 ff.). Vorgesehen war in dieser Nachfolgeverordnung bei gegebenen Voraussetzungen die elektronische Erfassung der Angaben nach Art. 49 EpV über die vom BAG zur Verfügung gestellte Plattform für die Kontaktdatenerfassung für Reisende oder auf den vom BAG in Papierform zur Verfügung gestellten Kontaktkarten (vgl. Art. 3 Abs. 1 und 2 der Covid-19-Verordnung vom 27. Januar 2021). Weitere Bestimmungen regelten die Pflichten der Personenbeförderungsunternehmen sowie die Aufgaben des BAG und der Kantone im Zusammenhang mit den erfassten Kontaktdaten (vgl. Art. 4 und 6 der Covid-19-Verordnung vom 27. Januar 2021). Gemäss Art. 6 Abs. 1 der Covid-19-Verordnung vom 27. Januar 2021 sorgte das BAG für die Aufbereitung der Kontaktdaten für den Vollzug der Quarantäne nach Art. 7 und für die unverzügliche Weiterleitung der Daten an die für die einreisenden Personen zuständigen Kantone. Weiterhin sah Art. 9 der Covid-19-Verordnung vom 27. Januar 2021 für Personen, die sich in Einreisequarantäne zu begeben hatten, eine mit Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 inhaltlich identische Pflicht vor, die Einreise innerhalb von zwei Tagen der zuständigen kantonalen Behörde zu melden.  
 
1.4.3. Obschon in der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 nicht vorgesehen, wurde die Erhebung von Identität, Reiseroute und Kontaktdaten mittels der zuvor beschriebenen Kontaktkarte des BAG (oben E. 1.3.4) jedoch bereits im August 2020 eingeführt. Der bei den Akten liegenden Medienmitteilung des Bundesrates vom 18. August 2020 ist zu entnehmen, dass das BAG und die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich zwecks einer raschen Kontrolle, ob Rückreisende aus Covid-19-Risikogebieten die Quarantänepflicht einhalten, eine Vereinbarung zur Kooperation beim Kontaktdatenmanagement von Flugreisenden am Flughafen Zürich-Kloten abschlossen. Der Medienmitteilung folgend beschaffte sich die Flughafenpolizei gestützt auf diese Vereinbarung direkt bei den Fluggesellschaften, die den Flughafen Zürich-Kloten anfliegen, oder bei deren Handling Agents die Kontaktkarten (Passenger Locator Forms) aller Passagiere, die aus einem Staat oder Gebiet mit erhöhtem Ansteckungsrisiko in die Schweiz einreisen. Die Flughafenpolizei verpflichtete sich, die Daten unverzüglich und unter Wahrung der Datensicherheit an jene Kantone, in denen sich der Wohn- oder Aufenthaltsort der einreisenden Person befindet, sowie ans BAG weiterzuleiten (vgl. Akten Vorinstanz, Urk. 22). Die Vereinbarung war gemäss der Medienmitteilung vom 18. August 2020 vorerst bis am 31. Dezember 2020 gültig und im Zeitpunkt der Einreise der Beschwerdeführerin in die Schweiz vom 14. September 2020 folglich in Kraft. Als Grundlage für den Datenaustausch erwähnt die Medienmitteilung Art. 58 und 59 EpG sowie Art. 103 EpV.  
Aus dem Bericht der Kantonspolizei Aargau vom 9. Oktober 2020 ergibt sich zudem, dass damals sämtlichen Flugpassagieren durch das Flugpersonal während eines Flugs mit Landung in Zürich eine Kontaktkarte abgegeben wurde. Die Flugpassagiere wurden gemäss dem erwähnten Bericht aufgefordert, die Kontaktkarte im Flugzeug auszufüllen. Vor der Landung seien die Kontaktkarten vom Flugpersonal eingesammelt und an die Fluggesellschaft weitergeleitet worden. Die Kontaktkarten mit ankommenden Flugpassagieren aus einem Risikogebiet seien durch die Fluggesellschaft an die Kantonspolizei Zürich weitergeleitet worden, deren Mitarbeiter die Daten im Anschluss an das örtlich zuständige Contact-Tracing-Center weitergeleitet hätten (kant. Akten, UA 7). 
 
1.5.  
 
1.5.1. Der vorinstanzliche Schuldspruch erfolgte in Anwendung von Art. 83 Abs. 1 lit. k und Abs. 2 i.V.m. Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG. Die Beschwerdeführerin wurde gebüsst, weil sie sich nach ihrer Einreise in die Schweiz nicht wie in Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 vorgesehen innert zwei Tagen beim kantonsärztlichen Dienst des Kantons Aargau meldete. Die Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 erging gestützt auf Art. 41 Abs. 3 EpG, der über den Verweis auf Art. 35 EpG u.a. die Pflicht zur Quarantäne regelt. Anders als die Nachfolgeverordnung vom 27. Januar 2021, welche als gesetzliche Grundlage auch Art. 41 Abs. 1 EpG erwähnte und in Art. 3 ff. zusätzlich die Erhebung von Kontaktdaten gemäss Art. 49 EpV vorsah, enthält die Verordnung vom 2. Juli 2020 keine explizite Pflicht im Sinne von Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG i.V.m. Art. 49 EpV zur Bekanntgabe von Identität, Reiseroute und Kontaktdaten auf einer Kontaktkarte, sondern lediglich die in Art. 5 erwähnte Pflicht zur Meldung der Einreise bei der nicht näher bestimmten kantonalen Behörde. Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 regelte nicht, auf welchem Wege (telefonisch, per E-Mail, Internetplattform oder Post) die kantonale Behörde über die Einreise zu informieren war, dies im Gegensatz etwa zu den später eingeführten Bestimmungen über die Bekanntgabe der Kontaktdaten gemäss Art. 49 EpV, welche eine Erfassung über die vom BAG zur Verfügung gestellte elektronische Plattform oder auf den vom BAG in Papierform zur Verfügung gestellten Kontaktkarten vorsah (vgl. Art. 3 Abs. 1 und 2 der Covid-19-Verordnung vom 27. Januar 2021). Ebenso wenig präzisierte Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020, an welche kantonale Behörde die Meldung zu richten war und welche exakten Angaben die Meldung nebst der "Einreise" zu enthalten hatte. Die Zuständigkeit der Kantonsärztin oder des Kantonsarztes am Wohn- oder Aufenthaltsort ergibt sich lediglich aus den Erläuterungen des BAG zu Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020. Im Schrifttum wird zudem bemängelt, dass die Meldepflicht in den Informationen zuhanden der Einreisenden deutlich weniger plakativ zum Ausdruck gebracht wurde als die Quarantänepflicht (WOHLERS/ HENEGHAN/PETERS, Strafrecht in Zeiten der Pandemie, 2021, S. 71).  
 
1.5.2. Selbst wenn die Meldepflicht im Sinne von Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 mit der in Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG i.V.m. Art. 49 EpV verankerten Pflicht zur Bekanntgabe von Identität, Reiseroute und Kontaktdaten gleichzusetzen wäre (vgl. etwa WOHLERS/ HENEGHAN/PETERS, a.a.O., S. 70), käme eine Bestrafung der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 83 Abs. 1 lit. k EpG nicht in Betracht, da diese im Flugzeug unstreitig die Kontaktkarte des BAG im Sinne von Art. 49 EpV ausfüllte, welche explizit auf Art. 41 EpG Bezug nahm (oben E. 1.3.4). Damit ist die Beschwerdeführerin der Pflicht nach Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG zur Bekanntgabe von Identität, Reiseroute und Kontaktdaten nachgekommen. Die Beschwerdeführerin gab bereits anlässlich der ersten polizeilichen Befragung vom 28. Oktober 2020 an, sie habe im Flugzeug ein Formular ausgefüllt; sie habe gedacht, damit wüssten alle Bescheid; sie habe nicht gewusst, wo man sich melden müsse (kant. Akten, UA 23). Die über die Vereinbarung des BAG mit der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürichs bereits im August 2020 eingeführte Erhebung von Kontaktdaten und Reiseroute der Flugreisenden mittels der Kontaktkarte des BAG durch die Fluggesellschaften bzw. die Flughafenpolizei diente gemäss der Medienmitteilung vom 8. August 2020 der raschen Überprüfung, ob Reisende aus Covid-19-Risikogebieten die Quarantänepflicht einhielten. Den gleichen Zweck verfolgte auch die in Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 verankerte Pflicht zur Meldung der Einreise bei der kantonalen Behörde, die sich ausdrücklich nur an der Quarantänepflicht unterliegende Einreisende richtete. Aus der Medienmitteilung vom 8. August 2020 und dem Ermittlungsbericht der Kantonspolizei Aargau vom 9. Oktober 2020 ergibt sich zudem, dass die Kontaktkarten zur unverzüglichen Weiterleitung an die kantonalen Behörden bestimmt waren und dies auch effektiv so gehandhabt wurde (vgl. oben E. 1.4.3). Dass die Kontaktdaten und die Reiseroute von Einreisenden im Sinne von Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG i.V.m. Art. 49 EpV vom BAG unter Mitwirkung von Unternehmen, die im Eisenbahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugverkehr grenzüberschreitend Personen befördern, und der Flughafenhalter erhoben werden können, ist in Art. 59 Abs. 2 EpV vorgesehen. Nicht gefolgt werden kann der Vorinstanz, wenn sie der Beschwerdeführerin vorwirft, sie hätte sich nicht auf das Ausfüllen der Kontaktkarte des BAG beschränken dürfen, sondern sich zusätzlich auch noch beim kantonsärztlichen Dienst melden müssen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Bundesrat bzw. das BAG mit der Einführung der Kontaktkarte Anfang August 2020 und der Anwendung von Art. 59 Abs. 2 EpV am Flughafen Zürich den Informationsfluss verbessern und die Meldung im Sinne von Art. 5 der Covid-19-Verordnung vom 2. Juli 2020 bzw. von Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG vereinfachen und gesetzeskonform (im Einklang mit Art. 49 EpV) ausgestalten wollte. Weshalb eine doppelte Mitteilung von Kontaktdaten und Reiseroute, d.h. sowohl mittels Ausfüllens der an die kantonale Behörde zu übermittelnden Kontaktkarte des BAG als auch direkt gegenüber dem zuständigen Kantonsarzt, zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus im Sinne von Art. 41 Abs. 2 EpG "notwendig" gewesen wäre, erschliesst sich nicht. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin der in Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG verankerten Pflicht zur Bekanntgabe von Identität, Reiseroute und Kontaktdaten mit dem Ausfüllen der Kontaktkarte des BAG im Flugzeug nachkam. Ihr kann folglich nicht zum Vorwurf gemacht werden, sie habe gegen Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG verstossen.  
 
1.6. Der vorinstanzliche Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen Art. 83 Abs. 1 lit. k und Abs. 2 i.V.m. Art. 41 Abs. 2 lit. a EpG verstösst nach dem Gesagten gegen Bundesrecht. Damit erübrigt sich eine Prüfung des von der Beschwerdeführerin in der Eventualbegründung geltend gemachten Rechtsirrtums im Sinne von Art. 21 StGB.  
 
2.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung bzw. zum Freispruch der Beschwerdeführerin sowie zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kanton Aargau trägt keine Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 4 BGG). Er hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. Juni 2022 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. September 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld