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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_350/2023  
 
 
Urteil vom 14. Juli 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ S.à.r.l., 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Niccolò Gozzi und/oder Jonas Oggier, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Vereinigten Staaten von Amerika; Herausgabe von Beweismitteln, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 27. Juni 2023 (RR.2022.147). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Schlussverfügung vom 8. Juli 2022 entsprach die Zentralstelle USA des Bundesamtes für Justiz (BJ) dem Rechtshilfeersuchen des U.S. Justizdepartements vom 7. Dezember 2021 und ordnete die Herausgabe sämtlicher bei der B.________ SA erhobenen Dokumente betreffend das Konto Nr. xxx, lautend auf die A.________ S.à.r.l (nachfolgend: A.________), an die ersuchende Behörde an. 
Das Rechtshilfegesuch betrifft eine Strafuntersuchung gegen C.________ und weitere Personen wegen Verstosses gegen den Foreign Corruption Practices Act sowie Geldwäscherei. Die US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden verdächtigen die Tätergruppierung unter anderem dringend, Bestechungsgelder an venezolanische Regierungsbeamte ausgerichtet zu haben, um im Gegenzug die Möglichkeit zu erhalten, die US-Dollar-Reserven der venezolanischen Staatskasse zum festen Wechselkurs der Regierung in venezolanische Bolivare umzutauschen. Unter Ausnutzung der Differenz zum regulären Wechselkurs hätten sie, mittels verschiedener Betrugsschemata, illegale Gewinne in Milliardenhöhe zu Lasten des staatseigenen Erdölunternehmens Petróleos de Venezuela S.A (PDVSA) generiert. Die Deliktserlöse sollen in grossem Umfang über zahlreiche Bankverbindungen in der Schweiz geschleust worden sein, darunter auch Konten der A.________.  
 
B.  
Gegen die Schlussverfügung vom 8. Juli 2022 erhob die A.________ am 9. August 2022 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 27. Juni 2023 ab. 
 
C.  
Dagegen hat die A.________ am 10. Juli 2023 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sowie die Schlussverfügung vom 8. Juli 2022 seien aufzuheben und das Rechtshilfeersuchen vom 7. Dezember 2021 i.S. C.________ et al. abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Wahrung des rechtlichen Gehörs sowie zur Neubeurteilung an das BJ, Zentralstelle USA, zurückzuweisen. 
 
D.  
Es wurde keine Vernehmlassung eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, der die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich (Bankunterlagen) betrifft; dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 84 Absatz 1 BGG grundsätzlich offen, sofern es sich um einen besonders bedeutsamen Fall handelt. 
 
1.1. Ein besonders bedeutender Fall liegt nach Art. 84 Abs. 2 BGG "insbesondere" vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen nicht nur Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen, sondern auch solche, die aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1.1 mit Hinweisen).  
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu. Gerade im Bereich der sogenannten "kleinen" (akzessorischen) Rechtshilfe kann ein besonders bedeutender Fall nur ausnahmsweise angenommen werden (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). 
Die besondere Bedeutung des Falles ist in der Beschwerdeschrift darzulegen; hierfür gilt eine qualifizierte Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG; MARC FORSTER, in: Basler Kommentar zum BGG, 3. Aufl., 2018, Art. 84 N. 33). 
 
1.2. Vorliegend wird die besondere Bedeutung des Falles mit einer schweren Verletzung des rechtlichen Gehörs und offensichtlich aktenwidrigen Feststellungen der Vorinstanz begründet.  
Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann die Verletzung elementarer Verfahrensgrundsätze im schweizerischen Rechtshilfeverfahren einen besonders bedeutenden Fall begründen (BGE 145 IV 99 E. 1.3). Indessen genügt das pauschale Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, die Behörden hätten ihr rechtliches Gehör oder andere elementare Verfahrensgrundsätze verletzt, nicht, um einen Rechtshilfefall als besonders bedeutend erscheinen zu lassen. Vielmehr müssen dafür ernsthafte Anhaltspunkte objektiv vorliegen (BGE 145 IV 99 E. 1.4 S. 106 f.; 133 IV 125 E. 1.4 S. 129; je mit Hinweisen; vgl. dazu FORSTER, a.a.O., Art. 84 N. 31). 
 
2.  
Vorliegend fehlen ernsthafte Anhaltspunkte für die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs: 
 
2.1. Die Vorinstanz setzte sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin zum angeblich fehlenden Konnex zwischen den herauszugebenden Bankunterlagen und der US-amerikanischen Strafuntersuchung in E. 6 auseinander. Zwar ging sie davon aus, das diesbezügliche Rügerecht der Beschwerdeführerin sei verwirkt (vgl. E. 6.3 - E. 6.5 des angefochtenen Entscheids); sie fügte jedoch (in E. 6.6) eine zusätzliche materiell-rechtliche Begründung an.  
Darin legte sie dar, weshalb die (nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung massgebliche) potentielle Erheblichkeit der streitigen Kontounterlagen für die in den USA geführten Ermittlungen zu bejahen sei und deren Herausgabe an die ersuchende Behörde verhältnismässig sei: Die herauszugebenden Bankunterlagen beträfen das Konto, über welches - nach der verbindlichen Sachdarstellung der ersuchenden Behörde - die illegalen Einnahmen aus dem «J.________ Kredit Schema» zuhanden des Beschuldigten C.________ geschleust worden sein sollen. Überdies habe das BJ in den zu übermittelnden Kontounterlagen diverse verdächtige Überweisungen in Millionenhöhe zu den in der US-amerikanischen Strafuntersuchung verwickelten Gesellschaften aufgezeigt. Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang einwende, betreffe Fragen der Beweiswürdigung, welche nicht im Rechtshilfe-, sondern gegebenenfalls im ausländischen Strafverfahren zu entscheiden seien. Schliesslich werde der ebenfalls Beschuldigte D.________ in den zu übermittelnden Bankunterlagen als wirtschaftlich Berechtigter am Kontovermögen der Beschwerdeführerin sowie (zusammen mit weiteren Beschuldigten) als die Beschwerdeführerin beherrschende Person bezeichnet. Das BJ habe daraus zu Recht den Schluss gezogen, dass sich die streitigen Kontounterlagen auf den im Rechtshilfeersuchen geschilderten Verdacht beziehen und für die Weiterführung des Strafverfahrens in den USA notwendig seien, namentlich um den Geldfluss zu rekonstruieren und die Endbegünstigten der transferierten Vermögenswerte identifizieren zu können. 
 
2.2. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen im Wesentlichen vor, die Angaben im Rechtshilfegesuch, wonach deliktische Vermögenswerte über Konten der Firmen E.________ SA, F.________ Ltd. und/oder G.________ SA zunächst auf Konten der Beschwerdeführerin bei der H.________ AG gepoolt, anschliessend über das Konto der Beschwerdeführerin bei der B.________ geschleust und schliesslich an die I.________ Foundation weitergeleitet worden seien, seien offensichtlich falsch: Inhaberin des Kontos bei der H.________ sei nicht die Beschwerdeführerin ("A.________") mit Sitz in Luxemburg, sondern die "H.________ A.________ B.V." mit Sitz in den Niederlanden. Bei der H.________ A.________ handle es sich um eine von der Beschwerdeführerin separate juristische Person. Die Beschwerdeführerin habe nie ein Konto bei der H.________ besessen und keinerlei Zahlungen von den im Rechtshilfegesuch genannten Unternehmen (E.________, F.________ bzw. G.________) erhalten. Dies sei der ersuchenden Behörde wie auch dem BJ bekannt gewesen, da sie die Bankunterlagen des Kontos Nr. yyy der H.________ A.________ bei der H.________ bereits vor zwei Jahren im Rahmen eines Rechthilfeverfahrens erhalten hätten (vgl. dazu bundesgerichtlicher Entscheid 1C_660/2019 vom 6. Januar 2020).  
 
2.3. Diese Einwände vermögen einen Zusammenhang des Kontos Nr. xxx der Beschwerdeführerin bei der B.________ mit der in den USA geführten Strafuntersuchung offensichtlich nicht auszuschliessen. Die Beschwerdeführerin räumt selbst ein, dass sie eine indirekte Minderheitsbeteiligung an der H.________ A.________ halte und diese "in wirtschaftlicher Sicht teilweise indirekt beherrsche". Sie bestreitet zudem einzig, dass Zahlungen von E.________, F.________ und/oder G.________ auf ein ihr gehörendes Konto der H.________ gelangt seien, nicht aber, dass Geld vom Konto der H.________ A.________ bei der H.________ auf ihr Konto bei der B.________ geflossen und von dort aus an andere, von den Beschuldigten beherrschte Gesellschaften weitergeleitet worden sei. Auch solche Transaktionen wären für das US-amerikanische Strafverfahren offensichtlich relevant. Die Vorinstanz war daher nicht gehalten, auf die diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Einzelnen einzugehen bzw. die Sachverhaltsdarstellung des Rechtshilfegesuchs im gerügten, für die Bewilligung der Rechtshilfe unmassgeblichen Punkt zu korrigieren.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 BGG) und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Juli 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied Die Gerichtsschreiberin: 
 
Chaix Gerber