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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4D_64/2007 /len 
 
Urteil vom 13. Februar 2008 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiber Mazan. 
 
Parteien 
A.________, 
B.________, 
C.________, 
Beschwerdeführer, 
alle drei vertreten durch Fürsprecherin Vida Hug-Predavec, 
 
gegen 
 
D.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwältin Brigitta Vogt Stenz. 
 
Gegenstand 
Vorsorgliche Massnahme, 
 
Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 3. Kammer, vom 27. August 2007. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
A.________, B.________ und C.________ (Beschwerdeführer) sind Miteigentümer einer Liegenschaft in X.________, bestehend aus einer 3 1/2-Zimmer- und einer 6 1/2-Zimmerwohnung sowie einem Ladenlokal mit Büro, WC/Dusche und weiteren Nebenräumen. B.________ (Beschwerdeführerin 2) und C.________ (Beschwerdeführer 3) bewohnten eine der beiden Wohnungen der Liegenschaft. A.________ (Beschwerdeführerin 1) lebte bis zum 15. Dezember 2006 mit D.________ (Beschwerdegegner) im Konkubinat. Sie bewohnten zusammen die 6 1/2-Zimmerwohnung und bewirtschafteten das Ladenlokal und die Nebenräume. 
Am 15. Dezember 2006 zog die Beschwerdeführerin 1 aus der gemeinsamen Wohnung aus. Nach ihrer eigenen Darstellung gewährte sie dem Beschwerdegegner eine Frist bis zum 31. Januar 2007, um die Wohnung zu verlassen. Ende Januar 2007 wechselte der Beschwerdegegner die Schlösser für die Wohnung aus. Am 1. Februar 2007 ersetzten die Beschwerdeführer das Schloss an der Haustüre. 
 
B. 
Mit Klage vom 2. Februar 2007 beantragte der Beschwerdegegner dem Gerichtspräsidium Kulm, die Beschwerdeführer seien superprovisorisch richterlich anzuweisen, ihm Zugang zur Wohnung sowie zum Laden und zu den Büroräumlichkeiten zu verschaffen. Mit vorläufiger Verfügung vom 2. Februar 2007 verpflichtete der Gerichtspräsident von Kulm die Beschwerdeführer gestützt auf § 302 Abs. 1 ZPO/AG im Rahmen einer vorsorglichen Verfügung zum Schutz des Besitzes, dem Beschwerdegegner den Laden und die Büroräumlichkeiten sowie die dazugehörige Wohnung zugänglich zu machen. Nachdem dem Beschwerdegegner der Zugang von den Beschwerdeführern gewährt wurde, wechselte dieser nach Darstellung der Beschwerdeführer nach seinem Wiedereinzug per 2. Februar 2007 sämtliche Schlösser erneut aus. Mit Klageantwort und Widerklage vom 5. Februar 2007 beantragten die Beschwerdeführer unter anderem, der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, die Liegenschaft sofort zu verlassen und der Beschwerdeführerin 1 die Hausschlüssel herauszugeben. Mit Urteil vom 22. März 2007 verpflichtete der Gerichtspräsident von Kulm den Beschwerdegegner unter anderem, die von ihm benutzte Wohnung, das Büro und das Geschäftslokal bis am 31. Mai 2007 zu räumen und sämtliche Schlüssel herauszugeben. Zudem wurde der Beschwerdegegner verpflichtet, den Beschwerdeführern einen Schlüssel zu den neuen Türschlössern sämtlicher Räume der Liegenschaft zu übergeben und ihnen den Zutritt zur Liegenschaft jederzeit zu ermöglichen. 
 
C. 
Gegen dieses Urteil erhob der Beschwerdegegner Beschwerde ans Obergericht des Kantons Aargau. Mit Urteil vom 27. August 2007 verpflichtete das Obergericht des Kantons Aargau die Beschwerdeführer in teilweiser Gutheissung der Beschwerde, dem Beschwerdegegner Zugang zur Wohnung, zum Büro und zum Ladenlokal zu gewähren. 
 
D. 
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 10. Oktober 2007 beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht im Wesentlichen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 27. August 2007 aufzuheben; es sei festzustellen, dass zwischen den Parteien kein Mietvertrag abgeschlossen worden sei, und dem Beschwerdegegner sei zu befehlen, die Liegenschaft unverzüglich zu räumen und zu verlassen. 
Der Beschwerdegegner beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen. 
Das Obergericht des Kantons Aargau hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme gemäss § 302 Abs. 1 ZPO/AG zum Schutz des Besitzes gegen Störungen und Entzug durch verbotene Eigenmacht. Solche Besitzesschutzmassnahmen, die losgelöst von einem Hauptverfahren getroffen werden, gelten als Endentscheide (Art. 90 BGG), die eine Streitigkeit vermögensrechtlicher Natur abschliessen (nicht publ. E. 1 von BGE 133 III 638, mit Hinweisen), weshalb der Streitwert mindestens Fr. 30'000.-- betragen muss (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das Obergericht ging von einem Streitwert vor letzter kantonaler Instanz von weniger als Fr. 30'000.-- aus. Die Beschwerde in Zivilsachen steht folglich nicht zur Verfügung. 
 
1.2 Wenn keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist, steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (Art. 113 BGG). Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Endentscheid (Art. 117 i.V.m. Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 113 BGG). Die Beschwerdeführer sind als Beteiligte am vorinstanzlichen Verfahren, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung bzw. Änderung des angefochtenen Urteils haben, zur Beschwerde legitimiert (Art. 115 BGG) und machen die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend (Art. 116 BGG). Die Verfassungsbeschwerde steht demnach im konkreten Fall zur Verfügung. Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten jedoch nicht von Amtes wegen, sondern nur, soweit eine solche gerügt und begründet wird (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Begründungspflicht lehnt sich bei der Verfassungsbeschwerde an die für die staatsrechtliche Beschwerde geltenden Anforderungen an (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Demnach muss der Beschwerdeführer angeben, welches verfassungsmässige Recht verletzt wurde, und substantiiert darlegen, worin die Verletzung besteht. Wenn der Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbotes geltend macht, muss er anhand des angefochtenen Entscheides im Einzelnen darlegen, inwiefern dieser im Ergebnis an einem qualifizierten Mangel leidet (BGE 130 I 258 E. 1.3). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Es kann davon nur abweichen, wenn die Sachverhaltsfeststellungen unter Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts zustande kamen (Art. 118 Abs. 2 und Art. 116 BGG), was der Beschwerdeführer ebenfalls präzise geltend machen muss (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
2.1 Das Obergericht führte in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner durch das Auswechseln des Schlosses an der Eingangstüre der Liegenschaft den Zugang und die Benützung von Wohnung, Büro und Geschäftslokal verunmöglicht hätten. Da der Beschwerdegegner die Wohnung, das Büro und Geschäftslokal aber spätestens seit Januar 2007 entgeltlich, d.h. gegen die Leistung eines Mietzinses, benutzt habe, sei dieser aufgrund eines Mietverhältnisses zur Benützung der erwähnten Räume berechtigt. Da die Mietzinszahlungen des Beschwerdegegners von je Fr. 1'000.-- in den Monaten Januar und Februar 2007 auf das gemeinsame Konto der Beschwerdeführer - und nicht auf ein eigenes Konto der Beschwerdeführerin 1 - überwiesen worden sei, handle es sich bei diesen Beträgen um Mietzinszahlungen und nicht um Leistungen aus dem ehemaligen Konkubinatsverhältnis. Die Beschwerdeführer hätten auch nicht rechtsgenügend nachgewiesen, dass das Mietverhältnis von Anfang an befristet gewesen bzw. per Ende Januar 2007 rechtmässig aufgelöst worden sei. Zwar hätten die Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner mit Schreiben vom 28. November 2006 ein Haus- und Arealverbot erteilt, doch sei dies nur ein Indiz für das Vorliegen eines per 31. Januar 2007 endenden Vertragsverhältnisses. Der liquide Nachweis des ab 1. Februar 2007 unbelasteten Eigentums der Beschwerdeführer sei damit nicht erbracht. 
 
2.2 Aufgrund des Vorliegens eines Mietverhältnisses ging das Obergericht in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass der Beschwerdegegner ein besseres Recht im Sinne von Art. 927 Abs. 2 ZGB zur Benützung der Wohnung sowie des Büros und des Ladenlokals rechtsgenügend nachgewiesen habe. Demgegenüber hätten die Beschwerdeführer zu Unrecht geltend gemacht, der Beschwerdegegner habe keine Berechtigung, die in ihrem Eigentum stehende Wohnung sowie das Büro und Ladenlokal zu benutzen. 
 
3. 
Die Beschwerdeführer wenden dagegen im Wesentlichen ein, das Obergericht sei in willkürlicher Weise vom Vorliegen eines Mietverhältnisses mit dem Beschwerdegegner ausgegangen, das über den 31. Januar 2007 hinausreiche. 
 
3.1 Soweit sie der Vorinstanz in diesem Zusammenhang vorwerfen, trotz der Bindung an die Sachverhaltsfeststellungen des Gerichtspräsidiums Kulm einen anderen Sachverhalt unterstellt zu haben, legen sie nicht dar, welche Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts verfassungswidrig angewendet worden sein sollen. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
3.2 Weiter werfen die Beschwerdeführer dem Obergericht vor, die Annahme eines Mietverhältnisses spätestens ab Januar 2007 sei weltfremd und willkürlich. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf ihr Schreiben vom 28. November 2006 verweisen, in welchem gegenüber dem Beschwerdegegner ein Haus- und Arealverbot ausgesprochen wurde, wird nicht dargetan, inwiefern die Begründung des Obergerichtes, in welcher ebenfalls auf dieses Schreiben Bezug genommen wird, willkürlich sein soll. Vielmehr beschränken sie sich darauf, ihre gegenteilige Auffassung zu behaupten, womit keine Willkür belegt ist. Nicht überzeugend ist auch der Hinweis, dass der (angebliche) Mietzins erst im Januar 2007 und nicht "wie es üblich wäre" bereits im Dezember 2006 bezahlt worden sei. Das Obergericht hat ausgeführt - und die Beschwerdeführer haben dies ausdrücklich bestätigt -, dass die Beschwerdeführerin 1 das Konkubinat mit dem Beschwerdegegner erst per 15. Dezember 2006 aufgelöst habe und in diesem Zeitpunkt aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei. Soweit in diesem Zusammenhang schliesslich auf eine angebliche Strafanzeige der Beschwerdeführerin 1 gegen den Beschwerdegegner wegen Drohung und Nötigung im Spätherbst 2006 hingewiesen wird, ist auf die Beschwerde ebenfalls nicht einzutreten, weil dem angefochtenen Urteil keine entsprechende Feststellung entnommen werden kann und auch nicht dargetan wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Anlass für neue Sachdarstellungen gegeben hat (Art. 117 i.V.m. Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
3.3 Weiter kritisieren die Beschwerdeführer die Feststellung des Obergerichtes, es sei nicht rechtsgenügend nachgewiesen worden, dass es sich beim angeblichen Mietverhältnis um ein auf den 31. Januar 2007 befristetes Vertragsverhältnis gehandelt habe. Abgesehen davon, dass in diesem Zusammenhang keine Verfassungsrüge erhoben wurde, erscheint das Argument der Beschwerdeführer, dass sie durch die Auswechslung der Schlösser per 1. Februar 2007 konkludent zum Ausdruck gebracht hätten, keinen unbefristeten Mietvertrag mit dem Beschwerdegegner abschliessen zu wollen, wenig überzeugend. Es liegt auf der Hand, dass aufgrund des eigenmächtigen Vorgehens der Beschwerdeführer nicht darauf geschlossen werden kann, dass die Parteien gar kein oder höchstens ein auf den 31. Januar 2007 befristetes Mietverhältnis abschliessen wollten. 
 
3.4 Schliesslich erweist sich die Beschwerde auch insofern als unbegründet, als die Beschwerdeführer geltend machen, der Nachweis eines Mietverhältnisses sei nicht erbracht, weil kein Konsens über die Höhe des Mietzinses vorliege. Die Vorinstanz hat unangefochten festgestellt, dass die Zahlungen in der Höhe von Fr. 1'000.-- auf das gemeinsame Konto der Beschwerdeführer - und nicht auf das persönliche Konto der Beschwerdeführerin 1 - geleistet worden seien. Damit erweist sich die Behauptung der Beschwerdeführer, die erwähnte Zahlung betreffe "nichts anderes als den der Beschwerdeführerin 1 belastete Hypothekarzins", ohne weiteres als haltlos. Von Willkür kann auch in diesem Zusammenhang keine Rede sein. 
 
3.5 Die Beschwerdeführer vermögen somit auch mit ihrer Behauptung, es sei dem Beschwerdegegner nicht gelungen, aufgrund des Mietvertrages ein besseres Recht im Sinn von Art. 927 Abs. 2 ZGB nachzuweisen, keine Willkür zu belegen. Soweit sie beiläufig eine Verletzung von Art. 8 ZGB rügen, wird keine Verfassungsverletzung beanstandet, weshalb auch insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. Desgleichen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, soweit eine Verletzung der Eigentumsgarantie gerügt wird, weil diesbezüglich jede Begründung fehlt. 
 
4. 
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. Februar 2008 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Corboz Mazan