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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_180/2023  
 
 
Urteil vom 20. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, Merz, Kölz, 
Gerichtsschreiberin Gerber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Luzia Vetterli, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Serbien, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 12. April 2023 (RR.2022.240, RP.2023.5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Interpolmeldung vom 5. März 2020 ersuchten die serbischen Behörden um Fahndung und Verhaftung des serbischen und bulgarischen Staatsangehörigen A.________, gestützt auf das Urteil des Obergerichts Belgrad vom 1. Februar 2018. Dieses verurteilt A.________ zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten wegen unerlaubten Herstellens, Haltens und Inverkehrbringens von Betäubungsmitteln gemäss Art. 246 des serbischen Strafgesetzbuchs. Es hielt fest, in der Wohnung A.________s seien am 6. Dezember 2017 insgesamt 1'214,81 g Cannabis, 8.56 g Kokain, 81.48 g Amphetamin und 14.5 ml Cannabisöl sowie zwei elektronische Waagen mit Spuren von Cannabis bzw. Kokain, Amphetamin, MDMA (Ecstasy) und Cannabis aufgefunden worden. Das Urteil beruht auf einer "Vereinbarung über das Eingeständnis einer Straftat", die am 25. Januar 2018 von A.________, seinem damaligen Verteidiger und der Stellvertreterin des Staatsanwalts der Oberstaatsanwaltschaft Belgrad unterschrieben wurde. 
 
B.  
Am 2. September 2022 wurde A.________ angehalten und mit Haftanordnung des Bundesamts für Justiz (BJ) vom gleichen Tag in provisorische Auslieferungshaft versetzt. Anlässlich seiner Einvernahme widersetzte er sich der erleichterten Auslieferung und legte einen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 22. April 2021 zu den Akten, welches die Auslieferung nach Serbien als "derzeit unzulässig" ablehnt. Am 5. September 2022 erliess das BJ einen Auslieferungshaftbefehl, der unangefochten blieb. 
Mit Schreiben des Justizministeriums vom 4. Oktober 2022 ersuchte Serbien formell um die Auslieferung von A.________ im Hinblick auf die Vollstreckung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe. 
A.________, vertreten durch Rechtsanwalt B.________, widersetzte sich der Auslieferung. Er machte geltend, das Strafurteil des Obergerichts Belgrad beruhe auf einem durch Folter erpressten Geständnis und ihm drohe bei der Auslieferung nach Serbien erneut eine krass EMRK-widrige Behandlung. 
Am 31. Oktober 2022 ersuchte das BJ die serbischen Behörden, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und verschiedene Auskünfte zu erteilen, u.a. zum THC-Gehalt des bei A.________ gefundenen Cannabis. Mit Schreiben vom 14. November 2022 überreichten die serbischen Behörden eine Stellungnahme des Obergerichts Belgrad vom 8. November 2022. Darin wurden die Vorwürfe A.________s bestritten und mitgeteilt, der Massenanteil des THC in den analysierten Proben habe mehr als 0,3 % betragen; da das Cannabis am 25. Mai 2018 entsorgt worden sei, könne die Analyse nicht wiederholt werden. 
Mit Auslieferungsentscheid vom 16. Dezember 2022 bewilligte das BJ die Auslieferung von A.________ insoweit, als es um die Wirkstoffe Kokain und Amphetamin gehe. Hinsichtlich von Cannabis und Cannabisöl lehnte das BJ die Auslieferung ab. 
 
C.  
Gegen den Auslieferungsentscheid erhob A.________ am 27. Dezember 2022 Beschwerde an das Bundesstrafgericht. Dieses bestellte Rechtsanwalt B.________ zu dessen amtlichen Rechtsbeistand. 
Das BJ holte weitere Auskünfte des serbischen Justizministeriums ein, insbesondere zu einer von A.________ ins Recht gelegten Beschwerde an das serbische Verfassungsgericht (Schreiben vom 1. und 16. März 2023). 
Am 12. April 2023 wies das Bundesstrafgericht die Beschwerde ab. 
 
D.  
Dagegen hat A.________ am 20. April 2023 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragte die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie eine ergänzende Frist zur Beschwerdebegründung: Er sei auf anwaltlichen Beistand angewiesen, da er rechtsunkundig sei und sich nur auf serbokroatisch ausdrücken könne; Rechtsanwalt B.________ führe das Mandat nicht weiter. 
Gleichentags schickte A.________ ein Schreiben in serbokroatischer Sprache an das Bundesstrafgericht, das an das Bundesgericht weitergeleitet wurde. 
 
E.  
Mit Verfügung vom 27. April 2023 wurde dem Beschwerdeführer Frist bis 15. Mai 2023 zur Ergänzung seiner Beschwerdebegründung gesetzt. Am 2. Mai 2023 hiess das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren gut, bestellte Rechtsanwältin Luzia Vetterli zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin und gewährte ihr Akteneinsicht. 
 
F.  
Mit Beschwerdeergänzung vom 15. Mai 2023 beantragt der Beschwerdeführer, der Entscheid der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 12. April 2023 sowie Ziff. I des Auslieferungsentscheids vom 16. Dezember 2022 des BJ seien aufzuheben. Das Auslieferungsgesuch sei abzuweisen und die Auslieferungshaft aufzuheben. 
Eventualiter sei die Bewilligung der Auslieferung unter folgende Bedingung zu stellen: 
 
"Die Strafe ist nach der Auslieferung neu festzusetzen, da die Auslieferung nur teilweise erfolgt. Die Haftbedingungen dürfen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; die physische und psychische Integrität der ausgelieferten Person muss gewahrt werden. Die Gesundheit des Häftlings muss in angemessener Weise sichergestellt werden, insbesondere mittels Zugang zu genügender medizinischer Versorgung. Die diplomatische Vertretung in der Schweiz ist berechtigt, die ausgelieferte Person ohne jegliche Überwachungsmassnahmen zu besuchen. Die ausgelieferte Person hat jederzeit das Recht, sich an diese zu wenden." 
 
G.  
Das BJ beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesstrafgericht verweist auf den angefochtenen Entscheid und hält an dessen Begründung fest. 
Der Beschwerdeführer verzichtet auf eine Replik. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen einen Entscheid des Bundesstrafgerichts auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. 
 
1.1. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Art. 84 Abs. 2 BGG). Ein solcher liegt "insbesondere" vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist. Das Gesetz enthält eine nicht abschliessende, nur beispielhafte Aufzählung von möglichen besonders bedeutenden Fällen. Darunter fallen Beschwerdesachen, die Rechtsfragen von grundsätzlicher Tragweite aufwerfen oder aus anderen Gründen besonders bedeutsam sind (BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die ausgefällte Strafe müsse neu festgesetzt werden, da die Auslieferung nicht für den Wirkstoff Cannabis bewilligt worden sei. Es sei zweifelhaft, ob die Reststrafe die Mindestdauer von 4 Monaten gemäss Art. 2 EAÜ erreiche. Mangels entsprechender Zusicherung bestehe die Gefahr, dass in Serbien die gesamte Haftdauer vollzogen werde.  
In der Tat stellt sich die Rechtsfrage, wie die Einhaltung von Art. 2 EAUe (Mindestdauer der Freiheitsstrafe) und des Spezialitätsprinzips gewährleistet werden kann, wenn - wie vorliegend - die Auslieferung für einen wesentlichen Teil der dem Urteil zugrunde liegenden Delikte nicht bewilligt wird (vgl. unten, E. 3). Die diesbezügliche Rechtsprechung ist spärlich und liegt schon viele Jahre zurück. Insofern rechtfertigt sich eine Überprüfung. 
 
1.1.2. Überdies beruft sich der Beschwerdeführer vor Bundesgericht erstmals auf das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 2 des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen [FZA; 0.142.112.681]). Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfe die Auslieferung eines Unionsbürgers an einen Drittstaat nicht bewilligt werden, ohne zuvor dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person habe, Gelegenheit gegeben zu haben, um Auslieferung zwecks stellvertretender Strafverfolgung bzw. -vollstreckung zu ersuchen. Vorliegend habe der Beschwerdeführer auch die bulgarische Staatsangehörigkeit, weshalb die bulgarischen Behörden hätten informiert werden müssen.  
Neue rechtliche Begründungen sind vor Bundesgericht im Rahmen des Streitgegenstands grundsätzlich zulässig (Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG); dies gilt jedenfalls, wenn sie sich auf aktenkundige Tatsachen stützen (BGE 136 V 362 E. 4.1 S. 366 mit Hinweisen). Die aufgeworfene Rechtsfrage hatte das Bundesgericht noch nie zu beantworten, weshalb ihr grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. dazu unten, E. 5). 
 
1.1.3. Ist schon aus diesem Grund ein besonders bedeutender Fall zu bejahen, braucht im Eintretensstadium nicht entschieden zu werden, ob genügende Anhaltspunkte für die geltend gemachte Verletzung elementarer Verfahrensgarantien im serbischen Strafverfahren sowie im Strafvollzug bestehen bzw. die Einholung von diesbezüglichen Zusicherungen geboten ist (vgl. dazu unten, E. 4).  
 
1.2. Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher einzutreten.  
 
2.  
Für den Auslieferungsverkehr zwischen der Schweiz und Serbien sind primär das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAUe; SR 0.353.1) sowie das zu diesem Übereinkommen am 15. Oktober 1975 ergangene erste Zusatzprotokoll (ZPI EAUe; SR 0.353.11), das am 17. März 1978 ergangene zweite Zusatzprotokoll (ZPlI EAUe; SR 0.353.12), das am 10. November 2010 ergangene dritte Zusatzprotokoll (ZPIII EAUe; SR 0.353.13) sowie das am 20. September 2012 ergangene vierte Zusatzprotokoll (ZPIV EAUe; SR. 0353.14) massgebend. 
Soweit das Übereinkommen und die Zusatzprotokolle bestimmte Fragen nicht abschliessend regeln, findet auf das Verfahren der Auslieferung das Recht des ersuchten Staates Anwendung (Art. 22 EAUe), vorliegend also das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1) und die dazugehörige Verordnung vom 24. Februar 1982 (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11). Das innerstaatliche Recht gelangt nach dem Günstigkeitsprinzip auch dann zur Anwendung, wenn es geringere Anforderungen an die Rechtshilfe stellt (BGE 142 IV 250 E. 3 mit Hinweisen). 
 
3.  
Die Auslieferung erfolgt nach Art. 2 Abs. 1 EAUe nur für Handlungen, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach dem des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht sind (vorbehältlich der akzessorischen Auslieferung nach Art. 2 Abs. 1 EAUe und Art. 1 ZPII). Ist im Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates eine Verurteilung zu einer Strafe erfolgt oder eine sichernde Massnahme angeordnet worden, so muss deren Mass mindestens vier Monate betragen. 
 
3.1. Vorliegend wies das BJ das Auslieferungsgesuch hinsichtlich des Vorwurfs der unerlaubten Herstellung und des Vertriebs von Cannabis und Cannabisöl ab, weil der THC-Gehalt des Cannabis nicht mehr ermittelt werden könne und daher nicht feststehe, ob der Besitz bzw. der Handel auch nach schweizerischem Recht strafbar sei. Dagegen bewilligte es die Auslieferung für die Wirkstoffe Kokain und Amphetamin. In den Erwägungen (nicht aber im Dispositiv) des Auslieferungsentscheids hielt es fest, es werde an den serbischen Behörden sein zu entscheiden, in welchem Umfang die ausgesprochene Freiheitsstrafe entsprechend zu reduzieren sei. Gestützt auf das völkerrechtliche Vertrauensprinzip könne davon ausgegangen werden, dass die serbischen Behörden eine angemessene Strafausscheidung vornehmen würden.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, gemäss Art. 14 IRSG sei die Untersuchungshaft und die Auslieferungshaft auf die Strafe anzurechnen. Seit seiner Verhaftung 2017 habe er schon mehr als 19 Monate in Haft verbracht (vom 6. Dezember 2017 bis zum 1. Februar 2018 in Serbien, 8 Monate Auslieferungshaft in Deutschland und seit dem 2. September 2022 in der Schweiz). Er gehe deshalb davon aus, dass er bereits die gesamte Reststrafe hinsichtlich der auslieferungsfähigen Delikte abgesessen habe bzw. diese weniger als vier Monate betrage. Bei einer Auslieferung müsse damit gerechnet werden, dass in Serbien die gesamte Haftdauer vollzogen werde; eine dem entgegenstehende Zusicherung liege nicht vor.  
 
3.3. Das BJ widerspricht: Die Reduktion der Strafe wegen des Wegfalls von Cannabis dürfte marginal ausfallen. Das EAUe stelle - anders als das IRSG - ausschliesslich auf die ausgesprochene Strafe und nicht auf die noch zu verbüssende Reststrafe ab. Es stehe den schweizerischen Behörden nicht zu, Erwägungen darüber anzustellen, ob die Auslieferungshaft angerechnet werde und welche Reststrafe der Beschwerdeführer noch zu verbüssen habe.  
 
3.4. Gemäss Art. 2 Ziff. 1 Satz 2 EAUe ist die Dauer der im ersuchenden Staat ausgesprochenen Strafe und nicht des noch zu verbüssenden Strafrests massgebend (Urteil 1A.159/2003 vom 15. September 2003 E. 6.2 mit Hinweis). Gegenüber einem Staat, mit dem die Schweiz durch das Europäische Auslieferungsübereinkommen verbunden ist, kann die Auslieferung nicht mit Hinweis auf die Geringfügigkeit des Strafrestes abgelehnt werden (BGE 112 Ib 59 E. 2a in fine; ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 5. Aufl., 2019, N. 655 S. 714). Es ist Sache des ersuchenden Staates zu beurteilen, inwiefern die Auslieferungshaft angerechnet wird (Urteil 1A.247/2004 vom 25. November 2004 E. 6).  
 
3.5. Die in Serbien ausgesprochene Strafe von viereinhalb Jahren Gefängnis umfasst auch die Herstellung und den Handel mit Cannabis, für den die Auslieferung nicht bewilligt wurde. Dabei machte Cannabis (1'214,81 g) bei weitem den grössten Teil der aufgefundenen Substanzen aus. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die neu auszuscheidende Strafe vier Monate unterschreiten könnte, sieht doch Art. 246 des serbischen Strafgesetzbuchs eine Mindeststrafe von drei Jahren für das unbefugte Herstellen, Halten und Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln vor, ohne nach der Menge der aufgefundenen Substanzen zu differenzieren.  
 
3.6. Dagegen stellt sich die Frage, ob es genügt, lediglich in den Erwägungen des Auslieferungsentscheids auf die Notwendigkeit einer Strafausscheidung hinzuweisen, oder ob hierzu eine Auflage im Dispositiv des Auslieferungsentscheids zu formulieren ist.  
 
3.6.1. In verschiedenen älteren Urteilen erteilte das Bundesgericht die Auslieferung mit der Auflage, die Strafe neu festzusetzen, unter Berücksichtigung nur der Delikte, für welche die Auslieferung bewilligt werden könne (vgl. Urteile 1A.123/1994 vom 29. September 1994 E. 3f; A.133/1984 vom 19. Juni 1984; so auch ZIMMERMANN, a.a.O., Rn. 737 S. 768).  
Nichts anderes ergibt sich aus dem (vom BJ zitierten) Entscheid 1A.74/1988 vom 29. August 1988 E. 7. Dort hatte das Bundesamt für Polizei die Auslieferung unter Ausnahme der Begehung oder des Versuchs der Steuerhinterziehung an Deutschland bewilligt und das Bayerische Staatsministerium der Justiz ausdrücklich ersucht, im Sinne der Erwägungen einen Strafausscheidungsbeschluss zu fassen (vgl. auch Urteil 1A.55/1997 vom 16. April 1997). Das Bundesgericht lehnte es lediglich ab, das Auslieferungsverfahren bis zum Vorliegen des Strafausscheidungsbeschlusses zu sistieren, weil dieser nicht Voraussetzung der Auslieferung bilde und es nach dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip als selbstverständlich vorausgesetzt werden dürfe, dass die deutschen Behörden der Auflage nachkommen würden. 
Im Fall 1A.159/2003 vom 15. September 2003 beliess es das BJ dagegen bei einem blossen Hinweis in den Erwägungen; dies wurde vom Bundesgericht nicht beanstandet, war allerdings vom Beschwerdeführer auch nicht gerügt worden (vgl. E. 6.2). 
 
3.6.2. Die Einhaltung des Spezialitätsprinzips wird grundsätzlich durch die Formulierung von Auflagen im Rechtshilfeentscheid sichergestellt (vgl. BGE 107 Ib 264 E. 4b). Bei der Auslieferung zwecks Strafverfolgung genügt es in aller Regel, die Auslieferung für bestimmte Delikte zu verweigern, weil damit für die Behörden des ersuchenden Staates ohne Weiteres klar ist, dass diese nicht Gegenstand des Strafverfahrens bilden dürfen. Schwieriger ist es, wenn die Auslieferung zur Strafvollstreckung nur teilweise bewilligt wird. Diesfalls liegt im ersuchenden Staat bereits ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil vor, an das die Strafvollzugsbehörden grundsätzlich gebunden sind. Wird darin die Strafe nicht nach den einzelnen Delikten aufgegliedert, sondern einheitlich festgesetzt, besteht eine gewisse Gefahr, dass die Strafe vollständig vollzogen wird, unter Verletzung des Spezialitätsprinzips, sofern die ersuchende Behörde nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine neue Strafe festgesetzt werden muss, unter Berücksichtigung einzig der auslieferungsfähigen Delikte.  
Im vorliegenden Fall ist daher eine entsprechende Auflage im Entscheiddispositiv zu formulieren (vgl. unten, Disp.-Ziff. 1). Eine entsprechende Zusicherung Serbiens ist dagegen entbehrlich. 
 
4.  
Die Schweiz prüft die Auslieferungsvoraussetzungen des EAUe auch im Lichte ihrer grundrechtlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen. Nach Völkerrecht - wie auch schweizerischem Landesrecht - sind Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung verboten (Art. 3 EMRK und Art. 7 sowie Art. 10 Ziff. 1 UNO-Pakt II, Art. 10 Abs. 3 BV). Niemand darf in einen Staat ausgeliefert werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht (Art. 25 Abs. 3 BV; BGE 134 IV 156 E. 6.3; Urteil 1C_644/2015 vom 23. Februar 2016 E. 8.1, nicht publ. in: BGE 142 IV 175; je mit Hinweisen). Die Haftbedingungen dürfen nicht unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK sein; die physische und psychische Integrität der ausgelieferten Person muss gewahrt sein (vgl. auch Art. 7, 10 und 17 des UNO-Pakts II), und die Gesundheit des Häftlings muss in angemessener Weise sichergestellt werden (vgl. zum Ganzen: BGE 148 IV 314 E. 3 mit Hinweisen). Zur Gewährleistung der Einhaltung dieser Anforderungen können in heiklen Konstellationen förmliche Garantieerklärungen eingeholt bzw. der ersuchende Staat zur Einhaltung bestimmter Verfahrensgarantien als Bedingung für eine Auslieferung ausdrücklich verpflichtet werden (zu den diesbezüglichen Anforderungen vgl. BGE 148 I 127 E. 4 mit Hinweisen, insbes. E. 4.4). Kann das Risiko einer menschenrechtswidrigen Behandlung auch mit diplomatischen Zusicherungen nicht auf ein Mass herabgesetzt werden, dass es nur noch als theoretisch erscheint, ist die Auslieferung zu verweigern. 
Bei Strafprozessen sind ausserdem die minimalen prozessualen Verfahrensgarantien der Angeschuldigten zu gewährleisten. Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das ausländische Verfahren den Grundsätzen der EMRK oder des UNO-Pakts II nicht entspricht oder schwere Mängel aufweist (Art. 2 Abs. 1 lit. a und d IRSG). Dies ist insbesondere der Fall, wenn Aussagen, die durch Folter herbeigeführt worden sind, entgegen Art. 15 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984 (UNO-Folterschutzkonvention; SR 0.105), als Beweismittel zugelassen werden (vgl. Urteil des EGMR i.S. Stanimirovic gegen Serbien vom 18. Oktober 2011, Nr. 26088/06, Ziff. 51 f.). 
 
4.1. Der Beschwerdeführer war bereits vom 28. September 2020 bis 22. April 2021 in Deutschland in Auslieferungshaft. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe lehnte die Auslieferung mit Beschluss vom 22. April 2021 als "zurzeit unzulässig" ab, weil aufgrund der Vorbringen des Beschwerdeführers Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Verurteilung durch das Obergericht in Belgrad auf einem durch Folter erpressten Geständnis beruhe, und die serbischen Justizbehörden die vom Gericht dazu gestellten Fragen nicht beantwortet hätten. Sofern neue und relevante Informationen durch die serbischen Justizbehörden vorlägen, werde das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens prüfen.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer hielt in seiner Einvernahme zur Auslieferung vom 20. Oktober 2022 und nachfolgenden Eingaben am Vorwurf fest, die Vereinbarung über das Eingeständnis einer Straftat, welche dem Urteil des Obergerichts Belgrad zugrunde liegt, sei unter Druck, aufgrund von Misshandlungen der Polizei bzw. der für ihn lebensbedrohlichen Situation im Belgrader Bezirksgefängnis zustande gekommen:  
Nach seiner Festnahme am 6. Dezember 2017 sei er mehrere Tage in verschiedene Wohnungen gebracht worden, die er nicht gekannt habe; er sei getreten, geschlagen und gezwungen worden, ihn belastende Umstände zu schildern, und aufgefordert worden, Namen von Hintermännern zu nennen. Er sei mehrere Tage durch Belgrad gefahren worden, um etwaige Wohnungen von Hintermännern zu identifizieren, was ihm jedoch nicht möglich gewesen sei. Nachts sei er in der Polizeistation in Belgrad festgehalten worden, wo er wiederum geschlagen und am Schlaf gehindert worden sei. Er habe dem Druck nicht mehr standgehalten und ein Geständnis abgegeben. 
Anschliessend sei er in das Bezirksgefängnis in Belgrad gekommen. Dort sei er in einer Gemeinschaftszelle untergebracht gewesen. Während seiner Inhaftierung sei er durch einen Mitgefangenen mit einem abgebrochenen Spiegel am Hals schwer verletzt worden; der Mitgefangene habe sich anschliessend selbst umgebracht. Die Wache sei bei diesem Vorfall zu spät eingeschritten, und er sei anschliessend ungenügend medizinisch versorgt worden. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands und weil er um sein Leben gefürchtet habe, habe er dann eingewilligt, die Vereinbarung über das Eingeständnis einer Straftat zu unterzeichnen. 
 
4.3. Das BJ forderte das serbische Justizministerium auf, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dieses übermittelte am 14. November 2022 einen Bericht des Obergerichts in Belgrad von 8. November 2022. Darin wird zusammenfassend Folgendes ausgeführt:  
Der Beschwerdeführer sei am 6. Dezember 2017 um 23 Uhr von der Polizei festgenommen und am 8. Dezember 2017 wegen Wiederholungsgefahr in Untersuchungshaft versetzt worden. Dabei sei er sowohl vom Stellvertreter des Staatsanwaltes wie auch vom Haftrichter einvernommen worden. Anlässlich dieser Einvernahmen habe der Beschwerdeführer keine Form von Misshandlung durch die Polizei geltend gemacht. Sein Recht, von einem frei gewählten Arzt untersucht zu werden, habe er nicht ausgeübt. Es habe auch keine Hinweise (z.B. Verletzungen des Angeschuldigten) gegeben, die auf ein unbefugtes Handeln durch die Polizeibeamten hätten schliessen lassen. Gleichentags sei er in das Bezirksgefängnis in Belgrad gebracht worden, wo er durch einen Arzt untersucht worden sei. Der Beschwerdeführer habe diesem gegenüber ausdrücklich angegeben, dass er nicht geschlagen worden sei und keinerlei Traumata bei der Verhaftung erlitten habe. Der Arzt habe festgestellt, dass weder auf der Haut noch der Schleimhaut des Beschwerdeführers Zeichen von Gewaltanwendung oder Verletzungen sichtbar gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe sich einzig am 10. Dezember 2017 über Nervosität und Schlaflosigkeit beschwert und angegeben, dass er die letzten Jahre Marihuana konsumiert habe, zum Psychiater gehe und an Bluthochdruck leide. Wegen der Blutdruckwerte sei ihm eine medikamentöse Therapie verschrieben worden. 
Am 30. Dezember 2017 habe ein anderer Inhaftierter, C.________, den Beschwerdeführer mit einem abgebrochenen Stück eines Spiegels zweimal im Bereich der Schulter verletzt und anschliessend Suizid begangen. Der Beschwerdeführer sei daraufhin in der Notaufnahme des Klinischen Zentrums Serbien untersucht worden. Dabei habe es keine Hinweise auf die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs gegeben; für die weitere Behandlung seien das Verbinden der Wunde sowie Analgetika, Antibiotika und Antitetanusschutz verschrieben worden. Der Beschwerdeführer sei anschliessend im Speziellen Gefängniskrankenhaus in Belgrad gepflegt und am 3. Januar 2018 in stabilem Zustand entlassen worden, wobei mit der medikamentösen Therapie weitergemacht worden sei. Er sei jeden zweiten Tag verbunden worden und habe ausser der Obstipation keine anderen Beschwerden angegeben. Am 15. Januar 2018 habe ein Arzt eine Kontrolluntersuchung durchgeführt und festgestellt, dass die Wunde ordentlich zuwachse, ohne Zeichen einer Entzündung und Sekretion. Zwei Tage später seien die Fäden gezogen worden. Gegenüber dem Beschwerdeführer sei während der Polizeihaft und während der Untersuchungshaft nie Zwang ausgeübt worden und er habe keine Verletzungen erlitten (ausser denjenigen durch den Mitgefangenen C.________). Er sei weder disziplinarisch bestraft worden noch habe er sich je beschwert. 
Der Beschwerdeführer habe in Anwesenheit seines Verteidigers mit der Höheren Staatsanwaltschaft in Belgrad am 25. Januar 2018 eine Vereinbarung über das Geständnis abgeschlossen. Auch in der Verhandlung vor Gericht am 1. Februar 2018 sei er anwaltlich vertreten gewesen und habe bestätigt, dass er die Vereinbarung gelesen, verstanden sowie freiwillig und ohne Druck und Zwang unterschrieben habe, wobei ihm klar gewesen sei, dass er damit auf die Durchführung eines Prozesses verzichte und er ein beschränktes Recht auf Berufung habe. Das Obergericht habe überdies festgestellt, dass auch andere Beweise bestünden, die nicht zum Geständnis in Widerspruch stünden, weshalb das Urteil nicht nur gestützt auf die Vereinbarung ergangen sei, sondern auch aufgrund anderer Beweise. Dabei handle es sich um das Protokoll der Durchsuchung der Wohnung und anderer Räumlichkeiten vom 6. Dezember 2017 (welches vom Beschwerdeführer und zwei Zeugen unterschrieben worden sei), eine Fotodokumentation, das Protokoll über die Untersuchung des Beschwerdeführers vom 6. Dezember 2017, ein physisch-chemisches Gutachten über die aufgefundenen Betäubungsmittel, Bescheinigungen über die vorläufig sichergestellten Gegenstände vom 6. Dezember 2017, einen Bericht über die physisch-technischen Untersuchungen der Räumlichkeiten, die Aussagen des Zeugen D.________ vom 27. Dezember 2017, das Protokoll über das daktyloskopische Gutachten vom 26. Dezember 2017 und das DNA-Gutachten vom 24. Januar 2018, mit welchem festgestellt worden sei, dass die DNA-Spuren auf der Verpackung, in der die Betäubungsmittel gefunden worden seien, dem DNA-Profil des Beschwerdeführers entsprechen würden. Gegen das obergerichtliche Urteil sei kein Rechtsmittel an das Appellationsgericht in Belgrad eingelegt worden. Nach der Verurteilung sei die Haft aufgehoben worden. Der Verurteilte habe dies ausgenutzt und Serbien verlassen, um der Freiheitsstrafe zu entgehen. 
 
4.4. Das Bundesstrafgericht ging (wie schon das BJ) davon aus, es bestünden keine Anhaltspunkte für die Annahme, das Geständnis des Beschwerdeführers sei unter unzulässigem Druck oder Zwang zustande gekommen. Die dem Beschwerdeführer im Rahmen seiner Inhaftierung widerfahrene Verletzung durch einen Mitinsassen genüge nicht, um von allgemeinen systematischen menschenrechtswidrigen Verhältnissen in den serbischen Gefängnissen sprechen zu können. Aufgrund der durch die serbischen Behörden geschilderten Umstände (der angreifende Mitinsasse habe sich in der Folge mit dem abgebrochenen Stück des Spiegels umgebracht) sei vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei diesem Angriff um einen Einzelfall gehandelt habe. Die anschliessende medizinische Versorgung des Beschwerdeführers sei zudem gewährleistet gewesen; dies werde durch den vom Beschwerdeführer eingereichten und übersetzten Bericht des Klinikzentrums von Serbien vom 30. Dezember 2017 bestätigt. Es sei daher ohne Weiteres anzunehmen, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft, sollte er während des Strafvollzuges gesundheitliche Probleme haben, in Serbien mit einer genügenden medizinischen Versorgung rechnen könne.  
Hinzu komme, dass Serbien Vertragsstaat des UNO-Pakt Il, der UNO-Folterschutzkonvention und seit 3. März 2004 der EMRK und des Europäischen Übereinkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (SR 0.106) sei. Auslieferungen nach Serbien würden denn auch seit vielen Jahren grundsätzlich ohne Einholung einer förmlichen Garantieerklärung betreffend die Haftbedingungen bewilligt. Das Antifolterkomitee des Europarates (CRT) habe in seinem Bericht vom 10. März 2022 über seinen periodischen Besuch in Serbien vom 9. bis 19. März 2021 ( https://rm.coe.int/1680a5c8ad) Fortschritte in den Gefängnissen in Serbien festgestellt, namentlich durch Massnahmen zur Verringerung der Überbelegung in den Gefängnissen und deren Modernisierung. Zwar seien Misshandlungen durch die Polizei nach wie vor ein grosses Problem. Allerdings werde im Bericht darauf hingewiesen, dass sich die Gewaltanwendungen vor allem gegen die ethnischen Minderheiten der Albaner und Roma richteten. Der Beschwerdeführer solle vorliegend wegen Betäubungsmitteldelikten ausgeliefert werden. Es handle sich weder um einen besonders heiklen Fall mit politischer Implikation noch bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer einer ethnischen Minderheit angehöre. Ernsthafte Gründe, dass ihm eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch die serbischen Strafvollzugsbehörden drohe, seien damit weder konkret dargetan noch generell anzunehmen. 
 
4.5. Der Beschwerdeführer setzt sich vor Bundesgericht nicht substanziiert mit diesen Ausführungen und den in den Akten liegenden Unterlagen zum konkreten Fall auseinander, sondern stützt sich in erster Linie auf die allgemeinen Feststellungen des CRT zu den Zuständen in Serbien, namentlich zu Misshandlungen durch die Polizei, Überbelegung und schlechten Haftbedingungen wie enge, heruntergekommene und unhygienische Zellen und Sanitäreinrichtungen in gewissen Gefängnissen, darunter auch das Belgrader Bezirksgefängnis. Er verweist auf einen von ihm eingereichten Zeitungsartikel vom 25. Oktober 2022 über die Verhaftung von zwei Polizisten der Belgrader Drogenfahndung wegen Korruption, Folter und Erpressung, welche seine Schilderungen glaubhaft machten.  
Diese Unterlagen belegen in der Tat, dass Polizeigewalt zur Erwirkung von Geständnissen in Serbien noch weit verbreitet ist (vgl. CRT-Bericht, S. 3 und S. 7 Ziff. 4). Es gibt jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass dies dem Beschwerdeführer widerfahren ist: Dieser hat sich im serbischen Strafverfahren, bei seinen Einvernahmen durch Staatsanwaltschaft, Haftrichter und Obergericht, nie über Polizeigewalt beschwert. Auch in der von ihm am 7. Mai 2018 erhobenen Beschwerde an das serbische Verfassungsgericht und der Verantwortlichkeitsklage gegen den Staat vom 5. April 2018 an das Amtsgericht in Belgrad wurden keine Misshandlungen durch die Polizei erwähnt, sondern einzig die im Gefängnis erlittene Verletzung durch einen Mitgefangenen und deren Folgen thematisiert. Ein Geständnis wurde vom Beschwerdeführer denn auch erst im Januar 2018 unterschrieben, mehr als einen Monat nach seiner Entlassung aus dem Polizeigewahrsam. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz eines früheren Geständnisses vor der Polizei. 
Es erscheint glaubhaft, dass die Verletzung durch einen Mitgefangenen und dessen anschliessender Suizid ein traumatisches Erlebnis für den Beschwerdeführer dargestellt haben. Dieser hat einen fachärztlichen Bericht der Psychiatrischen Klinik KC Serbien vom 11. April 2018 eingereicht, in welchem ihm eine depressive Störung attestiert wird, die im Gefängnis begonnen habe. Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vorfall von den serbischen Behörden missbraucht - oder gar provoziert - worden wäre, um ein Geständnis zu erpressen. Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft sowie der anschliessenden gerichtlichen Verhandlung war der Beschwerdeführer auch nicht auf sich selbst gestellt, sondern durch einen Wahlverteidiger vertreten. 
 
4.6. Auch die Ausführungen der Vorinstanz zu den Haftbedingungen in Serbien sind nicht zu beanstanden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kritik der CRT ausdrücklich auf die Untersuchungshaft (" pretrial prisoners ") beschränkt. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach einer Auslieferung in den ordentlichen Strafvollzug kommen wird.  
 
5.  
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung des Diskriminierungsverbots nach Art. 2 FZA
 
5.1. Er macht geltend, er sei auch bulgarischer Staatsangehöriger und sei in die Schweiz eingereist, um hier zu arbeiten; insofern könne er sich auf den Schutz des FZA berufen. Art. 2 FZA verbiete im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens die Diskriminierung von Staatsangehörigen einer Vertragspartei auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit. Schweizerische Staatsangehörige dürften nicht ohne ihre Zustimmung in einen fremden Staat ausgeliefert werden (Art. 25 Abs. 1 BV; Art. 7 IRSG). Im Urteil vom 6. September 2016 C-182/15 Petruhhin habe der EuGH aus den entsprechenden Bestimmungen des europäischen Rechts (Art. 18 und 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 1. Dezember 2009 [AEUV; ABl. Nr. C 115 vom 9. Mai 2008, S. 47]) abgeleitet, dass Unionsbürger nicht an einen Drittstaat ausgeliefert werden dürften, ohne dass dem Heimatstaat zuvor Gelegenheit gegeben werde, um Auslieferung seines Staatsangehörigen zwecks stellvertretender Strafverfolgung zu ersuchen.  
Dieser Rechtsprechung - so der Beschwerdeführer weiter - sei auch für Art. 2 FZA i.V.m. Anhang I FZA zu folgen. Das zitierte Urteil C-182/15 Petruhhin betreffe die Auslegung und Anwendung des Nichtdiskriminierungsverbots gemäss Art. 18 AEUV im Bereich des Freizügigkeitsanspruchs nach Art. 21 AEUV bzw. der Freizügigkeits-Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürgerrichtlinie; ABl L 229 vom 29. Juni 2004 S. 35 ff.). Darin seien insbesondere auch die zuvor in der Richtlinie 68/360/EWG und der Richtlinie 73/148/EWG enthaltenen Regelungen übernommen worden, deren Gehalt Gegenstand von Anhang 1 FZA bilde. Das Bundesgericht ziehe praxisgemäss die Rechtsprechung des EuGH für die Auslegung unionsrechtlicher Begriffe heran, unter Ausschluss jener Urteile, die sich auf das Konzept der Unionsbürgerschaft oder auf die durch die Unionsbürgerrichtlinie neu eingeführten Rechte beziehen (BGE 139 II 393, 398 E 4.1.2). Im Umkehrschluss bedeute dies, dass das Bundesgericht jene Unionsbürgerrechtsprechung des EuGH in seine Beurteilung einbeziehe, welche das Freizügigkeitsrecht (Art. 21 AEUV) und das Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV) sowie die mit den Vorgängerrichtlinien übereinstimmenden Bestimmungen der RL 2004/38/EG beträfen (E PINEY/METZ/PIRKER, Zur Parallelität der Rechtsentwicklung in der EU und in der Schweiz - ein Beitrag zur rechtlichen Trageweite der «Bilateralen Abkommen», Zürich 2012, S. 166). Triftige Gründe, um von der vorgenannten Rechtsprechung abzuweichen, seien nicht ersichtlich.  
Die Schweiz müsse daher Bulgarien anfragen, ob es die Auslieferung des Beschwerdeführers beantrage, um gegen ihn stellvertretend die Strafverfolgung zu übernehmen. Da dies bislang nicht geschehen sei und sich der Beschwerdeführer bereits acht Monate in Auslieferungshaft befinde, sei er aus der Haft zu entlassen. 
 
5.2. Das BJ macht dagegen geltend, die Schweiz sei gemäss dem EAU und dessen Zusatzprotokollen verpflichtet, den Beschwerdeführer nach Serbien auszuliefern. Die Schweiz sei nicht Mitglied des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl, auf welchen sich die Petruhhin -Rechtsprechung des EuGH massgeblich stütze. Die Urteile des EuGH seien in der Schweiz nicht direkt anwendbar. Zudem sei die Ausgangslage vorliegend auch nicht mit derjenigen im Fall Petruhhin vergleichbar, da die Schweiz als ersuchter Staat nicht Unionsstaat sei. Es gebe somit keine rechtliche Grundlage, die bulgarischen Behörden anzufragen, ob sie die Auslieferung des Beschwerdeführers beantragen und dessen Strafverfolgung bzw. -vollstreckung übernehmen würden. Ein solches Vorgehen würde im Übrigen auch das Beschleunigungsgebot nach Art. 17a IRSG verletzen.  
 
5.3. Der Beschwerdeführer ist bulgarischer Staatsangehöriger. Als solcher kann er sich auf die Freizügigkeit nach Art. 3 f. FZA i.V.m. Anh. I FZA und das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 2 FZA berufen (vgl. Protokoll vom 26. Oktober 2004 für die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf die neue EG-Mitgliedstaaten, SR 0.142.112.681). Art. 4 FZA i.V.m. Art. 2 Anh. I FZA gewährleistet das Recht auf Aufenthalt und Zugang zu einer Erwerbstätigkeit für Arbeitnehmer und Selbstständige; dazu gehört auch das Recht, sich ins Hoheitsgebiet einer Vertragspartei zu begeben und sich während eines angemessenen Zeitraums von bis zu sechs Monaten dort aufzuhalten, um eine Beschäftigung zu suchen. Den von den nationalen Behörden erteilten Aufenthaltsgenehmigungen kommt lediglich deklaratorischer Charakter zu (BGE 136 II 329 E. 2.2; ASTRID EPINEY, in: Uebersax et al., Ausländerrecht, 3. Aufl., 2022, Rn. 4.45 S. 216).  
Die Vorinstanzen haben keine Feststellungen zum genauen Zeitpunkt der Einreise des Beschwerdeführers in die Schweiz und zu dessen Arbeitsverhältnissen getroffen. Dieser machte im Auslieferungsverfahren geltend, er habe sich vor seiner Verhaftung im Kanton Obwalden legal aufgehalten und dort als Keramiker (Fliesenleger) gearbeitet. Diesfalls stünde ihm ein Aufenthaltsrecht nach Art. 4 FZA i.V.m. Art. 2 Anh. I FZA zu. 
 
5.4. Beim Freizügigkeitsabkommen handelt es sich um ein statisches Abkommen, das auf der Rechtslage (acquis communautaire) im Zeitpunkt seines Abschlusses am 21. Juni 1999 beruht. An nachträglich ergangene Rechtserlasse der EU im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsrechts, wie etwa die Unionsbürgerrichtlinie, ist die Schweiz nicht gebunden (vgl. Art. 16 Abs. 1 FZA; BGE 136 II 65 E. 4.2). Die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens ist zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 2 FZA). Für spätere Urteile des EuGH gilt lediglich ein Beachtungsgebot, um eine möglichst parallele Rechtslage zu gewährleisten. Praxisgemäss weicht das Bundesgericht von der Auslegung abkommensrelevanter unionsrechtlicher Bestimmungen durch den EuGH nur beim Vorliegen triftiger Gründe ab (BGE 144 II 113 E. 4.1; 143 II 57 E. 3.6; 139 II 393 E. 4.1.1; je mit Hinweisen). Dies gilt insbesondere auch für die Rechtsprechung zum unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot von Art. 18 AEUV, das Art. 2 FZA entspricht (vgl. BGE 140 II 364 E. 6.1 mit zahlreichen Hinweisen).  
Im Folgenden ist zunächst die Rechtsprechung des EuGH zur Auslieferung von Unionsbürgern darzustellen, um anschliessend zu prüfen, ob und inwieweit diese für den vorliegenden Fall relevant ist und ob ihr für die Auslegung von Art. 2 FZA zu folgen ist. 
 
5.5. Im Urteil vom 6. September 2016 C-182/15 Petruhhin hielt der EuGH fest, dass die Auslieferungsvorschriften zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fielen; diese müssten jedoch im Anwendungsbereich der durch Art. 21 AEUV verliehenen Freizügigkeit das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gemäss Art. 18 AEUV beachten. Sehe das nationale Recht einen Auslieferungsschutz nur für Inländer vor, sei dies eine Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit, die geeignet sei, die Freizügigkeit der Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der Union zu beeinträchtigen. Zwar sei es ein legitimes Ziel, durch die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen zu verhindern, dass Personen, die eine Straftat begangen hätten, straflos blieben. Dies rechtfertige eine Ungleichbehandlung aber nur insoweit, als dieses Ziel nicht mit weniger einschränkenden Massnahmen erreicht werden könne. Im allgemeinen werde die Nichtauslieferung von eigenen Staatsangehörigen durch die Verpflichtung kompensiert, selbst die Strafverfolgung zu übernehmen, nach der Maxime "aut dedere, aut iudicare " (ausliefern oder verfolgen). Der EuGH erachtete es deshalb als notwendig, den Heimatstaat des Betroffenen über das Auslieferungsersuchen zu informieren, um diesem Gelegenheit zu geben, einen Europäischen Haftbefehl zu Verfolgungszwecken zu erlassen, sofern er nach seinem nationalen Recht für die Verfolgung eigener Staatsangehöriger wegen im Ausland begangener Taten zuständig sei.  
Im Urteil vom 17. Dezember 2020 C-398/19 B.Y. präzisierte der EuGH, dass es genüge, den Heimatstaat über das Auslieferungsgesuch zu informieren. Stelle dieser nicht innerhalb einer angemessenen Frist einen Europäischen Haftbefehl aus, könne der ersuchte Staat die verfolgte Person ausliefern, ohne einen förmlichen Entscheid abwarten zu müssen (anders MARTIN BÖSE, Anmerkung zum Urteil Petruhhin, CML Rev. 2017 1786 ff., insbes. S. 1794, wonach der ersuchende Staat diesfalls prüfen müsse, ob er selbst die Strafverfolgung übernehme).  
Im Urteil vom 2. April 2020 C-897/19 I.N. erachtete der EuGH diese Rechtsprechung auch auf die Auslieferung eines Angehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Freihandelsorganisation EFTA für anwendbar, der von der Freizügigkeit als Dienstleistungsempfänger (Tourist) gemäss Art. 56 AEUV und Art. 36 EWR-Abkommen Gebrauch gemacht habe. Er stützte sich hierfür auf das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 4 EWR-Vertrag.  
 
5.6. Die zitierte Rechtsprechung Petruhhin betrifft die Auslieferung zur Strafverfolgung. Die Auslieferung eines Unionsbürgers an einen Drittstaat zwecks Strafvollstreckung bildete Gegenstand des Urteils vom 13. November 2018 C-247/17 Raugevicius. Dort ging es um die Auslieferung eines litauisch/russischen Doppelbürgers an Russland, der schon lange mit seiner Familie in Finnland lebte; seine zwei Kinder hatten auch die finnische Staatsangehörigkeit.  
Der EuGH erwog, die Nichtauslieferung von eigenen Staatsangehörigen zur Vollstreckung ausländischer Strafurteile werde durch die Möglichkeit ausgeglichen, die im Ausland verhängte Strafe im Inland zu vollziehen. Dies entspreche der Zielsetzung des Europäischen Übereinkommens vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (SR 0.343), die soziale Wiedereingliederung verurteilter Personen zu fördern, indem Ausländern die Möglichkeit gegeben werde, die gegen sie verhängte Sanktion in ihrer Heimat zu verbüssen (Urteil C-247/17 Raugevicius Rn. 37; Urteil C-237/21 Rn. 41 S.M. Rn. 38). Staatsangehörige anderer Unions-Mitgliedstaaten, die ihren ständigen Wohnsitz im ersuchten Staat hätten und somit ein bestimmtes Mass an Integration in dessen Gesellschaft aufwiesen, befänden sich in einer vergleichbaren Situation wie dessen Staatsangehörige (Urteil C-247/17 Raugevicius Rn. 46; so auch Urteil vom 22. Dezember 2022 C-237/21 S.M. Rn. 41). Unter diesen Umständen verlangten die Art. 18 und 22 AEUV, dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, die ihren ständigen Wohnsitz im ersuchten Mitgliedstaat hätten und gegen die ein Auslieferungsersuchen eines Drittstaats zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe vorliege, ihre Strafe unter denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen des ersuchten Mitgliedstaats in diesem Staat verbüssen könnten (Urteil C-247/17 Raugevicius Rn. 47 und 50; bestätigt in Urteil C-237/21 S.M. Rn. 42).  
Im Urteil vom 22. Dezember 2022 C-237/21 S.M. präzisierte der EuGH, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen gemäss dem EAUe und anderen Staatsverträgen zu wahren seien. Der ersuchte Mitgliedstaat sei verpflichtet, sich aktiv um die Zustimmung des ersuchenden Staates zur Übernahme der Strafvollstreckung zu bemühen (Rn. 48 ff.). Stimme dieser jedoch der Verbüssung der Freiheitsstrafe im ersuchten Staat nicht zu, so könne die an sich nach Art. 18 und 22 AEUV gebotene mildere Massnahme nicht angewandt werden. Diesfalls dürfe der ersuchte Staat die betroffene Person in Einklang mit den ihm obliegenden staatsvertraglichen Pflichten ausliefern (Rn. 53 und 56).  
 
5.7. Dem BJ ist einzuräumen, dass die zitierte Rechtsprechung des EuGH vor dem Hintergrund des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl erging, der innerhalb der Europäischen Union das Auslieferungsverfahren ersetzt hat (vgl. ZIMMERMANN, a.a.O., N. 63 S. 53). Materiell stützt sie sich jedoch auf die Garantie der Personenfreizügigkeit und das diesbezügliche Verbot der Diskriminierung nach der Staatsangehörigkeit, weshalb es nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint, Art. 2 FZA entsprechend auszulegen, wenn die verfolgte Person die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union hat, sich in Übereinstimmung mit dem FZA in der Schweiz aufhält und an einen Drittstaat ausgeliefert werden soll.  
Geht es allerdings um die Auslieferung zur Strafvollstreckung, ist die Petruhhin -Rechtsprechung des EuGH, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, nicht einschlägig. Es besteht daher keine Verpflichtung, den EU-Heimatstaat (hier: Bulgarien) zu benachrichtigen. Vielmehr wäre nach der Raugevicius -Rechtsprechung zu prüfen, ob die Schweiz die Strafvollstreckung übernehmen kann.  
 
5.8. Gemäss Art. 37 Abs. 1 IRSG kann die Auslieferung abgelehnt werden, wenn die Schweiz die Verfolgung der Tat oder die Vollstreckung des ausländischen Strafentscheids übernehmen kann und dies im Hinblick auf die soziale Wiedereingliederung des Verfolgten angezeigt erscheint. Rechtskräftige und vollstreckbare Strafentscheide eines andern Staates können nach Art. 94 Abs. 1 IRSG auf dessen Ersuchen in der Schweiz vollstreckt werden, wenn die verurteilte Person in der Schweiz ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich hier wegen einer schweren Tat verantworten muss (lit. a), Gegenstand der Verurteilung eine im Ausland verübte Handlung ist, die, wenn entsprechend in der Schweiz begangen, hier strafbar wäre (lit. b) und die Vollstreckung in der Schweiz insbesondere aus einem der Gründe nach Art. 85 Abs. 1 und 2 IRSG angezeigt oder wenn sie im ersuchenden Staat ausgeschlossen erscheint (lit. c). Die Strafvollstreckung gegenüber einer ausländischen Person mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz kann insbesondere dann übernommen werden, wenn ihre Auslieferung sich nicht rechtfertigen lässt und die Übernahme der Verfolgung im Hinblick auf ihre persönlichen Verhältnisse und ihre soziale Wiedereingliederung angezeigt erscheint (Art. 85 Abs. 2 i.V.m. Art. 94 Abs. 1 lit. c IRSG).  
Das Bundesgericht hatte im Entscheid 1C_214/2019 vom 5. Juni 2019 über die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen an Serbien zu entscheiden, der mit seiner Ehefrau und drei Kindern in der Schweiz arbeitete und wohnte. Serbien hatte nachträglich ein Gesuch um Übernahme der Strafvollstreckung gestellt. Das Bundesgericht hielt fest, dass Art. 37 Abs. 1 IRSG zwar grundsätzlich auf Auslieferungen gemäss EAUe keine Anwendung finde; etwas anderes gelte jedoch, wenn der ersuchende Staat gleichzeitig oder nachträglich um Übernahme der Strafverfolgung oder -vollstreckung ersuche (E. 2.6 mit Hinweisen). Diesfalls sei den Gesichtspunkten von Art. 37 Abs. 1 IRSG und dem (von der Schweiz und Serbien unterzeichneten) Zusatzprotokoll vom 18. Dezember 1997 zum Europäischen Überstellungsübereinkommen (SR 0.343.1) ausreichend Rechnung zu tragen. Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 EMRK gewährleisteten einen grundrechtlichen Anspruch auf Gefängnisbesuche durch engste Familienangehörige (E. 2.6 und E. 2.8), dem beim Entscheid über die stellvertretende Strafvollstreckung Rechnung zu tragen sei und der in Ausnahmefällen sogar die Abweisung des Ausweisungsgesuchs und die Übernahme der Strafvollstreckung ohne förmliches Gesuch des ersuchenden Staats rechtfertigen könne (E. 2.7; BGE 122 II 485, nicht amtlich publ. E. 3e und E. 4). Die Auslieferung an einen Drittstaat bewirke in der Regel einen schweren Eingriff in die Grundrechte der Verfolgten und mache daher eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Parteivorbringen erforderlich (E. 2.10). Die Behörden seien verpflichtet, geeignete Abklärungen zu treffen, z.B. bei den ersuchenden Behörden nachzufragen, ob diese weiterhin am Auslieferungsersuchen festhalten (E. 3.1). 
 
5.9. Dieser Entscheid belegt, dass die Schweiz schon bisher bei der Auslieferung u.a. von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz an einen Drittstaat prüft, ob die Strafvollstreckung im Inland zu übernehmen ist, sofern ein entsprechender Antrag des Urteilsstaats vorliegt, insbesondere wenn die Auslieferung Gefangenenbesuche naher Familienangehöriger verunmöglichen und daher zu einer Verletzung von Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 EMRK führen könnte. Die Rechtsprechung des EuGH i.S. Raugevicius geht insofern weiter, als die Schweiz danach bei allen Auslieferungsgesuchen von Drittstaaten, die EU-Bürger mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz im Anwendungsbereich des FZA betreffen, verpflichtet wäre, sich aktiv um die Zustimmung des ersuchenden Staates zur Übernahme der Strafvollstreckung zu bemühen und ein entsprechendes Gesuch annehmen müsste.  
Ob sich aus Art. 2 FZA eine entsprechende Verpflichtung ableiten lässt, braucht jedoch im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Eine derartige Verpflichtung würde sich allenfalls bei Personen rechtfertigen, die sich aufgrund eines längeren Aufenthalts in der Schweiz und ihrer Integration in die hiesige Gesellschaft in einer mit Inländerinnen und Inländern vergleichbaren Situation befinden (so ausdrücklich der EuGH in den Entscheiden C-247/17, Raugevicius, Rn. 46 und C-237/21 S.M. Rn. 41). Nur in diesen Fällen kann die stellvertretende Strafvollstreckung in der Schweiz die soziale Wiedereingliederung der verurteilten Person fördern.  
Der Beschwerdeführer ist erst seit sehr kurzer Zeit in der Schweiz. Er spricht ausschliesslich serbokroatisch und hat in der Schweiz weder Familienangehörige noch andere enge Kontakte. Bis 2018 lebte er in Serbien; nach seiner Flucht hielt er sich nur kurzfristig in anderen Ländern auf (Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Portugal, Schweden). Insofern ist davon auszugehen, dass der Schwerpunkt seiner persönlichen und sozialen Bindungen weiterhin in Serbien liegt. Jedenfalls unter diesen Umständen besteht keine Verpflichtung der schweizerischen Behörden, sich aktiv um die Zustimmung Serbiens zur stellvertretenden Strafvollstreckung in der Schweiz zu bemühen. 
 
6.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in einem Punkt gutzuheissen: Der Auslieferungsentscheid ist um die Auflage zu ergänzen, dass die zuständige serbische Behörde nach der Auslieferung eine neue Strafe festsetzen muss, unter Berücksichtigung einzig der auslieferungsfähigen Delikte (Wirkstoffe Kokain und Amphetamin). Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen. 
Da dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung bewilligt wurde, sind keine Kosten zu erheben; Rechtsanwältin Luzia Vetterli ist eine Entschädigung (Honorar und Auslagen, insbesondere Dolmetscherkosten) auszurichten. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die Auslieferung an Serbien mit folgender Auflage bewilligt: 
 
"Die zuständige Behörde des ersuchenden Staates muss nach der Auslieferung die Strafe neu festsetzen, unter Berücksichtigung ausschliesslich der Straftaten betreffend Kokain und Amphetamine." 
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Rechtsanwältin Luzia Vetterli wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- ausgerichtet. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Juni 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gerber