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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5D_52/2009 
 
Urteil 6. Mai 2009 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Kantonsgericht St. Gallen, Klosterhof 1, 9011 St. Gallen 
 
Gegenstand 
Entschädigung an die unentgeltliche Rechtsvertreterin (Massnahmen nach Art. 137 ZGB), 
 
Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, vom 9. März 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ (Beschwerdeführerin) ist die (unentgeltliche) Rechtsanwältin von Z.________, die sie in einem Ehescheidungsverfahren vor dem Kreisgericht Rheintal vertritt. Mit Verfügung vom 9. Januar 2009 änderte der zuständige Gerichtspräsident einen vom Eheschutzrichter vor Einleitung des Scheidungsverfahrens erlassenen Eheschutzentscheid ab, reduzierte die vom Vater zu bezahlenden Kinderunterhaltsleistungen und ordnete eine Schuldneranweisung an. 
 
B. 
Dagegen erhob Z.________ Rekurs beim Kantonsgericht St. Gallen. Sie verlangte, das Massnahmengesuch des Ehemanns abzuweisen und die Schuldneranweisung für den unveränderten Kinderunterhalt auszusprechen. Auf Vorschlag des Kantonsgerichts einigten sich die Ehegatten im einzig strittigen Punkt. Das Kantonsgericht genehmigte die getroffene Vereinbarung, hiess die von beiden Parteien nachgesuchte unentgeltliche Rechtspflege für das Rekursverfahren gut, bestellte die Beschwerdeführerin als unentgeltliche Vertreterin von Z.________ und legte die Entschädigung (einschliesslich 4% Barauslagen und 7,6% Mehrwertsteuer) auf Fr. 1'355.-- fest. 
 
C. 
Gegen diesen Entscheid hat die Beschwerdeführerin subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben mit den Anträgen, die Entschädigung für das Rekursverfahren sei auf Fr. 3'122.10 (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzulegen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid auf dem Gebiet des Eheschutzes, der gemäss Art. 72 Abs. 1 i.V. mit Art. 75 Abs. 1 BGG grundsätzlich der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt. Da ausschliesslich der Entschädigungspunkt angefochten wird, dieser den gemäss Art. 74 BGG verlangten Streitwert nicht erreicht und auch - zu recht - nicht behauptet wird, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG), ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 113 BGG gegeben. Zur Verfassungsbeschwerde berechtigt ist, wer am kantonalen Verfahren teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 115 lit. b BGG). Der amtlich bestellte Rechtsanwalt wird für seine Bemühungen direkt vom Staat entschädigt und ist insbesondere nicht befugt, sich von der durch ihn verbeiständeten Partei eine zusätzliche Entschädigung auszahlen zu lassen (BGE 122 I 322 E. 3b S. 325). Somit hat die Beschwerdeführerin ein eigenes rechtlich geschütztes Interesse an der Abänderung des obergerichtlichen Entscheids im Entschädigungspunkt. Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
 
1.2 Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Nach der gemäss Art. 117 BGG auch für dieses Verfahren geltenden Bestimmung von Art. 106 Abs. 2 BGG prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Das bedeutet, dass - entsprechend den altrechtlichen Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG - klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 133 III 393 E. 6 S. 397). 
 
Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt indessen nicht schon dann vor, wenn der angefochtene Entscheid unrichtig ist oder wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, sondern erst dann, wenn der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153 mit Hinweisen; s. auch Urteil 4A_11/2008 vom 22. Mai 2008, E. 2.1). 
 
2. 
2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands erfüllt sind. Umstritten ist ausschliesslich die Höhe der Entschädigung. 
 
2.2 Das Bundesrecht enthält keine Vorschriften über die Höhe der Parteikosten. Auch die nähere Regelung der im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege tätigen Anwälte, einschliesslich deren Entschädigung, ist Sache des kantonalen Rechts (BGE 132 I 201 E. 7.2 S. 205 f.). Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 9, Art. 27 und sinngemäss auch Art. 29 Abs. 3 BV, weil die Entschädigung für das Verfahren vor der Vorinstanz unhaltbar tief festgesetzt worden sei. 
2.3 
2.3.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kommt den Kantonen bei der Bemessung des anwaltlichen Honorars ein weites Ermessen zu. Das Bundesgericht kann folglich nur eingreifen, wenn die kantonalen Bestimmungen, welche den Umfang der Entschädigung umschreiben, in Verletzung von Art. 9 BV willkürlich angewendet werden oder die kantonalen Behörden ihr Ermessen überschreiten oder missbrauchen (BGE 122 I 1 E. 3a). Darüber hinaus kann die Festsetzung eines Honorars aufgehoben werden, wenn sie ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu der vom Anwalt geleisteten Arbeit steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst (BGE 118 Ia 133 E. 2b). Bei der Beurteilung einer konkreten Honorarfestsetzung ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, mithin insbesondere auf die Bedeutung und Schwierigkeit der Sache sowie auf die damit für den Anwalt verbundene Verantwortung und die von ihm in gebotener Weise aufgewendete Zeit (BGE 117 Ia 22 E. 3a; 122 I 1 E. 3a). 
2.3.2 Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin rechne nach Zeitaufwand ab, was in einem nicht aussergewöhnlich aufwändigen Fall unzulässig sei (Art. 10 HonO). Bei vorsorglichen Massnahmen werde das Honorar in Form eines prozentualen Zuschlags von 10 bis 40% zur pauschalen Grundgebühr berechnet, welche maximal Fr. 7'500.-- betrage (Art. 20 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 HonO). Davon könne im schriftlichen Rechtsmittelverfahren höchstens die Hälfte gefordert werden (Art. 26 lit. a HonO). Bei unentgeltlicher Vertretung werde das Honorar sodann um einen Fünftel herabgesetzt (Art. 31 Abs. 3 AnwG). Demnach könne die Entschädigung einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer Fr. 1'355.-- nicht übersteigen. 
2.3.3 Die Beschwerdeführerin rügt nicht, das Kantonsgericht habe die anwendbaren kantonalen Bestimmungen willkürlich angewendet, sodass die Beschwerde unter dem Blickwinkel von Art. 29 Abs. 3 BV geprüft wird. 
 
Demgegenüber trägt sie vor, sie habe mit ihrer Mandantin den Entscheid des Kreisgerichts Rheintal vom 9. Januar 2009 besprochen, die Rekursschrift verfasst, die Rekursantwort studiert und ihrer Mandantin erläutert, aufgrund neuer, vom Ehemann geltend gemachten Tatsachen einen nachträgliche Eingabe verfasst, Telefonate mit der Kantonsgerichtsschreiberin und eine Besprechung mit ihrer Mandantin ein Gespräch über den Inhalt eines Vergleichs geführt, den vorgeschlagenen Vergleich kontrolliert und unterzeichnet, die Parteikostennote erstellt und das Dossier mit dem Studium des Entscheids abgeschlossen. Mit den geltend gemachten knapp vierzehn Stunden habe sie keinen unnötigen Aufwand betrieben und die Eingaben, Besprechungen etc. mit normalem Zeitaufwand erledigt. Die zugesprochene Entschädigung führe - nach Abzug der Mehrwertsteuer und Barauslagen - zu einem Stundensatz von Fr. 85.85, was im Lichte von BGE 132 I 201, aus welchem hervor gehe, dass die von unentgeltlichen Anwälten geleisteten Stunden mit nicht weniger als Fr. 180.-- entschädigt werden dürfen, verfassungswidrig sei. 
2.3.4 Ausgehend von dem von der Beschwerdeführerin beanspruchten Stundenansatz von Fr. 200.-- billigt die Vorinstanz dieser ein Honorar zu, das sechs Stunden entspricht. Geht man von einem verfassungsrechtlich noch gerade nicht willkürlich tiefen Stundenansatz von Fr. 180.-- aus, sind mit dem zugesprochenen Honorar knapp sieben Stunden entschädigt. 
 
Die Beschwerdeführerin setzt allerdings nicht auseinander, inwiefern sich das Rekursverfahren mit einem Zeitaufwand in der Grössenordnung von ca. sieben Stunden nicht mit der nötigen Sorgfalt anwaltlich bearbeiten lasse, die Entschädigung folglich eindeutig zu tief und sachlich nicht mehr vertretbar sei. Insoweit kann auf die Beschwerde mangels hinreichender Substanziierung nicht eingetreten werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
Selbst wenn auf diese Rüge einzutreten wäre, erwiese sie sich als unbegründet, denn: Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass im Rekursverfahren der Sachverhalt weitestgehend bekannt war, sich keine in Literatur und Rechtsprechung schwer zugänglichen Probleme stellten, der Aufwand für die Abfassung der Rekursschrift (ohne ausgewiesenes Rechts- und Literaturstudium) mit fünf Stunden übersetzt erscheint, dasselbe auch für die mit gut vier Stunden (einschliesslich Besprechungen) veranschlagte nachträgliche Eingabe gilt, die insgesamt fast drei Stunden Klientenbesprechungen überhöht erscheinen und schliesslich das der Vorinstanz eingereichte Stundenblatt eine Position enthält, die klarerweise mit dem Honorar des erstinstanzlichen Verfahrens abgegolten ist (Besprechung des erstinstanzlichen Urteils, Instruktion), hält das von der Vorinstanz zugesprochene Honorar unter Berücksichtigung des weiten Ermessens, das den kantonalen Behörden bei der Honorarfestsetzung zusteht, gerade noch vor der Verfassung (Art. 9 BV) Stand. 
 
2.4 Weiter rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Rechtsgleichheit gemäss Art. 8 BV, indem das System, wonach in gewissen Prozessen pauschal abgerechnet werde und in anderen nach Zeitaufwand, dieselbe (anwaltliche) Leistung, die grundsätzlich als gleichwertig zu gelten habe, unterschiedlich entschädigt werde. 
 
Pauschalisierte Entschädigungen unentgeltlicher Anwälte sind nicht per se verfassungswidrig (s. z.B. Urteil 5P.298/2006 vom 16. Januar 2007, E. 5.5). Die Grenzen der pauschalen Abgeltung der anwaltlichen Leistung liegen darin, dass diese nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur geleisteten notwendigen Arbeit stehen darf (s. dazu auch E. 2.3 oben). Solange die kantonalen Behörden die pauschalisierte Entschädigung für alle unentgeltlichen Anwälte und für die gleichen Verfahren anwenden, ist keine Ungleichbehandlung erkennbar. Die Beschwerdeführerin macht nichts Gegenteiliges geltend, sodass sich die Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit als unbegründet erweist. 
 
3. 
Nach dem Gesagten ist die Verfassungsbeschwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 6. Mai 2009 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Hohl Schett