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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_567/2022  
 
 
Urteil vom 12. Juni 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Kölz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco S. Marty, 
 
gegen  
 
Martin Ochsner, Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, 3. Abteilung, 
Bahnhofstrasse 4, Postfach 128, 8832 Wollerau, 
Verfahrensbeteiligter. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Ausstand, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss vom 3. Oktober 2022 des Kantonsgerichts Schwyz (BEK 2022 118). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen betrügerischen Konkurses und Pfändungsbetrugs. Am 29. Juli 2022 stellte der Beschuldigte ein Ausstandsgesuch gegen den Verfahrensleiter, Staatsanwalt Martin Ochsner, welches das Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss vom 3. Oktober 2022 abwies, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Gegen den Entscheid des Kantonsgerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 7. November 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt im Hauptstandpunkt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Gutheissung des Ausstandsgesuches. 
Das Kantonsgericht verzichtete am 14. November 2022 auf eine Vernehmlassung. Der vom Ausstandsgesuch betroffene Staatsanwalt und die Leitende Staatsanwältin beantragen mit Stellungnahme vom 24. November 2022 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten wäre. Mit Verfügung vom 29. November 2022 wies das Bundesgericht das Begehren um aufschiebende Wirkung der Beschwerde und um Erlass vorsorglicher Massnahmen ab. Der Beschwerdeführer replizierte am 16. Dezember 2022. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. bzw. Art. 92 Abs. 1 BGG sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
 
2.  
Die Vorinstanz erwägt im Wesentlichen Folgendes: Der Beschwerdeführer habe sein Ausstandsgesuch vom 29. Juli 2022 insbesondere damit begründet, dass der verfahrensleitende Staatsanwalt ein Gesuch des Privatklägers um unentgeltliche Rechtspflege mit Verfügung vom 2. Juni 2022 gutgeheissen habe. Das Ausstandsgesuch sei aber erst knapp zwei Monate nach der beanstandeten Verfügung und damit verspätet gestellt worden. Daran ändere weder die Tatsache etwas, dass der Staatsanwalt in einem Schreiben vom 1. Juli 2022 nochmals bestätigt habe, er sehe auch im Falle eines Wiedererwägungsgesuches des Beschwerdeführers keinen Anlass, auf seine Verfügung zurückzukommen, noch, dass dieser sich für seinen rechtlichen Standpunkt betreffend unentgeltliche Rechtspflege an die Privatklägerschaft auf einen Entscheid vom 25. Juli 2022 des Einzelrichters am Bezirksgericht Höfe berufen habe. Insofern sei auf das Ausstandsgesuch nicht einzutreten. 
Abgesehen davon sei die Befangenheit eines staatsanwaltlichen Untersuchungsleiters nicht leichthin anzunehmen. Der Beschwerdeführer habe auch keine besonders krassen oder ungewöhnlich häufigen Fehlleistungen der Verfahrensleitung dargetan, weshalb das Ausstandsgesuch jedenfalls abzuweisen sei. Er habe geltend gemacht, die staatsanwaltliche Verfügung vom 2. Juni 2022 widerspreche dem Entscheid vom 25. Juli 2022 des Einzelrichters am Bezirksgericht Höfe, in welchem der Privatklägerschaft für ein Arrestverfahren die unentgeltliche Rechtspflege verweigert worden sei. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an die Privatklägerschaft beruhe auf einer Beurteilung von Voraussetzungen, die nichts mit der Person des Beschwerdeführers zu tun hätten. Diesem stünden im diesbezüglichen Verfahren betreffend unentgeltliche Rechtspflege auch keine Mitwirkungsrechte zu, weshalb die streitige Verfügung keinen Ausstandsgrund nach sich ziehen könne. Auch die Kritik, wonach der Staatsanwalt die Strafsache "nicht prioritär behandelt" habe, begründe keinen Verfahrensfehler und keinen Anschein von Befangenheit. Analoges gelte für die Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei ihm zu Unrecht die Akteneinsicht verweigert worden, und für seine Kritik an Beschlagnahme- und Editionsverfügungen der Staatsanwaltschaft. Dass der Untersuchungsleiter die zuständige Behörde im hängigen Einbürgerungsverfahren des Beschwerdeführers, auf deren Anfrage hin, über den Stand der Strafuntersuchung informiert habe, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. 
 
3.  
 
3.1. Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Justizpersonen sind in Art. 56 StPO geregelt. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Organe der Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Von den in Art. 56 lit. a-e StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen (persönliches Interesse an der Strafsache, Vorbefassung in anderer Stellung, persönliche Beziehung zu Parteien usw.), tritt in den Ausstand, wer aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (Art. 56 lit. f StPO).  
Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat; die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (Art. 58 Abs. 1 StPO). Nach der Praxis des Bundesgerichtes sind Ausstandsgründe in der Regel innert etwa einer Woche geltend zu machen; ein Zuwarten während mehrerer Wochen ist hingegen grundsätzlich nicht zulässig (Urteile 1B_149/2019 vom 3. September 2019 E. 2.3 und E. 3.2; 1B_357/2013 vom 24. Januar 2014 E. 5.3.3; 1B_499/2012 vom 7. November 2012 E. 2.3; je mit Hinweisen). 
 
3.2. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, ist Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters (Art. 56 lit. f StPO) nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3; 125 I 119 E. 3e; 115 Ia 400 E. 3b; Urteile 1B_118/2021 vom 13. Juli 2021 E. 3.2; 1B_149/2019 vom 3. September 2019 E. 2.2; 1B_535/2018 vom 16. April 2019 E. 3; 1B_375/2017 vom 7. Februar 2018 E. 2; je mit Hinweisen). Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (vgl. BGE 143 IV 69 E. 3.2; 114 Ia 153 E. 3b/bb; je mit Hinweisen).  
 
4.  
Es kann offenbleiben, ob und inwieweit der Beschwerdeführer das Ausstandsgesuch verspätet gestellt hat und das Gesuch schon deshalb von der Vorinstanz abschlägig behandelt werden durfte. Deren Ansicht, überdies habe er auch keine Befangenheit des Staatsanwaltes dargetan, hält vor dem Bundesrecht stand: 
 
4.1. Der Beschwerdeführer legt auch vor Bundesgericht nicht nachvollziehbar dar, weshalb es sich bei der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an die Privatklägerschaft um einen krassen Verfahrensfehler handeln sollte, der für ihn nachteilige rechtliche Folgen hätte. Ebenso wenig erklärt er, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Verfügung vom 2. Juni 2022 oder in ihrem Schreiben vom 1. Juli 2022 bereits einem (in Bezug auf die unentgeltliche Rechtspflege anderslautenden) arrestrechtlichen Entscheid vom 25. Juli 2022 hätte Rechnung tragen können und müssen. Dass die Verfahrensleitung des Strafverfahrens bei ihrer damaligen Prüfung der Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege an den Privatkläger nicht zum selben Resultat gelangt sei wie der Einzelrichter des Bezirksgerichts Höfe knapp zwei Monate später in einem Arrestverfahren, begründet per se keine prozessuale Fehlleistung der Staatsanwaltschaft. Daran ändern auch die Vorbringen des Beschwerdeführers nichts, die Privatklägerschaft sei nicht mittellos und die Staatsanwaltschaft habe sich geweigert, "auf einen (gerichtlich bestätigten) falschen Entscheid zurückzukommen".  
Analoges gilt für die appellatorische Kritik des Beschwerdeführers an einer Verweigerung der Akteneinsicht im Untersuchungsverfahren oder an den Beschlagnahme- und Herausgabeverfügungen der Staatsanwaltschaft. Zum einen stand ihm diesbezüglich der Beschwerdeweg nach Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO offen. Zum anderen legt er keine Umstände dar, die eine vorläufige Verweigerung der Akteneinsicht im Untersuchungsverfahren (Art. 101 Abs. 1 StPO) oder die verfügten Beschlagnahmen und Editionen als rechtsfehlerhaft erscheinen liessen. Er führt nicht einmal aus, wann er Akteneinsicht verlangt und mit welcher Begründung die Staatsanwaltschaft diese (angeblich) verweigert habe, oder weshalb er die genannten Zwangsmassnahmen als unrechtmässig ansieht. 
Ebenso wenig legt der Beschwerdeführer schlüssig dar, dass die Strafuntersuchung ungebührlich verschleppt worden wäre oder dass der verfahrensleitende Staatsanwalt rechtswidrig gehandelt hätte, indem er die im hängigen Einbürgerungsverfahren des Beschwerdeführers zuständige Migrationsbehörde, auf deren Anfrage hin, über den Stand der Strafuntersuchung orientierte. Der Beschuldigte spricht zwar pauschal von einer drohenden "ungebührlichen Länge" des Strafverfahrens, sagt aber nicht, welche konkreten Verfahrenshandlungen über Gebühr verzögert worden wären. Dass das Strafverfahren sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auch auf den Fortgang und das Resultat seines hängigen Einbürgerungsverfahrens auswirken könnte, ist nicht den Behörden anzulasten. Seine Behauptung, der Staatsanwalt habe "das Migrationsamt aufgefordert", ihm, dem Beschwerdeführer, "nichts über ein Strafverfahren mitzuteilen, das Migrationsverfahren aber zu sistieren", belegt weder einen Ausstandsgrund noch den Vorwurf, die Vorinstanz habe willkürliche entscheiderhebliche Tatsachenfeststellungen getroffen. 
Analoges gilt für die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bereits entkräftet und entsprechende Dokumente eingereicht, die Staatsanwaltschaft interessiere sich jedoch nicht dafür. Der blosse Umstand, dass der verfahrensleitende Staatsanwalt derzeit von einem Tatverdacht für betrügerischen Konkurs und Pfändungsbetrug ausgeht und die Auffassung vertritt, die Einwendungen des Beschuldigten liessen die sich aus der Strafanzeige und den bisherigen Untersuchungshandlungen ergebenden Verdachtsgründe nicht ohne weiteres dahinfallen, begründet keinen Anschein von Befangenheit. 
Besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Verfahrensfehler des betroffenen Staatsanwaltes oder andere gesetzliche Ausstandsgründe werden vom Beschwerdeführer nicht dargetan. Damit erweisen sich seine Rügen der Verletzung von Art. 56 StPO und des Willkürverbotes als nicht stichhaltig. 
 
4.2. Die in der Beschwerdeschrift auch noch beiläufig erhobene Rüge der Verletzung der richterlichen Begründungspflicht ist ebenfalls unbegründet, soweit sie überhaupt ausreichend substanziiert erscheint (vgl. Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Den Erwägungen des angefochtenen Entscheides (vgl. oben, E. 2) lassen sich die wesentlichen Gründe entnehmen, weshalb die Vorinstanz das Ausstandsbegehren abwies, soweit sie darauf eintrat. Dabei musste sie sich nicht mit sämtlichen Vorbringen des Beschwerdeführers ausdrücklich und im Einzelnen auseinandersetzen. Dieser legt denn auch nicht dar, inwiefern die Begründung des angefochtenen Entscheides es ihm faktisch verunmöglicht hätte, den Beschwerdeweg ans Bundesgericht wirksam zu beschreiten.  
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. 
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Schwyz schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Juni 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Müller 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster