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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_16/2023  
 
 
Urteil vom 4. September 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Gerhard Hofmann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG), Direktionsbereich Strafverfolgung, 
Taubenstrasse 16, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Einfuhrabgaben, Abgabeperiode 2016, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 22. November 2022 (A-1872/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ AG mit Sitz in U.________/ZH bezweckt insbesondere die Fabrikation, den Export/Import, den Handel und den Vertrieb von Lebensmitteln aller Art sowie von Wein, Bier, Obstwein, Schaumwein, Spirituosen und gebrannten Wassern. Sie verfügt über eine Vertriebsstelle in V.________/GE.  
 
A.b. Am 24. Januar 2017 wurde ein Fahrzeug nach dem Grenzübertritt in Ligornetto/TI von der Grenzwache angehalten und einer Zollkontrolle unterzogen. Die Grenzwache hatte den Fahrer, B.________, der von seiner Frau begleitet wurde, schon früher mit einem anderen Fahrzeug bei der Grenze in Novazzano/TI bemerkt. Bei der Kontrolle entdeckte die Grenzwache 507.8 kg aus Italien importierte und nicht zur schweizerischen Zollbehandlung angemeldete Lebensmittelprodukte (Fleisch und Käse). B.________ war Inhaber der Einzelfirma "C.________" mit Sitz in W.________/TI, die vom ggg September 2014 bis am hhh Oktober 2019 (Löschung) im Handelsregister des Kantons Tessin eingetragen war. Sie bezweckte unter anderem den Handel und den Vertrieb von Lebensmitteln und Konsumgütern.  
 
A.c. Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV; seit dem 1. Januar 2022: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG), Zollkreisdirektion Lugano, Sektion Zollfahndung (seit dem 1. Januar 2022: Direktionsbereich Strafverfolgung des BAZG, Zollfahndung Süd) leitete eine Zollstrafuntersuchung ein. Diese führte zur Feststellung, dass B.________ und seine Frau zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 24. Januar 2017 (Zeitpunkt der Zollkontrolle) 30'905.10 kg Käse und Fleischwaren ohne Zollanmeldung und ohne Einfuhrsteuer (Zoll von Fr. 262'084.80 und Einfuhrsteuer von Fr. 18'737.-) aus Italien in die Schweiz importiert hatten. Diese in Italien gekauften italienischen Spezialitäten wurden hauptsächlich importiert, um Schweizer Kunden zu beliefern, die entweder direkt bei der Einzelfirma in W.________ oder über einen ihrer drei Vertreter, die jeweils eine Sprachregion abdeckten, bestellt worden waren. Die A.________ AG in U.________ und ihre Vertriebsstelle in V.________ bestellten separat bei der D.________ Sàrl mit Sitz in X.________/VD (seit dem 13. April 2021; vormals: Y.________/VD). Die D.________ Sàrl leitete dann die Bestellungen an die Einzelfirma von B.________ weiter. Die Lebensmittel wurden jeweils direkt nach U.________ und V.________ geliefert. Die von der Einzelfirma ausgestellten Rechnungen wurden jeweils separat von der A.________ AG, der Vertriebsstelle und der D.________ Sàrl beglichen.  
Aus der Prüfung der Buchhaltung der Einzelfirma von B.________ ergab sich, dass die A.________ AG im fraglichen Zeitraum Waren aus Italien bestellt, bezahlt und geliefert bekommen hatte, die zu keinem Zeitpunkt der gesetzlich vorgeschriebenen Zollbehandlung unterzogen worden waren. Die EZV (bzw. das BAZG) stützte sich auf folgende acht Rechnungen betreffend die Vertriebsstelle der A.________ AG in V.________: Nr. iii vom 24. Januar 2016, Nr. jjj vom 23. Februar 2016, Nr. kkk vom 19. April 2016, Nr. lll vom 4. Juli 2016, Nr. mmm vom 23. August 2016, Nr. nnn vom 25. Oktober 2016, Nr. ooo vom 17. Oktober 2016 und Nr. ppp vom 25. November 2016. Diese Rechnungen betrafen 5'041.3 kg italienische Fleischwaren (u.a. Rohschinken) mit einem Wert von Fr. 84'693.84. 
 
B.  
Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs verpflichtete die EZV (bzw. das BAZG) die A.________ AG mit Verfügung vom 19. März 2021 zur Bezahlung von Fr. 56'795.30, bestehend aus Zoll in Höhe von Fr. 47'136.15, Einfuhrsteuer zu 2.5 % in Höhe von Fr. 3'295.75 sowie Verzugszinsen in Höhe von Fr. 6'363.40. Eine Beschwerde hiergegen wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. November 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 12. Januar 2023 beantragt die A.________ AG die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2022 und der Nachforderungsverfügung des BAZG vom 19. März 2021. 
Das Bundesgericht hat die Akten eingeholt, ohne einen Schriftenwechsel anzuordnen (Art. 102 Abs. 1 BGG). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Als Endentscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts unterliegt das angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nach Art. 82 lit. a in Verbindung mit Art. 86 Abs. 1 lit. a und Art. 90 BGG der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Die Beschwerdeführerin ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Sie hat ihre Beschwerde formgerecht und rechtzeitig eingereicht (Art. 42 und 100 Abs. 1 BGG). Unzulässig ist ihre Beschwerde indessen, soweit sie die Aufhebung der Nachforderungsverfügung des BAZG (bzw. der EZV) vom 19. März 2021 begehrt. Diese ist nämlich im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgegangen und gilt insoweit als mitangefochten (Devolutiveffekt; BGE 134 II 142 E. 1.4; Urteil 9C_229/2023 vom 20. Juli 2023 E. 1.1). Im Übrigen ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2.  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang zudem entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Eine entsprechende Rüge ist hinreichend zu substanziieren (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2). 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin anerkennt die rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz zur Nachleistungspflicht gemäss Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) und den solidarisch haftenden Nachleistungspflichtigen gemäss Art. 12 Abs. 2 VStrR. Sie macht jedoch geltend, die Vorinstanz habe in diesem Zusammenhang den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. 
 
3.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass das BAZG diejenigen Waren "aus dem Verfahren ausgeschlossen" habe, die B.________ verzollt habe. Für den Nachweis der Identität der importierten und gelieferten Waren habe sich das BAZG insbesondere auf acht Rechnungen gestützt, die zwischen dem 24. Januar und dem 25. November 2016 an die Beschwerdeführerin adressiert gewesen seien, sowie auf Produkte, die von B.________ geliefert worden seien. Es sei erstellt und lasse sich nicht bestreiten, dass diese Fleischprodukte vorgängig von B.________ über die Grenze gebracht worden seien (vgl. angefochtenes Urteil E. 5.3.2).  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen, es sei nicht genügend nachgewiesen worden, dass die ihr im Rahmen der streitbetroffenen Lieferungen zugeführten Produkte nicht ordnungsgemäss verzollt gewesen seien. Es habe schliesslich auch verzollte Produkte gegeben. Wie das BAZG diese verzollten Produkte ausgeschlossen habe, sei unklar.  
 
3.3. Die Vorinstanz hat der Unterinstanz folgend angenommen, dass anhand der Rechnungen überprüft werden könne und worden sei, ob die gelieferten Produkte ordnungsgemäss verzollt worden seien (vgl. auch Verfügung der EZV vom 19. März 2021 S. 3; Stellungnahme der EZV vom 24. Juni 2021 Rz. 15). Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist es ohne Weiteres plausibel, dass die auf den Rechnungen enthaltenen Informationen zu den Lieferungen (Mengen, Daten, etc.) einen solchen Abgleich erlauben. Umgekehrt bringt die Beschwerdeführerin keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die ihr gelieferten Produkte ordnungsgemäss verzollt gewesen sein könnten. Unter diesen Umständen lässt sich die tatsächliche Würdigung der Vorinstanz jedenfalls nicht als offensichtlich unrichtig bezeichnen. Sie hält also der bundesgerichtlichen Überprüfung stand und ist für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
4.  
Die Beschwerdeführerin rügt - neben der offensichtlich unrichtigen bzw. willkürlichen (Art. 9 BV) Feststellung des Sachverhalts - ausdrücklich keine Rechtsverletzungen nach Art. 95 f. BGG. Da das angefochtene Urteil jedenfalls nicht an offensichtlichen Rechtsmängeln leidet, erübrigen sich Weiterungen in dieser Hinsicht (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.5). 
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet, da das BAZG nicht Stellung zu nehmen brauchte und ohnehin keinen Anspruch auf Parteientschädigung hat (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. September 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler