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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_310/2011 
 
Urteil vom 10. November 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Stockwerkeigentümergemeinschaft Y.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch die Z.________AG, 
 
gegen 
 
X.________AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Benz, 
 
Gemeinde Davos, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Otmar Bänziger. 
 
Gegenstand 
Baueinsprache, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 22. Februar 2011 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 
5. Kammer. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die X.________AG stellte am 29. April 2010 ein Baugesuch für die Errichtung von zehn Busparkplätzen auf der Parzelle Nr. 263 in Davos Platz. Dieses Grundstück, das sich in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" befindet, umfasst eine Fläche von 5'524 m2 und gehört der Q.________ Organisation, welche das Baugesuch mitunterzeichnet hat. In einer Distanz von 500 respektive 800 m (Luftlinie) zur Parzelle befinden sich die Sesselbahn W.________ bzw. die Talstation der V.________bahn. Beide Bahnen werden von X.________AG betrieben und es ist vorgesehen, dass Tagesgäste, welche die Busse benutzen, den Weg vom Parkplatz zu den Bahnen zu Fuss zurücklegen. 
Gegen das geplante Vorhaben erhoben zahlreiche Nachbarn Einsprache. Am 12. Oktober 2010 erteilte der Kleine Landrat der Gemeinde Davos die Baubewilligung und wies die Einsprachen ab. 
Am 19. November 2010 reichte die Stockwerkeigentümergemeinschaft Y.________ dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ein. Am 21. Februar 2011 führte eine Delegation des Verwaltungsgerichts in Anwesenheit der Parteien einen Augenschein vor Ort durch. Mit Urteil vom 22. Februar 2011 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Stockwerkeigentümergemeinschaft Y.________ ab. 
 
B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 13. Juli 2011 beantragt die Stockwerkeigentümergemeinschaft Y.________ die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2011 und stellte gleichzeitig ein Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Dieses Gesuch wies der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 1. September 2011 ab. 
Die X.________AG, die Gemeinde Davos und das Verwaltungsgericht beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. In ihrer abschliessenden Stellungnahme vom 6. Oktober 2011 hält die Stockwerkeigentümergemeinschaft Y.________ an ihrem Standpunkt fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251). Die beschwerdeführende Stockwerkeigentümergemeinschaft Y.________ ist Adressatin des angefochtenen Entscheids. Das Mehrfamilienhaus Y.________ grenzt direkt an das Gelände des geplanten Busparkplatzes. Die Stockwerkeigentümer sind als Nachbarn durch den angefochtenen Entscheid damit besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG; vgl. auch Bernhard Waldmann, Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 89 BGG). 
 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt, das Bauvorhaben sei nicht zonenkonform. Die Bauparzelle befinde sich in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen", in welcher nur Bauten und Anlagen errichtet werden dürften, die öffentlichen Interessen dienen. Der geplante Parkplatz sei nicht für jedermann zugänglich, sondern stehe exklusiv den Bussen der Beschwerdegegnerin zur Verfügung. Er diene damit nicht dem Allgemeinwohl. Ein Busparkplatz für ein privates Unternehmen gehöre in die "Zone für touristische Infrastruktur" oder in eine Gewerbezone; in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" hingegen sei eine solche private Nutzung unzulässig. Zudem befinde sich der Parkplatz in beträchtlicher Distanz zu den beiden von der Beschwerdegegnerin betriebenen Bergbahnen, sodass geeignetere Standorte bestünden. 
 
2.2 Die Vorinstanz hat erwogen, in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" seien nicht einzig öffentliche Bauten, sondern auch Bauten und Anlagen, die den öffentlichen Interessen dienen, zulässig. Auch wenn der Parkplatz ausschliesslich den Bussen der Beschwerdegegnerin als privater Bergbahnunternehmung zur Verfügung stehe, liege ein Busparkplatz in einer ausgesprochenen Tourismusdestination wie Davos mit vielen Tagesgästen bzw. Ski- und Schneesportlern von auswärts im öffentlichen Interesse. 
 
2.3 Gemäss Art. 28 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden vom 6. Dezember 2004 (KRG/GR; BR 801.100) sind "Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen" für öffentliche oder öffentlichen Interessen dienende Bauten und Anlagen bestimmt. Untergeordnete private Nutzungen sind zulässig, wenn sie mit zonenkonformen Bauten baulich verbunden sind. Gemäss Art. 29 Abs. 1 KRG/GR sind "Zonen für touristische Einrichtungen" für touristische Bauten und Anlagen wie Sport- und Freizeitanlagen, Verpflegungs- und Verkaufsstätten sowie Service-Stationen im Bereich von Tal-, Mittel- und Bergstationen touristischer Transportanlagen bestimmt. 
Ergänzend wird auf kommunaler Ebene in Art. 67 Abs. 1 des Baugesetzes der "Landschaft Davos Gemeinde" vom 4. März 2001 (BauG/ Davos) bestimmt, dass in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" nur Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die öffentlichen Interessen dienen. Gemäss Art. 64 BauG/Davos ist die "Zone für touristische Infrastruktur" für Infrastrukturbauten und -anlagen mit touristischer Zwecksetzung, wie touristische Transportanlagen, Parkierungsanlagen und Sportanlagen, bestimmt. 
 
2.4 Bauten und Anlagen im öffentlichen Interesse sind Bauwerke, die - ungeachtet ihres Eigentümers - im weitesten Sinn Aufgaben des modernen Leistungs- und Sozialstaats wahrzunehmen helfen. Zu denken ist an Schulhäuser, Spitäler, öffentliche Verwaltungsgebäude, Alters- und Pflegeheime usw. aber auch an Bauten privater Bauherren, wie etwa Schwimmbäder, Tennisanlagen, Schrebergärten und Pfadfinderheime (vgl. Ernst Kistler/René Müller, Baugesetz des Kantons Aargau, 2. Aufl., 2002, § 15 N. 40). Voraussetzung ist, dass die Bauten grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich sind. Allerdings ist es durchaus möglich, dass der öffentliche Zugang rechtlich oder faktisch (infolge Platzknappheit) eingeschränkt werden kann. Das Kriterium der Allgemeinzugänglichkeit bedeutet mithin nicht, dass eine Anlage, um im öffentlichen Interesse zu stehen, schlechthin jedermann zur Verfügung zu stehen hat. So liess es das Bundesgericht im Urteil 1P.498/2000 vom 29. März 2001 genügen, dass der Beitritt zu einem Tennisclub finanziell verhältnismässig günstig war und die Tennisanlage darüber hinaus in beschränktem Umfang auch von Nicht-Mitgliedern benutzt werden konnte. Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht mit Urteil 1A.96/2002 vom 12. Februar 2003 bestätigt. In jenem Fall war die Zonenkonformität eines Fussballclubhauses zu beurteilen. Das Bundesgericht erwog, das geplante Clubhaus werde während den Fussballspielen auch dem interessierten Publikum offen stehen, womit jene Form von Allgemeinzugänglichkeit bestehe, die im Hinblick auf das öffentliche Interesse zu fordern sei (E. 3.4). 
 
2.5 Vorliegend hat sich das Bundesgericht erstmals mit der Zonenkonformität eines Busparkplatzes in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" zu befassen. Parkplätze sind in der Regel als Annex-Anlagen in dienender Funktion eng mit der (Haupt-) Baute verknüpft. Liegt diese im öffentlichen Interesse, so sind auch die dazu gehörigen Abstellplätze grundsätzlich als zonenkonform einzustufen. Im öffentlichen Interesse liegen auch Parkplätze für den öffentlichen Verkehr. Ebenso sind die der Förderung der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel dienenden Abstellplätze nach dem "Park and Ride-System" in einer "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" im Grundsatz zulässig. In dieser Zone ist schliesslich auch die Realisierung eines Parkhauses möglich, dem zwar ein sachlicher Zusammenhang zu einer (Haupt-)Baute fehlt, das aber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (vgl. zum Ganzen Daniel Gsponer, Die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen, Diss. Zürich 2000, S. 85). 
 
2.6 An der Ausübung von Wintersport besteht durchaus ein öffentliches Interesse, weshalb an sich auch ein ausreichendes Angebot an Parkplätzen vom öffentlichen Interesse gedeckt ist. Die fragliche Parzelle mit den geplanten Abstellplätzen befindet sich jedoch nicht am Standort der beiden Bergbahnen der Beschwerdegegnerin, sondern in einem beträchtlichen Abstand von rund 500 bzw. 800 m (Luftlinie), weshalb nicht von einer Annex-Anlage gesprochen werden kann. Ebenso wenig steht die Einhaltung eines öffentlichen Verkehrskonzepts in Frage. Die Parkplätze sollen exklusiv den Bussen der Beschwerdegegnerin als privater Bergbahnunternehmung zur Verfügung stehen und dürfen weder von den öffentlichen Verkehrsbetrieben noch von der Allgemeinheit benutzt werden. Eine solche Ausgestaltung aber ist mit dem Erfordernis der Allgemeinzugänglichkeit offensichtlich unvereinbar. 
Das Bauvorhaben ist damit in der geplanten Form in der "Zone für öffentliche Bauten und Anlagen" - anders als in der "Zone für touristische Infrastruktur" - nicht zulässig. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin. 
 
3. 
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen ist, soweit darauf einzutreten ist. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Baubewilligung zu verweigern (Art. 107 Abs. 2 BGG). Die Sache ist zu neuem Entscheid im Kostenpunkt an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der unterliegenden Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 133 III 439 E. 4 S. 446 mit Hinweis). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 22. Februar 2011 wird aufgehoben und die ihm zugrunde liegende Baubewilligung verweigert. Die Angelegenheit wird zu neuem Entscheid im Kostenpunkt ans Verwaltungsgericht zurückgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Davos und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 5. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 10. November 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner