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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_871/2023  
 
 
Urteil vom 28. August 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Erster Staatsanwalt, 
Rohanstrasse 5, 7000 Chur, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch (grobe Verletzung der Verkehrsregeln); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts von Graubünden, I. Strafkammer, vom 24. Mai 2023 
(SK1 23 8). 
 
 
Die Präsidentin zieht in Erwägung:  
 
1.  
Gemäss Anklage vom 31. Juli 2020 soll der Beschwerdeführer als Lenker des Ferrari 448 6TB während eines Überholvorgangs am 14. August 2019 das Signal "Überholen verboten" sowie die am Boden markierte Sperrfläche missachtet und das Überholmanöver erst nach dem Ende der überfahrenen Sperrfläche auf der linken Gegenfahrbahn abgeschlossen haben. 
In der polizeilichen Einvernahme vom 14. August 2019 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, das Fahrzeug selbst gelenkt zu haben. Hingegen bestritt er seine Lenkerschaft sowohl an der staatsanwaltschaftlichen Konfrontationseinvernahme vom 22. Juni 2020 als auch im erstinstanzlichen Verfahren. Nicht er, sondern sein Vater sei am Steuer des Fahrzeugs gesessen, was dieser am 25. Mai 2021 in einer rechtshilfeweise vorgenommenen Einvernahme auch bestätigt hat. 
Das Regionalgericht Plessur verurteilte den Beschwerdeführer am 23. November 2021 unter Auflage der Verfahrenskosten wegen grober Verkehrsregelverletzung mit einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen und einer Busse von Fr. 10'000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage). Es erachtete die Anklage als erstellt. Die Aussagen des Beschwerdeführers und seines Vaters betreffend Lenkerschaft des Letzteren hielt es für nicht glaubhaft. 
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Am 23. August 2022 schrieb das Kantonsgericht von Graubünden das Berufungsverfahren am Geschäftsverzeichnis infolge Rückzugs der Berufung ab. Das Urteil des Regionalgerichts Plessur erwuchs damit in Rechtskraft. 
Am 26. Januar 2023 reichte der Beschwerdeführer ein Revisionsgesuch beim Kantonsgericht ein, wonach das Urteil des Regionalgerichts revisionsweise aufzuheben und die Strafsache zur neuen Beurteilung an die Staatsanwaltschaft, eventualiter an das Regionalgericht zurückzuweisen sei. Er berief sich in seinem Gesuch kurz zusammengefasst auf einen Zeugen, von dem er bis anhin nicht gewusst habe und der bestätigen könne, dass sein Vater am Nachmittag des 14. August 2019 beim Detailhändler B.________ in U.________ vom Fahrersitz aus dem Ferrari ausgestiegen sei. Die Aussagen des Zeugen seien insofern erheblich, als sie geeignet seien, die Beweisgrundlage des angefochtenen Urteils so zu erschüttern, dass aufgrund des veränderten Sachverhalts ein Freispruch möglich sei. Der Zeuge könne betreffend das vom Vater getätigte Überholmanöver Aussagen machen, weil er mit diesem die Bergfahrt inklusive Überholmanöver diskutiert habe, als er - der Beschwerdeführer - beim Detailhändler B.________ eingekauft habe. 
Das Kantonsgericht von Graubünden wies das Revisionsgesuch mit Beschluss vom 24. Mai 2023 ab. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. 
 
2.  
Anfechtungs- und Beschwerdeobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist alleine der vorinstanzliche Beschluss vom 24. Mai 2023. Das Vorbringen, die Berufung aufgrund einer falschen Beratung seines damaligen Anwalts zurückgezogen zu haben, ist neu (Art. 99 Abs. 2 BGG) und nicht Gegenstand des Verfahrens. Darauf kann von vornherein nicht eingetreten werden. 
 
3.  
Wer durch ein rechtskräftiges Urteil beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch oder eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung herbeizuführen. Revisionsrechtlich neu sind Tatsachen oder Beweismittel, wenn sie dem Gericht zum Urteilszeitpunkt nicht bekannt waren (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2). Die neuen Tatsachen müssen zudem erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils so zu erschüttern, dass aufgrund des veränderten Sachverhalts ein wesentlich milderes Urteil möglich ist (BGE 137 IV 59 E. 5.1.4; 130 IV 72 E. 1; Urteile 6B_1353/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 2.3.1; 6B_833/2020 vom 27. Juli 2020 E. 1.1). 
 
4.  
Die Vorinstanz erwägt, die Aussage des referenzierten Zeugen sei als neues Beweismittel gemäss Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO zuzulassen. Dieser solle bestätigen können, dass der Vater am Nachmittag des 14. August 2019 beim Detailhändler B.________ in U.________ vom Fahrersitz aus dem Ferrari seines Sohnes ausgestiegen sei. Das angeklagte Überholmanöver sei ca. 100 Meter nach dem Ende des V.________-Tunnels erfolgt. Rechtserheblich sei somit einzig, wer zum Zeitpunkt des Überholmanövers nach dem Tunnel das Auto gelenkt habe, nicht aber, wer in U.________ aus dem Fahrersitz des Ferraris gestiegen sei. Zwischen dem Streckenabschnitt V.________ und U.________ lägen rund 15 km (Luftlinie); die von der Staatsan-waltschaft angeführte Streckendistanz von 20 km dürfte damit zutreffen. Angesichts dieser Distanz könnten deshalb ein oder gar mehrere Fahrerwechsel (zwischen dem Überholmanöver und U.________) stattgefunden haben. Die Zeugenaussage tauge daher nicht zum direkten Beweis dafür, wer das Überholmanöver vorgenommen habe. Der Zeuge solle weiter die Bergfahrt und das Überholmanöver mit dem Vater diskutiert haben. Insofern könne jener nur indirekt - vom Hörensagen - die Aussagen des Vaters wiedergeben. Ein solches Zeugnis sei zwar ein verwertbares Beweismittel; die vom Zeugen wahrgenommenen Schilderungen des Vaters lägen indessen mehr als drei Jahre zurück. Die Zeugenaussage habe mithin einen äusserst geringen Beweiswert und sei nicht geeignet, die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer das Überholmanöver getätigt habe, zu erschüttern. Es fehle an der Erheblichkeit des neuen Beweismittels. Das Revisionsgesuch sei daher abzuweisen. 
 
5.  
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG haben Rechtsschriften die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür; vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
6.  
Was der Beschwerdeführer vor Bundesgericht vorbringt, ist nicht geeignet, den vorinstanzlichen Beschluss tatsächlich oder rechtlich als fehlerhaft erscheinen zu lassen. Anstatt sich damit in einer den Formerfordernissen genügenden Weise zu befassen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG), stellt der Beschwerdeführer den Erwägungen der Vorinstanz ausschliesslich seine eigene Einschätzung zur Länge der gefahrenen Stecke, zum in Betracht gezogenen Fahrerwechsel und zur Beweisqualität der Zeugenaussage gegenüber. So behauptet er, die "Wahrscheinlichkeit" eines Fahrerwechsels auf der "kurzen" Strecke sei "sicherlich gering", weil sein Vater den Ferrari auf der Bergstrecke habe testen wollen. Er wisse zudem, dass der Zeuge das Überholmöver mit seinem Vater nach ihrer Ankunft beim Detailhändler B.________ diskutiert habe. Beim Zeugen handle sei sich um einen ca. 50-jährigen erfolgreichen Unternehmer, der ein solches Treffen mit seinem Vater auch nach 10 Jahren nicht vergessen würde. Diesen ausschliesslich die Sicht des Beschwerdeführers wiedergebenden Behauptungen lässt sich nicht im Geringsten entnehmen, dass und inwiefern die Vorinstanz bei ihren tatsächlichen Feststellungen in Willkür verfallen wäre oder beim von ihr festgestellten Sachverhalt das Recht verletzt und die Erheblichkeit des neuen Beweismittels gemäss Art. 410 Abs. 1 lit a StPO zu Unrecht verneint haben könnte. Die Beschwerde erfüllt die Begründungsanforderungen offensichtlich nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG, Art. 106 Abs. 2 BGG). Darauf ist folglich mangels einer tauglichen Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. 
 
7.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 28. August 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill