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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_710/2022  
 
 
Urteil vom 26. Oktober 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Schöbi, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Lara Pair 
und Rechtsanwalt Dr. Adrian Plüss, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michel Castelli, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, vom 11. August 2022 (KSK 20 103). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Mit Eingabe vom 21. Juni 2012 an das Bezirksgericht Maloja (heute: Regionalgericht Maloja) stellte die A.________ AG ein Begehren um Erteilung der definitiven Rechtsöffnung in ihrer gegen B.________ eingeleiteten Betreibung Nr. xxx.  
 
A.b. Mit Eingabe vom 12. Juli 2013 an das Bezirksgericht Maloja beantragte die A.________ AG in der gleichen Sache, es sei ihr auch in der neu angehobenen Betreibung Nr. yyy die definitive Rechtsöffnung für die Beträge von Fr. 10'579'334.40, Fr. 184'893.85 sowie Fr. 5'888'616.50 zu erteilen.  
 
A.c. Mit Verfügung vom 29. August 2013 sistierte das Bezirksgericht Maloja die beiden Rechtsöffnungsverfahren. Am 5. Januar 2015 wurden die beiden Rechtsöffnungsverfahren vereinigt. Nachdem die Parteien die Sistierungsfrist mehrmals verlängern liessen, endete die Sistierung am 1. Oktober 2018.  
 
A.d. Mit Eingabe vom 28. September 2018 zog die A.________ AG das Rechtsöffnungsbegehren vom 21. Juni 2012 zurück. Die Parteien reichten weitere Stellungnahmen in Bezug auf das verbliebene Rechtsöffnungsverfahren ein.  
 
A.e. Mit Entscheid vom 28. August 2020 erteilte der Einzelrichter am Regionalgericht Maloja der A.________ AG in der Betreibung Nr. yyy des Betreibungs- und Konkursamtes der Region Maloja für Fr. 10'568'334.40, für Fr. 184'893.85 sowie für Fr. 5'888'616.50 definitive Rechtsöffnung.  
 
B.  
Das Kantonsgericht von Graubünden hiess die von B.________ dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 11. August 2022 gut und erteilte der A.________ AG in der vorgenannten Betreibung lediglich für Fr. 173'893.85 und Fr. 82'955.10 definitive Rechtsöffnung. Im Mehrbetrag wies es das Rechtsöffnungsgesuch vom 12. Juli 2013 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 17. September 2022 ist die A.________ AG an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die (teilweise) Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids und die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung in der gegen B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner) eingeleiteten Betreibung auch für Fr. 10'568'334.40 und Fr. 5'888'616.50. 
Mit Verfügung vom 7. November 2022 wurde der Beschwerde, nachdem der Beschwerdegegner nicht dagegen opponiert hatte, die aufschiebende Wirkung erteilt. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, in der Sache hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid des Kantonsgerichts, das als kantonale Rechtsmittelinstanz über ein Rechtsöffnungsbegehren, mithin eine Schuldbetreibungssache entschieden hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die gesetzliche Streitwertgrenze wird erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Sie ist als Betreibungsgläubigerin vom angefochtenen Entscheid besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Sie ist daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundes- sowie Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 142 III 364 E. 2.4). Die Anwendung von ausländischem Recht kann vorliegend nur unter dem Blickwinkel der Willkür (Art. 9 BV) überprüft werden (Art. 96 lit. b BGG e contrario; BGE 133 III 466 E. 3.1; Urteil 5A_59/2015 vom 30. September 2015 E. 2).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde gibt die definitive Rechtsöffnung, welche von der Beschwerdeführerin gestützt auf ein vor einem deutschen Gericht erlangtes Zug-um-Zug-Urteil (Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. Februar 2006) bzw. die diesbezügliche inländische Vollstreckbarerklärung nach Art. 31 des alten Lugano-Übereinkommens vom 16. September 1988 (nachfolgend: LugÜ 1988) verlangt wurde. Gemäss dem genannten Urteil des Landgerichts Hamburg steht der Beschwerdeführerin ein Betrag von EUR 8'489'956.20 nebst 5 % Zins zu, dies jedoch nur Zug um Zug gegen die Übertragung von 5'145'428 Aktien der C.________ AG. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Abweisung ihres Rechtsöffnungsgesuchs im Mehrbetrag von Fr. 10'568'334.40 und Fr. 5'888'616.50 durch das Kantonsgericht. 
 
2.1. Es steht fest, dass das Bezirksgericht Maloja auf Ersuchen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit einem Arrestverfahren den vorgelegten ausländischen Titel - unter Anwendung des LugÜ 1988 - mit Urteil vom 29. Mai 2013 separat als vollstreckbar erklärt hat. Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdegegner (als Schuldner) Beschwerde an das Kantonsgericht Graubünden, welche mit Entscheid vom 14. Oktober 2014 abgewiesen wurde (KSK 13 51). Der Beschwerdeentscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.  
 
2.2. Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Entscheid erwogen, dass die Frage der Vollstreckbarkeit bereits in E. 5a des Exequaturentscheides vom 14. Oktober 2014 thematisiert worden sei. Im Rechtsöffnungsverfahren gehe es jedoch um die Prüfung, ob der Entscheid bei Einleitung der Betreibung konkret vollstreckt werden kann. Im Exequatur-Entscheid sei die Vollstreckbarkeit jedenfalls nicht bezogen auf diesen Zeitpunkt geprüft und entschieden worden, sodass diesbezüglich auch keine Bindungswirkung beachtet werden müsse. Sodann hat das Kantonsgericht festgehalten, dass bei bedingten Rechtsöffnungstiteln der Bedingungseintritt bereits vor der Zustellung des Zahlungsbefehls erfolgt sein müsse und sich der Rechtsöffnungsrichter - was die Erstinstanz aber getan habe - nicht mit der blossen Glaubhaftmachung des Bedingungseintritts begnügen dürfe. Vorliegend habe die Betreibungsgläubigerin den Nachweis, dass sie ihrer Zug-um-Zug-Verpflichtung vor dem 8. Juli 2013 nachgekommen sei, nicht erbracht. Weil sie dafür die Beweislast trage, müsse sie die Folgen der Beweislosigkeit tragen. Nach den Grundsätzen des SchKG (lex fori) dürfe die Rechtsöffnung nicht erteilt werden, weil die Betreibungsgläubigerin den ihr zugesprochenen Betrag zu jenem Zeitpunkt noch nicht habe verlangen können. Solange die Hauptleistung nicht verlangt werden könne, könne schliesslich auch noch kein Verzugszins gefordert werden. Vom Betreibungsschuldner nicht hinreichend begründet worden sei die Anfechtung der Rechtsöffnung für den Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten samt Zins, welche hiermit zu bestätigen sei, zumal dieser Anspruch im Zeitpunkt der Einleitung der Betreibung fällig gewesen sei. Die Beschwerde des Betreibungsschuldners sei im Ergebnis daher teilweise gutzuheissen. Der vorinstanzliche Entscheid sei hinsichtlich der Kaufpreisforderung von Fr. 10'568'334.40 und des darauf entfallenden Zinses von Fr. 5'805'661.40 aufzuheben und das Rechtsöffnungsbegehren im entsprechenden Umfang abzuweisen. Für den Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten von Fr. 184'893.85 und den darauf entfallenden Zins von Fr. 82'955.10 sei die definitive Rechtsöffnung demgegenüber zu bestätigen - unter Abzug eines Betrags von Fr. 11'000.--, den der Betreibungsschuldner für den Fall der Gutheissung des Rechtsöffnungsbegehrens zur Verrechnung gestellt habe, was unbestritten geblieben sei.  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin beruft sich - wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren - zunächst auf die res iudicata-Wirkung der Entscheidung über den Vollstreckbarerklärungsantrag.  
 
2.3.1. Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin aus, mit der Vollstreckbarerklärung nach Art. 31 LugÜ 1988 sei verbindlich festgestellt worden, dass die Vollstreckbarerklärungsvoraussetzungen vorliegen. Zu diesen gehöre auch das ordnungsgemässe Angebot der Gegenleistung bei einer Verurteilung bloss Zug-um-Zug. Mit Einwänden aus dem Staatsvertrag, die der Beschwerdegegner im Exequaturverfahren hätte vorbringen können, sei er im Rechtsöffnungsverfahren nicht mehr zu hören. Der Beschwerdegegner selbst habe damals geltend gemacht dass die Überprüfung der Frage des Angebots der Gegenleistung im Exequaturverfahren erfolgen müsse. Der Beschwerdegegner habe somit Gelegenheit gehabt, seinen Einwand im Exequaturverfahren vorzubringen. Nachdem er darauf verzichtet habe, den Entscheid des Kantonsgerichts Graubünden vom 14. Oktober 2014 an das Bundesgericht weiterzuziehen, stehe es ihm nicht zu, diesen Einwand erneut vorzubringen. Die gegenteiligen Erwägungen der Vorinstanz seien irreführend und rechtlich falsch.  
 
2.3.2. Liegt ein ausländischer Entscheid vor und wird dieser vom Exequaturgericht für vollstreckbar erklärt, so kommen der ausländischen Entscheidung sämtliche Wirkungen eines inländischen Vollstreckungstitels zu (SOGO, in: Lugano-Übereinkommen zum internationalen Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl. 2023, N. 75 zu Art. 38 LugÜ; SCHWANDER, Rechtsöffnung in internationalen Konstellationen - anwendbares Recht und Besonderheiten des Verfahrens, ZZZ 2016 S. 159; GEIMER, in: Europäisches Zivilverfahrensrecht, Geimer/Schütze [Hrsg.], 4. Aufl. 2020, N. 100 zu Art. 39 EuGVVO). Mit der Vollstreckbarerklärung wird das ausländische Urteil, das nur formell (abstrakt) vollstreckbar sein muss, zur Zwangsvollstreckung in der Schweiz zugelassen (BGE 148 III 420 E. 3.1.1 mit Hinweisen). Das Rechtsöffnungsgericht ist in einem späteren Rechtsöffnungsverfahren an den Exequaturentscheid gebunden (Art. 81 Abs. 3 in fine SchKG; Urteil 5A_528/2022 vom 6. Februar 2023 E. 3, in: SJ 2023 S. 560; ABBET, in: La mainlevée de l'opposition, 2. Aufl. 2022, N. 37 und 49 zu Art. 81 SchKG). Dies gilt ebenso für die Vollstreckungsorgane. Sie dürfen die Zwangsvollstreckung nicht mit der Begründung ablehnen, es fehle an einer Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung (SOGO, a.a.O., N. 78 zu Art. 38 LugÜ; GEIMER, a.a.O., N. 110 zu Art. 39 EuGVVO; Urteil des EuGH vom 4. Februar 1988 145/86 Hoffmann/Krieg, Randnrn. 26 ff.). Demgegenüber können materiellrechtliche Einreden und Einwendungen, die nicht Gegenstand des Vollstreckbarerklärungsverfahrens sind, von der präkludierenden Wirkung des rechtskräftigen Exequaturentscheids nicht erfasst werden. Das bedeutet, dass solche Einreden und Einwendungen im Rechtsöffnungsverfahren vorgebracht werden können (SOGO, a.a.O.). So kann sich der Schuldner im Rechtsöffnungsverfahren etwa auf eine nach Ergehen der ausländischen Entscheidung eingetretene Tilgung, Stundung oder Verjährung berufen (BGE 148 III 420 E. 3.1.2 f. mit Hinweisen).  
 
2.3.3. Das Kantonsgericht hat im angefochtenen Entscheid - ohne dazu noch einmal abschliessend Stellung zu nehmen - auf E. 5a und c des Exequaturentscheids vom 14. Oktober 2014 verwiesen: Ein ausländischer Entscheid könne gemäss Art. 31 LugÜ 1988 dann für vollstreckbar erklärt werden, wenn er im Urteilsstaat vollstreckbar sei. Soweit der Schuldner behaupte, nach deutschem Recht fehle es an der Vollstreckbarkeit und sich dafür auf § 756 dZPO berufe, verkenne er, dass es sich ausschliesslich um die Vollstreckbarerklärung handle und nicht um die eigentliche Vollstreckung, die nicht zu beurteilen sei. Das Kantonsgericht habe damals § 726 Abs. 2 dZPO zitiert, aus dem sich ergebe, dass in Deutschland bei Leistungen Zug-um-Zug eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden müsse (ausser im Sonderfall, dass eine Willenserklärung abzugeben ist), und zwar unabhängig davon, ob der Beweis erbracht sei, dass der Schuldner befriedigt worden sei oder sich im Annahmeverzug befinde.  
 
2.3.4. Die vorstehend wiedergegebenen Erwägungen zur deutschen Rechtslage und damit das Verständnis, dass bei der Vollstreckung deutscher Urteile in Deutschland die vollstreckbare Ausfertigung ohne Nachweis der Leistung des Gläubigers erteilt wird, und das Vollstreckungsorgan prüfen muss, ob der Schuldner befriedigt oder in Annahmeverzug gesetzt worden ist (vgl. dazu auch BROX/WALKER, Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl. 2021, § 7 Rn. 8 und § 10 Rn. 18 ff.), werden von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt. Ungeachtet dessen macht die Beschwerdeführerin - unter Hinweis auf eine Lehrmeinung (HOFMANN/KUNZ, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2. Aufl. 2016, N. 116 ff. zu Art. 38 LugÜ) - geltend, dass zur Frage, ob ein Zug-um-Zug-Urteil im Sinne von Art. 31 LugÜ 1988 vollstreckbar ist, in jedem Fall auch das Angebot der Gegenleistung gehört.  
 
2.3.5. Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung ist, dass die Entscheidung im Ursprungsstaat vollstreckbar ist (Art. 31 Abs. 1 LugÜ 1988 bzw. Art. 38 Abs. 1 LugÜ 2007). Insoweit kommt das Recht des Ursprungsstaates zur Anwendung (Urteile 5A_59/2015 vom 30. September 2015 E. 5.1; 5A_162/2012 vom 12. Juli 2012 E. 6.2.3). Das Bundesgericht legt die Voraussetzung der ursprungsstaatlichen Vollstreckbarkeit mit dem EuGH (Urteil des EuGH vom 29. April 1999 C-267/97 Coursier/Fortis, Slg. 1999 I-2543 Rn. 29; Urteil des EuGH vom 13. Oktober 2011 C-139/10 Prism Investments/J.A. Van der Meer, Slg. 2011 I-9511 Rn. 38) und der Literatur (STAEHELIN/BOPP, in: Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 3. Aufl. 2021, N. 31 zu Art. 38 LugÜ; SOGO, a.a.O., N. 38 zu Art. 38 LugÜ; BITTER, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung ausländischer Titel in der Europäischen Union, 2009, S. 28) im Sinne einer abstrakten bzw. formellen Vollstreckbarkeit der Entscheidung aus (BGE 148 III 420 E. 3.1.1; Urteile 5A_21/2021 vom 19. November 2021 E. 2.2.1; 5A_934/2016 vom 23. August 2017 E. 5.3; 5P.499/2002 vom 12. August 2003 E. 3.1). Die Auslegung der Vollstreckbarkeit im Sinne einer generellen - abstrakten - Eignung einer Entscheidung, die Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung im Vollstreckungsverfahren zu bilden, dient der Titelfreizügigkeit, weil konkrete Vollstreckungshindernisse des Ursprungsstaats der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat nicht entgegenstehen sollen (ULRICI, Vollstreckung nach der Brüssel Ia-VO bei Abhängigkeit von einer Sicherheitsleistung, RIW 2019 S. 414; KOLLER, in: Kommentar zur Zivilprozessordnung, Stein/Jonas [Hrsg.], Bd. 12, 23. Aufl. 2022, N. 15 zu Art. 39 EuGVVO). Von der Vollstreckbarkeit im Urteilsstaat ist somit zu unterscheiden, ob im Urteilsstaat die Exekution konkret zu bewilligen ist.  
 
2.3.6. Nach einem Teil der Literatur soll bei Zug-um-Zug Titeln zur abstrakten Vollstreckbarkeit im vorbeschriebenen Sinne stets - das heisst unabhängig vom nationalen Recht des Ursprungsgerichts - auch das ordnungsgemässe Angebot der Gegenleistung gehören (Hierfür etwa HOFMANN/KUNZ, a.a.O., N. 121 zu Art. 38 LugÜ; MANKOWSKI, in: Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Rauscher [Hrsg.], Bearbeitung 2011, N. 14a zu Art. 38 Brüssel I-VO; KELLERHALS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 16 zu Art. 341 ZPO). Dieser Sichtweise ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Erfordernis der abstrakten oder formellen Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat grundsätzlich als ein Verweis auf das jeweilige nationale Recht zu verstehen ist. Die Vollstreckbarkeit eines Zug-um-Zug Titels richtet sich daher nach den Vorschriften des Titelstaats, ohne dass hier das LugÜ eine Vorgabe macht. Aus Sicht des hier interessierenden deutschen Rechts sprechen die materiellrechtlichen Wertungen, die § 726 Abs. 2 dZPO (i.V.m. §§ 756, 765 dZPO) zugrunde liegen, gegen eine Zuordnung des Angebots der Gegenleistung zur abstrakten Vollstreckbarkeit (ULRICI, a.a.O., S. 413 ff.; derselbe, in: BeckOK ZPO, 49. Aufl. 2023, N. 20 zu § 1111 dZPO sowie N. 23 zu Art. 53 Brüssel Ia VO; KOLLER, a.a.O., N. 23 zu Art. 39 EuGVVO; MELLER-HANNICH, Vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherungsvollstreckung bei der Europäischen Titelfreizügigkeit, in: Festschrift für Herbert Roth zum 70. Geburtstag, 2021, S. 789; dieselbe, in: Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Kindl/Meller-Hannich [Hrsg.], 4. Aufl. 2021, N. 1 zu § 1111 dZPO; vgl. auch ADOLPHSEN, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2023, 5. Kap. Rn. 129). Denn ausweislich § 726 Abs. 2 dZPO wird bei der Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung der Nachweis des Angebots der Gegenleistung weder gefordert noch beachtet. Vielmehr ist der Zug-um-Zug-Abhängigkeit hierzu nachgelagert im Rahmen der Vornahme von Vollstreckungshandlungen von den insoweit zuständigen Organen Rechnung zu tragen (§§ 756, 765 dZPO). Ausgehend von dieser unbestrittenen deutschen Rechtslage ist die im Exequaturentscheid vom 14. Oktober 2014 vertretene Auffassung nicht zu beanstanden, dass die Abhängigkeit des vollstreckbaren Anspruchs von einer Gegenleistung bei einem deutschen Zug-um-Zug Urteil nicht in die Frage der abstrakten Vollstreckbarkeit im Sinne von Art. 31 LugÜ 1988 mit einzubeziehen ist. Hat sich das Kantonsgericht als Rechtsbehelfsinstanz im separaten Exequaturverfahren nach Art. 31 ff. LugÜ 1988 aber zu Recht nicht als zuständig erachtet, das gehörige Angebot der Gegenleistung zu prüfen, hat es im vorliegenden Rechtsöffnungsverfahren auch keine Einwände entgegengenommen, welche der Beschwerdegegner bereits im Exequaturverfahren hätte vorbringen können. Damit ist der Argumentation der Beschwerdeführerin der Boden entzogen, der Beschwerdegegner sei mit seinem Einwand, ein gehöriges Angebot der Gegenleistung sei vor Einleitung der Betreibung nicht erfolgt, im vorliegenden Rechtsöffnungsverfahren präkludiert.  
 
2.4. Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, dass der rechtlich relevante Zeitpunkt für das Angebot der Gegenleistung nicht der Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls (8. Juli 2013), sondern der Zeitpunkt der Fällung des Rechtsöffnungsentscheids sei.  
 
2.4.1. Die Vorinstanz hat dazu erwogen, dass eine Parallele zum Erfordernis der Fälligkeit gezogen werden könne, welche im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls (vorliegend: 8. Juli 2013) eingetreten sein müsse. Was für die Fälligkeit gelte, müsse auch für den fehlenden Bedingungseintritt gelten, diene doch die Betreibung ebenso wenig dazu, den Schuldner zur Zahlung einer Forderung anzuhalten, die noch gar nicht (konkret) vollstreckbar ist, weil die mit dem Zug-um-Zug-Urteil verbundene Bedingung eines gehörigen Angebotes noch nicht eingetreten ist. Das gelte gleichermassen für in- und ausländische Urteile. Das Zurückbehaltungsrecht habe bezogen auf die Frage der Einleitung einer Zwangsvollstreckung die gleiche Wirkung wie die fehlende Fälligkeit, und wenn ein Zurückbehaltungsrecht bestehe, dürfe nicht betrieben werden, weil die Leistung nicht verlangt werden könne und Zwangsvollstreckungen für Leistungen, die (noch) nicht erbracht werden müssten, systemwidrig und daher zu unterlassen seien. Demgegenüber hält die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht an ihrer Auffassung fest, dass die in Betreibung gesetzte Forderung zum Zeitpunkt der Einleitung der Betreibung lediglich fällig gewesen sein müsse.  
 
2.4.2. Das Kantonsgericht hat die Auffassung der Beschwerdeführerin zu Recht verworfen. So geht die Beschwerdeführerin mit dem Kantonsgericht im Ausgangspunkt darin einig, dass die deutschen Zug-um-Zug-Titeln zugrundeliegenden Zurückbehaltungsrechte dem Schuldner eine Einrede geben, die die Durchsetzbarkeit der Forderung hemmt. Dies bedeutet dass der Schuldner, solange er nicht befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, seine Leistung verweigern kann. Was die Beschwerdeführerin aus ihrem Vorbringen ableiten könnte, dass nach deutschem Recht die Fälligkeit der Forderung durch das Zurückbehaltungsrecht nicht berührt werde, ist nicht ersichtlich. Denn nachdem die Vorinstanz etwas anderes gar nicht behauptet hat, zielt die diesbezügliche Willkürrüge der Beschwerdeführerin ins Leere. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen nichts daran zu ändern, dass sie liquide hätte nachweisen müssen, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls ihrerseits bereits erfüllt oder die Erfüllung zumindest gehörig angeboten hat. Bei diesem Ergebnis brauchte sich das Kantonsgericht mit dem - lange nach Einleitung der Betreibung erfolgten - Angebot der Beschwerdeführerin vom Februar 2016 nicht weiter zu beschäftigen.  
 
2.5. Die Beschwerdeführerin rügt weiter eine willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz bezüglich des Nachweises der Zustellung des Aktienübertragungsangebots von 2009. Dass es dem damaligen Rechtsvertreter der Gläubigerin zum Versand zugestellt worden sei und dass eine Sendung des damaligen Rechtsvertreters der Gläubigerin vom 9. April 2009 nach St. Moritz erstellt sei, lasse keinen anderen Schluss zu, als dass der Schuldner das Aktienübertragungsangebot der Gläubigerin erhalten habe. Diese Ausführungen sind indes rein appellatorischer Natur, begnügt sich die Beschwerdeführerin doch damit, den vorinstanzlichen Feststellungen ihre eigene Sicht der Dinge gegenüberzustellen. Zumal die Beschwerdeführerin selbst einräumen muss, dass der (angebliche) Zustellungsbeleg nicht (mehr) in allen Teilen leserlich ist, vermag sie die Würdigung der Vorinstanz, dass sich ein eigentlicher Zustellnachweis hinsichtlich des Aktienübertragungsangebots nicht bei den Akten befinde, damit nicht als willkürlich ausweisen (Art. 9 BV; vgl. zum Willkürbegriff: BGE 140 III 264 E. 2.3).  
 
2.6.  
 
2.6.1. Nicht gelten lassen hat die Vorinstanz auch den Standpunkt der Gläubigerin, dem Schuldner sei im Rahmen des (ersten) Rechtsöffnungsbegehrens (eingeleitet durch das Rechtsöffnungsgesuch vom 21. Juni 2012), im Arrestverfahren (Begehren vom 8. März 2012) und im Exequaturverfahren (Begehren vom 27. Mai 2013) das Aktienübertragungsangebot vom April 2009 samt Übermittlungsbrief durch das Gericht zugestellt worden, weshalb auch aus diesem Grund von einem rechtsgenüglichen Angebot ausgegangen werden müsse. Die Vorinstanz hat sich in diesem Zusammenhang zur Dogmatik der empfangsbedürftigen Willenserklärungen im deutschen Recht geäussert und dazu festgehalten was folgt: Nach § 130 Abs. 1 BGB würden Willenserklärungen unter Abwesenden wirksam, wenn sie an den Empfänger gerichtet sind und diesem zugehen, d.h. in den Bereich des Empfängers gelangten. Wer sich auf die Wirksamkeit einer empfangsbedürftigen Willenserklärung berufe, müsse den Zugang beweisen. Zu erwähnen sei ausserdem § 147 Abs. 2 BGB, wonach der Antrag nur bis zum Zeitpunkt angenommen werden kann, in welchem der Antragende den Eingang unter regelmässigen Umständen erwarten darf, andernfalls das Angebot erlöscht und dann auch nicht mehr angenommen werden kann. Werde eine empfangsbedürftige Willenserklärung nach Jahren in einem Gerichtsverfahren als Beweismittel für den eigenen Rechtsstandpunkt eingereicht, könne dies nicht als Zugang im vorstehenden Sinne angesehen werden, weil die Einreichung von Beweismitteln an das Gericht gerichtet sei und zudem ein völlig anderer Zweck verfolgt werde, ganz abgesehen davon, dass sich - angesichts der beschränkten Dauer von Angeboten und deren Erlöschen - die Frage stelle, ob das Angebot überhaupt noch hätte angenommen werden können, werde doch im Aktienübertragungsangebot der 8. Mai 2009 als spätester Zeitpunkt genannt.  
 
2.6.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz gehe in der Anwendung deutschen Rechts fehl, zumal der Einwand des Beschwerdegegners, die Beschwerdeführerin habe die von ihr zu erbringende Gegenleistung nicht angeboten, rechtsmissbräuchlich sei. Sie legt aber nicht rechtsgenüglich dar, inwiefern die Vorinstanz den entscheidwesentlichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt oder deutsches Recht willkürlich angewendet haben soll, wenn sie den Nachweis des Zugangs eines rechtsgenüglichen Angebots zur Erbringung der Gegenleistung als erforderlich und gescheitert erachtet hat.  
 
3.  
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 55'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss