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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_138/2023  
 
 
Urteil vom 27. März 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Werner Amrein, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz; Nichteintreten auf Beschwerde, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 1. Februar 2023 (BK 22 338). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Regionalgericht Bern-Mittelland büsste A.________ am 24. Juni 2022 wegen einfacher Verkehrsregelverletzung mit Fr. 300.--. Am 27. Juni 2022 meldete A.________ Berufung gegen dieses Urteil an. Zudem reichte er eine "Mitteilung sowie Beschwerde im Nachgang an die Gerichtsverhandlung vom 24. Juni 2022 betreffend die Verfahrensorganisation und die Verfahrensführung mit Antrag auf Wiederholung der Gerichtsverhandlung in spanischer Sprache mit einer ordentlichen Gerichtspräsidentin bzw. einem ordentlichen Gerichtspräsidenten" ein. Das Regionalgericht leitete diese Eingabe zusammen mit den amtlichen Akten an die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern weiter zwecks Prüfung der Frage, ob ein Beschwerdeverfahren zu eröffnen sei. Auf Aufforderung der Beschwerdekammer hin teilte A.________ dieser mit, dass die besagte Eingabe als Beschwerde im Sinne von Art. 393 ff. StPO entgegenzunehmen sei und seine Eingaben vom 27. Juni 2022 an das Regionalgericht bzw. vom 26. Juli 2022 an die Beschwerdekammer integrierte Bestandteile seiner Beschwerde bilden würden. Am 11. August 2022 eröffnete der Verfahrensleiter der Beschwerdekammer ein Beschwerdeverfahren. 
 
B.  
Mit Beschluss vom 1. Februar 2023 trat die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern auf die Beschwerde nicht ein und auferlegte A.________ Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 800.--. 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen, eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, der Beschluss der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 1. Februar 2023 sei aufzuheben. Die Vorinstanz sei anzuweisen, auf seine Beschwerde einzutreten und das erstinstanzliche Gericht zu verpflichten, die Gerichtsverhandlung in neuer Besetzung zu wiederholen bzw. eine neue Gerichtsverhandlung mit Übersetzung in spanischer Sprache durchzuführen und ihm die Fotos der Kantonspolizei betreffend den Unfall vom 8. Oktober 2020 vor der anzuberaumenden Gerichtsverhandlung zur Einsichtsnahme zuzustellen. Ferner ersucht A.________ um Erteilung der aufschiebenden Wirkung für seine Beschwerde. 
Mit Verfügung vom 16. März 2023 wies die Präsidentin der I. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde ab. 
Mit Schreiben vom 28. Juli 2023 wurden die Parteien über die Übertragung des Dossiers in die Zuständigkeit der II. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts orientiert. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht jedoch Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid (Art. 80 BGG) eines oberen Gerichts (Art. 86 Abs. 2 BGG) in einer strafrechtlichen Angelegenheit (Art. 78 Abs. 1 BGG), gegen den die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offensteht. Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG) und hat mit seiner Eingabe vom 4. Februar 2023 die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m Art. 45 Abs. 1 BGG). Ob es sich beim angefochtenen Nichteintretensentscheid um einen Zwischenentscheid handelt, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG angefochten werden kann, braucht vorliegend nicht geprüft zu werden, zumal sich die Beschwerde als unbegründet erweist und abzuweisen ist.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in Strafsachen kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht und der EMRK gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde besteht kein Raum (Art. 113 ff. BGG).  
 
1.3. Die vom Beschwerdeführer am 25. März 2023 und am 17. April 2023 verfassten Eingaben (act. 12-14) sind verspätet (Art. 100 Abs. 1 BGG) und im vorliegenden Verfahren unbeachtlich.  
 
2.  
 
2.1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid. Vor Bundesgericht kann es daher nur um die Frage gehen, ob die Vorinstanz auf die Beschwerde zu Recht nicht eingetreten ist. Soweit der Beschwerdeführer sich nicht dazu, sondern zur materiellen Seite der Angelegenheit äussert, die nicht Verfahrensgegenstand ist und mit der sich das Bundesgericht folglich auch nicht befassen kann oder das Vorgehen des erstinstanzlichen Gerichts kritisiert, ist auf seine Ausführungen von vornherein nicht einzutreten.  
 
2.2. Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie Verfahrenshandlungen erstinstanzlicher Gerichte kann bei der Beschwerdekammer Beschwerde geführt werden; ausgenommen sind verfahrensleitende Entscheide (Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO). Gemäss Art. 394 lit. a StPO ist die Beschwerde aber nicht zulässig, wenn die Berufung möglich ist.  
 
2.3. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, der Beschwerdeführer habe in seiner Beschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil "Rechtsverletzungen, eine Rechtsverweigerung sowie willkürliche Verfahrenshandlungen" geltend gemacht. Dabei handle es sich um Rügen, welche nach Art. 398 Abs. 3 lit. a StPO mit Berufung vorgebracht werden können. Die vom Beschwerdeführer erhobenen Beanstandungen seien mit Blick auf Art. 394 lit. a StPO daher nicht mit Beschwerde, sondern mit Berufung geltend zu machen. Der Beschwerdeführer habe denn auch Berufung angemeldet. Auf die Beschwerde sei insofern nicht einzutreten.  
 
2.4. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, überzeugt nicht. Er übersieht offenkundig, was unter der Subsidiarität der Beschwerde zu verstehen ist: Diese ist gemäss Art. 394 lit. a StPO nicht zulässig, wenn gegen einen Entscheid das primäre Rechtsmittel der Berufung möglich ist. Letzteres ist mit Blick auf die vom Beschwerdeführer vor Vorinstanz erhobenen Rügen zweifelsohne der Fall. Dass in Verfahren, in welchen ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens bilden, mit Berufung nur geltend gemacht werden kann, das Urteil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung, vermag daran ebenso wenig etwas zu ändern, wie der Umstand, dass in solchen Konstellationen vor der Berufungsinstanz keine neuen Behauptungen und Beweise vorgebracht werden können (Art. 398 Abs. 4 StPO). Diese in Bagatellstrafsachen geltende Kognitionsbeschränkung der Berufungsinstanz ist vom Gesetzgeber gewollt und lässt sich nicht dadurch umgehen, dass statt Berufung Beschwerde erhoben wird. Im Übrigen behauptet der Beschwerdeführer nicht, dass er - entgegen den Feststellungen der Vorinstanz - etwas anderes als Rechtsverletzungen (inklusive Willkür) und eine Rechtsverweigerung gerügt habe, was die Berufungsinstanz mit voller Kognition prüfen kann. Auch scheint er zu übersehen, dass Beweise, die beantragt, erstinstanzlich jedoch abgewiesen oder gar nicht geprüft wurden, nicht als neu im Sinne von Art. 398 Abs. 4 StPO gelten (JÜRG BÄHLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 6 zu Art. 398 StPO). Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich damit insgesamt als unbegründet.  
 
3.  
Der Beschwerdeführer beanstandet im Weiteren, dass ihm die vorinstanzlichen Verfahrenskosten auferlegt worden seien. Auch diese Rüge erweist sich als unbehelflich. Die Kostenauflage der Vorinstanz entspricht der in Art. 428 Abs. 1 StPO statuierten Regelung, wonach die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens zu tragen haben und als unterliegend auch jene Partei gilt, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird. Inwiefern die vorinstanzliche Kostenverlegung aufgrund des von der Vorinstanz durchgeführten Schriftenwechsels gegen Bundesrecht verstossen soll, ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer denn auch nicht weiter ausgeführt. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. März 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer