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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_200/2023  
 
 
Urteil vom 4. Mai 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, 
Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
2. Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), 
Kramgasse 20, 3011 Bern, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Strafvollzug; Briefverkehr, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer, vom 9. Januar 2023 (SK 22 563). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer befindet sich zurzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) U.________. Seine kantonalen Rechtsmittel, mit welchen er sich gegen die Kontrolle der Post in der Anstalt richtete, blieben erfolglos, auch vor dem Obergericht des Kantons Bern. Mit Beschwerde in Strafsachen wendet sich der Beschwerdeführer an das Bundesgericht und beantragt, der obergerichtliche Beschluss vom 9. Januar 2023 sei aufzuheben und die Leitung der JVA U.________ anzuweisen, die Sichtkontrollen bei der Amtspost einzustellen. Das Durchleuchten und Abtasten dieser Post stellten unter Beachtung der Verhältnismässigkeit die einzig zulässigen Prüfmethoden dar. Anzumerken sei, dass die Anstalten im Kanton Solothurn keine Sichtkontrollen bei der Amtspost vornehmen würden. 
 
2.  
Eine Beschwerde an das Bundesgericht hat die Begehren und deren Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür; vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). 
Die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür (BGE 138 IV 13 E. 2 S. 15). Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer unhaltbaren oder widersprüchlichen Beweiswürdigung beruht, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 138 I 49 E. 7.1 mit Hinweisen). 
 
3.  
Art. 84 StGB regelt den Kontakt eines Gefangenen zur Aussenwelt. Gemäss Art. 84 Abs. 2 Satz 1 StGB kann dieser Kontakt, worunter selbstredend auch der briefliche Kontakt fällt, kontrolliert und zum Schutz der Ordnung und Sicherheit der Strafanstalt beschränkt oder untersagt werden. Besonders geschützt ist der privilegierte (Brief-) Verkehr des Gefangenen mit Verteidigern, Aufsichtsbehörden und konsularischen Vertretungen (vgl. Art. 84 Abs. 4, 5 und 7 StGB); garantiert wird damit der inhaltlich nicht kontrollierte Sprech- und Schriftverkehr (vgl. Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1998 2118). Dieser (ausgeweitete) Schutz gilt auf kantonaler Ebene gemäss Art. 70 Abs. 3 der kantonalen Verordnung über den Justizvollzug vom 22. August 2018 (JVV; BSG 341.11) auch für den Briefverkehr des Gefangenen insbesondere mit Gerichten, Behörden und Amtsstellen; eine inhaltliche Kontrolle des Briefverkehrs ist und bleibt insofern ausgeschlossen. Das bedeutet allerdings nicht, dass jegliche Kontrolle unzulässig wäre; im Rahmen der Verhältnismässigkeit muss zum Schutz der Ordnung und Sicherheit in der Strafanstalt (Art. 84 Abs. 2 StGB, s.a. Art. 235 StPO) namentlich eine Kontrolle der eingehenden Post auf verbotene Gegenstände (z.B. Drogen, Klingen etc.) möglich sein (so Ziff. 21.2 der vom Amt für Justizvollzug genehmigten Hausordnung der Justizvollzugsanstalt U.________). 
 
4.  
Die Vorinstanz hält unter Verweis auf BGE 145 I 318 und 6B_264/2021 vom 30. März 2022 kurz zusammengefasst fest, dass einer Überprüfung des Briefverkehrs (in der Haft und auch im Strafvollzug) grundsätzlich nichts entgegenstehe. Im Rahmen der Verhältnismässigkeit sei eine Kontrolle der Korrespondenz - selbst der Anwalts- oder Amtspost - auf verbotene Gegenstände zulässig; für den Betroffenen müsse insofern aber ersichtlich sein, dass die Kontrollierenden vom Inhalt der anwaltlichen bzw. amtlichen Sendung keine Kenntnis erhielten. Das Vorgehen der JVA U.________ stelle keine unzulässige inhaltliche Kontrolle der Post dar; die inhaltliche Nichtwahrnehmung bzw. Nichtkenntnisnahme werde bei der Überprüfung dadurch sichergestellt, dass die geschützte (Anwalts- oder Amts-) Post - lediglich im Beisein eines Vollzugsbeamten - vom Gefangenen selbst geöffnet werde. Bei diesem Vorgehen könnten die geschützten Urkunden von den Vollzugsbeamten selbst nicht gelesen werden. Die tangierten Grundrechte seien bei einer solchen Postkontrolle nur marginal betroffen. Nicht ersichtlich sei zudem, inwiefern die Grundrechte durch das Öffnen der Post im Beisein eines Vollzugsbeamten stärker eingeschränkt würden als mit den vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Methoden des Abtastens oder Scannens. Beide Varianten stellten gleichermassen eine Überprüfung auf verbotene Gegenstände dar und gingen - wie die von der JVA U.________ praktizierte Form der Kontrolle - von der potenziellen Möglichkeit aus, der "Brief" könnte einen gefährlichen Gegenstand enthalten. Der Beschwerdeführer werde dadurch nicht stärker in Verdacht genommen als mit den beiden von ihm anerkannten Vorkehren. Die Kontrolle in der JVA U.________ sei mithin zumutbar und durch kein milderes Mittel ersetzbar. Dass solche Kontrollmassnahmen des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles erforderlich seien, werde im Übrigen zu Recht nicht bestritten. 
 
5.  
Es kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Was der Beschwerdeführer vorbringt, dringt nicht durch. Wie bereits ausgeführt, ist im Strafvollzug auch eine Kontrolle u.a. selbst der Anwalts-, Amts- oder Gerichtspost auf verbotene Gegenstände nicht ausgeschlossen; bei einer solchen Überprüfung muss jedoch garantiert sein, dass diese Schriftstücke/Dokumente vor jeglicher inhaltlicher Kenntnisnahme durch die kontrollierenden Beamten geschützt sind (Art. 84 Abs. 4, 5 und 7 StGB i.V.m. Art. 70 JVV und Hausordnung der JVA U.________ Ziff. 21.2). Inwiefern es vorliegend bei der von der JVA U.________ praktizierten Kontrolle der amtlichen Post auf unerlaubte oder gefährliche Gegenstände (eigenhändiges Öffnen der Amtspost durch den Inhaftierten im Beisein eines Beamten) um eine unzulässige inhaltliche Überprüfung dieser Post gehen könnte, ist gestützt auf die Ausführungen in der Beschwerde nicht ersichtlich; der Beschwerdeführer widerlegt die Feststellungen der Vorinstanz, wonach bei der fraglichen Überprüfungsmethode sichergestellt sei, dass die kontrollierenden Beamten die Amtspost inhaltlich nicht zur Kenntnis nehmen könnten, nicht als willkürlich; seine pauschale Behauptung, die von der JVA U.________ praktizierte Form der Kontrolle der Amtspost stelle eine Sicht- und damit eine verbotene Inhaltskontrolle dar, geht augenscheinlich an der Sache vorbei. Er scheint zu verkennen, was insofern unter den Begriffen einer Sicht- und Inhaltskontrolle zu verstehen ist. Ohne Erfolg bleibt auch die von ihm sinngemäss geltend gemachte Verletzung des Verhältnismässigkeitsgebots; der Beschwerdeführer vermag nicht zu sagen, weshalb die von der JVA U.________ praktizierte Form der Kontrolle der Amtspost auf gefährliche oder verbotene Gegenstände stärker in seine Rechte eingreifen soll als die von ihm vorgeschlagenen Methoden des Abtastens oder Durchleuchtens. Dies ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Insgesamt erschliesst sich nicht, inwieweit das angefochtene Urteil gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte. Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG als unbegründet abzuweisen, soweit sie überhaupt die Begründungsanforderungen erfüllt und darauf eingetreten werden kann. 
 
6.  
Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). In Berücksichtigung seiner finanziellen Lage und des relativ geringen Aufwands ist eine reduzierte Entscheidgebühr angemessen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Mai 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill