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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_346/2023  
 
 
Urteil vom 21. Juli 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Beatrice Gurzeler, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Fürsprecher Rolf G. Rätz, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Anpassung des persönlichen Verkehrs, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 20. März 2023 (KES 22 869, KES 22 870). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien sind die Eltern der 2013 geborenen C.________. Sie steht unter der alleinigen elterlichen Sorge der Mutter. Zum Vater bestand ab der Geburt kein Kontakt. 
 
B.  
Im Herbst 2020 gelangte der Vater an die KESB Biel mit dem Begehren um Eröffnung eines Kindesschutzverfahrens zum Aufbau eines Kontaktrechts. Mit Entscheid vom 1. November 2021 errichtete diese eine Besuchrechtsbeistandschaft, ordnete ein begleitetes Besuchsrecht von zwei Mal zwei Stunden pro Monat an und stellte eine Zwischenevaluation nach vier Kontakten in Aussicht. 
Nach Eingang der Zwischenberichte und Anhörung der Eltern und des Kindes ordnete die KESB mit Entscheid vom 12. Oktober 2022 monatliche begleitete Kontakte von drei bis vier Stunden an. Die hiergegen von der Mutter erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 20. März 2023 ab. 
 
C.  
Gegen diesen Entscheid hat die Mutter am 9. Mai 2023 beim Bundesgericht eine Beschwerde erhoben mit den Begehren um Aufhebung des begleiteten Besuchsrechts, eventualiter um Anweisung des Obergerichts, ein psychiatrisches Gutachten zur Umgangsfähigkeit des Vaters und ein kinderpsychiatrisches Gutachten zur Gefährdung des Kindeswohls in Auftrag zu geben. Ferner verlangt sie die unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt. In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (vgl. zum Ganzen BGE 142 III 364 E. 2.4). 
 
2.  
Das Obergericht hat festgestellt, dass es erste Annäherungsversuche im gemeinsamen Spiel gegeben habe, die Tochter aber noch zurückhaltend sei; es brauche mehr Zeit, bis sie Vertrauen in die Situation habe. Sie verweigere den Kontakt zum Vater nicht kategorisch und es lägen auch keine Gründe vor, einen solchen auszuschliessen. Entgegen der Behauptung der Mutter würden die begleiteten Kontakte nicht negativ verlaufen und der Vater verhalte sich gegenüber der Tochter adäquat; er zeige sich umsichtig, verständnisvoll und versuche spielerisch und achtsam, mit ihr Kontakt aufzubauen. Indes sei eine Begleitung der Kontakte weiterhin nötig; die Zusammenarbeit mit dem Vater sei herausfordernd. Die Besuchsbegleiterin, die Beiständin und die Mutter würden das aufbrausende, fordernde und teils auch drohende Verhalten des Vaters schildern. Die Mutter sei durch seine verletzende, beleidigende und ungestüme Art stark gefordert und angesichts des teils drohenden Auftretens wäre ihr nicht zuzumuten, die Kontakte zwischen Vater und Tochter selbst zu organisieren. Der Stress der Mutter könnte bei der Tochter einen Loyalitätskonflikt hervorrufen; von einer Gefährdung des Kindes durch das begleitete Besuchsrecht könne aber keine Rede sein und es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern ein kinderpsychiatrisches Gutachten oder eine psychiatrische Begutachtung des Vaters notwendig wäre. Vor dem Hintergrund der gesammelten Erfahrungen bestünden gute Chancen für den Aufbau einer Beziehung. Der Vater lasse sich auf die Tochter ein und zeige sich bemüht. Er bleibe Bestandteil ihrer Herkunft und es liege in ihrem Interesse, ein realistisches Bild von ihm zu erhalten; dazu gehörten auch dessen negativen Seiten. Aufgabe der Mutter sei es, nicht ihre eigenen Ängste auf die Tochter zu übertragen. Die Kontakte seien begleitet und das Verhalten des Vaters werde durch eine Fachperson genau mitverfolgt. Er sei zwar eine aufbrausende Person, aber Hinweise, dass er gegenüber der Tochter gewalttätig werden könnte, seien nicht vorhanden. Auch gegenüber Erwachsenen sei keine physische Gewalt aktenkundig. Zeitweise verhalte er sich ungebührlich und fordernd. Dass er Anlass hätte, dieses Verhalten auch gegenüber seiner Tochter an den Tag zu legen, sei aktuell jedoch nicht ersichtlich; abgesehen davon hätte dies aufgrund der engmaschigen Begleitung sofort Konsequenzen. Schliesslich liege klarerweise kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Vater auf Kontakten bestehe. Er habe einen Anspruch auf persönlichen Verkehr, solange das Kindeswohl dadurch nicht gefährdet sei, und daran ändere weder der lange Kontaktunterbruch noch die Tatsache etwas, dass er sich anfänglich über die Geburt nicht erfreut gezeigt habe. 
 
3.  
Soweit vorweg - offenkundig zur Stimmungsmache - das Verhalten des Vaters im Vorfeld der Geburt des Kindes geschildert wird, geschieht dies in appellatorischer und damit in unzulässiger Weise; ohnehin fand dies im angefochtenen Entscheid Erwähnung. Inwiefern sodann die (rechtliche) Erwägung, sein damaliges Verhalten sei für die Frage der heutigen Ausgestaltung des Besuchsrechts nicht relevant, gegen Recht verstossen könnte, wird nicht dargelegt. 
Für willkürlich hält die Mutter die Sachverhaltsfeststellung, "der Kindsvater sei gegenüber C.________ nicht gewalttätig geworden [und] er habe auch gegenüber Erwachsenen keine physische Gewalt ausgeübt". Indem sie hierfür aus dem Bericht der Besuchsrechtsbegleiterin zitiert, wiederholt sie die (u.a. auf diesem Bericht bauenden) Feststellungen des angefochtenen Entscheides, wonach der Umgang mit dem Vater herausfordernd ist, er Drohungen und Beschimpfungen ausstösst, ferner dass er emotional geladen ist, die Glastüre zugeschlagen und sich nicht verabschiedet hat. Wenn sie daraus ableitet, der Vater "üb[e] eindeutig verbale und physische Gewalt aus, und zwar auch gegenüber Erwachsenen und indirekt auch gegenüber der anwesenden Tochter", so zieht sie andere Schlussfolgerungen als das Obergericht. Dies allein lässt jedoch dessen Beweiswürdigung nicht als willkürlich erscheinen. Vielmehr hat das Obergericht gerade ausdrücklich das aufbrausende und drohende Verhalten des Vaters gewürdigt. Es hat dabei aber auch festgestellt, dass es nie zu tatsächlicher Gewalttätigkeit gegenüber Erwachsenen oder gar dem Kind gekommen wäre; inwiefern es sich anders verhalten hätte, zeigt die Mutter nicht auf. Entsprechend ist keine willkürliche Sachverhaltsfeststellung dargetan. 
Weiter hält die Mutter fest, weder sie noch die Grossmutter könnten die Tochter ermuntern, keine Angst vor dem Vater zu haben. Sie (Mutter) habe grosse Angst vor ihm und es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Vater aufgrund des dringenden Verdachts einer Persönlichkeitsstörung auch gegenüber der Tochter verbal und physisch gewalttätig werde. Aus diesem Grund und wegen der bereits stattgefundenen Entfremdung sei das Kindeswohl gefährdet; die Fortsetzung des begleiteten Besuchsrechts liege eindeutig nicht im Kindeswohl, zumal das Kind spüre, dass sie (Mutter) berechtigterweise in Sorge sei. Die Tochter wolle die Besuche nicht und weigere sich konstant, diese überhaupt wahrzunehmen. Mit diesen Ausführungen verquickt die Mutter Sachverhaltsbehauptungen und rechtliche Vorbringen. Sie werden durchwegs appellatorisch vorgetragen und sind entsprechend nicht zu hören, soweit sie den Sachverhalt beschlagen (namentlich die Behauptung, die Tochter wolle die Kontakte nicht und weigere sich, sowie die Mutmassung, der Vater werde in Zukunft ganz bestimmt auch gegenüber der Tochter gewalttätig werden). Vor dem Hintergrund, dass in Bezug auf die im angefochtenen Entscheid enthaltene Tatsachenbasis keine Willkürrügen erfolgen, ist eine falsche Rechtsanwendung, insbesondere eine Verletzung von Art. 273 und 274 ZGB nicht ersichtlich. Es wäre erforderlich, dass sich die Mutter beschwerdeweise mit den ausführlichen rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid und mit den Voraussetzungen von Art. 274 ZGB im Einzelnen auseinandersetzen würde (vgl. E. 1). Dies tut sie nicht, sondern sie hält einzig fest: "Das angefochtene Urteil verletzt Art. 274 ZBG [gemeint: ZGB]." Damit ist keine Rechtsverletzung dargetan. 
Wenn die Mutter schliesslich festhält, angesichts des negativen Verlaufes des begleiteten Besuchsrechts sei das Beharren des Vaters auf dessen Fortsetzung rechtsmissbräuchlich, so behauptet sie das Gegenteil dessen, was im angefochtenen Entscheid festgestellt wurde. Weil jedoch die Behauptung des angeblich negativen Verlaufs appellatorisch und nicht in Form einer Willkürrüge erfolgt, ist sie nicht zu hören (vgl. E. 1). Damit ist der Rechtsmissbrauchsdiskussion von vornherein der Boden entzogen. 
Die ganz am Schluss der Beschwerde erfolgende Gehörsrüge bleibt unsubstanziiert. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich auf die Aussage, "sicher ist der Sachverhalt unter Verletzung des rechtlichen Gehörs festgestellt: Es benötigt es [sic] vorab ein Gutachten über die Umgangsfähigkeit". Dass der Vater aufbrausend ist und teils Drohungen gegen die Mutter ausspricht, hat wie gesagt beweiswürdigend Eingang in die Erwägungen des angefochtenen Entscheides gefunden. Inwiefern darüber hinaus zur Ausübung eines engmaschig begleiteten Besuchsrechts eine psychiatrische Begutachtung nötig wäre, ist nicht ersichtlich. 
 
4.  
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde angesichts der in allen Teilen unzulänglichen Ausführungen und Rügen von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. 
 
5.  
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der KESB Biel und dem Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Juli 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli