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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_49/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 25. Juni 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Moll, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern.  
 
Gegenstand 
Anordnung einer Kontrollfahrt, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 14. August 2013 der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 25. Juni 2012 stellte der in Bern wohnhafte deutsche Staatsangehörige A.________ beim Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern das Gesuch um Austausch eines ausländischen Führerausweises. 
 
 Am 12. Februar 2013 verfügte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt, A.________ habe eine Kontrollfahrt zu absolvieren. 
 
 Am 1. Mai 2013 lehnte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt die Einsprache von A.________ gegen die Verfügung vom 12. Februar 2013 ab. 
 
 Am 14. August 2013 lehnte die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern die Beschwerde von A.________ gegen diesen Einspracheentscheid ab; ihren Entscheid stellte sie A.________ am 23. Dezember 2013 in begründeter Form zu. 
 
B.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. Januar 2014 beantragt A.________, diesen Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die Sache eventuell an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
C.   
Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt und die Rekurskommission beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde abzuweisen. Denselben Antrag stellt das Bundesamt für Strassen (ASTRA). 
 
 A.________ hält in seiner Replik an der Beschwerde fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Die kantonalen Instanzen haben den Austausch des deutschen Führerausweises des Beschwerdeführers vom Bestehen einer Kontrollfahrt abhängig gemacht. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab. Er stellt daher einen Zwischenentscheid dar, der nach der Rechtsprechung anfechtbar ist, da er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
Nach Art. 42 Abs. 1 lit. a der Verkehrszulassungsverordnung (vom 27. Oktober 1976; SR 741.6; VZV) darf ein ausländischer Motorfahrzeugführer in der Schweiz ein Motorfahrzeug führen, wenn er über einen gültigen nationalen Führerausweis verfügt. Einen schweizerischen Führerausweis benötigt der Ausländer, wenn er seit 12 Monaten in der Schweiz wohnt und sich in dieser Zeit nicht länger als drei Monate ununterbrochen im Ausland aufgehalten hat (Art. 42 Abs. 3bis lit. a VZV). Nach Art. 44 Abs. 1 VZV wird dem Inhaber eines gültigen ausländischen Ausweises der schweizerische Führerausweis der entsprechenden Kategorie erteilt, wenn er auf einer Kontrollfahrt nachweist, dass er die Verkehrsregeln kennt und Fahrzeuge der entsprechenden Kategorie sicher zu führen versteht. Nach Art. 150 Abs. 5 lit. e VZV kann das ASTRA "die Anerkennungsfristen für ausländische Ausweise und Kontrollschilder ändern sowie auf die Kontrollfahrt nach Art. 44 Abs. 1 und die Theorieprüfung nach Artikel 44 Absatz 2 verzichten gegenüber Führern aus Staaten, die in Bezug auf Ausbildung und Prüfung der Schweiz entsprechende Anforderungen stellen." Unbestritten ist, dass Deutschland nach der entsprechenden Länderliste des ASTRA (aktuell in Anhang 2 der Beilage zum Kreisschreiben des ASTRA vom 1. Oktober 2013) zu jenen Ländern gehört, deren Ausweise grundsätzlich gegen schweizerische ausgetauscht werden, ohne dass der Inhaber eine Kontrollfahrt oder eine Theorieprüfung zu absolvieren hätte. 
 
 Ziff. 351 der Richtlinie Nr. 1 der Vereinigung der Schweizerischen Strassenverkehrsämter vom 21. Mai 2010 über die Behandlung der Motorfahrzeuge und Motorfahrzeugführer aus dem Ausland (käuflich zu erwerben unter www.asa.ch) bestimmt: "Lässt der Führer aus einem EU-, EFTA- oder anderen Staat (Umtausch der Ausweise ohne Kontrollfahrt gemäss Weisungen des ASTRA vom 29. September 2007) seinen ausländischen Führerausweis später als fünf Jahre seit seiner Einreise umtauschen, so muss er eine Kontrollfahrt absolvieren." Der Vereinigung der Schweizerischen Strassenverkehrsämter (asa) gehören die Amtsvorsteher der Strassenverkehrsämter und Motorfahrzeugkontrollen der Kantone und des Fürstentums Liechtenstein an. Sie bezweckt die einheitliche Anwendung der Verkehrsvorschriften in den Kantonen. Die Vereinigung hat keinerlei Rechtssetzungsbefugnisse; ihren Richtlinien kommt daher kein Rechtssatzcharakter zu, sie können indes als Sachverständigenmeinung bei der Rechtsanwendung berücksichtigt werden (BGE 116 Ib 155 E. 2b; Urteil 2A.46/1992 vom 4. Dezember 1992 E. 3b). 
 
 Gestützt auf diese Rechtslage und die zitierten Richtlinien ist die Rekurskommission zum Schluss gekommen, der Beschwerdeführer habe sein Austauschgesuch mehr als fünf Jahre nach seiner Ausreise gestellt. Es müsse daher entsprechend Ziff. 351 der erwähnten Richtlinie davon ausgegangen werden, dass er während mindestens 5 Jahren kein Motorfahrzeug mehr gelenkt habe. Das gebe zu berechtigten Zweifeln an seiner Fahreignung Anlass, die mit einer Kontrollfahrt abgeklärt werden müssten. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer verfügt seit dem 30. Juli 1997 über einen deutschen Führerschein der Klassen 1a, 1b, 3, 4 und 5, welcher ihn u.a. zum Führen von Leichtkrafträdern (Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h), von Fahrzeugen der (schweizerischen) Kategorien B (Motorwagen bis zu einem Gesamtgewicht von 3500 kg) sowie C1/C1E berechtigen (Motorwagen mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg und einem Anhänger von mehr als 750 kg) berechtigt. Der Beschwerdeführer hat seit dem 2. Dezember 2005 Wohnsitz in der Schweiz und am 29. Juni 2012 - rund 6 ½ Jahre später - das Gesuch gestellt, seinen ausländischen Führerausweis gegen einen schweizerischen umzutauschen. Nach seinen eigenen Angaben hat er in dieser Zeit regelmässig Motorfahrzeuge geführt; als Beleg dafür liegt eine Bestätigung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts vom 13. Juni 2007 in den Akten, wonach ein zuvor in Deutschland zugelassenes Motorrad Piaggio Vespa des Beschwerdeführers in die Schweiz überführt und hier zugelassen wurde. Aktenkundig ist zudem, dass das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt dem Beschwerdeführer seinen ausländischen Ausweis am 4. Oktober 2013 wieder aushändigte, um ihm das Führen von Motorfahrzeugen im Ausland zu ermöglichen.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer hat es somit versäumt, seinen ausländischen Führerausweis pflichtgemäss innerhalb eines Jahres gegen einen schweizerischen umzutauschen. Nach seiner Darstellung hat er nach seinem Zuzug regelmässig Motorfahrzeuge geführt. Der Umstand, dass er 2007 seinen Motorroller in die Schweiz eingeführt hat, ist zwar kein strikter Beweis, aber immerhin ein schlüssiges Indiz dafür, dass er ihn auch benützt hat. Insgesamt erscheint seine Darlegung, dass er auch nach Ablauf der einjährigen Austauschfrist regelmässig Motorfahrzeuge lenkte, plausibel und glaubhaft. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt hat denn auch nie Zweifel daran geäussert. Die Auffassung der Rekurskommission, es bestehe nach Ziff. 351 der erwähnten Richtlinie eine Fiktion, wonach ein Ausländer, der die Umtauschfrist um mehr als vier Jahre verpasse, während mehr als fünf Jahren (d.h. seit dem Zuzug) kein Motorfahrzeug mehr geführt habe, was seine Fahreignung in Frage stelle, findet in Gesetz und Verordnung keine Stütze und ist damit bundesrechtswidrig.  
 
3.3. Somit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seit seinem Zuzug in die Schweiz bis heute regelmässig Motorfahrzeuge gelenkt, es aber versäumt hat, pflichtgemäss innerhalb eines Jahres seinen deutschen Führerausweis auszutauschen. Das Versäumnis des Beschwerdeführers stellt damit objektiv eine mit Busse zu ahndende Übertretung dar (Art. 42 Abs. 3bis VZV i.V.m. Art. 147 Ziff. 1 Abs. 1 und 5 VZV). Dieses Fehlverhalten vermag daher allenfalls Zweifel an seiner Fähigkeit oder seinem Willen zur gewissenhaften Einhaltung seiner administrativen Verpflichtungen zu wecken, nicht aber an seiner Fahreignung, was allein die Anordnung einer Kontrollfahrt rechtfertigen könnte. Weitere Gründe, die Zweifel daran erwecken würden, sind nicht ersichtlich; insbesondere ist der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers (jedenfalls in der Schweiz) ungetrübt. Bestehen aber somit keine ernsthaften Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdeführers, erweist sich die Anordnung einer Kontrollfahrt als bundesrechtswidrig.  
 
3.4. Eine langjährige Fahrabstinenz mag zwar durchaus Zweifel an der Fahreignung wecken. Insofern ist es den Strassenverkehrsämtern unbenommen, im Sinne von Ziff. 351 der erwähnten Richtlinien Abklärungen über die Fahrpraxis des Gesuchsstellers vorzunehmen, wenn ein Ausländer seinen Führerausweis pflichtwidrig erst über fünf Jahre nach seinem Zuzug in die Schweiz austauschen will. Sie können ihm indessen nicht ohne Weiteres im Sinne einer (aussergesetzlichen) Fiktion unterstellen, während dieser Zeit keine Motorfahrzeuge geführt zu haben. Viel nahe liegender dürfte in solchen Fällen zumeist sein, dass sich der Ausländer zu wenig um seine mit dem Umzug verbundenen administrativen Pflichten gekümmert und den rechtzeitigen Austausch seines Führerausweises mangels Kenntnis der entsprechenden Vorschriften verpasste. Das ist als Übertretung objektiv strafbar, beeinträchtigt aber die Fahreignung nicht.  
 
4.   
Die Beschwerde ist damit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt zurückzuweisen mit der Anweisung, den deutschen Führerausweis des Beschwerdeführers gegen einen schweizerischen auszutauschen. Dem pflichtgemässen Ermessen des Amts wird anheimgestellt, den Beschwerdeführer wegen der erwähnten Übertretung zu verzeigen. 
 
 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG), und der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 Die Kosten des kantonalen Verfahrens stehen fest und können vom Bundesgericht daher ohne Rückweisung selber neu verlegt werden. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt wird einen neuen Entscheid zu treffen und dabei auch seine Kosten neu zu regeln haben. Die Rekurskommission hätte die Beschwerde vollständig gutheissen müssen; die Verfahrenskosten von Fr. 900.-- gehen daher voll zu Lasten des Kantons. Für das Verfahren vor der Rekurskommission steht dem Beschwerdeführer zudem eine angemessene Entschädigung zu; mit Blick darauf wird im bundesgerichtlichen Verfahren eine höhere Entschädigung zugesprochen, als das sonst der Fall wäre, womit auf die Rückweisung der Akten an die Vorinstanz zur neuen Festsetzung der Entschädigungsfolgen verzichtet werden kann. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern vom 14. August 2013 aufgehoben und die Sache ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern zurückgewiesen mit der Anweisung, den deutschen Führerausweis des Beschwerdeführers gegen einen schweizerischen auszutauschen.  
 
1.2. Der Kanton Bern trägt die Kosten der Rekurskommission von Fr. 900.--.  
 
2.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern und dem Bundesamt für Strassen Sekretariat Administrativmassnahmen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Juni 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi