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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_45/2023  
 
 
Urteil vom 21. März 2023  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Livio Stocker, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Sicherheit für die Parteientschädigung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 16. Dezember 2022 (1C 22 38/39 / 1U 22 19/20). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 1. Februar 2021 reichte A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin) beim Bezirksgericht Willisau eine Klage betreffend Widerruf eines Schenkungsversprechens und Grundbuchberichtigung gegen B.________ (Beklagter, Beschwerdegegner) ein.  
Die Klägerin stellte gleichzeitig ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, welches das Bezirksgericht mit Entscheid vom 11. Februar 2021 wegen Aussichtslosigkeit der Hauptsache abwies. Die dagegen von der Klägerin erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (vgl. Urteil 4A_325/2021 vom 27. August 2021). 
 
A.b. In der Folge erstreckte das Bezirksgericht dem Beklagten die Frist zur Klageantwort letztmals bis 30. Juni 2022.  
 
A.c. Am 27. Juni 2022 beantragte der Beklagte die Sicherstellung der Parteientschädigung im Umfang von Fr. 75'000.--. Gleichzeitig ersuchte er um Sistierung und Beschränkung des Verfahrens.  
Daraufhin nahm das Bezirksgericht dem Beklagten die Frist zur Klageantwort ab und verpflichtete die Klägerin mit Verfügung vom 20. Oktober 2022 gestützt auf Art. 99 Abs. 1 lit. c und d ZPO, zu Gunsten des Beklagten eine Kaution in Höhe von Fr. 30'000.-- zu leisten. 
Die Klägerin focht diese Verfügung mit Beschwerde beim Kantonsgericht Luzern an. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 16. Dezember 2022 ab. Es erkannte, dass erstens die Klägerin dem Beklagten Prozesskosten aus früheren Verfahren schulde und zweitens auch andere Gründe für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung bestünden. Das Bezirksgericht habe die Klägerin somit zu Recht zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet. 
 
B.  
Die Klägerin verlangt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Entscheid des Kantonsgerichts sei aufzuheben und das Sicherstellungsgesuch sei abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, subeventualiter sei die Sicherheit auf höchstens Fr. 10'561.05 festzusetzen. In prozessualer Hinsicht begehrte sie, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Ausserdem sei ihr für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege (samt Beigabe eines unentgeltlichen Rechtsbeistands) zu gewähren. 
Am 26. Januar 2023 ordnete das Bundesgericht an, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung alle Vollziehungsvorkehrungen zu unterbleiben hätten. Mit Verfügung vom 22. Februar 2023 wurde der Beschwerde mangels Opposition die aufschiebende Wirkung erteilt. 
In der Sache wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit dem angefochtenen Entscheid wies das Kantonsgericht eine Beschwerde gegen die Anordnung einer Sicherheitsleistung ab. Es handelt sich um einen selbstständig eröffneten Vor- und Zwischenentscheid, der weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betrifft und gegen den die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur zulässig ist, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (BGE 142 III 798 E. 2.1 f. mit Hinweisen; die Ausnahme von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt ausser Betracht). 
Es obliegt der beschwerdeführenden Partei, darzutun, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Anfechtbarkeit eines Vor- und Zwischenentscheids erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 142 III 798 E. 2.2 mit zahlreichen Hinweisen). 
Die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin geht zu Unrecht von einem verfahrensabschliessenden (End-) Entscheid im Sinne von Art. 90 BGG aus und äussert sich dementsprechend nicht ausdrücklich zu Art. 93 BGG. Sie macht indes an verschiedenen Stellen ihrer Beschwerdeschrift auf ihre (offenbar schwierige) "finanzielle Situation" aufmerksam. Es kann offenbleiben, wie es sich damit verhält. Denn die Beschwerde ist - wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird - ohnehin abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2.  
Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann (BGE 140 III 115 E. 2; 134 II 244 E. 2.1). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Unerlässlich ist dabei, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung liegt (BGE 140 III 115 E. 2, 86 E. 2). 
Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Rechtsweggarantie (Art. 29a BV). Sie führt aus, dass sie bereits den Gerichtskostenvorschuss nur mit Mühe und dank "der grosszügigen Mithilfe von Drittpersonen" habe begleichen können. Durch die zusätzliche Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit in Höhe von Fr. 30'000.-- werde ihr "der Gang ans Gericht faktisch verunmöglicht". 
Diese Kritik ist, sofern überhaupt hinreichend begründet (Erwägung 2), in der Sache unzutreffend. Eine Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und deren Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege (Art. 117 ZPO). Diese umfasst unter anderem die Befreiung von Sicherheitsleistungen (Art. 118 Abs. 1 lit. a ZPO). Wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege - wie vorliegend (Sachverhalt Bst. A.a) - mangels Erfolgsaussichten abgewiesen und die Ansprecherin in der Folge zur Sicherheitsleistung angehalten, liegt darin keine Missachtung der Rechtsweggarantie. 
Soweit die Beschwerdeführerin die Anordnung einer Kaution im Allgemeinen für unzulässig hält und damit Kritik an der geltenden Rechtslage übt, kann sie vor Bundesgericht nicht gehört werden. Die bundesgesetzliche Regelung (Art. 99 ZPO) ist massgebend (Art. 190 BV). 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin erachtet das Sicherstellungsgesuch (und die damit verbundene Abnahme der Klageantwortfrist) als "rechtsmissbräuchlich". Denn der Beschwerdegegner habe dieses Gesuch unmittelbar vor Ablauf der bereits erstreckten Frist zur Klageantwort eingegeben, obwohl er es "problemlos" auch früher hätte anhängig machen können. Die Klage datiere vom 1. Februar 2021; dennoch habe der Beschwerdegegner bis am 27. Juni 2022 mit der Gesuchseinreichung zugewartet. Es sei ihm allein darum gegangen, die Klageantwortfrist "über den Umweg eines Sicherheitsleistungsgesuchs erneut zu verlängern". Dies stelle einen "offenbaren und krassen Rechtsmissbrauch" dar. 
Die Beschwerdeführerin formulierte diesen Einwand bereits vor Kantonsgericht. Dieses erkannte, dass das Kautionsbegehren wohlbegründet erfolgt sei und nicht offensichtlich bloss, um eine weitere Fristerstreckung zu erzielen. Aus dem blossen Umstand, dass das Kautionsgesuch während der laufenden Klageantwortfrist auch schon früher hätte eingegeben werden können, sei nicht auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten zu schliessen. 
Diese Erwägungen der Vorinstanz verletzen kein Bundesrecht (siehe im Übrigen Urteil 4A_487/2021 vom 14. Dezember 2021 E. 6.4). 
 
5.  
Im Eventualstandpunkt moniert die Beschwerdeführerin, dass die Kaution "in jedem Fall zu hoch angesetzt" sei. 
 
5.1. Die Höhe der Sicherheit bemisst sich nach der zu erwartenden Parteientschädigung, die im Falle des Unterliegens auszurichten wäre (BGE 147 III 529 E. 4.3.2; 140 III 444 E. 3.2.2; Urteil 4A_487/2021 vom 14. Dezember 2021 E. 6.2).  
Die Parteientschädigung ist ihrerseits nach dem kantonalen Tarif festzusetzen (Art. 96 ZPO). Die Anwendung von kantonalem Recht überprüft das Bundesgericht grundsätzlich nur unter Willkürgesichtspunkten (Art. 95 lit. a BGG). Soweit es im Übrigen bei der Bestimmung der mutmasslichen Höhe der allenfalls zu bezahlenden Parteientschädigung um eine Abschätzung des im weiteren Verfahren voraussichtlich anfallenden Aufwands geht, verfügt das kantonale Gericht über einen weiten Ermessensspielraum (BGE 140 III 444 E. 3.2.2). In Ermessensentscheide schreitet das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung ein (siehe zu den Voraussetzungen BGE 143 III 261 E. 4.2.5; 141 III 97 E. 11.2 S. 98). 
 
5.2. Das Kantonsgericht hielt unter Hinweis auf die kantonale Verordnung über die Kosten in Zivil-, Straf- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (JusKV/LU; SRL Nr. 265) fest, angesichts des Streitwerts von über Fr. 1 Mio. liege die ordentliche Anwaltsgebühr gemäss Tarif zwischen Fr. 22'500.-- und Fr. 187'500.--. Die sich im anstehenden Verfahren stellenden prozessualen und gegebenenfalls materiellen Fragen seien nicht einfach, womit die vom Bezirksgericht festgesetzte Sicherheit von Fr. 30'000.-- angemessen erscheine.  
 
5.3. Die Beschwerdeführerin greift diesen Entscheid an, indem sie verkündet, der weitere Prozess werde sich "als nicht besonders umfangreich gestalten". Ausserdem sei in einem früheren Rechtsstreit zwischen diesen Parteien, der "viel umfangreicher" gewesen sei, lediglich eine Parteientschädigung von Fr. 21'286.96 zugesprochen worden.  
Diese Vorbringen veranlassen das Bundesgericht nicht, die Anwendung von kantonalem Tarifrecht zu überprüfen oder in die vorinstanzliche Ermessensbetätigung einzugreifen (siehe Erwägung 5.1). 
 
5.4. Die Beschwerdeführerin ist weiter der Auffassung, der Beschwerdegegner seinerseits schulde ihr aus früheren Verfahren noch Parteientschädigungen im Umfang von Fr. 15'725.90. Die Sicherheitsleistung sei im Sinne einer "Verrechnung" um diesen Betrag herabzusetzen.  
Die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Kalkulation ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht statthaft, wie das Bundesgericht bereits ausdrücklich entschieden hat (BGE 141 III 155 E. 4.4). Die Vorinstanz hat die geltend gemachte "Verrechnung" mit früheren (angeblich noch ausstehenden) Parteientschädigungen bei der Festsetzung der Höhe der Kaution dementsprechend zu Recht nicht in Anschlag gebracht. 
 
6.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde aussichtslos ist (siehe Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin wird kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. März 2023 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle