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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_50/2023  
 
 
Urteil vom 31. Juli 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber Weber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
handelnd durch A.________, 
Beschwerdeführende, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt ass. iur. Peter Kriebel, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, 
Langfeldstrasse 53a, 8510 Frauenfeld, 
Departement für Justiz und Sicherheit 
des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 
8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Familiennachzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Thurgau, vom 23. November 2022 
(VG.2022.62/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1989) ist brasilianische Staatsangehörige. Sie reiste am 4. Dezember 2016 als Touristin in die Schweiz ein und heiratete am 17. Februar 2017 den Schweizer Bürger C.________. Sie erhielt - nach erfolgter Wiedereinreise - per 19. Juni 2017 eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs. 
Ihr jüngeres Kind, D.________ (geb. 2011), reiste am 7. August 2018 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Ihr älteres Kind, B.________ (geb. 2006), verblieb zunächst in Brasilien. 
Am 17. November 2020 ersuchte A.________ um Familiennachzug ihres Kindes B.________. B.________ reiste am 1. August 2021 in die Schweiz ein, ohne einen Entscheid über die Bewilligung des Nachzugsgesuchs abzuwarten. 
 
B.  
Das Migrationsamt des Kantons Thurgau wies das Ersuchen um Familiennachzug am 18. August 2021 ab. B.________ wurde angehalten, das Land nach Beendigung des visumsfreien Besuchsaufenthalts bis spätestens am 31. Oktober 2021 zu verlassen. 
Den hiergegen von A.________ erhobenen Rekurs lehnte das Migrationsamt des Kantons Thurgau am 6. April 2022 ab. Die dagegen beim Verwaltungsgericht geführte Beschwerde blieb erfolglos (Urteil vom 23. November 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 20. Februar 2023 beantragen A.________ (Beschwerdeführerin) und B.________ (Beschwerdeführer) dem Bundesgericht, das Urteil vom 23. November 2022 aufzuheben. 
Das Migrationsamt, das Departement für Justiz und Sicherheit wie auch das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Staatssekretariat für Migration liess sich nicht vernehmen. 
Mit Verfügung vom 13. März 2023 hat die Abteilungspräsidentin das Gesuch um aufschiebende Wirkung als gegenstandslos abgeschrieben. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid betreffend Familiennachzug ist zulässig, da die Beschwerdeführerin aufgrund des Zusammenlebens mit ihrem schweizerischen Ehegatten einen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung hat (Art. 42 Abs. 1 AIG) und damit über ein gefestigtes Aufenthaltsrecht verfügt (BGE 137 I 284 E. 1.3). Dieses kann dem Beschwerdeführer, um dessen Aufenthalt bzw. Nachzug es geht, nach Art. 8 EMRK grundsätzlich einen Aufenthaltsanspruch vermitteln (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c Ziff. 2 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2; Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG; Urteil 2C_837/2022 vom 19. April 2022 E. 1 mit Hinweis). Auf die im Übrigen form- und fristgerecht (Art. 42, Art. 100 BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5) und verfügt es über volle Kognition (Art. 95 BGG; BGE 141 V 234 E. 2). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.1).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig ("willkürlich"), unvollständig oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt wurden und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen; auf rein appellatorische Kritik an der Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Gericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3).  
 
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder erst danach entstanden sind (echte Noven), ist unzulässig (BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen).  
Das ins Recht gelegte Schreiben der Klassenlehrerin, die Zusage zu einer Schnupperlehre wie auch ein Schreiben des Kindsvaters und einer weiteren Person, die das Kind bisher betreut hatte, können als echte Noven im bundesgerichtlichen Verfahren keine Berücksichtigung finden. 
 
3.  
Die Beschwerdeführenden rügen eine Verletzung von Art. 47 Abs. 4 AIG i.V.m. Art. 8 EMRK durch die Vorinstanz. Sie bringen vor, dem Beschwerdeführer sei eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, weil wichtige familiäre Gründe für den Nachzug vorliegen würden. 
 
3.1. Nach Art. 44 Abs. 1 AIG kann ledigen Kindern unter 18 Jahren von Personen mit Aufenthaltsbewilligungen eine solche erteilt und verlängert werden. Gesuche um Familiennachzug von Kindern von Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung müssen innerhalb von fünf Jahren eingereicht werden. Das Gesuch für den Nachzug von Kindern über 12 Jahren muss innerhalb von 12 Monaten eingereicht werden (Art. 47 Abs. 1 AIG; Art. 73 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]). Diese Fristen beginnen gemäss Art. 47 Abs. 3 lit. b AIG i.V.m. Art. 73 Abs. 2 VZAE mit der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung oder der Entstehung des Familienverhältnisses zu laufen. Erreicht ein Kind das 12. Altersjahr, gilt von da an die kürzere Frist von 12 Monaten (Urteile 2C_493/2020 vom 22. Februar 2021 E. 2.3.2; 2C_205/2011 vom 3. Oktober 2011 E. 3.4).  
Vorliegend erhielt die Beschwerdeführerin per 19. Juni 2017 eine Aufenthaltsbewilligung. Das Familiennachzugsgesuch für den Beschwerdeführer, der am 1. August 2021 in die Schweiz eingereist ist, stellte sie am 17. November 2020. Der Beschwerdeführer wurde am 9. Dezember 2018 12 Jahre alt, sodass ab diesem Zeitpunkt die einjährige Frist zu laufen begann. Die Frist für den ordentlichen Nachzug war bei der Gesuchseinreichung demnach verstrichen, was unbestritten ist. 
 
3.2. Streitgegenstand bildet folglich nur noch die Frage, ob die Voraussetzungen für einen nachträglichen Familiennachzug wegen wichtiger familiärer Gründe gemäss Art. 47 Abs. 4 AIG gegeben sind, wie dies die Beschwerdeführenden geltend machen.  
Die Bewilligung des Nachzugs nach Ablauf der Fristen hat nach dem Willen des Gesetzgebers die Ausnahme zu bleiben. Die Voraussetzung der wichtigen familiären Gründe für den nachträglichen Familiennachzug ist in Konformität mit Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV auszulegen (BGE 146 I 185 E. 7.1.1 mit Hinweisen; Urteil 2C_375/2022 vom 15. September 2022 E. 5.1.1). Der historische Gesetzgeber beabsichtigte beim Erlass von Art. 47 Abs. 4 AIG, die Integration durch einen möglichst frühzeitigen Nachzug der Familienmitglieder zu fördern, indessen nicht die Nachzugsgründe auf nicht vorhersehbare Ereignisse zu beschränken (BGE 146 I 185 E. 7.1.1). Insofern ist zu beachten, dass die internen Regeln zum Familiennachzug (Art. 42 ff., Art. 47 AIG) einen Kompromiss zwischen dem Schutz des Familienlebens und dem Ziel der Begrenzung der Einwanderung darstellen. Die Fristen gemäss Art. 47 AIG bezwecken deshalb auch die Steuerung und Kontrolle der Einwanderung und stellen insofern ein öffentliches Interesse im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK dar, um das Recht auf Familienleben einzuschränken (BGE 137 I 284 E. 2.1; Urteil 2C_837/2022 vom 19. April 2023 E. 5.3.1). Das Interesse an der Erhaltung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung ist ein legitimes Interesse, das im Rahmen der Verhältnismässigkeit Eingriffe in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK rechtfertigen kann (BGE 144 I 266 E. 3.7; 138 I 246 E. 3.2.2; 137 I 247 E. 4.1.2; Urteile des EGMR M.A. gegen Dänemark vom 9. Juli 2021 [Nr. 6697/18] § 142; Biao gegen Dänemark vom 24. Mai 2016 [Nr. 38590/10] § 117 mit weiteren Hinweisen).  
Praxisgemäss geht das Bundesgericht davon aus, dass eine Familie, die freiwillig jahrelang getrennt gelebt hat, dadurch ihr beschränktes Interesse an einem ortsgebundenen (gemeinsamen) Familienleben zum Ausdruckt bringt; in einer solchen Konstellation, in der die familiären Beziehungen während Jahren über die Grenzen hinweg besuchsweise und über die modernen Kommunikationsmittel gelebt werden, überwiegt regelmässig das der ratio legis von Art. 47 Abs. 4 AIG zugrunde liegende Interesse an der Einwanderungsbeschränkung, solange nicht objektive nachvollziehbare Gründe, welche von den Betroffenen zu bezeichnen und zu rechtfertigen sind, etwas anderes nahelegen (BGE 146 I 185 E. 7.1.1; Urteil 2C_375/2022 vom 15. September 2022 E. 5.1.1). 
 
3.3. Wichtige familiäre Gründe liegen gemäss Art. 47 Abs. 4 AIG i.V.m. Art. 75 VZAE vor, wenn das Kindswohl nur durch einen Nachzug in die Schweiz gewahrt werden kann. Allerdings ist praxisgemäss nicht ausschliesslich auf das Kindswohl abzustellen, sondern es bedarf einer Gesamtschau unter Berücksichtigung aller wesentlichen Elemente (Urteil 2C_375/2022 vom 15. September 2022 E. 5.1). Der alleinige Wunsch, die Familie zu vereinigen, stellt keinen wichtigen familiären Grund dar (BGE 146 I 185 E. 7.1.1; Urteil 2C_451/2022 vom 27. Oktober 2022 E. 4.3). Ein wichtiger Grund liegt beispielsweise vor, wenn die weiterhin notwendige Betreuung des Kindes im Herkunftsland wegen des Todes oder der Krankheit der betreuenden Person nicht mehr gewährleistet ist und keine sinnvolle Alternative in der Heimat gefunden werden kann. Für den Nachweis der fehlenden Betreuungsmöglichkeit im Heimatland bestehen gemäss Rechtsprechung umso höhere Anforderungen, je älter das nachzuziehende Kind ist und je grösser die Integrationsschwierigkeiten erscheinen, die ihm in der Schweiz drohen (BGE 137 I 284 E. 2.2; Urteile 2C_882/2022 vom 7. Februar 2023 E. 4.2; 2C_375/2022 vom 15. September 2022 E. 5.1).  
 
3.4. Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz das Vorliegen von wichtigen Gründen im Sinne von Art.47 Abs. 4 AIG und Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV in rechtskonformer Weise verneinen durfte.  
 
3.4.1. Die Vorinstanz erwägt diesbezüglich zunächst, die Eingaben der Beschwerdeführenden betreffend die Betreuungssituation im Heimatland seien inkonsistent und im Laufe des Verfahrens immer wieder angepasst worden. Gemäss den Sachverhaltsfeststellungen führten die Beschwerdeführenden in ihrem Gesuch um Familiennachzug vom 17. November 2020 aus, bis vor Kurzem habe sich die Grossmutter väterlicherseits um den Beschwerdeführer gekümmert. Sie sei unterdessen verstorben, und es seien keine weiteren Familienmitglieder vorhanden. In der Rekursschrift wird demgegenüber darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer nun bei einer (Gross-) Tante wohne, die sich um ihn kümmere; auch habe eine Nachbarin sich wie eine Grossmutter um ihn gesorgt.  
Die Beschwerdeführenden machen ihrerseits im bundesgerichtlichen Verfahren geltend, ihre Aussagen seien nur in zwei wenig relevanten Aspekten nicht konsistent gewesen, nämlich hinsichtlich der Betreuung durch die Grossmutter oder Nachbarin. Dabei handle es sich um Ungenauigkeiten, die auf die fehlende direkte Kommunikation mit ihrem vormaligen Rechtsvertreter zurückzuführen seien. Entscheidend sei, dass die Unterbringung des Beschwerdeführers bei diesen Personen nicht mehr möglich sei. 
In ihrer Beschwerde an das Bundesgericht bringen die Beschwerdeführenden insbesondere vor, der Beschwerdeführer sei bisher durch eine Tante betreut worden, die in prekären Verhältnissen, alleinstehend und mit drei Kindern lebe, und nicht in der Lage sei, ihn weiter zu betreuen und ebenso wenig, schriftliche attestierte Nachweise einzureichen. 
 
3.4.2. Wie die Vorinstanz indessen korrekt erwägt, sind die Beschwerdeführenden unabhängig allfälliger Kommunikationsprobleme mit ihrem Rechtsvertreter hinsichtlich der Frage, ob wichtige familiäre Gründe vorliegen, beweisbelastet. Die im öffentlichen Recht herrschende Untersuchungsmaxime, welche die Behörde verpflichtet, den relevanten Sachverhalt zu erstellen, befreit die Verfahrensbeteiligten nicht davon, hinsichtlich solcher Umstände selbst mitzuwirken, die eine Partei wesentlich besser kennt und welche die Behörde ohne Mitwirkung nicht (bzw. nicht mit vernünftigem Aufwand) erheben könnte (BGE 143 II 425 E. 5.1).  
Soweit die Beschwerdeführenden vorbringen, die Unterbringung bei der (Gross-) Tante sei nicht mehr möglich, hat die Vorinstanz diese Veränderung als nicht erstellt erachtet. Das Verwaltungsgericht führt hierzu aus, die Beschwerdeführenden hätten mit Bezug auf die Betreuungssituation vorgebracht, die (Gross-) Tante sei chronisch krank und leide unter psychischen Problemen. Sie hätten hierfür ein Attest in Aussicht gestellt, welches jedoch nie eingereicht wurde. Es lagen im vorinstanzlichen Verfahren demnach keinerlei Belege vor, die nahelegten, dass die bisherige Betreuung nicht mehr fortgeführt werden könne oder dass die (Gross-) Tante dies nicht mehr wolle. Das Verwaltungsgericht stellte seinerseits fest, dass in der Klageschrift der Beschwerdeführerin vom 29. April 2021 betreffend Vaterschaftsklage (Familienkammer des Bezirksgerichts U.________) keine Hinweise darauf bestehen würden, dass die bisherige Betreuung unmöglich geworden wäre. Vor diesem Hintergrund kann das Bundesgericht die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, wonach sich die Betreuungssituation entgegen der Vorbringen nicht wesentlich verändert hat, nicht als offensichtlich unrichtig werten (vgl. E. 2.2). Das im bundesgerichtlichen Verfahren beigelegte allgemein gehaltene Schreiben der Tante kann als echtes Novum nicht berücksichtigt werden (vgl. E. 2.3). 
 
3.4.3. Einen weiteren wichtigen Grund, um den Beschwerdeführer ausserhalb der Fristen nachzuziehen, begründen die Beschwerdeführenden mit dem Umstand, dass der eingetragene Kindsvater der Umsiedlung während der Fristen nicht zugestimmt habe. Sie machen geltend, mit dieser Hürde hätten sie nicht rechnen können, sodass der Fristablauf von ihrer Seite unverschuldet sei.  
Für das Verpassen der Nachzugsfrist wegen fehlender Zustimmung des Vaters hat die Vorinstanz weder Hinweise in den Akten finden können noch bestanden Vorbringen seitens der Beschwerdeführenden, die dies hätten nahelegen können. Es hätte an den Beschwerdeführenden gelegen, die entsprechenden Umstände nicht bloss zu behaupten, sondern zu belegen (BGE 143 II 425 E. 5.1; vgl. hiervor E. 3.4.2). Das Schreiben des eingetragenen Kindsvaters, auf das sich die Beschwerdeführenden beziehen, ist allgemein gehalten und kann als echtes Novum nicht berücksichtigt werden (vgl. hiervor E. 2.3). 
 
3.4.4. Die Beschwerdeführenden machen ferner geltend, der Beschwerdeführer sei bereits im August 2021 eingereist und habe sich seither in der Schweiz sehr gut integriert. In Anbetracht der guten Integration seien die Anforderungen daran niedrig, die Unmöglichkeit der weiteren Betreuung durch die (Gross-) Tante im Heimatland zu belegen.  
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer eingereist ist, ohne die Bewilligungsentscheidung abzuwarten, kehrt die Beweislast für die Betreuungssituation im Heimatland - entgegen der Vorbringen - nicht um. Wohl bestehen für den Nachweis der fehlenden Betreuungsmöglichkeit im Heimatland umso höhere Anforderungen, je älter das Kind ist und entsprechend je schwieriger die Integration mutmasslich ist (vgl. hiervor E. 3.3 in fine). Daraus lässt sich aber nicht im Umkehrschluss ableiten, durch das Setzen vollendeter Tatsachen würde ein Aufzeigen oder zumindest Nahelegen der fehlenden weiteren Betreuungsmöglichkeit im Heimatland entfallen. Die Vorinstanz hat kein Bundesrecht verletzt, indem sie davon ausging, anstelle eines wichtigen familiären Grundes im Sinne von Art. 47 Abs. 4 AIG hätten Überlegungen zur Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund gestanden. Es ist nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin ihrem Sohn eine bessere Lebensqualität ermöglichen möchte, so wie sie dies gemäss den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen auch in der Vaterschaftsklage vom 29. April 2021 (Art. 105 Abs. 2 BGG) festgehalten hat. Indessen begründet ein entsprechender Wunsch nach Familienzusammenführung praxisgemäss keinen Anspruch auf Familiennachzug im Sinne der angerufenen Ausnahmebestimmungen nach verpasster Nachzugsfrist (BGE 146 I 185 E. 7.1.1; vgl. hiervor E. 3.3). 
 
4.  
 
4.1. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz weder Konventions- noch Bundesrecht verletzt hat, indem sie das Vorliegen eines wichtigen familiären Grundes im Sinne von Art. 47 Abs. 4 AIG verneinte.  
 
4.2. Dies führt zur kostenpflichtigen Abweisung der Beschwerde (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Juli 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: F. Weber