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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_293/2023  
 
 
Urteil vom 25. September 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Präsidentin,  
Bäumleingasse 1, 4051 Basel. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Besuchsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Präsidentin, vom 26. Mai 2023 (SB.2021.73). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde vom Strafgericht Basel-Stadt am 6. November 2020 wegen mehrfachen gewerbsmässigen Betrugs, gewerbsmässiger Hehlerei, mehrfacher Anstiftung und mehrfacher Gehilfenschaft zum Check- und Kreditkartenmissbrauch, Veruntreuung, Sachentziehung, betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, mehrfacher Urkundenfälschung, versuchter Anstiftung zum falschen Zeugnis, Verabreichung gesundheitsgefährdender Stoffe an Kinder sowie mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Ferner ist über ihn eine Landesverweisung von acht Jahren verhängt worden. 
Mit Urteil vom 12. Januar 2023 bestätigte das Appellationsgericht Basel-Stadt die Schuldsprüche gegen A.________ mit Ausnahme der gewerbsmässigen Hehlerei (konsumiert von der Anstiftung zum Betrug) sowie der Sachentziehung (verjährt). Das Appellationsgericht bestätigte auch das Strafmass von sieben Jahren Freiheitsentzug und die Landesverweisung von acht Jahren. Dagegen hat A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht erhoben (Verfahren 6B_831/2023). Über seine Beschwerde wurde noch nicht entschieden. 
 
B.  
A.________ wurde am 30. Oktober 2018 in Untersuchungshaft versetzt. Seit dem 21. Januar 2020 befindet er sich in Sicherheitshaft. Im Rahmen des Vollzugs der Sicherheitshaft beantragte A.________ bei der Verfahrensleitung die Ausstellung einer Dauerbesuchsbewilligung für B.________ und C.________, zwei enge Freunde. Mit Verfügung vom 26. Mai 2023 wies die Präsidentin des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt das Gesuch betreffend die Erteilung einer Dauerbesuchsbewilligung ab. Hingegen stellte es A.________ eine einmalige Besuchsbewilligung für B.________ aus. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 8. Juni 2023 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung der Präsidialverfügung des Appellationsgerichts vom 26. Mai 2023 und die Erteilung der beantragten Dauerbesuchsbewilligungen. Zudem sei eine willkürliche Behandlung durch die Präsidentin des Appellationsgerichts festzustellen und diese dafür zu verurteilen. In prozessualer Hinsicht beantragt er sinngemäss die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Das Appellationsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegenstand des angefochtenen kantonal letztinstanzlichen Entscheides bildet eine Verfügung der verfahrensleitenden Präsidentin des Appellationsgerichts über die Haftbedingungen (Erteilung einer Dauerbesuchsbewilligung) in Sicherheitshaft (Art. 80 BGG i.V.m. Art. 235 Abs. 2 StPO). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen (Urteil 7B_221/2023 vom 20. Juli 2023 E. 1.1 und 1.3). Als inhaftierte und beschuldigte Person, deren Gesuch um Erteilung von zwei Dauerbesuchsbewilligungen abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer zur Beschwerde berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen grundsätzlich erfüllt sind, ist mit Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen auf die Beschwerde einzutreten.  
 
1.2. Feststellungsbegehren sind subsidiär zu Leistungsbegehren und nur zulässig, wenn daran ein schutzwürdiges Feststellungsinteresse besteht (BGE 148 I 160 E. 1.6). Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der angefochtenen Präsidialverfügung vom 26. Mai 2023, mit welcher sein Gesuch um Erteilung von zwei Dauerbesuchs-bewilligungen abgewiesen wurde (Begehren Ziff. 1). Inwiefern zusätzlich ein schutzwürdiges Interesse an der sinngemäss verlangten Feststellung eines willkürlichen Verhaltens der Präsidentin des Appellationsgerichts bestehen soll (Begehren Ziff. 2), ist nicht ersichtlich und auch nicht ansatzweise dargetan. Auf dieses Rechtsbegehren ist daher nicht einzutreten. Nicht einzutreten ist sodann auf alle Vorbringen, mit denen der Beschwerdeführer lediglich allgemein gehaltene appellatorische Kritik an den Besuchsmodalitäten des Untersuchungsgefängnis Waaghof äussert (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Die strafprozessual inhaftierte beschuldigte Person darf in ihrer persönlichen Freiheit nicht stärker eingeschränkt werden, als es der Haftzweck sowie die Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt erfordern (Art. 235 Abs. 1 StPO). Kontakte zwischen der inhaftierten beschuldigten Person und anderen Personen bedürfen der Bewilligung der Verfahrensleitung; Besuche finden wenn nötig unter Aufsicht statt (Art. 235 Abs. 2 StPO). Nach der Praxis des Bundesgerichtes besteht unter den Voraussetzungen von Art. 235 StPO grundsätzlich ein bundesrechtlicher Anspruch auf angemessene Haftbesuche. Mangels entgegenstehender gewichtiger öffentlicher Interessen haben auch strafprozessuale Häftlinge namentlich das Recht auf angemessenen regelmässigen Kontakt zu ihrer Familie, darunter auch unverheirateten Lebenspartnern (BGE 143 I 241 E. 3.6; 118 Ia 64 E. 3o; 106 Ia 136 E. 7a). Dies gilt besonders während länger andauernder strafprozessualer Haft und Wegfall von Kollusionsgefahr. Hingegen kann eine Haftbesuchsbewilligung - selbst unter Bewachung und auch gegenüber nahen Angehörigen - grundsätzlich verweigert werden, solange akute Verdunkelungsgefahr besteht (BGE 143 I 241 E. 3.6; Urteil 7B_221/2023 vom 20. Juli 2023 E. 2.2).  
 
2.2. Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, gestützt auf Art. 84 Abs. 1 StGB und Art. 235 Abs. 2 StPO habe jede inhaftierte Person das Recht auf Erteilung einer Dauerbesuchsbewilligung für die Personen seiner Wahl, sobald die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben habe. Dem widerspreche die angefochtene Verfügung, da darin angeordnet werde, dass nur einmalige Besuchsbewilligungen auf Antrag der Besuchenden erteilt würden. Da der Erhalt einer Besuchsbewilligung dadurch mit unverhältnismässig hohen administrativen Hürden verbunden sei, schränke diese Praxis sein Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) unverhältnismässig ein. Das Recht auf Pflege von sozialen Kontakten während der Zeit einer Inhaftierung beziehe sich sodann nicht nur auf die Familienmitglieder, sondern auf alle anderen nahestehenden Personen. Zu berücksichtigen sei auch, dass er sich nicht mehr in Untersuchungshaft, sondern nunmehr seit dem 21. Januar 2020 in Sicherheitshaft befinde und er daher selber entscheiden könne, wer ihn besuchen dürfe.  
 
2.3. Diese Rügen sind unbegründet. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bedürfen Besuche zwischen ihm und anderen Personen gemäss Art. 235 Abs. 2 StPO der Bewilligung durch die Verfahrensleitung, da er sich in Sicherheitshaft befindet. Das Besuchsrecht des Untersuchungs- und Sicherheitsgefangenen unterliegt zudem mit Rücksicht auf den Haftzweck und die Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt Beschränkungen (vorne E. 2.1; siehe auch BGE 102 Ia 299 E. 3; ADRIAN BERLINGER, in: Basler Kommentar StPO, 3. Aufl. 2023, N. 37 zu Art. 235 StPO). In Anbetracht dessen hält es vor Bundesrecht stand, wenn die Vorinstanz Dauerbesuchsbewilligungen grundsätzlich auf engste Familienmitglieder beschränkt und für weitere Bekannte Einzelbewilligungen erteilt. Zwecks Sicherstellung eines geordneten Anstaltsbetriebs erscheint es nachvollziehbar, den Empfang von Besuchenden durch die inhaftierten Personen mittels Einzelbewilligungen zu regeln und Dauerbesuchsbewilligungen nur an die Familienangehörigen auszustellen, um auf diesem Weg die Besucherzahlen der Haftanstalt kontrollieren zu können. Diese Besuchsregelung erweist sich auch ohne Weiteres als tauglich, angemessene und damit grundrechtskonforme strafprozessuale Haftbesuche zu ermöglichen (zum zeitlichen Umfang des Besuchsrechts: BGE 106 Ia 136 E. 7a, ADRIAN BERLINGER, a.a.O., N. 38 zu Art. 235 StPO). Der Beschwerdeführer führt insoweit sogar selber aus, sein Antrag auf Besuch durch seinen engen Freund C.________ sei in der Vergangenheit bereits bewilligt worden. Aus der angefochtenen Verfügung geht sodann hervor, dass dies auch in Bezug auf seine enge Freundin B.________ gilt, bewilligte die verfahrensleitende Präsidentin des Appellationsgerichts doch auch insoweit einen einmaligen Besuch und stellte die Bewilligung weiterer Einzelbesuche in Aussicht. Ein sachgerechtes und verhältnismässiges Besuchsintervall dieser beiden engen Bekannten ist mit der vorliegenden Regelung des Besuchsrechts somit gewährleistet. Dass die jeweilige Einreichung eines Besuchsformulars an die Verfahrensleitung mit einem gewissen administrativem Aufwand verbunden ist, liegt in der Natur der Sache und belegt keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung. Die vom Beschwerdeführer kritisierte Besuchsregelung stellt damit insgesamt keinen unverhältnismässigen Eingriff in sein Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) dar und verletzt auch sonst kein Bundesrecht.  
 
3.  
Die Beschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Unter den gegebenen Umständen kann aber ausnahmsweise auf die Auferlegung von Gerichtskosten verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Präsidentin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. September 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Koch 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn