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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_334/2023  
 
 
Urteil vom 10. Oktober 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Walther. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Philip Stolkin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 31. März 2023 (VBE.2022.277). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1973 geborene A.________ erlitt am 18. April 2012 einen Arbeitsunfall. Gestützt auf ein von der Invalidenversicherung in Auftrag gegebenes medizinisches Gutachten der Academy of Swiss Insurance Medicine am Universitätsspital Basel (Expertise vom 14. September 2018; nachfolgend: asim-Gutachten) sprach ihm die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) mit Verfügung vom 19. September 2019 eine Invalidenrente unter Annahme einer Erwerbsunfähigkeit von 30 % und eine Integritätsentschädigung entsprechend einer Integritätseinbusse von 10 % zu. Auf Einsprache des Versicherten erhöhte sie die Invalidenrente unter Annahme einer Erwerbsunfähigkeit von 33 % und die Integritätsentschädigung bei einem Integritätsschaden von 25 % (Einspracheentscheid vom 1. Mai 2020). Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 8. Februar 2021 ab, was das Bundesgericht mit Urteil 8C_239/2021 vom 4. November 2021 schützte. 
In der Zwischenzeit hatte A.________ der Suva am 5. März 2021 telefonisch Rückenbeschwerden als Rückfall zum Unfall vom 18. April 2012 gemeldet. Nach Rücksprache mit ihrem Kreisarzt Dr. med. univ. B.________, Praktischer Arzt, verweigerte die Suva diesbezüglich Leistungen, da zwischen dem Unfall und den Rückenbeschwerden kein Zusammenhang bestehe (Verfügung vom 7. Mai 2021). Mit Einspracheentscheid vom 15. Juni 2022 hielt sie daran fest. 
 
B.  
Das Versicherungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde des A.________ ab, soweit es darauf eintrat (Urteil vom 31. März 2023). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des kantonalen Urteils sei ihm eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung auf der Basis von 100 % zu gewähren. Weiter sei ihm - wohl für das Einspracheverfahren vor der Suva und das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren - eine Parteientschädigung zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Am 14. Juni 2023 lässt A.________ eine weitere Eingabe einreichen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
Neue Begehren sind vor Bundesgericht unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Im vorinstanzlichen Verfahren beantragte der Beschwerdeführer in der Sache lediglich eine (erhöhte) Rente der Unfallversicherung. Auf seinen letztinstanzlichen Antrag, ihm sei eine Integritätsentschädigung auf der Basis von 100 % zu gewähren, ist daher nicht einzutreten. 
 
3.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie eine Leistungspflicht der Suva für die im März 2021 vom Beschwerdeführer gemeldeten Rückenbeschwerden verneinte. 
 
4.  
Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen und die Rechtsprechung insbesondere zu Rückfällen und Spätfolgen (Art. 11 UVV), zur für die diesbezügliche Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderliche natürliche Kausalität zwischen dem ursprünglichen Unfallereignis und dem späteren Beschwerdebild (vgl. BGE 144 V 245 E. 6.1; 118 V 293 E. 2c) sowie zum Beweiswert von Berichten versicherungsinterner Ärzte (BGE 145 V 97 E. 8.5; 135 V 465 E. 4.4) und von reinen Aktengutachten (vgl. Urteil 8C_253/2023 vom 7. August 2023 E. 3 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
5.  
 
5.1. Das kantonale Gericht hielt fest, mit Urteil 8C_239/2021 vom 4. November 2021 habe das Bundesgericht die Rechtmässigkeit des ersten Einspracheentscheids vom 1. Mai 2020 bestätigt. Was die Rüge des Beschwerdeführers anbelange, ihm sei, wie sich auch aus den Berichten seines Psychiaters Dr. med. C.________ und seines Hausarztes med. pract. D.________ vom 10. November bzw. vom 9. Dezember 2022 ergebe, seinerzeit zu Unrecht nur eine Rente auf der Basis eines Invaliditätsgrads von 33 % zugesprochen worden, verfüge er einerseits nicht über ein neues Beweismittel, welches einen Grund für eine prozessuale Revision des Einspracheentscheids vom 1. Mai 2020 im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG bilden könnte. Zum anderen wäre für die Prüfung der Revisionsvoraussetzungen ohnehin das Bundesgericht zuständig, welches über die Rentenzusprache letztinstanzlich entschieden habe. Soweit der Beschwerdeführer eine höhere Rente unabhängig von der Qualifikation der Rückenbeschwerden beantrage, sei auf seine Beschwerde daher nicht einzutreten.  
 
5.2. Bezüglich der vom Beschwerdeführer als Rückfall zum Unfall vom 18. April 2012 geltend gemachten Rückenbeschwerden stützte sich die Vorinstanz sodann auf die Aktenbeurteilung des Kreisarztes Dr. med. univ. B.________ vom 6. Mai 2021. Dieser hielt fest, der Beschwerdeführer habe am 18. April 2012 ein stumpfes Abdominaltrauma mit Verbrennungen an Bauch, Rücken und Händen erlitten; weitere Verletzungen seien nicht dokumentiert worden. Die bei der Röntgenuntersuchung vom 29. Januar 2021 festgestellten leichten Veränderungen im Bereich der Lenden- und der Brustwirbelsäule stünden in keinem Zusammenhang mit dem Unfall, sondern entsprächen den zu erwartenden altersbedingten Veränderungen. Der vom behandelnden Arzt Dr. med. E.________ im Bericht vom 26. März 2021 vertretenen Argumentation, wonach es beim Unfallereignis zu einer "Kompression Kontusion" der Lendenwirbelsäule (LWS) gekommen sei und der Beschwerdeführer deshalb seit dem Unfall an einem lumbovertebralen Syndrom leide, fehle es an einer Grundlage in den medizinischen Akten. Im Rahmen einer einlässlichen Aktenwürdigung, auf welche verwiesen wird, pflichtete die Vorinstanz Dr. med. univ. B.________ bei, dass die vom Hausarzt angegebene Kompression bzw. Kontusion der LWS im Widerspruch zu sämtlichen in den Jahren seit dem Unfall erstellten Arztberichten stehe, insbesondere auch zum asim-Gutachten vom 14. September 2018. Schliesslich widerspreche sich Dr. med. E.________ auch selbst, da er in der Anmeldung zur Röntgenuntersuchung vom 29. Januar 2021 noch angegeben habe, die Rückenbeschwerden bestünden bei Status nach einem vor zwei Jahren, mithin im Jahr 2019, erlittenen Trauma. Da sich aus den umfangreichen medizinischen Akten zum Unfall vom 18. April 2012 keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Rückenbeschwerden natürlich kausal auf dieses Ereignis zurückzuführen seien, habe die Suva ihre Leistungen diesbezüglich zu Recht verweigert.  
 
6.  
Der Beschwerdeführer bestreitet letztinstanzlich erneut die Beweiskraft der Aktenbeurteilung des Kreisarztes Dr. med. univ. B.________. Seine Einwände sind jedoch nicht stichhaltig: 
 
6.1. Soweit der Beschwerdeführer weiterhin dafür hält, das asim-Gutachten vom 14. September 2018 sei - insbesondere hinsichtlich der psychiatrischen und viszeralchirurgischen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit - widersprüchlich, und damit die hier strittige Aktenbeurteilung des Dr. med. univ. B.________ anzuzweifeln versucht, ist mit der Vorinstanz darauf hinzuweisen, dass sich das Bundesgericht mit diesen Rügen bereits mit Urteil 8C_239/2021 vom 4. November 2021 betreffend die Rentenzusprache auseinandergesetzt und das asim-Gutachten als beweiskräftig erachtet hat. Darauf ist nicht nochmals einzugehen (vgl. zum Grundsatz der abgeurteilten Sache [res iudicata] BGE 144 I 11 E. 4.2).  
 
6.2. Vor diesem Hintergrund geht auch die Rüge des Beschwerdeführers fehl, das kantonale Gericht habe die von ihm im vorinstanzlichen Verfahren zusätzlich eingereichten Berichte seines Psychiaters Dr. med. C.________ vom 10. November 2022 und des med. pract. D.________ vom 9. Dezember 2022 nicht berücksichtigt. In den erwähnten Berichten äussern sich die Ärzte mit keinem Wort zur Ursache der Rückenbeschwerden, sondern kritisieren ebenfalls bloss die im asim-Gutachten attestierte Arbeitsfähigkeit von 70 % in leidensangepassten Tätigkeiten. Inwiefern die Vorinstanz deshalb den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) oder das Gebot der Waffengleichheit (Art. 6 Abs. 1 EMRK) verletzt haben soll, indem sie sich nicht ausdrücklich mit den beiden Berichten auseinandersetzte, sondern pauschal festhielt, die medizinischen Akten enthielten keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang zwischen den Rückenbeschwerden und dem Unfall, ist nicht ersichtlich. Sonstige Hinweise, die für einen solchen Zusammenhang sprechen und damit auch nur geringe Zweifel an der gegenteiligen Einschätzung des Kreisarztes begründen könnten, werden vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt.  
 
6.3. Nach dem Gesagten verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, indem sie der Aktenbeurteilung des Dr. med. univ. B.________ volle Beweiskraft zuerkannte und gestützt darauf einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den Rückenbeschwerden verneinte. Da von weiteren medizinischen Abklärungen in dieser Hinsicht keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte sie ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) oder sonstigen Bundesrechts davon absehen (antizipierte Beweiswürdigung, vgl. BGE 144 V 361 E. 6.5 am Ende).  
 
7.  
Da die Suva und das kantonale Gericht die Einsprache bzw. die vorinstanzliche Beschwerde zu Recht abwiesen, waren sie auch nicht gehalten, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zuzusprechen. 
 
8.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
9.  
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist (E. 8 hiervor), ist sie als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (vgl. Urteil 8C_439/2022 vom 13. Dezember 2022 E. 6 mit Hinweis). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist daher abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 10. Oktober 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Walther