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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_19/2023  
 
 
Urteil vom 11. April 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Eschle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Gloor, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, Zentralstrasse 28, 6003 Luzern, 
2. B.A.________, 
3. C.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (Betrug), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 13. Dezember 2022 (2N 21 209). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.A.________ und B.A.________ heirateten am 8. August 2001 und lebten zunächst unter dem ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Im Januar 2012 kauften die Ehegatten eine 7.5 Zimmer-Wohnung mit drei Parkplätzen und im August 2014 eine 5.5-Zimmer-Wohnung mit zwei Parkplätzen. Beide Objekte gelangten je zur Hälfte ins Miteigentum von A.A.________ und B.A.________.  
 
A.b. Am 14. Juli 2015 beschlossen die Ehegatten die Gütertrennung und wiesen im Wesentlichen sämtliche Vermögensbestandteile derjenigen Partei zu, in deren Eigentum sie standen bzw. auf deren Namen sie lauteten. Die Beteiligungsrechte des Ehemanns B.A.________ an der D.________ AG, E.________ AG und F.________ AG gelangten in dessen Alleineigentum. Für den Fall des Verkaufs dieser Beteiligungsrechte verpflichtete er sich, einen "angemessenen Anteil am Nettogewinn zu gleichen Teilen an seine drei Kinder zu verteilen". Jede Partei behielt das sich je in ihrer Wohnung befindliche Mobiliar und Inventar und die von ihnen gefahrenen Autos zu Alleineigentum. Die 7.5-Zimmer-Liegenschaft verblieb im hälftigen Miteigentum der Parteien, während die 5.5-Zimmer-Liegenschaft gegen Übernahme aller darauf lastenden Schulden zu Alleineigentum an die Ehefrau A.A.________ überging. Die Säule-3a-Guthaben blieben ohne gegenseitigen Ausgleichsanspruch bei den jeweiligen Parteien. Betreffend Kaderversicherung des Ehemanns wurde festgehalten, dass die Ehefrau darauf im Rahmen des Vollzugs der Gütertrennung keinen Anspruch habe. Ansprüche im Rahmen der zweiten Säule, die aber erst bei der Auflösung der Ehe durch Scheidung relevant würden, wurden vorbehalten. Mit Vollzug einer güterrechtlichen Ausgleichszahlung über Fr. 150'000.-- von B.A.________ an A.A.________ erklärten sich die Eheleute güterrechtlich auseinandergesetzt. Dieser Ehevertrag trägt die Unterschriften beider Parteien und wurde von C.________ als Notar öffentlich beurkundet.  
 
A.c. Ebenfalls am 14. Juli 2015 unterzeichneten die Ehegatten eine private Trennungsvereinbarung nach Art. 175 ZGB. Die Parteien stellten fest, dass der eheliche Haushalt seit 1. Januar 2015 aufgehoben sei. Gleichzeitig einigten sie sich unter anderem über die Obhut, das Besuchs- und Ferienrecht des Ehemanns, die Zuweisung der Wohnungen zu Nutzen und Gebrauch samt Mobiliar und Inventar unter gleichzeitiger Übernahme der anfallenden Kosten, die Unterhaltsbeiträge für die Ehegattin und die drei Kinder sowie die Übernahme von zusätzlichen Kosten durch den Ehemann. Darüber hinaus wurde der Ehefrau ein Lohn aus dem Unternehmen des Ehemanns zugesprochen.  
 
A.d. Am 21. November 2017 liessen die Ehegatten von C.________ als Notar einen weiteren Ehevertrag betreffend Gütertrennung öffentlich beurkunden. Gegenstand bildete nur noch die 7.5-Zimmer-Wohnung, die - gegen Übernahme sämtlicher darauf lastender Grundpfandschulden und eine güterrechtliche Ausgleichszahlung von Fr. 600'000.-- - dem Ehemann zu Alleineigentum zugewiesen wurde. Mit dem Vollzug dieses Ehevertrags erklärten sich die Ehegatten güterrechtlich per Saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt.  
 
A.e. Ebenfalls am 21. November 2017 unterzeichneten die Parteien ein gemeinsames Scheidungsbegehren nach Art. 111 ZGB. Darin regelten sie unter anderem die gemeinsame elterliche Sorge über ihre Kinder, den persönlichen Verkehr, die Unterhaltsbeiträge für die Frau und die Kinder, gaben eine Saldoerklärung betreffend Güterrecht ab und beantragten die Teilung der Vorsorgebeiträge per Stichtag 31. Dezember 2014.  
Am 29. November 2017 wurde das Scheidungsbegehren nach Art. 111 ZGB am Bezirksgericht Kriens eingereicht und die Genehmigung der Vereinbarung vom 21. November 2017 beantragt. Die gerichtliche Anhörung fand am 15. Januar 2018 statt. Laut Anhörungsprotokoll gaben die Parteien zu Protokoll, aus freiem Willen und nach reiflicher Überlegung am Scheidungsbegehren und an der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen festzuhalten. Die in den eingereichten Unterlagen angeführten Angaben zu ihren finanziellen Verhältnissen seien nach wie vor zutreffend. Das Gericht genehmigte die Vereinbarung am 6. Februar 2018. 
 
B.  
 
B.a. Am 23. Februar 2021 stellte A.A.________ Strafanzeige bzw. Strafantrag gegen ihren Ex-Mann B.A.________ und den Notar C.________ wegen Betrugs. Den Betrugsvorwurf leitete A.A.________ aus dem Umstand ab, dass die Regelungen betreffend Güterrecht und Vorsorgeausgleich weder fair noch ausgeglichen seien. Indem sie von B.A.________ und C.________ arglistig getäuscht worden sei, sei sie um einen erheblichen Teil ihrer Ansprüche aus Güterrecht und Vorsorgeausgleich gebracht worden.  
Mit Verfügung vom 17. November 2021 nahm die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern das Verfahren nicht anhand. 
 
B.b. Mit Beschluss vom 13. Dezember 2022 wies das Kantonsgericht Luzern die Beschwerde von A.A.________ ab.  
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.A.________ dem Bundesgericht, es sei der Beschluss des Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache sei an die Staatsanwaltschaft zur Eröffnung und Durchführung einer Strafuntersuchung zurückzuweisen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den angefochtenen Entscheid betreffend Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Legitimation nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zureichend. Auf die Beschwerde ist - unter Vorbehalt hinreichender Begründung nach Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG - grundsätzlich einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Nach Abs. 4 derselben Bestimmung verzichtet sie auf die Eröffnung einer Untersuchung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt. Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a) oder wenn Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b). Ein Strafverfahren kann mithin in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen durch Nichtanhandnahme erledigt werden.  
Im Rahmen einer Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme prüft das Bundesgericht, ob die Vorinstanz willkürlich von einer klaren Beweislage ausgegangen ist oder gewisse Tatsachen willkürlich für klar erstellt angenommen hat. Dies ist der Fall, wenn offensichtlich nicht gesagt werden kann, es liege ein klarer Sachverhalt vor, bzw. wenn ein solcher Schluss schlechterdings unhaltbar ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.2; Urteile 7B_513/2023 vom 4. Dezember 2023 E. 3; 6B_291/2022 vom 4. Mai 2022 E. 3.1; 6B_1359/2020 vom 15. Februar 2022 E. 2.3; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1; 141 IV 249 E. 1.3.1; je mit Hinweis). 
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Vor Bundesgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hält fest, die Beschwerdeführerin vermöge nicht substanziiert darzulegen, dass die Beschwerdegegner 2 und 3 ein Komplott gegen sie geschmiedet hätten, um sie mit einer gewissen Raffinesse oder Durchtriebenheit zu täuschen und zu einer Vermögensentäusserung zu bewegen. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin die jeweiligen Steuererklärungen unterschrieben, sei persönlich bei der öffentlichen Beurkundung der Kaufverträge und der beiden Eheverträge anwesend gewesen und habe damit zumindest die Möglichkeit gehabt, sich einen Einblick in die finanziellen Verhältnisse zu verschaffen. Umgekehrt seien keine täuschenden Handlungen der Beschwerdegegner 2 und 3 erkennbar. Es gebe keine Anhaltspunkte, wonach sie die Beschwerdeführerin von einer Überprüfung der herrschenden finanziellen Verhältnisse abgehalten oder gar falsche Angaben darüber gemacht hätten. Zwischen dem Beschwerdegegner 3 und der Beschwerdeführerin könne aufgrund der Umstände auch nicht geschlossen werden, dass sie aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses von einer Überprüfung abgehalten worden wäre. Weiter sei die Beschwerdeführerin auch nicht besonders schutzbedürftig: Sie verfüge über eine abgeschlossene kaufmännische Lehre und sei schon während der Ehe im Betrieb des Beschwerdegegners 2 berufstätig gewesen. Dass ein Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis zwischen ihr und dem Beschwerdegegner 2 bestanden habe, werde weder geltend gemacht noch gebe es aus den Akten Hinweise darauf. Auch in Bezug auf die Vorsorgeregelung sei nicht dargetan, dass sich die Beschwerdeführerin zumindest in Grundzügen über die Modalitäten eines Vorsorgeausgleichs informiert und entsprechende Ansprüche gestellt hätte sowie bei der Willensbildung bzw. Zustimmung zur konkreten Lösung von den Beschwerdegegner 2 und 3 arglistig getäuscht worden wäre. Auch wenn die Beschwerdeführerin einige Jahre nach der Ehescheidung zum Schluss gekommen sei, dass eine faire und ausgeglichene Lösung zu einem anderen Resultat geführt hätte, sei dies kein Indiz für betrügerisches Handeln aufseiten der Beschwerdegegner 2 und 3. Ein Tatverdacht, der die Eröffnung eines Strafverfahrens rechtfertigen würde, sei jedenfalls nicht ersichtlich.  
 
3.2. Dieses Fazit vermag die Beschwerdeführerin in ihrer weitschweifigen Beschwerde nicht infrage zu stellen. Aus ihren Ausführungen geht hervor, dass sie mit der rechtsgeschäftlichen Liquidation ihrer Ehe unzufrieden ist. Sie ist der Auffassung, sie hätte bei einer gerichtlichen Liquidation gestützt auf die familienrechtlichen Gesetzesbestimmungen vermögensmässig mehr erhalten, als sie dies durch die tatsächlich vorgenommene, rechtsgeschäftliche Abwicklung tat. Fakt ist aber, dass die Beschwerdeführerin allen öffentlich beurkundeten und teilweise auch richterlich genehmigten Rechtsgeschäften zugestimmt hat. Anlässlich der gerichtlichen Anhörung gab die Beschwerdeführerin denn auch zu Protokoll, aus freiem Willen und nach reiflicher Überlegung am Scheidungsbegehren und an der Vereinbarung über die Scheidungsfolgen festzuhalten. Dass irgendeines der relevanten Dokumente bzw. Aktenstücke, auf denen die fraglichen Rechtsgeschäfte beruhen, ge- oder verfälscht worden wäre, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Damit ist aber mit der Vorinstanz festzuhalten, dass gestützt auf die Akten nicht ansatzweise ersichtlich ist, dass die Beschwerdegegner 2 und 3 die Beschwerdeführerin durch Tun oder Unterlassen arglistig irregeführt oder in einem Irrtum arglistig bestärkt und dadurch zu einem Verhalten bestimmt hätten, wodurch sich diese am Vermögen geschädigt hätte. Die Rügen in der Beschwerdeschrift an das Bundesgericht erweisen sich als spitzfindig und letztlich an der Sache vorbeigehend. Insgesamt kann nach Art. 109 Abs. 3 BGG vollumfänglich auf den sorgfältig begründeten Entscheid der Vorinstanz verwiesen werden.  
 
4.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. April 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Eschle