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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_103/2024  
 
 
Urteil vom 8. April 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
zzt. Gefängnis Flums, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Zlabinger, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Untersuchungsamt Altstätten, 
Postfach, Luchsstrasse 11, 9450 Altstätten SG, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonalen Zwangsmassnahmengerichts St. Gallen, Kantonaler Zwangsmassnahmenrichter, vom 22. Dezember 2023 (ZK.2023.246-TO1ZRK-BRA). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft St. Gallen, Untersuchungsamt Altstätten, führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen Raubes mit gefährlicher Waffe, Hausfriedensbruchs und weiterer Delikte. Ihm wird vorgeworfen, am 21. Juli 2023 zusammen mit zwei weiteren Personen seinen ehemaligen Mitbewohner überfallen zu haben. 
 
B.  
Am 27. September 2023 stellten die Strafverfolgungsbehörden zwei Mobiltelefone sicher. A.________ verlangte deren Siegelung. Am 10. Oktober 2023 ersuchte die Staatsanwaltschaft beim kantonalen Zwangsmassnahmengericht des Kantons St. Gallen um Entsiegelung der sichergestellten Mobiltelefone. Dieses ordnete mit Entscheid vom 22. Dezember 2023 die Entsiegelung der beiden Mobiltelefone an (Dispositiv-Ziffer 1). 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ vor Bundesgericht, Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids vom 22. Dezember 2023 sei aufzuheben und sämtliche auf den Mobiltelefonen befindliche E-Mail-Korrespondenz zwischen ihm und seinen Eltern, sowie sämtliche darauf befindlichen intimen Fotos in der App "Galerie/Fotos" mit seinen Ex-Freundinnen, B.________ und C.________, auszusondern. Eventualiter sei die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
Der Beschwerde wurde mit Verfügung vom 21. Februar 2024 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf die Beschwerde eingetreten werden kann (Art. 29 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 275 E. 1.1; 148 I 160 E. 1; je mit Hinweis). Die Sachurteilsvoraussetzungen sind in der Beschwerdeschrift ausreichend zu substanziieren, soweit sie nicht offensichtlich erfüllt erscheinen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 148 IV 155 E. 1.1; 141 IV 289 E. 1.3; je mit Hinweisen).  
 
1.2. Die per 1. Januar 2024 in Kraft getretene Gesetzesänderung betreffend Siegelungs- bzw. Entsiegelungsverfahren hat keine Auswirkungen auf das vorliegende Urteil. Das Bundesgericht prüft im Rahmen der Beschwerde in Strafsachen nämlich nur, ob die kantonale Instanz das Bundesrecht richtig angewendet hat, mithin jenes Recht, welches die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid anwenden musste (Urteil 7B_2/2023 vom 12. März 2024 mit Hinweisen). Massgebend für die Beurteilung der bundesgerichtlichen Beschwerde sind damit weiterhin die Siegelungs- bzw. Entsiegelungsbestimmungen, wie sie bis zum 31. Dezember 2023 galten.  
 
1.3. Angefochten ist ein nach aArt. 248 Abs. 3 lit. a StPO kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts. Dagegen steht gemäss Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen.  
 
1.4.  
 
1.4.1. Der angefochtene Entsiegelungsentscheid schliesst das gegen den Beschwerdeführer laufende Strafverfahren nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Demnach ist er gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur dann unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne dieser Bestimmung muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen).  
Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts im Fall der Entsiegelung ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann (Urteile 7B_2/2023 vom 12. März 2024 E. 2.3.2; 7B_1003/2023 vom 11. Januar 2024 E. 2.1; 7B_106/2022 vom 16. November 2023 E. 1.2; je mit Hinweisen). Der bloss pauschale Hinweis auf angebliche Privatgeheimnisse begründet dagegen keine schutzwürdigen Geheimnisinteressen im Sinne von aArt. 248 Abs. 1 StPO (Urteile 7B_1003/2023 vom 11. Januar 2024 E. 2.1; 7B_123/2023 vom 29. November 2023 E. 3.1; 7B_292/2023 vom 31. August 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen). 
 
1.4.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, auf den sichergestellten Datenträgern befänden sich die Intimsphäre von ihm und seinen Ex-Freundinnen betreffende Bilder und Korrespondenz mit seinen Eltern. Damit zeigt er nicht auf, dass sich unter den sichergestellten Datenträgern höchstpersönliche private Daten befänden, an denen ein überwiegendes Geheimnisschutzinteresse bestünde. Der Beschwerdeführer hat damit keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil dargetan. Die Sachurteilsvoraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist nicht erfüllt.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Da die Eintretensvoraussetzungen nicht erfüllt sind, muss die Beschwerde des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers als aussichtslos qualifiziert werden. Sein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor Bundesgericht ist demnach abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner angespannten finanziellen Situation ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonalen Zwangsmassnahmengericht St. Gallen, Kantonaler Zwangsmassnahmenrichter, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. April 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern