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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1D_9/2023  
 
 
Urteil vom 14. Februar 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Merz 
Gerichtsschreiberin Trutmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Bürgerrat der Stadt Basel, 
Stadthausgasse 13, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Feststellung der Nichtigkeit des Einbürgerungsentscheids, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, vom 31. Oktober 2023 (VD.2023.93). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Vater von A.________ stellte am 7. März 2002 unter anderem für sich und A.________ (geb. 1992) ein Einbürgerungsgesuch beim Bürgerrat der Bürgergemeinde der Stadt Basel. Mit Entscheid vom 16. August 2005 wies der Bürgerrat das Einbürgerungsgesuch ab. 
 
B.  
Auf ein Wiedererwägungsgesuch von A.________ vom 6. August 2020 trat der Bürgerrat mit Entscheid vom 20. Oktober 2020 nicht ein. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 27. Januar 2021 ersuchte A.________ die Bürgergemeinde um Neuüberprüfung des Entscheids vom 16. August 2005. Der Bürgerrat trat mit Entscheid vom 9. März 2021 auf dieses Gesuch nicht ein. Mit Urteil vom 21. Februar 2022 wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht einen dagegen erhobenen Rekurs ab. Die dagegen beim Bundesgericht eingereichte Rechtsmittelschrift von A.________ nahm das Bundesgericht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen; es trat darauf mit Urteil vom 22. Oktober 2022 nicht ein (Verfahren 1D_2/2022). 
 
D.  
Am 7. Dezember 2022 gelangte A.________ erneut an den Bürgerrat und beantragte die Feststellung der Nichtigkeit des Entscheids vom 16. August 2005. Mit Entscheid vom 2. Mai 2023 trat der Bürgerrat auch auf dieses Gesuch nicht ein. Am 5. Mai 2023 erhob A.________ dagegen Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt. Am 14. Juni 2023 überwies der Regierungspräsident die Sache dem Appellationsgericht als Verwaltungsgericht zum Entscheid. Mit Urteil vom 31. Oktober 2023 wies Letzteres den Rekurs von A.________ ab. 
 
E.  
Mit subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 29. November 2023 an das Bundesgericht beantragt A.________ die Feststellung der Nichtigkeit des Entscheids vom 16. August 2005. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Appellationsgericht als Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Der Bürgerrat verzichtet auf eine Vernehmlassung. Der Beschwerdeführer reicht daraufhin noch eine Stellungnahme ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 II 66 E. 1.3).  
 
1.2. Der angefochtene Entscheid ist kantonal letztinstanzlich (Art. 114 i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG). Gegen Entscheide über die ordentliche Einbürgerung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG ausgeschlossen (Art. 83 lit. b BGG). Damit steht grundsätzlich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG offen.  
 
1.3. Mit der Verfassungsbeschwerde kann allein die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (vgl. Art. 116 BGG). Dabei gelten die Begründungsanforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. Art. 117 BGG). Nach dieser Bestimmung prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. Die qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit nach Art. 106 Abs. 2 BGG verlangt, dass in der Beschwerde klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids dargelegt wird, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (vgl. BGE 146 I 62 E. 3; mit Hinweisen). Genügt eine Beschwerde diesen Anforderungen nicht, kann das Bundesgericht nicht auf das Rechtsmittel eintreten (vgl. BGE 133 II 396 E. 3; Urteil 1D_2/2022 vom 20. Oktober 2022 E. 1.2; je mit Hinweisen).  
 
1.4. Vorliegend verneinte die Vorinstanz ein schutzwürdiges Interesse des Beschwerdeführers an der Feststellung der Nichtigkeit des abschlägig beurteilten Einbürgerungsgesuchs vom 16. August 2005. Sie erwog, die Feststellung der Nichtigkeit des Entscheids vom 16. August 2005 hätte nur zur Folge, dass das Einbürgerungsgesuch vom 7. März 2002, in welches der Beschwerdeführer einbezogen worden sei, noch nicht beurteilt worden wäre. Der Beschwerdeführer lege nicht dar, worin der praktische Nutzen bestehe, wenn die Nichtigkeit dieses Entscheids festgestellt würde. Ein schutzwürdiges Interesse an ebendieser Beurteilung sei daher zu verneinen.  
 
1.5. Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist der Entscheid des Bürgerrats vom 16. August 2005 nichtig. Er bringt sinngemäss vor, nach der Abweisung des Einbürgerungsgesuchs im August 2005 sei er in die Türkei ausgereist; seine Aufenthaltsbewilligung sei erloschen. Nach Abschluss seines Studiums in Berlin sei er zurück in die Schweiz gekehrt, um Rechtswissenschaften zu studieren. Als Drittstaatsangehöriger sei ihm eine Aufenthaltsbewilligung B zum Zweck eines Studiums für die Dauer von einem Jahr erteilt worden. Diese schränke ihn in beruflicher Hinsicht ein. Nach Abschluss des Studiums werde ihm die Aufenthaltsbewilligung nur noch für die Dauer von sechs Monaten erteilt, um eine Stelle zu finden. Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung habe er nicht. Um in der Schweiz ein neues Einbürgerungsgesuch zu stellen, müsse er mindestens zehn Jahre hier gelebt haben und im Besitze einer Niederlassungsbewilligung sein. Daher sei die Beurteilung des Einbürgerungsgesuchs vom 7. März 2002 im heutigen Zeitpunkt "günstiger" für ihn.  
 
1.6. Diese Ausführungen des Beschwerdeführers genügen den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht.  
 
1.6.1. Nachdem der Beschwerdeführer erfolglos um Wiedererwägung des Entscheids vom 16. August 2005 ersucht hatte, vertritt er nun die Auffassung, der genannte Entscheid sei nichtig. Eine rechtswidrige Verfügung ist im Allgemeinen anfechtbar (BGE 139 II 243 E. 11.2). Von der Anfechtbarkeit zu unterscheiden ist die Nichtigkeit. Nichtigen Verfügungen geht jede Verbindlichkeit und Rechtswirksamkeit ab. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten. Als Nichtigkeitsgrund fallen hauptsächlich funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde sowie schwerwiegende Verfahrensfehler in Betracht (BGE 147 III 226 E. 3.1.2; 139 II 243 E. 11.2; 132 II 21 E. 3.1 f.; je mit Hinweisen; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, Rz. 1096).  
 
1.6.2. Eine Neubeurteilung des Entscheids vom 16. August 2005 steht vorliegend - anders als im vorangegangenen Verfahren 1D_2/2022 - nicht mehr zur Diskussion. Das Bundesgericht erwog damals, die Gutheissung seiner Beschwerde wegen ursprünglicher Fehlerhaftigkeit des Entscheids vom 16. August 2005 würde nicht nur voraussetzen, dass die Vorinstanz zu Unrecht von der Verwirkung seines Anspruchs auf Wiedererwägung ausgegangen sei. Zusätzlich müssten vorbestehende Tatsachen oder Beweismittel geltend gemacht oder jedenfalls ersichtlich sein, die dem Beschwerdeführer einen Anspruch auf materielle Behandlung seines Wiedererwägungsgesuchs vermitteln. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor (vgl. Urteil 1D_2/2022 vom 20. Oktober 2022 E. 1.4).  
 
1.6.3. Selbst wenn Nichtigkeitsgründe vorliegen würden, was die Vorinstanz im angefochtenen Urteil nachvollziehbar verneinte, könnte der Beschwerdeführer daraus keinen Anspruch auf Neubeurteilung des Einbürgerungsgesuchs vom 7. März 2002 ableiten. Neben seinen Äusserungen zum schutzwürdigen Interesse (E. 1.5) erhebt er verschiedene Verfassungsrügen vor allem im Zusammenhang mit der abschlägigen Beurteilung des genannten Einbürgerungsgesuchs. Damit zeigt er indes nicht rechtsgenüglich auf, inwiefern das vorinstanzliche Ergebnis, wonach er über kein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Entscheids vom 16. August 2005 verfüge, unhaltbar sein soll. Seine Beschwerde genügt daher den Rüge- und Begründungsanforderungen nicht (vgl. E. 1.3 hiervor).  
 
1.6.4. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, auf die weitere Kritik am angefochtenen Urteil einzugehen. Gleiches gilt für die vorinstanzliche Auffassung, wonach es sich bei den Ausführungen des Beschwerdeführers (E. 1.5) um unzulässige Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt.  
 
2.  
Nach dem Dargelegten ist auf die Beschwerde wegen ungenügender Begründung nicht einzutreten. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege erweist sich bei dieser Ausgangslage als aussichtslos und ist abzuweisen (vgl. Art. 64 Abs. 1 BGG). Nach dem Prinzip des Unterliegens (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG) trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten. Parteientschädigungen sind nicht geschuldet. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bürgerrat der Stadt Basel und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Februar 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Chaix 
 
Die Gerichtsschreiberin: Trutmann