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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_735/2023  
 
 
Urteil vom 21. Februar 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Businger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Veranlagungsbehörde U.________, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Kantonales Steueramt Solothurn, 
Schanzmühle, Werkhofstrasse 29c, 4509 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Revision (Staats- und Gemeindesteuern 
des Kantons Solothurn und direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2011), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonalen Steuergerichts Solothurn vom 25. September 2023 (SGSTA.2023.12; BST.2023.11). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 9. Januar 2023 reichte A.________ bei der Veranlagungsbehörde U.________ ein Revisionsgesuch für die Staats- und Gemeindesteuern sowie die direkte Bundessteuer 2011 ein. Er verlangte, die am 1. Dezember 2011 erworbene Beteiligung von 60 Inhaberaktien an der B.________ AG (100 % des Aktienkapitals) zum Wert von 1.22 Mio. Franken als gewillkürtes Geschäftsvermögen zu berücksichtigen. Zudem seien die Liegenschaftserträge und -aufwände gemäss der beiliegenden Steuererklärung 2011 resp. den Liegenschaftsabrechnungen zu beachten. Er habe eine Strafanzeige gegen seinen ehemaligen Treuhänder eingereicht, der seine Instruktionen missachtet und die Beteiligung in der Steuererklärung 2011 nicht zu gewillkürtem Geschäftsvermögen erklärt habe. Den Revisionsgrund (der Beeinflussung einer Veranlagung durch strafbares Verhalten) habe er bei einer Aktensichtung am 12. Oktober 2022 entdeckt. Zudem ersuchte er um Korrektur der Veranlagungen 2012 bis 2017. 
 
B.  
Die Veranlagungsbehörde U.________ trat am 12. Januar 2023 auf das Revisionsgesuch nicht ein. Sie erwog, der vorgebrachte Revisionsgrund sei A.________ bereits im Jahr 2019 bekannt gewesen, weshalb das Gesuch nicht fristgerecht erfolgt sei. Im Übrigen hätte er den Revisionsgrund bereits im ordentlichen Verfahren vorbringen können und sei ein strafbares Verhalten nicht nachgewiesen worden. Die dagegen erhobene Einsprache wies die Veranlagungsbehörde am 15. Februar 2023 ab. Diesen Entscheid bestätigte das Kantonale Steuergericht Solothurn mit Urteil vom 25. September 2023. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. November 2023 beantragt A.________ dem Bundesgericht, die am 1. Dezember 2011 erworbene Beteiligung an der B.________ AG sei für die Steuern 2011 zu berücksichtigen. Zudem sei davon Vormerk zu nehmen, dass es sich dabei um gewillkürtes Geschäftsvermögen handle. Schliesslich seien die Liegenschaftserträge und -aufwände gemäss der beiliegenden Steuererklärung 2011 resp. den Liegenschaftsabrechnungen zu berücksichtigen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Ein Ausschlussgrund liegt nicht vor (Art. 83 BGG e contrario) und der legitimierte Beschwerdeführer (Art. 89 Abs. 1 BGG) hat die Beschwerde form- und fristgerecht eingereicht (Art. 42 und Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Nachdem die Veranlagungsbehörde auf das Revisionsgesuch nicht eingetreten ist und die Vorinstanz diesen Entscheid bestätigt hat, beschränkt sich der Streitgegenstand vor Bundesgericht darauf, ob die Veranlagungsbehörde auf das Revisionsgesuch hätte eintreten müssen. Auf die materiellen Anträge des Beschwerdeführers, die auf eine Gutheissung seines Revisionsgesuchs abzielen, kann deshalb nicht eingetreten werden.  
 
2.  
 
2.1. Nach Art. 147 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) kann eine rechtskräftige Verfügung oder ein rechtskräftiger Entscheid auf Antrag oder von Amtes wegen zugunsten des Steuerpflichtigen revidiert werden, wenn ein Verbrechen oder ein Vergehen die Verfügung oder den Entscheid beeinflusst hat. Die Revision ist ausgeschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können (Art. 147 Abs. 2 DBG). Das Revisionsbegehren muss innert 90 Tagen nach Entdeckung des Revisionsgrundes, spätestens aber innert zehn Jahren nach Eröffnung der Verfügung oder des Entscheides eingereicht werden (Art. 148 DBG).  
Das kantonale Recht entspricht hinsichtlich des vom Beschwerdeführer angerufenen Revisionsgrundes (§ 165 Abs. 1 lit. d des Gesetzes des Kantons Solothurn vom 1. Dezember 1985 über die Staats- und Gemeindesteuern [Steuergesetz; StG/SO; BGS 614.11] bzw. Art. 51 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]) sowie der allgemeinen Voraussetzungen der Revision und der Frist zur Einreichung des Gesuchs (§ 165 Abs. 2 und § 166 Abs. 1 StG/SO bzw. Art. 51 Abs. 2 und 3 StHG) der Regelung bei der direkten Bundessteuer. 
 
2.2.  
 
2.2.1. Die Vorinstanz erwog, die Erklärung, dass eine Beteiligung gewillkürtes Geschäftsvermögen darstelle, müsse im Zeitpunkt des Erwerbs abgegeben werden. Die fragliche Beteiligung sei unstreitig im Jahr 2011 erworben worden; eine Erklärung betreffend gewillkürtes Geschäftsvermögen sei anhand der Unterlagen und Angaben damals nicht abgegeben worden. Ob der Beschwerdeführer seinen Buchhalter beauftragt habe, eine solche Erklärung abzugeben, sei nicht relevant. Über die Beteiligung habe es spätestens seit 2018 Diskussionen zwischen dem Beschwerdeführer und der Veranlagungsbehörde gegeben. So sei in einer Eingabe vom 22. Juni 2018 festgestellt worden, dass die Aktien nicht als Beteiligung aufgeführt seien. Am 12. Juli 2019 habe die Veranlagungsbehörde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Beteiligung an der B.________ AG kein Geschäftsvermögen darstelle; dies sei auch im Einspracheentscheid vom 4. Dezember 2019 erwähnt worden. Sodann sei am 12. November 2021 eine Erklärung eingegangen, dass die Beteiligung gewillkürtes Geschäftsvermögen gewesen sei. Somit sei dem Beschwerdeführer offensichtlich bekannt gewesen, dass die Beteiligung nicht als gewillkürtes Geschäftsvermögen gegolten habe. Die Frist zur Einreichung des Revisionsgesuchs von 90 Tagen sei deshalb offensichtlich nicht eingehalten worden (vgl. E. 3.2 des angefochtenen Urteils).  
 
2.2.2. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, er habe bis zur Aktensichtung (im Oktober 2022) nicht gewusst, dass sein Treuhänder entgegen seinen Instruktionen die Beteiligung im Steuerjahr 2011 nicht als gewillkürtes Geschäftsvermögen erklärt habe. Er habe zuvor keinen Grund gehabt, an der Richtigkeit der Steuererklärung 2011 zu zweifeln. Er habe wiederholt und vergeblich versucht, von der Veranlagungsbehörde eine Antwort zu erhalten, ob sein Treuhänder eine Erklärung zum gewillkürten Geschäftsvermögen abgegeben habe. Was das von der Vorinstanz zitierte Schreiben vom 12. Juli 2019 betreffe, habe sich die Veranlagungsbehörde darin zur Präponderanzmethode geäussert, nicht aber zum gewillkürten Geschäftsvermögen.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer bringt ausdrücklich vor, dass er wiederholt und vergeblich versucht habe, von der Veranlagungsbehörde eine Antwort zu erhalten, ob sein Treuhänder "die Erklärung zum gewillkürten Geschäftsvermögen abgegeben hatte"; die Frage sei ihm etwa an der Einspracheverhandlung vom 12. November 2021 nicht beantwortet worden. Damit kann keine Rede davon sein, er habe bis im Herbst 2022 keinen Grund gehabt, am Vorgehen seines Treuhänders und der Richtigkeit der Steuererklärung 2011 zu zweifeln. Im Gegenteil hat er offenkundig bereits im Herbst 2021 erhebliche Zweifel gehabt, ob sein Treuhänder eine entsprechende Erklärung abgegeben hatte. Weiter hat die Veranlagungsbehörde dem Beschwerdeführer im Einspracheverfahren zur Steuerperiode 2011 mit Schreiben vom 12. Juli 2019 mitgeteilt, dass die Beteiligung kein Geschäftsvermögen darstelle. Damit war die Qualifikation der Beteiligung als Privat- oder Geschäftsvermögen bereits im ordentlichen Verfahren umstritten, wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat; dem Beschwerdeführer musste anhand des Schreibens vom 12. Juli 2019 bewusst sein, dass entweder keine Erklärung zum gewillkürten Geschäftsvermögen abgegeben worden war oder die Veranlagungsbehörde der Erklärung keine Folge geben wollte. Dabei spielt es keine Rolle, dass im Schreiben auf die Präponderanzmethode verwiesen wurde. So oder anders hätte der Beschwerdeführer bei der ihm zumutbaren Sorgfalt bereits im ordentlichen Verfahren, spätestens aber im Herbst 2021, abklären müssen, ob sich sein Treuhänder an die ihm gegebenen Instruktionen gehalten hatte, was ihm mit einer Sichtung der Steuererklärung 2011 und den eingereichten Unterlagen ohne weiteres möglich gewesen wäre. Soweit die Revision deshalb nicht bereits grundsätzlich ausgeschlossen ist (Art. 147 Abs. 2 DBG; § 165 Abs. 2 StG/SO bzw. Art. 51 Abs. 2 StHG), erweist sich das erst am 9. Januar 2023 eingereichte Revisionsgesuch als offensichtlich verspätet. Die Vorinstanz hat damit das Nichteintreten auf das Revisionsgesuch zu Recht geschützt.  
 
2.4. Bei diesem Ergebnis kann offengelassen werden, ob der Beschwerdeführer das Vorliegen eines Revisionsgrundes überhaupt rechtsgenügend substanziiert hat bzw. inwieweit er sich das behauptete Fehlverhalten seines als Hilfsperson handelnden Treuhänders zurechnen lassen müsste.  
Dies führt zur Abweisung der Beschwerde sowohl hinsichtlich der direkten Bundessteuer als auch der Staats- und Gemeindesteuern, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1-3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer 2011 wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern 2011 wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonalen Steueramt Solothurn, dem Kantonalen Steuergericht Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 21. Februar 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Businger