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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_438/2017, 6B_439/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. August 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Gesuch um neue Beurteilung (qualifizierte Widerhandlung gegen das BetmG), Willkür, 
 
Beschwerden gegen die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 28. Februar 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland verurteilte X.________ mit Abwesenheitsurteil vom 30. Juli 2015 wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das BetmG, bandenmässig begangen, zu 9 Monaten Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe zu einem Urteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 10. August 2007 und ordnete eine ambulante therapeutische Behandlung an. 
X.________ stellte am 10. August 2015 ein Gesuch um neue Beurteilung. Das Regionalgericht lud die Parteien am 2. Juni 2016 zur Gesuchs- und Hauptverhandlung auf den 19. und 20. Oktober 2016 vor. 
X.________ erschien am 19. Oktober 2016 nicht zur Verhandlung. Das Regionalgericht schloss mit Verfügung gleichen Datums auf ein unentschuldigtes Fernbleiben und lehnte das Gesuch um neue Beurteilung ab. X.________ erhob Beschwerde. 
 
B.  
Die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Bern wies am 28. Februar 2017 mit Beschluss (BK 16 549) die Beschwerde betreffend "Gesuch um neue Beurteilung" (bundesgerichtliches Beschwerdeverfahren 6B_438/2017) sowie mit Beschluss (BK 16 456) die Beschwerde betreffend "Beurteilung durch Abwesenheitsentscheid" ab, letztere soweit darauf einzutreten war (bundesgerichtliches Beschwerdeverfahren 6B_439/2017). 
 
C.  
X.________ erhebt gegen die beiden erwähnten Beschlüsse Beschwerden in Strafsachen mit den gleichlautenden Anträgen, die Beschwerde gutzuheissen, den vorinstanzlichen Beschluss teilweise aufzuheben, Ziff. 1 und 2 des Dispositivs abzuändern, eventualiter die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen sowie ihm die unentgeltliche Rechtspflege (und Verbeiständung) zu gewähren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die persönliche Eingabe vom 8. Mai 2017 ist nach Ablauf der Rechtsmittelfrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingegangen und unbeachtlich. 
 
2.  
Das Bundesgericht kann Verfahren gestützt auf Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. b BZP vereinigen, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen, namentlich wenn sie die gleichen Parteien betreffen und die Verfahren auf der gleichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlage beruhen (vgl. BGE 133 IV 215 E. 1; Urteile 6B_824/2016 vom 10. April 2017 E. 1 und 6B_652/2016 vom 28. März 2017 E. 1). Die Voraussetzungen sind erfüllt. Die Verfahren sind zu vereinigen und in einem Entscheid zu motivieren. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht im Verfahren 6B_438/2017 einerseits geltend, den Fall, dass ein Verurteilter der zweiten Hauptverhandlung erneut unentschuldigt fernbleibe, regle Art. 369 Abs. 4 StPO nicht, und bringt andererseits vor, das Gesuch auf Neubeurteilung wäre ohne weiteres als Gesuch nach Art. 94 StPO auszulegen gewesen. Er habe Beschwerde und ein zweites Gesuch um Neubeurteilung eingereicht. Welches der beiden "Rechtsmittel" zulässig sei, habe das Bundesgericht bisher nicht geklärt.  
 
3.2. Das Gesetz regelt in Art. 94 StPO das Verfahren bei Fristversäumnis (Abs. 1) sowie sinngemäss bei versäumten Terminen (Abs. 5). Die säumige Person kann mit Gesuch die Wiederherstellung verlangen, indem sie glaubhaft macht, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. Gemäss Art. 94 Abs. 5 StPO bleiben die Bestimmungen über das Abwesenheitsverfahren vorbehalten. Bleibt die beschuldigte Person unentschuldigt aus, so sind die Vorschriften über das Abwesenheitsverfahren anwendbar (Art. 336 Abs. 4 StPO).  
 
3.3. Sind die Voraussetzungen für eine neue Beurteilung voraussichtlich erfüllt, so setzt die Verfahrensleitung eine neue Hauptverhandlung an. An dieser entscheidet das Gericht über das Gesuch um neue Beurteilung und fällt gegebenenfalls ein neues Urteil (Art. 369 Abs. 1 StPO).  
 
3.3.1. In casu erging ein erstinstanzliches Abwesenheitsurteil. Kann das Abwesenheitsurteil persönlich zugestellt werden, so wird die verurteilte Person darauf aufmerksam gemacht, dass sie innert 10 Tagen beim Gericht, welches das Urteil gefällt hat, schriftlich oder mündlich eine neue Beurteilung verlangen kann (Art. 368 Abs. 1 StPO). Sie kann ein Gesuch um neue Beurteilung stellen, worin sie kurz zu begründen hat, weshalb sie an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen konnte (Art. 368 Abs. 2 StPO). Das Gericht lehnt das Gesuch ab, wenn die verurteilte Person ordnungsgemäss vorgeladen worden war, aber an der Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist (Art. 368 Abs. 3 StPO).  
 
3.3.2. Art. 368 Abs. 3 StPO ist vorliegend nicht einschlägig, denn die Erstinstanz hatte am 2. Juni 2016 die Parteien im Sinne von Art. 369 Abs. 1 StPO zur Gesuchs- und Hauptverhandlung auf den 19. und 20. Oktober 2016 vorgeladen. Der Beschwerdeführer erschien nicht zu dieser Verhandlung: "  Bleibt die verurteilte Person der Hauptverhandlung erneut unentschuldigt fern, so bleibt das Abwesenheitsurteil bestehen " (Art. 369 Abs. 4 StPO). Nach diesem Gesetzeswortlaut ist ein weiteres "Gesuch um neue Beurteilung" ausgeschlossen. Das Gesetz sieht keinen weiteren derartigen Rechtsbehelf mehr vor. Mit dem "erneuten unentschuldigten" Fernbleiben im Sinne von Art. 369 Abs. 4 StPO verwirkt die verurteilte Person ihren Anspruch auf Neubeurteilung (NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, S. 532, Rz. 1518).  
 
3.3.3. Art. 371 StPO regelt das "Verhältnis zur Berufung": Gemäss Abs. 1 Satz 1 kann die verurteilte Person neben oder statt dem Gesuch um neue Beurteilung auch die Berufung gegen das Abwesenheitsurteil erklären, solange die Berufungsfrist noch läuft (vgl. Urteil 6B_203/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 1.1). Die Bestimmung klärt lediglich das "Verhältnis" von Rechtsbehelf (Gesuch) und Rechtsmittel (Berufung) im Rahmen von Art. 368 StGB. Das ist eindeutig, denn im Rahmen von Art. 369 StPO ergeht kein Abwesenheitsurteil (oben E. 3.3.2). Das "neue Urteil" im Verfahren nach Art. 369 Abs. 1 StPO ist mit den "üblichen Rechtsmitteln" anfechtbar (Art. 370 Abs. 1 StPO).  
 
3.3.4. Der Beschwerdeführer hatte gegen das Abwesenheitsurteil keine Berufung erhoben (Art. 371 Abs. 1 StPO), sondern eine neue Beurteilung verlangt (Art. 368 Abs. 1 StPO). Er erschien in der Folge nicht zur neuen Hauptverhandlung, weshalb die Erstinstanz kein neues Urteil fällte. Das Abwesenheitsurteil blieb bestehen (Art. 369 Abs. 4 StPO; oben E. 3.3.2). Gegen die diesbezügliche erstinstanzliche Verfügung vom 19. Oktober 2016 (oben Sachverhalt A) blieb dem Beschwerdeführer einzig das Rechtsmittel der Beschwerde, wie die Vorinstanz zu Recht annimmt (vgl. Urteil 6B_1175/2016 vom 24. März 2017 Sachverhalt B.b, E. 5.3). Die Ablehnung des Gesuchs unterliegt der Beschwerde, das neue Urteil der Berufung (OBERHOLZER, a.a.O., S. 533, Rz. 1519). Mithin war die Beschwerde zulässig.  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer bringt im Verfahren 6B_439/2017 vor, es treffe zu, dass die Erstinstanz keine Kenntnis von seinem Verhinderungsgrund gehabt habe, dies indessen seinerseits "mit entschuldigtem Grund". Er sei orientierungslos vom Regionalspital aufgenommen worden. Die Untersuchungen hätten einige Zeit benötigt. Er habe sich nicht vorab telefonisch entschuldigen können. Er sei nicht verpflichtet, an seiner Verurteilung mitzuwirken und einen vom Gericht benannten Arzt aufzusuchen, um seine Verhandlungsunfähigkeit zu belegen. Der Untersuchungsgrundsatz sei verletzt. Es sei nicht weiter relevant, ob die Krankheit im Ergebnis nicht so gravierend gewesen sei. Es sei erstellt, dass er namentlich wegen eines erhöhten Blutdrucks und der Gefahr eines Hirninfarkts und der daraus resultierenden zweitägigen Hospitalisation vom 19. bis 20. Oktober 2016 nicht in der Lage gewesen sei, der Hauptverhandlung beizuwohnen.  
 
4.2. Sind die Voraussetzungen für eine neue Beurteilung voraussichtlich erfüllt, so setzt die Verfahrensleitung eine neue Hauptverhandlung an. An dieser entscheidet das Gericht zunächst über das Gesuch und fällt anschliessend gegebenenfalls ein neues Urteil (Art. 369 Abs. 1 StPO). Bleibt die verurteilte Person der Hauptverhandlung erneut unentschuldigt fern, so bleibt das Abwesenheitsurteil bestehen (Art. 369 Abs. 4 StPO). In dieser Konstellation kann mit Beschwerde (oben E. 3.3.4) gerügt werden, das Gericht habe zu Unrecht ein "unentschuldigtes" Fernbleiben angenommen.  
 
4.3. "Unentschuldigt" bedeutet schuldhaftes Fernbleiben (Urteile 6B_1277/2015 vom 29. Juli 2016 E. 3.1 und 6B_203/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 2.2.1). Der in den Art. 368 Abs. 3 StPO und Art. 369 Abs. 4 StPO verwendete Begriff "unentschuldigt" ist in beiden Bestimmungen gleich auszulegen. An die Entschuldbarkeit sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Verlangt wird, dass die beschuldigte Person der Verhandlung bewusst und freiwillig fernblieb. Sie muss die entschuldigenden Gründe glaubhaft vorbringen (Urteil 6B_1175/2016 vom 24. März 2017 E. 9.3).  
Das Recht auf persönliche Teilnahme an der Verhandlung ergibt sich aus den Ansprüchen auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV und auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Es gilt jedoch nicht absolut. Abwesenheitsverfahren sind zulässig, sofern der Verurteilte nachträglich verlangen kann, dass ein Gericht, nachdem es ihn zur Sache angehört hat, nochmals überprüft, ob die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen begründet sind. Der Anspruch auf Neubeurteilung kann von bestimmten Formen und Fristen abhängig gemacht werden. Ferner ist es mit Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar, wenn eine Neubeurteilung deswegen abgelehnt wird, weil der in Abwesenheit Verurteilte sich geweigert hat, an der Verhandlung teilzunehmen oder er die Unmöglichkeit, dies zu tun, selbst verschuldet hat (BGE 129 II 56 E. 6.2). Nach der Praxis des Bundesgerichts ist die Abwesenheit nicht nur im Falle höherer Gewalt, d.h. bei objektiver Unmöglichkeit zu erscheinen, gültig entschuldigt, sondern auch im Falle subjektiver Unmöglichkeit aufgrund der persönlichen Umstände oder eines Irrtums (BGE 127 I 213 E. 3a; 126 I 36 E. 1b; Urteile 6B_1175/2016 vom 24. März 2017 E. 9.3 und 6B_931/2015 vom 21. Juli 2016 E. 1.2). 
Die Strafbehörden haben die Entschuldigungsgründe zu prüfen ("d'évaluer si les excuses fournies par l'accusé pour justifier son absence étaient valables"; Urteil 6B_203/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 2.2.2 zur Rechtsprechung des EGMR). Die gesetzliche Obliegenheit der verurteilten Person zu "begründen", weshalb sie an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen konnte (Art. 368 Abs. 2 StPO), steht im Einklang mit der konventionsrechtlichen Rechtsprechung und verletzt entgegen dem Beschwerdeführer nicht den nemo tenetur-Grundsatz. Es gilt allgemein, dass Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu begründen sind. Insoweit lässt sich auch eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nicht geltend machen. 
 
4.4. Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 13. Oktober 2016 die Absetzung der am 2. Juni 2016 auf den 19. und 20. Oktober 2016 festgesetzten Gesuchs- und Hauptverhandlung sowie die eventuelle Sistierung des Verfahrens, da er ohne ernstes Risiko für seine Gesundheit nicht in der Lage sei, an einer Verhandlung teilzunehmen. Er legte ein Arztzeugnis vom 10. Oktober 2016 und einen unvollständigen Austrittsbericht des Inselspitals vom 18. März 2016 bei. Die Erstinstanz wies den Antrag mit Verfügung vom 14. Oktober 2016 einstweilen ab und wies den Beschwerdeführer darauf hin, dass es ihm unbenommen sei, sich von einer medizinischen Fachperson an die Verhandlung begleiten zu lassen. Die Erstinstanz wies ihn zudem an, sich bis spätestens am 18. Oktober 2016, 12 Uhr, vom Institut für Rechtsmedizin (IRM) zu seiner Verhandlungsfähigkeit untersuchen zu lassen, verbunden mit der Androhung, dass das Gericht davon ausgehen werde, dass er am 19. und 20. Oktober 2016 verhandlungsfähig sei, sollte er sich bis zum angegebenen Zeitpunkt nicht untersuchen lassen. Da er sich nicht untersuchen liess, teilte die Erstinstanz den Parteien am 18. Oktober 2016 mit, dass die Verhandlung nicht abgesetzt werde. An der Eröffnung der Verhandlung am 19. Oktober 2016 um 13 Uhr 30 war der Beschwerdeführer nicht erschienen und hatte sich nicht bei der Gerichtskanzlei gemeldet. Der Verteidiger erklärte, er habe nichts von ihm gehört. Die Erstinstanz schloss auf unentschuldigtes Fernbleiben (Beschluss S. 3).  
 
4.5. Der Hinweis auf den angeschlagenen Gesundheitszustand genügt nicht, da sich der Beschwerdeführer entgegen der gerichtlichen Weisung nicht fristgerecht untersuchen liess. Entgegen seiner Rüge war er verpflichtet, den gerichtlich "benannten Arzt [das IRM] aufzusuchen, um seine Verhandlungsunfähigkeit zu belegen" (oben E. 4.1). Dass er dies unterliess, erscheint als obstruierendes Verhalten.  
Die Vorinstanz verweist auf gesundheitliche Vorfälle und mehrere Untersuchungen im Inselspital, insbesondere wegen eines Herzleidens. Der Beschwerdeführer war bereits am 5. und am 17. Dezember 2013 nicht zur Haupt- und Fortsetzungsverhandlung erschienen. Das Nichterscheinen an der Verhandlung vom 30. Juli 2015 (oben Sachverhalt A), wurde von der Erstinstanz aufgrund eines provisorischen Kurzberichts und des Austrittsberichts des Inselspitals vom 4. und 6. August 2015 als entschuldigt betrachtet, so dass im Rahmen der neuen Verhandlung ein neues Urteil zu fällen gewesen wäre (Beschluss S. 3, 4). Dieser neuen Verhandlung blieb der Beschwerdeführer fern, was Gegenstand des heutigen Beschwerdeverfahrens ist. 
Im Zeitpunkt der neuen Verhandlung hatten weder das Gericht noch der Verteidiger Kenntnis vom Verhinderungsgrund. Im (kantonalen) Beschwerdeverfahren wurde ein provisorischer Austrittsbericht des Regionalspitals vom 20. Oktober 2016 eingereicht. Er war am Verhandlungstag hospitalisiert und wurde am Folgetag entlassen. 
 
4.6. Nach dem gerichtspsychiatrischen Gutachten der Universität Bern vom 15. Juni 2009 leidet der Beschwerdeführer an einer dissozial-histrionischen Persönlichkeitsstörung, neigt zu theatralischem Verhalten, zu übertriebenem Ausdruck von Gefühlen und zur Dramatisierung bezüglich der eigenen Person und versucht medizinische Berufsgruppen zu manipulieren und gegeneinander auszuspielen. Deshalb erfolgten die erstinstanzliche Anweisung zur Begutachtung der Verhandlungsfähigkeit bis am Vortag der anberaumten Verhandlung sowie der Hinweis, eine medizinische Begleitperson zur Verhandlung beizuziehen. Nach der Vorinstanz deutet die Diagnose des Regionalspitals eines "sensomotorischen Hemisyndroms" ["Hemi-": Wortlaut mit der Bedeutung halb, einseitig; Pschyrembel, 266. Aufl.] im provisorischen Bericht mangels bildgeberischen Korrelats darauf hin, dass diese Diagnose auf subjektiven Schilderungen des Beschwerdeführers beruht. Alle anderen Diagnosen waren älteren Datums und nicht akut am Verhandlungstag aufgetreten. Auch unter Berücksichtigung aller genannten Diagnosen sei die Verhandlungsfähigkeit im Zusammenhang mit einer Vorladung vor dem Regionalgericht im Mai 2016 ärztlich bestätigt worden (Beschluss S. 5).  
Der Beschwerdeführer leidet tatsächlich an gesundheitlichen Schwierigkeiten (Beschluss S. 6). Es erschliesst sich für die Vorinstanz aber nicht, weshalb er das Regionalspital Emmental aufgesucht hatte, obwohl er in Bern wohnhaft ist. Auch reichte er den definitiven Austrittsbericht nicht nach und nahm zur Spitalwahl nicht Stellung. Die angebliche Orientierungslosigkeit wurde nicht belegt. Dass er über Nacht im Spital verblieb, lässt nicht zwingend auf eine ernsthafte Erkrankung schliessen, sondern konnte der Beobachtung dienen (Beschluss S. 7). 
Die Vorinstanz kommt zum Ergebnis, der Beschwerdeführer sei den erstinstanzlichen Weisungen nicht nachgekommen. Dass er am Verhandlungstag in einer derart schlechten Verfassung gewesen sein sollte, dass er nicht an die Verhandlung gehen konnte oder sich nicht zumindest hätte abmelden bzw. entschuldigen lassen können, sei nicht belegt. Sein Verhalten erlaube den Schluss, dass die gesundheitliche Verschlechterung bewusst in Kauf genommen worden sei (Beschluss S. 8). 
 
4.7. Die tatsächliche Voraussetzung der Entschuldbarkeit ist eine Beweisfrage. Die Beweiswürdigung ist Aufgabe des Sachgerichts (Art. 10 Abs. 2 StPO). Das Bundesgericht greift nur bei Willkür ein (Art. 9 BV; Art. 97 Abs. 1 BGG), namentlich wenn ein Beweismittel offensichtlich verkannt wurde (BGE 140 III 264 E. 2.3) oder der Entscheid schlechterdings unhaltbar erscheint, nicht aber bereits, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar wäre (BGE 141 I 49 E. 3.4, 70 E. 2.2). Im Übrigen legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).  
Eine unhaltbare Sachverhaltsfeststellung ist nicht zu erkennen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der prozesserfahrene Beschwerdeführer (vgl. oben E. 4.5) an der Verhandlung nicht teilnehmen wollte und sich zu diesem Zwecke in das Regionalspital Emmental begab. Es ist weder begründet noch nachvollziehbar, weshalb er sich in der als akut behaupteten Situation nicht in das ihm vertraute und spezialisierte Inselspital begab, wo er im Jahre 2016 viermal untersucht worden war (Beschluss S. 3). War es ihm möglich, sich in das Regionalspital zu begeben, war es ihm zumindest auch möglich, diese Tatsache dem Gericht oder seinem Verteidiger telefonisch mitzuteilen oder mitteilen zu lassen. Stattdessen stellte er das Gericht vor vollendete Tatsachen. Die erstinstanzlichen Weisungen hatte er nicht beachtet. Das lässt den Schluss zu, dass er an der Verhandlung nicht teilnehmen wollte und die Unmöglichkeit, dies zu tun, durch Selbsteinlieferung in das Regionalspital bewusst selbst "verschuldet", d.h. die ganze Sache unter Instrumentalisierung seiner gesundheitlichen Verfassung inszeniert hat ("[..] a refusé de participer aux débats ou s'est placé fautivement dans l'incapacité de le faire", BGE 126 I 36 E. 1b). Der Beschwerdeführer vermag auch im bundesgerichtlichen Verfahren ein nicht "schuldhaftes", d.h. ein durch subjektive oder objektive Unmöglichkeit entschuldbares, Fernbleiben von der Hauptverhandlung (BGE 126 I 36 E. 1b) nicht glaubhaft zu machen (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht. 
 
5.  
Beide Beschwerden sind abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege sind wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 64 BGG; Urteil 6B_682/2016 vom 12. Oktober 2016 E. 4). Entgegen der Beschwerde (S. 9) war die Rechtslage nicht "bis anhin unklar" (vgl. Urteil 6B_617/2012 vom 11. März 2013 E. 2), so dass aufgrund widersprechender Lehrmeinungen nicht von Aussichtslosigkeit ausgegangen werden könne. Der Beschwerdeführer wird seit Juli 2014 vom Sozialdienst der Stadt Bern mit Sozialhilfe unterstützt. Die Gerichtskosten sind bei der anzunehmenden Bedürftigkeit praxisgemäss herabzusetzen (Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 6B_438/2017 und 6B_439/2017 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.  
Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege werden abgewiesen. 
 
4.  
Dem Beschwerdeführer werden die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 2'000.-- auferlegt. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. August 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw