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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1326/2023  
 
 
Urteil vom 8. Februar 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Felten, 
nebenamtliche Bundesrichterin Pont Veuthey, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Sinan Stäheli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung der Verkehrsregeln, Fahren ohne Berechtigung, Missbrauch von Ausweisen und Schildern, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 10. Oktober 2023 (ST.2022.61-SK3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wird vorgeworfen, am 21. März 2020 auf der Autobahn in Mels ein Fahrzeug gelenkt und dabei die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h überschritten zu haben. Zudem habe er es unterlassen, seinen Führerausweis trotz den Entzügen vom 13. August 2020 und 10. September 2020 sowie den entsprechenden behördlichen Aufforderungen abzugeben. Im Weiteren habe er am 17. September 2020 ein Fahrzeug beim Grenzübergang in Au gelenkt, obwohl ihm der Führerausweis entzogen worden sei. 
 
B.  
Das Kantonsgericht St. Gallen sprach A.________ am 10. Oktober 2023 zweitinstanzlich im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland vom 19. Januar 2022 der groben Verletzung der Verkehrsregeln, der Nichtabgabe von Ausweisen und des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen zu Fr. 50.--. 
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Obergerichts des Kantons St. Gallen vom 10. Oktober 2023 sei aufzuheben. Er sei vollumfänglich freizusprechen. Die Kosten der Strafuntersuchung und des erst- sowie zweitinstanzlichen Verfahrens seien vollumfänglich dem Kanton St. Gallen aufzuerlegen. Für seine Anwaltskosten im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren sei er mit Fr. 16'132.35 zu entschädigen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der groben Verletzung der Verkehrsregeln und wirft der Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung sowie die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" vor. Er bestreitet nicht, dass der Lenker des betreffenden Fahrzeugs zum fraglichen Zeitpunkt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 37 km/h überschritten hat. Indessen stellt er in Abrede, das Fahrzeug gelenkt zu haben. Er macht geltend, zur relevanten Zeit sei er mit seiner Ex-Ehefrau und deren Ehepartner in Ischgl gewesen. Das fragliche Fahrzeug werde von weiteren Personen benutzt. Entgegen der vorinstanzlichen Feststellung habe er glaubhaft ausgesagt, als Lenker komme wegen der äusserlichen Ähnlichkeit insbesondere der Bruder seiner Ex-Freundin in Frage. Die Vorinstanz verkenne sodann, dass das Radarfoto einzig eine Tendenz bezüglich einer Ähnlichkeit mit ihm zeige. Insbesondere spreche es für sich, dass das Forensische Institut Zürich (FOR) dem Radarfoto eine "schlechte Qualität" attestiere und betone, dass keine morphologische Analyse erfolgt sei, weshalb bloss das Fehlen von identitätsausschliessenden Merkmalen habe ermittelt werden können. Ausserdem werfe ihm die Vorinstanz vor, dass er zwecks Vergleichs mit dem Radarbild kein Bildmaterial vom Bruder seiner Ex-Freundin eingereicht habe. Damit verlange sie von ihm de facto, dass er seine Unschuld beweise (Beschwerde S. 3 und S. 5 ff.).  
Weiter rügt der Beschwerdeführer, die Vorinstanz verletze auch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und stelle den Sachverhalt willkürlich fest, indem sie die von ihm beantragten Zeugeneinvernahmen in unzulässiger antizipierter Beweiswürdigung nicht vornehme (Beschwerde S. 7 f.). 
 
1.2. Die Vorinstanz gelangt - teilweise unter Verweis auf die diesbezüglichen Ausführungen der ersten Instanz - nach eingehender Würdigung der Beweise und einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit den Vorbringen des Beschwerdeführers zum Schluss, dieser habe das betreffende Fahrzeug gelenkt (Urteil S. 3-13 E. III.1-4; erstinstanzliches Urteil S. 6 f. E. 12 und S. 9 f. E. 14.2 f.). Sie hält fest, in Berücksichtigung der Haltereigenschaft des Beschwerdeführers, des mit ihm übereinstimmenden Radarfotos und des ihn nicht ausschliessenden Untersuchungsberichts des FOR, seines gesamten, unglaubhaften Aussage- sowie Nachtatverhaltens bestünden bei objektiver Betrachtung keine vernünftigen Zweifel an seiner Täterschaft (Urteil S. 13 E. III.2g).  
Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer beantrage die Befragung von B.________ (seine Ex-Ehefrau), von C.________ (deren Ehepartner) und von D.________ (Vermieter des Kleinbusses). Sie seien insbesondere zu fragen, ob und wann sie sich mit dem Beschwerdeführer im März 2020 nach Ischgl begeben hätten, wie die Anmietung des Transporters erfolgt sei und ob sich der Beschwerdeführer die ganze Zeit in Ischgl aufgehalten oder ob er sich mit einem Fahrzeug aus dem Ort entfernt habe. Die Vorinstanz hält fest, der Beschwerdeführer habe diese Fragen mehrheitlich bereits beantwortet. So sei erstellt, dass er sich aufgrund der Schliessung seines Gastronomiebetriebs zwecks Transports von Getränken um den 13. März 2020 mit den genannten Personen nach Ischgl begeben habe und in der Folge mehrfach nach Lustenau gereist sei. Mehrere Indizien sprächen für eine Täterschaft des Beschwerdeführers. Der angeklagte Sachverhalt gelte als erstellt; die Beweisanträge seien somit mangels Relevanz abzuweisen (Urteil S. 13 E. III.2.f). 
 
1.3.  
 
1.3.1. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Zum Begriff der Willkür und zu den qualifizierten Begründungsanforderungen kann auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen und die bisherige Rechtsprechung verwiesen werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5 und E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen).  
 
1.3.2. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann die Haltereigenschaft bei einem Strassenverkehrsdelikt, das von einem nicht eindeutig identifizierbaren Fahrzeuglenker begangen worden ist, ein Indiz für die Täterschaft sein (Urteile 6B_410/2023 vom 4. Oktober 2023 E. 4.3.3; 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_1066/2021 vom 27. Januar 2022 E. 2.3.3; je mit Hinweisen). Das Gericht kann im Rahmen der Beweiswürdigung ohne Verletzung der Unschuldsvermutung zum Schluss gelangen, der Halter habe das Fahrzeug selber gelenkt, wenn dieser die Tat bestreitet und sich über den möglichen Lenker ausschweigt (Urteile 6B_410/2023 vom 4. Oktober 2023 E. 4.4.2; 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_1066/2021 vom 27. Januar 2022 E. 2.3.3; je mit Hinweisen). Nichts anderes kann gelten, wenn der Halter zwar Angaben zum Lenker macht, diese aber nicht glaubhaft oder gar widerlegt sind (Urteile 6B_410/2023 vom 4. Oktober 2023 E. 4.4.2; 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_1066/2021 vom 27. Januar 2022 E. 2.3.3; je mit Hinweisen). Sich auf das Aussageverweigerungsrecht zu berufen oder die Möglichkeit ins Spiel zu bringen, nicht gefahren zu sein, hindert das Gericht nicht daran, eine Täterschaft anzunehmen (Urteile 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_1066/2021 vom 27. Januar 2022 E. 2.3.3; 6B_235/2021 vom 29. Juli 2021 E. 2.3.2; je mit Hinweisen).  
 
1.3.3. Über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind, wird nicht Beweis geführt (Art. 139 Abs. 2 StPO). Die Strafbehörden können ohne Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) auf die Abnahme weiterer Beweise verzichten, wenn sie in Würdigung der bereits abgenommenen Beweise zur Überzeugung gelangen, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei genügend abgeklärt, und sie überdies in antizipierter Würdigung zum Schluss kommen, ein an sich taugliches Beweismittel vermöge ihre aufgrund der bereits abgenommenen Beweismittel gewonnene Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer strittigen Tatsache nicht zu ändern. Das Bundesgericht prüft die Rüge unzulässiger antizipierter Beweiswürdigung nur unter dem Aspekt der Willkür (BGE 147 IV 534 E. 2.5.1; 146 III 73 E. 5.2.2; 144 II 427 E. 3.1.3; je mit Hinweisen).  
 
1.4. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung hält einer Willkürprüfung stand. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, erschöpft sich in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid. Er zeigt lediglich auf, wie die Beweise seines Erachtens zu würdigen gewesen wären. Dass die vorinstanzliche Würdigung offensichtlich falsch und insofern willkürlich wäre, vermag er damit jedoch nicht aufzuzeigen. Gemäss Rechtsprechung durfte die Vorinstanz die Haltereigenschaft des Beschwerdeführers am Fahrzeug als Indiz für seine Täterschaft werten. Sodann ist namentlich nicht zu beanstanden, dass sie anhand des persönlichen Eindrucks anlässlich der Berufungsverhandlung und des Vergleichs der vier Fotos des Beschwerdeführers in den Akten mit dem Radarbild zum Schluss kommt (Urteil S. 6 f. E. III.2.d/aa; kantonale Akten act. S1/10-12), es bestehe insgesamt eine grosse Ähnlichkeit zwischen der Person auf dem Radarfoto und dem Beschwerdeführer, was sie als starkes Indiz für dessen Täterschaft wertet. Nicht schlechterdings unhaltbar ist zudem, dass die Vorinstanz feststellt, der Untersuchungsbericht des FOR spreche für die Täterschaft des Beschwerdeführers. In diesem Zusammenhang hält sie fest, das FOR habe eine Vorabsichtung durchgeführt, die lediglich - aber immerhin - eine Tendenz bei der Befundbewertung zulasse. Zwar handle es sich gemäss diesem Bericht beim Radarfoto um ein Bild schlechter Qualität, es hätten aber keine Ausprägungsunterschiede ermittelt werden können, die eine Identität des Beschwerdeführers mit der auf dem Beweisbild dargestellten Person ausschliessen würden. Der Untersuchungsbericht komme zum Schluss, dass der morphologische Bildvergleich "eher für die Identität" des Beschwerdeführers spreche. Die Vorinstanz geht daher davon aus, dass dieser Bericht wahrscheinlich Ausprägungsunterschiede festgestellt hätte, wenn es sich bei der Person auf dem Radarfoto um jemand anderen als den Beschwerdeführer gehandelt hätte (Urteil S. 9 E. III.2.d/ff).  
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorinstanz verletze den Grundsatz "in dubio pro reo", weil sie von ihm verlange, dass er mit der Einreichung von Bildmaterial des angeblichen Lenkers seine Unschuld beweise (Beschwerde S. 5 f. Ziff. 14) ist unbegründet. Diese Rüge prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (siehe BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.3 mit Hinweisen). Dem angefochtenen Entscheid lässt sich nicht entnehmen, dass die Vorinstanz von der falschen Überzeugung ausgeht, der Beschwerdeführer habe seine Unschuld zu beweisen, und dass sie ihn verurteilt, weil ihm dies nicht gelungen ist. Vielmehr spricht ihn die Vorinstanz der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig, weil sie in Würdigung der Beweise keine Zweifel daran hat, dass er im fraglichen Zeitpunkt das betreffende Fahrzeug lenkte. 
In Anbetracht des klaren Beweisergebnisses ist der Entscheid der Vorinstanz, in vorweggenommener Beweiswürdigung auf weitere Beweiserhebungen zu verzichten, nicht zu beanstanden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers wird dadurch nicht verletzt. 
 
2.  
 
2.1. Ferner beanstandet der Beschwerdeführer die Verurteilung wegen Nichtabgabe von Ausweisen. Er rügt eine Verletzung von Art. 85 Abs. 2 StPO und von Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG. Im Wesentlichen macht er geltend, Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG setze die Kenntnisnahme der behördlichen Aufforderung voraus. Er habe die beiden Verfügungen betreffend Entzug des Führerausweises aber nicht erhalten, weshalb er keine Kenntnis davon habe nehmen können. Für die Eröffnung verwaltungsrechtlicher Entscheide sei die Möglichkeit der Kenntnisnahme und damit die Zustellung per A-Post Plus ausreichend. Anders verhalte es sich bei Mitteilungen der Strafbehörden, die nach Art. 85 Abs. 2 StPO durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung zuzustellen seien. Strassenverkehrsämter seien zwar keine Strafbehörden. Da an deren Entzugsverfügungen aber strafrechtliche Folgen geknüpft seien, sei Art. 85 Abs. 2 StPO auch dann zu wahren, wenn es sich um eine verwaltungsrechtliche Verfügung handle. Die tatsächliche Kenntnisnahme könne bei einer Zustellung per A-Post Plus nicht nachgewiesen werden. Es sei nicht erwiesen, dass er die Verfügungen zur Kenntnis genommen habe. Soweit die Vorinstanz behaupte, ihm sei mindestens eine der beiden Verfügungen rechtsgenüglich eröffnet worden, verfalle sie in Willkür (Beschwerde S. 3 und S. 9 ff.).  
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt, die korrekte Eröffnung der Verfügungen beurteile sich nach dem Verwaltungsverfahrensrecht, da es sich beim Führerausweisentzug um ein Administrativverfahren handle. Gemäss dem einschlägigen kantonalen Verwaltungsverfahrensrecht sei es den Behörden im Einklang mit der Rechtsprechung erlaubt, Verfügungen mit A-Post Plus zu versenden (Urteil S. 17 E. III.5.b). Die Verfügungen seien dem Beschwerdeführer gemäss Bestätigung der Post am 14. August 2020 bzw. am 12. September 2020 in den Briefkasten an seinen Wohnort gelegt worden. Es sei unwahrscheinlich, dass gerade zwei Verfügungen im Abstand von knapp einem Monat in einen falschen Briefkasten gelegt worden seien. Gleiches gelte für das Vorbringen des Beschwerdeführers, vielleicht habe jemand die Sendungen aus dem Briefkasten entfernt. Nach dem Gesagten sei davon auszugehen, dass ihm zumindest eine der Verfügungen korrekt eröffnet worden sei (Urteil S. 17 f. E. III.5.c). Da er aber trotz der darin enthaltenen Aufforderung zur Abgabe, seinen Führerausweis - unbestrittenermassen - nicht abgegeben habe, sei der objektive Tatbestand von Art. 97 Abs. 2 lit. b SVG erfüllt. Dem Beschwerdeführer sei zumindest Eventualvorsatz vorzuwerfen, weil er angesichts des gegen ihn laufenden Strafverfahrens wegen Geschwindigkeitsüberschreitung habe damit rechnen müssen, dass die Sendung einen Führerausweisentzug zum Inhalt habe; der Absender, das Strassenverkehrsamt, sei durch das Sichtfenster des Couverts erkennbar gewesen. Hinzu komme, dass dem Beschwerdeführer bereits dreimal der Führerausweis entzogen worden sei (zweimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitung), weshalb er habe wissen müssen, dass bei grober Verkehrsregelverletzung ein vom Strassenverkehrsamt verfügter Führerausweisentzug drohe. Im Übrigen bringe der Beschwerdeführer nicht vor, er habe wegen einer längeren Abwesenheit keine Kenntnis vom Inhalt der Sendungen erlangen können. Vielmehr verbringe er den Sommer nach eigenen Angaben hauptsächlich an seinem Wohnort (Urteil S. 18 E. III.5.d).  
 
2.3. Nach Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG (aArt. 97 Ziff. 1 Abs. 2 SVG) macht sich des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern schuldig, wer ungültige oder entzogene Ausweise oder Kontrollschilder trotz behördlicher Aufforderung nicht abgibt. In objektiver Hinsicht setzt dieser Tatbestand voraus, dass ein Ausweis oder Schild für ungültig erklärt oder entzogen und zu dessen Abgabe aufgefordert wurde. Die Aufforderung zur Abgabe von Ausweis und Schildern muss vollstreckbar sein. Denn die Strafnorm dient ja gerade dazu, die Durchsetzung dieses behördlichen Befehls sicherzustellen (vgl. BGE 149 IV 299 E. 2.1 mit Hinweisen; 88 IV 116 E. 1 und E. 4; Urteile 6B_904/2018 vom 8. Februar 2019 E. 3.3; 6P.100/2006 und 6S.211/2006 vom 9. August 2006 E. 5.2.2; je mit Hinweisen).  
Die Vollstreckbarkeit einer Verfügung tritt im Regelfall nur ein, wenn sie zuvor ordnungsgemäss eröffnet wurde. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass ausnahmsweise auch von mangelhaft eröffneten Verfügungen Rechtswirkungen ausgehen. Doch darf nach einem allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts den Parteien aus einer mangelhaften Eröffnung kein Rechtsnachteil erwachsen (siehe BGE 122 I 97 E. 3a/aa; Urteil 6S.233/2002 vom 11. Juli 2002 E. 1.3). Eine Bestrafung nach Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG (aArt. 97 Ziff. 1 Abs. 2 SVG) fällt somit ausser Betracht, wenn der Adressat von der an ihn gerichteten Entzugsverfügung und Aufforderung zur Abgabe von Ausweis und Schildern infolge eines Eröffnungsfehlers überhaupt keine Kenntnis hat. In diesem Fall fehlt es bereits an einer wirksamen behördlichen Aufforderung (Urteil 6S.233/2002 vom 11. Juli 2002 E. 1.3 mit Hinweis). 
 
2.4. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt ebenfalls als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Nach der Rechtsprechung setzt ein Schuldspruch wegen Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG (aArt. 97 Ziff. 1 Abs. 2 SVG) in objektiver Hinsicht voraus, dass dem Adressat die Entzugsverfügung ordnungsgemäss eröffnet wurde oder, dass dieser bei fehlerhafter Eröffnung gleichwohl zuverlässige Kenntnis von der ihm obliegenden Rückgabepflicht genommen hat (vgl. BGE 149 IV 299 E. 2.4 S. 305 mit Hinweisen). Der Frage, ob der Beschwerdeführer die Entzugsverfügung (en) tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, ist daher lediglich nachzugehen, wenn ihm die behördliche (n) Aufforderung (en) nicht ordnungsgemäss eröffnet wurde (n) (siehe Urteile 6B_874/2021 vom 24. August 2022 E. 6.1; 6S.233/2002 vom 11. Juli 2002 E. 1.3; je mit Hinweisen; JÜRG BÄHLER, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 14 zu Art. 97 SVG). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers muss gestützt auf das Urteil 6B_539/2009 vom 8. September 2009 nicht geschlossen werden (E. 2), eine Verurteilung wegen Missbrauchs von Ausweisen und Kontrollschildern setze zwingend voraus, dass der Beschuldigte von der Verfügung tatsächlich Kenntnis genommen hat (Beschwerde S. 10). Der Beschwerdeführer scheint zu übersehen, dass in diesem Entscheid lediglich die Rede davon ist, dass aArt. 97 Ziff. 1 Abs. 2 SVG grundsätzlich voraussetze, dass der Täter von dieser Verfügung Kenntnis habe. Hinzu kommt, dass sich das Bundesgericht kürzlich ausdrücklich mit diesem Urteil befasst und es als Einzelfall qualifiziert hat (Urteil 6B_874/2021 vom 24. August 2022 E. 6.1, in dem es insbesondere darum ging, ob Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG [aArt. 97 Ziff. 1 Abs. 2 SVG] fahrlässig begangen werden kann).  
Die Vorinstanz gelangt vorliegend zum Schluss, dass die Zustellung der beiden Entzugsverfügungen entsprechend den massgeblichen Normen des kantonalen Rechts mittels A-Post Plus erfolgte. Soweit der Beschwerdeführer mit seinen Einwänden aufzeigen möchte, dass die behördlichen Aufforderungen mangelhaft eröffnet wurden, kann ihm nicht gefolgt werden. Entgegen seiner Auffassung ist Art. 85 Abs. 2 StPO im Verfahren betreffend Entzug des Führerausweises nicht massgebend. Das Administrativverfahren bezüglich Führerausweisentzugs ist (abgesehen von einer Spezialbestimmung in Art. 23 SVG) kantonalrechtlich geregelt (Art. 106 Abs. 2 SVG; Urteil 1C_331/2014 vom 28. August 2014 E. 4.4), wobei das kantonale Recht auch für die Eröffnung und Zustellung von Verfügungen gilt. Das Bundesrecht schreibt lediglich vor, dass die Entzugsverfügung schriftlich zu eröffnen und zu begründen ist (Art. 23 Abs. 1 SVG; Urteil 6S.233/2002 vom 11. Juli 2002 E. 1.4). Die Rüge der Verletzung von Art. 85 Abs. 2 StPO ist folglich unbegründet. 
A-Post-Plus-Sendungen sind mit einer Nummer versehen, welche die elektronische Sendungsverfolgung im Internet ("Track & Trace") ermöglicht. Daraus ist u.a. ersichtlich, wann die Sendung in das Postfach oder in den Briefkasten des Empfängers gelegt wird (vgl. BGE 144 IV 57 E. 2.3.1; 142 III 599 E. 2.2; je mit Hinweisen). Allfällige Fehler bei der Postzustellung liegen auch bei dieser Zustellungsart nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Eine fehlerhafte Postzustellung ist allerdings nicht zu vermuten, sondern nur anzunehmen, wenn sie aufgrund der Umstände plausibel erscheint (BGE 142 III 599 E. 2.4.1 mit Hinweisen). Die Vorinstanz legt nachvollziehbar dar, weshalb sie zum Schluss gelangt, dass dem Beschwerdeführer zumindest eine der beiden Verfügungen ordnungsgemäss eröffnet wurde. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer setzt sich nicht substanziiert mit diesen vorinstanzlichen Erwägungen auseinander. Insbesondere zeigt er keine Umstände auf, die eine fehlerhafte Zustellung als plausibel erscheinen liessen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, zu behaupten, er habe die Verfügungen des Strassenverkehrsamts nicht erhalten und diese daher nicht zur Kenntnis genommen. Der Schuldspruch wegen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern wegen Nichtabgabe von Ausweisen im Sinne von Art. 97 Abs. 1 lit. b SVG verletzt kein Bundesrecht. 
 
3.  
Die Kritik des Beschwerdeführers an seiner Verurteilung wegen des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Verweigerung, Entzug oder Aberkennung des Ausweises (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG) basiert auf dem Einwand, die behördlichen Aufforderungen seien nicht rechtsgenüglich erfolgt, weshalb er am 17. September 2020 nicht gewusst habe, dass ihm sein Ausweis entzogen worden sei (Beschwerde S. 12). Es kann auf die vorstehende Erwägung verwiesen werden. 
Seinen Antrag bezüglich der Kosten- und Entschädigungsfolgen begründet der Beschwerdeführer mit dem von ihm beantragten Verfahrensausgang (Beschwerde S. 2 und S. 13). Darauf kann nicht eingetreten werden, da es bei den vorinstanzlichen Schuldsprüchen bleibt. 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Februar 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini