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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1136/2022  
 
 
Urteil vom 12. Januar 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Meier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Eveline Gloor, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Departement Volkswirtschaft und Inneres, Amt für Justizvollzug, Bahnhofplatz 3c, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 10. August 2022 (WBE.2022.263 / sr / wm). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Baden sprach A.________ mit Urteil vom 14. August 2018 der mehrfachen, teilweise versuchten, Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB, teilweise i.V.m. Art. 22 StGB, der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 Abs. 1 und 4 StGB und der Drohung im Sinne von Art. 180 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a StGB schuldig. Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 4.5 Jahren sowie einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.-- (infolge Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe wurde die Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen vollstreckt). Zudem ordnete es eine ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB an, ohne den Vollzug der unbedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe aufzuschieben. 
Am 15. Dezember 2020 hatte A.________ zwei Drittel seiner Freiheitsstrafe verbüsst. Das ordentliche Strafende fiel auf den 15. Juni 2022. 
 
B.  
 
B.a. Das Departement für Volkswirtschaft und Inneres (DVI), Amt für Justizvollzug (AJV), prüfte ein erstes Mal eine bedingte Entlassung von A.________ und sah mit Verfügung vom 29. Oktober 2020 von einer solchen ab. Eine weitere die bedingte Entlassung von A.________ (als verfrüht) ablehnende Verfügung des AJV erging am 24. März 2022.  
 
B.b. Das AJV verfügte am 30. Mai 2022 die bedingte Entlassung von A.________ per 14. Juni 2022. Es setzte eine Probezeit von einem Jahr fest. Für deren Dauer ordnete es Bewährungshilfe an und erteilte es Weisungen (Totalabstinenz von Alkohol; Verpflichtung, sich regelmässig mit geeigneten, durch die Vollzugsbehörde zu bestimmenden Mitteln über die Einhaltung des Konsumverbots auszuweisen, und Ermächtigung der Bewährungshilfe, die Abstinenzkontrolle auf andere Suchtmittel auszuweiten; Kontaktverbot zum Opfer; Weiterführung der ambulanten Massnahme). Zudem schrieb es ihn für die Dauer der Probezeit national im polizeilichen Fahndungsregister bezüglich die erteilten Weisungen aus. Den nicht verbüssten Strafrest legte es auf einen Tag Freiheitsstrafe fest.  
 
B.c. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wies die Beschwerde von A.________ gegen die Verfügung des AJV vom 30. Mai 2022 mit Urteil vom 10. August 2022 vollumfänglich ab.  
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit dem sinngemässen Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 10. August 2022 sei aufzuheben. Er sei nicht bedingt, sondern per 15. Juni 2022 nach Vollbüssung der Strafe aus dem Strafvollzug zu entlassen. Die mit Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 14. August 2018 angeordnete ambulante Therapie sei weiterzuführen. A.________ stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
 
D.  
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau verzichtete auf eine Stellungnahme. Das AJV liess sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Vorausgesetzt wird ein aktuelles und praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde (BGE 144 IV 81 E. 2.3.1; 140 IV 74 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Dieses Erfordernis stellt sicher, dass dem Bundesgericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen zum Entscheid vorgelegt werden (BGE 140 IV 74 E. 1.3.1; 136 I 274 E. 1.3 mit Hinweisen). Das Bundesgericht sieht indes ausnahmsweise vom Erfordernis eines aktuellen Rechtsschutzinteresses ab, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und im Einzelfall eine rechtzeitige Prüfung kaum je möglich wäre (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 140 IV 74 E. 1.3.3; Urteil 6B_1145/2021 vom 4. Juli 2022 E. 4 mit Hinweisen).  
Umstritten ist die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers. Es geht damit um einen Entscheid über den Vollzug von Strafen und Massnahmen im Sinne von Art. 78 Abs. 2 lit. b BGG, welcher der Beschwerde in Strafsachen unterliegt. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG). Allerdings erscheint fraglich, ob er ein aktuelles rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, mithin dadurch materiell beschwert ist (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG), zumal der angefochtene Entscheid vollzogen und der Beschwerdeführer bereits bedingt entlassen wurde (vgl. Urteil 6B_875/2021 vom 3. Oktober 2022 E. 1.5). Der Beschwerdeführer äussert sich in seiner Beschwerde zur Aktualität seines rechtlich geschützten Interesses einzig, er habe ein offensichtliches schutzwürdiges eigenes Interesse an der Anpassung des a ngefochtenen Urteils. Letztlich geht es sowohl um die Beurteilung der Rechtmässigkeit der (bereits erfolgten) bedingten Entlassung als auch die Verhältnismässigkeit der in diesem Zusammenhang angeordneten Probezeit, Bewährungshilfe sowie Weisungen. Der vorliegende Verfahrensgegenstand ist für den Beschwerdeführer mit Rechtsfolgen verbunden, die in seine Grundrechte eingreifen, weshalb er ein aktuelles rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG hat. 
 
1.2. Der Beschwerdeführer macht keine Willkür in der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung geltend; diese ist für das Bundesgericht verbindlich (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz seine eigene Sicht der Dinge gegenüberzustellen, ohne dabei darzulegen, inwiefern der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt auch im Ergebnis geradezu willkürlich sein soll, verfällt er in unzulässige appellatorische Kritik. Auf diese Vorbringen ist mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; 144 V 50 E. 4.2; je mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Streitgegenstand bildet die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers.  
 
2.2. Gemäss Art. 86 Abs. 1 StGB ist die gefangene Person nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe bedingt zu entlassen, wenn es ihr Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, sie werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen.  
Nach der Revision ist nicht mehr positiv verlangt, es müsse erwartet werden können, der Täter werde sich in Freiheit bewähren, sondern negativ, dass zu erwarten ist, er werde in Freiheit keine Verbrechen oder Vergehen mehr begehen (BGE 133 IV 201 E. 2.2). Die bedingte Entlassung stellt somit nach wie vor die vierte und letzte Stufe des Strafvollzuges dar und bildet die Regel, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden darf. In dieser Stufe soll der Entlassene den Umgang mit der Freiheit erlernen, was nur in Freiheit möglich ist. Diesem rein spezialpräventiven Zweck stehen die Schutzbedürfnisse der Allgemeinheit gegenüber, welchen umso höheres Gewicht beizumessen ist, je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind. Die Prognose über das künftige Wohlverhalten ist in einer Gesamtwürdigung zu erstellen, welche nebst dem Vorleben, der Persönlichkeit und dem Verhalten des Gefangenen während des Strafvollzugs vor allem dessen neuere Einstellung zu seinen Taten, seine allfällige Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse berücksichtigt (BGE 133 IV 201 E. 2.3; Urteil 6B_652/2021 vom 14. September 2021 E. 3.1; je mit Hinweisen). 
Das Institut der bedingten Entlassung bringt folglich notwendigerweise mit sich, dass sich die verurteilte Person in Freiheit bewegen (und beweisen) kann. Es fusst auf der Prämisse, dass sich in der Regel nach Ablauf von zwei Dritteln der zu verbüssenden Freiheitsstrafe im Strafvollzug kaum noch relevante Verbesserungen an der Rückfallgefahr der verurteilten Person einstellen, während die bedingte Entlassung in Verbindung mit Bewährungshilfe und Weisungen (vgl. Art. 87 Abs. 2 StGB) weitere Möglichkeiten bietet, um auf die verurteilte Person und die von ihr ausgehende Rückfallgefahr positiv Einfluss zu nehmen. Neben der Möglichkeit einer rechtzeitigen, schrittweisen Anpassung an das Leben in Freiheit und der Vermeidung von allfälligen Haftschäden liegen Vorteile der bedingten Entlassung auch darin, dass die bedingt entlassene Person wegen des bei Fehlverhalten drohenden Vollzugs der Reststrafe eher bereit ist, sich normkonform zu verhalten, als sie dies nach verbüsster Strafe wäre, und dass bei Problemen im Umgang mit der Freiheit eine Krisenintervention durch Rückversetzung und gezielte therapeutische Angebote wahrgenommen werden kann (vgl. zum Ganzen: BGE 124 IV 193 E. 4d mit Hinweisen; vgl. auch VERASANI/ KOLLER, in: Schweizerisches Vollzugslexikon, Benjamin F. Brägger [Hrsg.], 2. Aufl. 2022, S. 118 f.; TRECHSEL/AEBERSOLD, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, N. 3 zu Art. 86 StGB). Das Institut der bedingten Entlassung will mithin die sich bei Entlassung in Freiheit ergebenden Umstände, mit denen jede zeitlich befristet inhaftierte Person konfrontiert sein wird, nutzbar machen für die Resozialisierung, welche oberstes Ziel des Strafvollzugs darstellt (vgl. Art. 75 Abs. 1 StGB; BGE 134 IV 1 E. 5.4.1; 129 IV 161 E. 4.2; 122 IV 56 E. 3a; je mit Hinweisen). Massgebliches Entscheidungsinstrument bei der Prüfung der bedingten Entlassung bildet nach der Rechtsprechung demgemäss eine Abwägung der spezialpräventiven Vorzüge und Nachteile der Verbüssung der gesamten Strafe einerseits mit denjenigen der vorzeitigen Entlassung in Freiheit unter Bewährungsmassnahmen andererseits (sog. Differenzialprognose; vgl. BGE 124 IV 193 E. 4a und E. 5b/bb; Urteil 6B_875/2021 vom 3. Oktober 2022 E. 1.4.3.1 mit Hinweisen). 
Beim Entscheid über die bedingte Entlassung steht der zuständigen Behörde ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift in die Beurteilung der Bewährungsaussicht nur ein, wenn sie ihr Ermessen über- oder unterschritten oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt hat (BGE 133 IV 201 E. 2.3; Urteil 6B_307/2022 vom 23. Mai 2022 E. 2.1). 
 
2.3.  
 
2.3.1. Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer habe bereits am 15. Dezember 2020 zwei Drittel seiner 4.5-jährigen Freiheitsstrafe verbüsst. Ob sein Verhalten im Strafvollzug als gesamthaft gut beurteilt werden könne, brauche nicht entschieden zu werden, solle er nicht mi t seinem Verhalten im Strafvollzug seine bedingte Entlassung samt den spezialpräventiven Massnahmen beeinflussen können.  
Die Vorinstanz erwägt, mit der Einschätzung des AJV, dass der Beschwerdeführer mangels einer genügenden psychotherapeutischen Deliktsbearbeitung über kein eigenes, inneres Risikomanagement verfüge, das ihn von der Begehung weiterer Gewalt- und Sexualstraftaten im häuslichen Kontext abhalten würde, setze er sich nicht genügend auseinander. Die Einschätzung werde durch das psychiatrische Gutachten von Dr. med. B.________ vom 15. Juli 2021, die Beurteilung der konkordatlichen Fachkommission (KoFako) vom 29. September 2021 und zuletzt auch durch den Vollzugsbericht des Massnahmenzentrums St. Johannsen vom 3. Mai 2022 untermauert. Die KoFako sei zum Schluss gelangt, der Beschwerdeführer zeige betreffend die von ihm begangenen Sexualdelikte nach wie vor starke Externalisierungs- und Bagatellisierungstendenzen und eine vertiefte sowie nachhaltige Deliktsbearbeitung habe bislang nicht stattgefunden. Im Vollzugsbericht des Massnahmenzentrums St. Johannsen werde insbesondere darauf hingewiesen, dass beim Beschwerdeführer weiterhin ein Kontrollbedarf hinsichtlich der Kontaktaufnahme zu seiner Ex-Frau, eines gesteigerten Alkoholkonsums, einer transparenten Information bei einer allfälligen neuen Partnerschaft und seiner psychischen Verfassung bestehe. 
Der Beschwerdeführer glaube, der ihm von verschiedenen Fachleuten attestierten Rückfallgefahr dadurch entgehen zu können, dass er sich freiwillig von seiner Ex-Frau fernhalte und keine neue Paarbeziehung eingehe. Beim Verzicht auf eine neue Paarbeziehung handle es sich jedoch nicht um ein mittel- bis langfristig tragfähiges Szenario, zumal der Beschwerdeführer höchstens lockere soziale Beziehungen pflege und ein dauerhaftes Single-Dasein für ihn daher ein grosses Mass an Einsamkeit bedeuten würde. Das passe relativ schlecht zu seiner ausgeprägt narzisstischen Persönlichkeitsstruktur. Der zivilrechtliche Status (geschieden) sei kein Garant für die Unterlassung von Kontaktaufnahmeversuchen. Wenn sich der Beschwerdeführer nicht eingestehen könne oder wolle, dass er seine Ex-Frau wiederholt und über einen langen Zeitraum hinweg tätlich angegriffen und vergewaltigt habe, seine Beteiligung an den gewaltsamen Konflikten bagatellisiere und die Schuld dafür seiner Ex-Frau zuweise, könne er mit ihr aufgrund der verbüssten Freiheitsstrafe von 4.5 Jahren durchaus noch eine Rechnung offen haben. 
 
2.3.2. Die Vorinstanz erwägt weiter, eine Bewährungshilfe werde dem Beschwerdeführer von verschiedener Seite empfohlen. Das psychiatrische Gutachten halte generell jedwede Intervention für sinnvoll, die darauf abzielten, die dysfunktionalen Erlebens- und Verhaltensmuster zu verändern und die Fähigkeit, Beziehungen befriedigend zu gestalten, zu stärken. Ein deliktpräventiver sozialer Empfangsraum läge gemäss der Einschätzung der KoFako nicht vor und müsse zuerst aufgebaut werden. Mit einer Regelung der Wohnverhältnisse allein sei es für eine erfolgsversprechende Reintegration in die Gesellschaft nicht getan. Der Beschwerdeführer brauche zusätzlich ein tragfähiges Beziehungsnetz und Tagesstruktur. Gemäss Vollzugsbericht des Massnahmenzentrums St. Johannsen werde wegen des nicht optimalen Austrittssettings mit mangelhafter Tagesstruktur und sozialer Vernetzung eine Begleitung durch die Bewährungshilfe ausdrücklich empfohlen. Im Bereich Arbeitsagogik weise der Vollzugsbericht darauf hin, dass der Beschwerdeführer aufgrund der erschwerten Kommunikation mit ihm (launisch, zuweilen sehr schroff, aggressiv und laut), seines verlangsamten Arbeitstempos, der ständigen Rechtfertigungen, der fehlenden Einsicht und der ablehnenden Haltung, die eine vertrauensvolle Beziehung und eine Einlassung auf das Gegenüber verhindere oder zumindest erschwere, momentan nicht die Voraussetzungen mitbringe, um im ersten Arbeitsmarkt bestehen zu können. Auch bekunde er Mühe damit, sich an Weisungen und Sicherheitsvorschriften zu halten.  
Das Kontaktverbot zu seiner Ex-Frau schränke den Beschwerdeführer kaum ein, da er sie gar nicht kontaktieren wolle. Um ihm unmissverständlich klar zu machen, dass er seine Ex-Frau auf keinen Fall mehr kontaktieren dürfe, erscheine ein solches Kontaktverbot, an dessen Verletzung Konsequenzen geknüpft seien, unerlässlich. 
Ein zumindest vorübergehender Totalverzicht auf den Konsum von Alkohol würde die Bewährung des Beschwerdeführers, der seine (sexuellen) Gewaltdelikte unter der enthemmenden Wirkung eines übermässigen Alkoholkonsums begangen habe, erheblich günstig beeinflussen und sei eine sehr wirksame Massnahme. Folglich werde die Weisung einer kontrollierten Totalabstinenz sowohl im psychiatrischen Gutachten als auch im Vollzugsbericht des Massnahmenzentrums St. Johannsen und - sinngemäss - auch in der KoFako-Beurteilung einhellig und klar befürwortet. 
Dass beim Beschwerdeführer auf die Weiterführung von ambulanten (psycho-) therapeutischen Massnahmen nicht verzichtet werden dürfe, um auf eine nachhaltige Verhaltensänderung hin zu einer gewaltfreien Bewältigung von Konfliktsituationen in Paarbeziehungen einzuwirken, sehe er selbst ein. Mit solchen Massnahmen könne nach Einschätzung im psychiatrischen Gutachten versucht werden, ihn darin zu unterstützen, die in einer neuen Paarbeziehung auftretenden interpersonellen Herausforderungen gewaltfrei zu bewältigen. Im besten Fall könnten ungünstige Beziehungsdynamiken verhindert bzw. unterbrochen werden, was das Risiko erneuter häuslicher Gewalt verringern würde. Die KoFako empfehle zu diesem Zweck nicht nur eine Fortführung, sondern sogar eine Intensivierung der therapeutischen Behandlung. Die Empfehlung des Massnahmenzentrums St. Johannsen laute auf eine Weiterführung der deliktorientierten Psychotherapie. 
Die Vorinstanz hält schliesslich fest, alle vom AJV gegenüber dem Beschwerdeführer während der Probezeit von einem Jahr angeordneten Massnahmen, mit denen einem Rückfall seinerseits in (sexuell) gewalttätiges Verhalten gegenüber einer potenziellen neuen Partnerin oder seiner Ex-Frau entgegengewirkt werden solle, erweisten sich als für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Die fraglichen Massnahmen seien ihm mit Rücksicht auf den hohen Wert des bedrohten Rechtsguts bei einem Rückfall in die einschlägige Delinquenz auch zumutbar. Die angeordneten Massnahmen im Einzelnen wie auch in ihrer Gesamtheit seien mit dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz vereinbar. 
 
2.4.  
 
2.4.1. Die zeitliche Voraussetzung für eine bedingte Entlassung ist nachweislich erfüllt. Hingegen stellt die Vorinstanz weder ein positives Vollzugsverhalten des Beschwerdeführers noch die negative Erwartung, er werde in Freiheit keine Verbrechen oder Vergehen mehr begehen, fest. Vielmehr stellt sie beim Beschwerdeführer insgesamt eine deutlich erhöhte Rückfallgefahr für einschlägige Delikte (körperliche und sexuelle Gewalt im häuslichen Kontext), namentlich unter Alkoholeinfluss, fest und schlussfolgert sie deshalb eine ungünstige Legalprognose. Gestützt darauf bestätigt die Vorinstanz die mit Verfügung der Erstinstanz vom 30. Mai 2022 angeordnete bedingte Entlassung (und damit verbunden die Probezeit, Bewährungshilfe sowie Weisungen). Im Gegensatz dazu lehnte die Erstinstanz die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers zeitnah mit Verfügung vom 24. März 2022 noch ab. Die Vorinstanz begründet die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Strafvollzug einen Tag vor dem ordentlichen Strafende der 4.5-jährigen Freiheitsstrafe damit, dass die bei ihm festgestellte ungünstige Legalprognose mit spezialpräventiven Massnahmen während der Probezeit allenfalls noch verbessert werden könne. Dabei erachtet sie es als zulässig, die fehlende Voraussetzung betreffend die Prognose als Anlass zu nehmen, um die bedingte Entlassung verbunden mit Bewährungsmassnahmen zu rechtfertigen. Indes schliesst die Vorinstanz selbst unter Zuhilfenahme einer Probezeit, Bewährungshilfe sowie von Weisungen nicht auf eine für die bedingte Entlassung erforderliche Prognose. Sodann sind die vorinstanzlichen Ausführungen in Bezug auf das Verhalten des Beschwerdeführers im Strafvollzug unzutreffend. Zwar reicht ein tadelloses Verhalten im Strafvollzug für die positive Legalprognose nicht aus und kann das Verhalten im Strafvollzug eine bedingte Entlassung nicht rechtfertigen (vgl. Urteil 6B_240/2017 vom 6. Juni 2017 E. 1.5.1 und 1.5.6). Gleichwohl ist es ihm Rahmen der Beurteilung einer bedingten Entlassung zu berücksichtigen (vgl. oben E. 2.2.1). Somit sind die Voraussetzungen der bedingten Entlassung, soweit sie dargetan sind, nicht erfüllt. Folglich sind weder die bedingte Entlassung noch die in diesem Zusammenhang getroffenen Anordnungen betreffend die Probezeit, Bewährungshilfe sowie Weisungen rechtmässig. Der Entlassungsentscheid verstösst gegen Bundesrecht.  
 
2.4.2. Ungeachtet dieser Rechtslage, d.h. den fehlenden Voraussetzungen der bedingten Entlassung, kann die der Vorinstanz gemäss ihrer Begründung zugekommene Intention, die ungünstige Legalprognose des Beschwerdeführers im Auge zu behalten und allenfalls zu verbessern, vorliegend nicht auf dem Weg der bedingten Entlassung verwirklicht werden. Zwar prüft die zuständige Behörde von Amtes wegen, ob der Gefangene bedingt entlassen werden kann (Art. 86 Abs. 2 Satz 1 StGB) und hat sie dies im Falle der Verweigerung mindestens einmal jährlich neu zu prüfen (vgl. Art. 86 Abs. 3 StGB). Sie kann die bedingte Entlassung auch gegen den Willen des Gefangenen anordnen (vgl. BGE 101 Ib 452 E. 1). Jedoch kommt die bedingte Entlassung einen Tag vor dem ordentlichen Strafende einer 4.5-jährigen Freiheitsstrafe einem Gesamtvollzug annähernd gleich und ist mit dem Sinn und Zweck des Instituts der bedingten Entlassung nicht vereinbar (vgl. oben E. 2.2). Der Nutzen entsprechender Bewährungsmassnahmen erscheint überdies angesichts der verbleibenden Reststrafe von einem Tag fraglich.  
 
2.5. Infolge Unrechtsmässigkeit der bedingten Entlassung und der in diesem Zusammenhang getroffenen Anordnungen betreffend die Probezeit, Bewährungshilfe sowie Weisungen erübrigt es sich, auf die Rüge der Verhältnismässigkeit der angeordneten Bewährungsmassnahmen einzutreten.  
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei hat die Vorinstanz zu berücksichtigen, dass die Erstinstanz die Weiterführung der mit Urteil des Bezirksgerichts Brugg [recte: Baden] vom 14. August 2018 angeordneten ambulanten Massnahme, womit der Beschwerdeführer einverstanden ist, als Weisung im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung gestützt auf Art. 87 Abs. 2 StGB anordnet. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG), die praxisgemäss der Rechtsvertreterin zuzusprechen ist. Da der Beschwerdeführer obsiegt, ist sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos geworden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 10. August 2022 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, Rechtsanwältin Eveline Gloor, wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Januar 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Meier