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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_356/2023  
 
 
Urteil vom 13. Februar 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Bovey, Hartmann, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Gossau, 
Rathaus, Bahnhofstrasse 25, 9201 Gossau SG, 
 
1. Kanton St. Gallen, 
9000 St. Gallen, vertreten durch die Staatsan-waltschaft des Kantons St. Gallen, Rechnungswesen, St. Georgenstrasse 13, 9001 St. Gallen, 
2. Bundesamt für Justiz, Oberaufsicht SchKG, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Zahlungsbefehl, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, vom 27. April 2023 (AB.2023.15-AS). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 18. Januar 2023 konnte das Betreibungsamt Gossau in einer Betreibung des Kantons St. Gallen dem Schuldner A.________ den Zahlungsbefehl vom 8. Dezember 2022 über Fr. 220.-- zustellen. Die gegen den Zahlungsbefehl erhobenen Beschwerden wiesen das Kreisgericht Wil als untere und das Kantonsgericht St. Gallen als obere Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs ab (Entscheide vom 16. März 2023 bzw. 27. April 2023). 
 
B.  
Mit Eingabe vom 15. Mai 2023 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids. Der Zahlungsbefehl des Betreibungsamts Gossau sei als nichtig bzw. ungültig zu erklären; entsprechend sei die Betreibung aufzuheben. 
Während das Betreibungsamt Gossau, der Kanton St. Gallen und das Kantonsgericht auf eine Vernehmlassung verzichtet haben, schliesst sich das vom Bundesgericht ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Justiz den Ausführungen im angefochtenen Entscheid an. A.________ hat eine Replik eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen den angefochtenen Urteil steht dem Beschwerdeführer die Beschwerde in Zivilsachen zur Verfügung (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG). 
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2; 140 III 115 E. 2). 
 
2.  
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, das Betreibungsamt und die kantonalen Aufsichtsbehörden hätten in betrügerischer Weise einen Namen verwendet, für welchen er nicht verantwortlich sei, verlässt den Bereich sachbezogener Kritik. Der Beschwerdeführer vermag mit der Wiederholung seiner objektiv nicht nachvollziehbaren Theorien nicht ansatzweise aufzuzeigen, was an der vorinstanzlichen Feststellung, es liege keine falsche Schuldnerbezeichnung vor, falsch sein soll. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer bemängelt (wie bereits vor den Vorinstanzen) ferner die Unterschrift auf dem Zahlungsbefehl. 
 
3.1. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass auf dem streitgegenständlichen Zahlungsbefehl vom 8. Dezember 2022 anstelle einer eigenhändigen Unterschrift die digitale Nachbildung der Unterschrift der Amtsleiterin des Betreibungsamts angebracht wurde. Die Vorinstanz ist zum Schluss gelangt, es seien keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch der hinterlegten Unterschrift ersichtlich. Dabei hat sie offengelassen, ob (wie vom Beschwerdeführer behauptet, aber nicht belegt) die Leiterin des Betreibungsamtes am besagten Tag krankheitshalber abwesend war oder nicht, da dies für die Gültigkeit der digitalisierten Unterschrift auf dem angefochtenen Zahlungsbefehl ohne Relevanz sei. Massgebend sei einzig, dass der Zahlungsbefehl durch befugte Mitarbeiter des Betreibungsamtes Gossau ausgestellt worden sei.  
 
3.2. Demgegenüber hält der Beschwerdeführer an seiner Auffassung fest, es sei keinesfalls haltbar, dass weiterhin mitgedruckte Unterschriften verwendet bzw. akzeptiert werden. Aus der im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Stellungnahme des Betreibungsamts ergebe sich, dass eine Zuordnung der aufgedruckten Signatur zum Vorgang der Ausstellung des Zahlungsbefehls gänzlich fehle. Falls dieses Ergebnis vom Verordnungsgeber gewollt gewesen wäre, dann hätte er von vornherein auf das Erfordernis einer Unterschrift verzichten können. Dem Sinngehalt von Art. 6 der Verordnung vom 5. Juni 1996 über die im Betreibungs- und Konkursverfahren zu verwendenden Formulare und Register sowie die Rechnungsführung (VFRR; SR 281.31) könne nur Genüge getan werden, wenn aufgedruckte Unterschriften völlig untersagt werden. Ein Zahlungsbefehl ohne Unterschrift des tatsächlichen Erstellers oder Begutachters könne nur als ungültig oder gar nichtig angesehen werden.  
 
3.3. Die Rüge erweist sich als unbegründet.  
 
 
3.3.1. Die Vorinstanz hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es für den Schuldner letztlich keine wesentliche Rolle spielt, von wem und wie der Zahlungsbefehl unterzeichnet wird (Urteile 5A_873/2022 vom 23. Januar 2023 E. 2; B.101/1991 vom 2. Juli 1991 E. 3, in: BlSchK 1992 S. 107). Zwar kommt der Zustellung des Zahlungsbefehls im Rahmen der Zwangsvollstreckung erhebliche Bedeutung zu. Doch das Interesse des Schuldners an dessen Inhalt ist vor allem darauf gerichtet, vom betreibenden Gläubiger, von der Forderung sowie vom Forderungsgrund Kenntnis zu erhalten. Aus diesem Grund hat es das Bundesgericht abgelehnt, den Zahlungsbefehl in einem Fall für ungültig zu erklären, in welchem nicht der Vorsteher des Betreibungsamtes den Zahlungsbefehl persönlich unterzeichnet, sondern während seiner Abwesenheit sein Stellvertreter den Faksimilestempel benützt hat (zit. Urteil B.101/1991 E. 3). Die Unterschrift des nach dem kantonalen Recht befugten Beamten oder Angestellten des Betreibungsamtes auf dem Zahlungsbefehl soll dem Empfänger lediglich ermöglichen, sich über die formelle Gültigkeit der Urkunde Rechenschaft zu geben (WÜTHRICH/SCHOCH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 27 zu Art. 69 SchKG; SCHMID, Der Zahlungsbefehl, 1930, S. 57). Dabei hat das Bundesgericht jüngst mehrfach klargestellt, dass sich der Terminus "Faksimilestempel" in Art. 6 VFRR auch auf digitalisierte Unterschriften bezieht (zit. Urteil 5A_873/2022 E. 2; Urteile 5A_122/2023 vom 6. Februar 2024 E. 4; 5A_980/2023 vom 23. Januar 2024 E. 3.2; 5A_30/2023 vom 8. Dezember 2023 E. 2; so bereits WEYERMANN, Die Verordnungen des Bundesgerichts zum SchKG in ihrer geänderten Fassung, in: AJP 1996 S. 1371). Die Faksimileunterschrift auf dem Zahlungsbefehl muss daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht mit einem physischen Stempel angebracht werden, sondern kann - was heutzutage die Regel ist - auch digital erstellt und dann ausgedruckt werden. Die Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 3 bezüglich Zahlungsbefehl 2016 und weitere Formulare sieht in Ziff. 21 ebenfalls vor, dass anstelle der eigenhändigen Unterschrift eines hierzu befugten Beamten oder Angestellten des Betreibungsamts eine Faksimileunterschrift zulässig ist.  
 
3.3.2. An der Gültigkeit des beanstandeten Zahlungsbefehls vermag auch die Behauptung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, es müsse von einem serienmässigen Missbrauch der Faksimileunterschrift ausgegangen werden, welcher sämtliche nach eSchKG-Standard erstellten Zahlungsbefehle betreffe. Als missbräuchlich hat das Bundesgericht in dem im zit. Urteil B.101.1991 erwähnten Kreisschreiben Nr. 28 vom 19. Dezember 1910 jeden Gebrauch von Formularen mit zum vorneherein aufgedruckten Unterschriften bezeichnet. Abgesehen davon, dass das erwähnte Kreisschreiben vom Bundesgericht kurz vor der am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Revision des SchKG ausser Kraft gesetzt wurde (Kreisschreiben Nr. 37 vom 7. November 1996, publ. in: BGE 122 III 327), ist die Digitalisierung des Betreibungs-Massengeschäfts heute jedoch ausdrücklich erwünscht (vgl. Art. 33a SchKG und Art. 14 der Verordnung vom 18. Juni 2010 über die elektronische Übermittlung im Rahmen von Zivil- und Strafprozessen sowie von Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren [VeÜ-ZSSV]). Ausserdem wurde die Unterschrift der Amtsleiterin im vorliegend zu beurteilenden Fall erst im Zeitpunkt der Erstellung des Zahlungsbefehls aufgedruckt und der beanstandete Zahlungsbefehl unbestrittenermassen durch einen hierzu befugten Mitarbeiter des Betreibungsamts freigegeben. Der angefochtene Entscheid, mit welchem ein Missbrauch der hinterlegten Unterschrift - trotz allfälliger Abwesenheit der Amtsleiterin - verneint und der Zahlungsbefehl als gültig erachtet wurde, gibt daher insgesamt keinen Anlass zur Kritik.  
 
4.  
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht St. Gallen, kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Februar 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss