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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_71/2024  
 
 
Urteil vom 13. März 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Hartmann, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Stockwerkeigentümergemeinschaft B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt André Weber, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Forderung und Pfandrecht, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 6. Dezember 2023 (LB230007-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ gelangt in verschiedenen Angelegenheiten regelmässig bis vor Bundesgericht. Vorliegend geht es um Beitragsforderungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft "B.________" für Gemeinschaftskosten und den Erneuerungsfonds sowie um die definitive Eintragung eines diesbezüglichen Grundpfandrechtes auf der im Eigentum von A.________ und C.________ (als Erbengemeinschaft) stehenden Stockwerkeinheit. 
 
B.  
Mit Klage vom 15. November 2017 stellte die Stockwerkeigentümergemeinschaft entsprechende Begehren gemäss Beschlüssen aus den Jahren 2013 und 2014, die noch unter der Leitung der damaligen und gültig mandatierten Verwaltung gefasst worden waren, und gemäss Beschlüssen aus den Jahren 2015 bis 2018, die an einer weiteren Versammlung vom 7. Januar 2019 bestätigt worden waren. 
Im erstinstanzlichen Verfahren behauptete A.________ die Mangelhaftigkeit der Stockwerkeigentümerbeschlüsse aus den Jahren 2015 bis 2018, während die Gemeinschaft auf die Bestätigung an der Versammlung vom 7. Januar 2019 verwies, womit allfällige Mängel rückwirkend geheilt worden seien. Zufolge Anfechtung des Beschlusses vom 7. Januar 2019 sistierte das Bezirksgericht Uster das vorliegende Verfahren; nachdem das Bezirksgericht Lugano mit Entscheid vom 7. Oktober 2020 auf die Anfechtungsklage nicht eingetreten und dieser Entscheid rechtskräftig geworden war, nahm es das Verfahren wieder auf. 
Das Bezirksgericht Uster verpflichtete A.________ mit Urteil vom 17. November 2022, der Stockwerkeigentümergemeinschaft unter solidarischer Haftung mit C.________ den Betrag von Fr. 43'680.55 zu bezahlen, und es bestätigte die mit Verfügung des Bezirksgerichts Lugano vom 23. Oktober 2017 vorläufig erfolgte Eintragung des Grundpfandrechtes im Umfang von Fr. 39'551.25 als definitiv. Die Differenz zwischen Forderung und Pfandrecht rührt daher, dass ein Betrag von Fr. 4'129.30 Forderungen von 2014 und früher betraf, für welche die dreijährige Frist gemäss Art. 712i Abs. 1 ZGB nicht eingehalten war. 
Das Obergericht des Kantons Zürich wies mit Urteil vom 6. Dezember 2023 die Berufung von A.________ und C.________ ab. Ferner wies es auch das Gesuch von A.________ um unentgeltliche Rechtspflege ab. 
 
C.  
Dagegen hat A.________ am 31. Januar 2024 eine Beschwerde eingereicht mit den Begehren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege im obergerichtlichen Verfahren, um Aufhebung der kantonalen Urteile, um Abweisung des Forderungsbegehrens der Stockwerkeigentümergemeinschaft, um Löschung der Eintragung des Grundpfandrechtes im Grundbuch, eventualiter um Reduzierung der Forderung und des Grundpfandrechtes, um Aufforderung der Stockwerkeigentümer zu sofortiger Erstellung von Vollkostenrechnungen für Lift und Garagen und um Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse der Stockwerkeigentümergemeinschaft vom 7. Januar 2019; ferner verlangt sie unter dem Titel "Fragen von grundsätzlicher Bedeutung", das Bundesgericht habe die Nichtigkeit sämtlicher Beschlüsse festzustellen und die Verwaltungen wegen deren Verweigerungspraxis ausdrücklich zu rügen und festzuhalten, dass ihr zufolge Verletzung der Informationspflicht und inkorrekter Buchführung keine finanziellen Verpflichtungen entstehen dürften. 
Schliesslich stellte die Beschwerdeführerin auch für das bundesgerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Verfügung vom 7. Februar 2024 wies das Bundesgericht dieses Gesuch ab. 
Am 21. Februar 2024 stellte die Beschwerdeführerin ein Gesuch um aufschiebende Wirkung und ein Wiedererwägungsgesuch betreffend Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Weil die Sache sofort spruchreif ist, wird auf Weiterungen verzichtet, insbesondere auch auf das Einholen von Vernehmlassungen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzliches Urteil betreffend eine Zivilrechtsstreitigkeit mit Fr. 30'000.-- übersteigendem Streitwert; die Beschwerde in Zivilsachen steht grundsätzlich offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). 
 
2.  
Der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesbezüglich kann nur eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung gerügt werden, für welche das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG), was bedeutet, dass das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen prüft, während es auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik am Sachverhalt nicht eintritt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 149 III 81 E. 1.3). 
In rechtlicher Hinsicht hat die Beschwerde eine Begründung zu enthalten, in welcher in gedrängter Form dargelegt wird, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine sachbezogene Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 140 III 115 E. 2; 142 III 364 E. 2.4). 
 
3.  
Soweit sich die Beschwerdeführerin weitschweifig zu einer angeblichen Verletzung der Informationspflicht durch frühere Verwaltungen äussert, kann auf die Beschwerde von vornherein nicht eingetreten werden, weil der Streitgegenstand im Rechtsmittelverfahren nicht ausgedehnt werden kann (BGE 136 II 457 E. 4.2; 136 V 362 E. 3.4.2; 142 I 155 E. 4.4.2) und neue Begehren vor Bundesgericht unzulässig sind (Art. 99 Abs. 2 BGG). Bereits das Obergericht ist mit Verweis auf Art. 317 Abs. 1 ZPO darauf nicht eingetreten. 
Offenkundig stehen die Ausführungen im Zusammenhang mit der Behauptung der Nichtigkeit der an der Versammlung vom 7. Januar 2019 gefassten genehmigenden Beschlüssen und den diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin, an der Versammlung hätten Nichteigentümer teilgenommen, weil die Verwaltung nie Eigentümerlisten vorgelegt habe, und die Wertquoten bzw. die Abrechnungen der letzten 40 bzw. 50 Jahre seien falsch, worüber die Verwaltung nie Rechenschaft geleistet habe und wofür sie (Beschwerdeführerin) den vorliegend eingeklagten Forderungen in entsprechendem Umfang Verrechnungsforderungen entgegenstelle. 
Diesbezüglich hat das Obergericht festgehalten, dass für die erste Behauptung die Beschwerdeführerin beweispflichtig gewesen wäre und sie den Beweis anhand eines Grundbuchauszuges auch ohne Weiteres hätte erbringen können, im Übrigen aber die von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Eigentümer ohnehin eine deutliche Mehrheit nach Köpfen und Wertquoten gebildet hätten, und dass die zweite Behauptung an der Sache vorbeigehe, weil die Wertquoten nicht Streitgegenstand seien und sich die behaupteten Verrechnungsforderungen wenn schon gegen die aus dem angeblich falschen Kostenverteilschlüssel begünstigten Stockwerkeigentümer und nicht gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft als vorliegende Prozesspartei richten würden. Inwiefern in diesem Kontext eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung oder eine Rechtsverletzung vorliegen soll, wird nicht dargelegt. 
 
4.  
Dreh- und Angelpunkt der Beschwerde ist die Behauptung, die an der Versammlung vom 7. Januar 2019 gefassten genehmigenden Beschlüsse seien nichtig. 
 
4.1. Die Einladung zur Versammlung vom 7. Januar 2019 ging von drei Stockwerkeigentümern aus, wobei die Beschwerdeführerin die Eigentümereigenschaft des einen bestritten hatte. Sie machte geltend, bei 15 Stockwerkeigentümern habe folglich nicht das nötige Fünftel im Sinn von Art. 64 Abs. 3 i.V.m. Art. 712m Abs. 2 ZGB die Versammlung einberufen.  
Die kantonalen Instanzen hielten fest, dass die Versammlung grundsätzlich durch die Verwaltung einberufen werde (Art. 712n Abs. 1 ZGB) und gemäss der von der Beschwerdeführerin zitierten Normen ein Fünftel der Stockwerkeigentümer von der Verwaltung verlangen könne, eine Versammlung einzuberufen. Die betreffenden Stockwerkeigentümer könnten jedoch nicht selbst eine Versammlung einberufen (Urteil 5A_48/2022 vom 10. Mai 2022 E. 6.1.2.1). Soweit - wie zur betreffenden Zeit bei der Beschwerdegegnerin der Fall - gar keine Verwaltung bestellt (gewesen) sei, gelte nach dem zitierten Entscheid und nach einhelliger Lehre vielmehr, dass in analoger Anwendung von Art. 647a ZGB jeder Stockwerkeigentümer individuell und unmittelbar berechtigt sei, eine Versammlung einzuberufen. 
Dies scheint nunmehr auch die Beschwerdeführerin anzuerkennen, denn sie erhebt diesbezüglich keine Rüge mehr; vielmehr macht sie geltend, soweit auch das Bundesgericht von dieser Sichtweise ausgehe, halte sie jedenfalls daran fest, dass an der Versammlung nicht 100 % der im Grundbuch eingetragenen Eigentümer anwesend oder vertreten gewesen seien. Diesbezüglich kann indes auf E. 3 verwiesen werden, wonach die Beschwerdeführerin ihre Behauptung im kantonalen Verfahren hätte substanziieren und belegen müssen. 
Als Folge stösst die weitere Behauptung ins Leere, es gelte das absolute Einstimmigkeitsprinzip, welches die Anwesenheit aller Stockwerkeigentümer gebiete; darauf ist mithin nicht näher einzugehen. 
 
4.2. Die Beschwerdeführerin geht weiter davon aus, dass die Beschlüsse auch inhaltlich nichtig seien:  
Soweit sie behauptet, nichtige Beschlüsse (diejenigen aus den Jahren 2015 bis 2018) könnten gar nicht durch einen nachträglichen Beschluss (denjenigen vom 7. Januar 2019) geheilt werden, scheint es sich um ein neues und damit unzulässiges Vorbringen zu handeln, denn im angefochtenen Urteil finden sich dazu keine Äusserungen und die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern sie dieses Vorbringen bereits berufungsweise vorgetragen hätte. Im Übrigen wird die Behauptung auch nicht topisch begründet, weshalb es ohnehin an der nötigen Begründung im Sinn von Art. 42 Abs. 2 BGG fehlen würde: Die Beschwerdeführerin macht geltend, Luxusarbeiten und das Erscheinungsbild verändernde bauliche Massnahmen würden Einstimmigkeit erfordern und die Abrechnungen seien deshalb seit 50 Jahren nichtig. Indes hat das Obergericht (in anderem Zusammenhang) festgehalten, dass die Forderungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft in keinem Zusammenhang mit solchen Arbeiten stünden. 
Soweit die Beschwerdeführerin weiter geltend macht, die Mehrheit dürfe ihre Macht nicht missbrauchen und vorliegend nicht krass zu ihren Ungunsten entscheiden, sondern sie müsse auf die Minderheit Rücksicht nehmen und deren Schutzrechte beachten, scheint die Beschwerdeführerin selbst anzuerkennen, dass es bei der Festlegung der Beitragsforderungen und der Forderungen für den Erneuerungsfonds um (Mehrheit-) Beschlüsse geht, für welche keine Einstimmigkeit erforderlich ist. Dass sie indes kein "Schutzrecht" oder "Minderheitsrecht" auf Befreiung von - durch die Stockwerkeigentümer anteilsmässig zu tragenden (Art. 712h Abs. 1 ZGB) - Beiträgen hat, bedarf keiner weiteren Erläuterung. 
 
4.3. Die allgemeine Behauptung, die Forderungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft seien missbräuchlich und es handle sich beim Stockwerkeigentumsverhältnis bzw. bei der Klage der Stockwerkeigentümergemeinschaft um einen missbräuchlichen Dauerzustand ist nicht geeignet, eine Nichtigkeit der Beschlüsse bzw. eine Rechtsverletzung durch das Obergericht aufzuzeigen.  
 
5.  
Soweit schliesslich die Beschlüsse vom 7. Januar 2019 inhaltlich kritisiert werden (Wahl eines Ausschusses für die baulichen Massnahmen etc.), so geht es um das Anfechtungsthema, welches Gegenstand des rechtskräftigen Entscheides des Bezirksgerichts Lugano vom 7. Oktober 2020 war. Darauf kann nicht zurückgekommen werden, umso weniger als die betreffenden Beschlusspunkte keinen Zusammenhang mit den vorliegend eingeklagten Beitragsforderungen und dem diesbezüglichen Grundpfandrecht haben. 
 
6.  
Die Beschwerdeführerin ficht auch die Abweisung ihres Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege an. Indes scheitert ihre diesbezügliche Beschwerde bereits daran, dass sich hierzu keine Beschwerdebegründung findet. Ohnehin wäre nicht ersichtlich, was an der obergerichtlichen Erwägung, die Beschwerdeführerin belege ihre angebliche Prozessarmut mit keinem Wort und im Übrigen sei die Berufung auch aussichtslos, falsch sein könnte. 
 
7.  
Mit dem sofortigen Urteil in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
8.  
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) demzufolge das Gesuch um Wiedererwägung betreffend unentgeltliche Rechtspflege ohne Prüfung der formellen Voraussetzungen (Prozessarmut) abzuweisen ist. 
 
9.  
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Das Wiedererwägungsgesuch betreffend unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtkosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. März 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli