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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_511/2023  
 
 
Urteil vom 26. September 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Gerichtsschreiber Zollinger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Aline Wey und/oder Kristin Arve, Rechtsanwältinnen, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Dienst für Informationsaustausch in Steuersachen SEI, Amtshilfe, 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Amtshilfe (DBA CH-IN), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 23. August 2023 (A-5409/2022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das indische Ministry of Finance (nachfolgend: ersuchende Behörde) ersuchte am 22. September 2021 gestützt auf das Abkommen vom 2. November 1994 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Indien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (DBA CH-IN; SR 0.672.942.31) bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) um Leistung von Amtshilfe betreffend A.________. 
Die ersuchende Behörde legte dar, es führe in Indien gegen A.________ Ermittlungen mit Bezug auf nicht deklariertes in- und ausländisches Einkommen und Vermögen sowie wegen Steuerhinterziehung. Bei A.________ sei eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden. Dabei sei ein USB-Stick mit Daten gefunden worden. Aus diesen sei ersichtlich, dass A.________ Zahlungseingänge und -ausgänge auf verschiedenen ausländischen Bankkonten getätigt habe und mehrere verdeckte Unternehmen führe. Dabei seien Kontobewegungen der B.________ Group Ltd. aufgefallen, die im Zusammenhang mit A.________ stünden. Konkret habe die B.________ Group Ltd. in eine Gesellschaft investiert, die zur Unternehmensgruppe "C.________ Group" gehöre. Die Unternehmensgruppe werde von A.________ geleitet und kontrolliert. A.________ habe die Anweisungen für die Zahlungen an die B.________ Group Ltd. gegeben. Es werde deshalb davon ausgegangen, dass A.________ am Vermögen auf den Bankkonten der B.________ Group Ltd. wirtschaftlich berechtigt sei. Die ersuchende Behörde verlangte daher um die Informationen zum schweizerischen Bankkonto der B.________ Group Ltd. bei der D.________ AG. 
 
B.  
Mit Schlussverfügung vom 19. Oktober 2022 ordnete die ESTV die Leistung der Amtshilfe betreffend A.________ an. Am 21. November 2022 reichte A.________ gegen die Schlussverfügung vom 19. Oktober 2022 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. 
Mit Urteil vom 23. August 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Es erwog im Wesentlichen, die ersuchende Behörde habe in ihrer Sachverhaltsdarstellung einen glaubhaften Zusammenhang zwischen A.________ und der B.________ Group Ltd. aufgezeigt. Die ersuchten Informationen seien daher voraussichtlich erheblich. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 18. September 2023 gelangt A.________ an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils vom 23. August 2023. Es sei der ersuchenden Behörde keine Amtshilfe zu leisten. Eventualiter sei das Verfahren zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (vgl. BGE 147 I 89 E. 1; 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Art. 83 lit. h BGG sieht vor, dass die Beschwerde an das Bundesgericht gegen Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen unzulässig ist. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe in Steuersachen ist die Beschwerde gemäss Art. 84a BGG zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder wenn es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 Abs. 2 BGG handelt. Die beschwerdeführende Partei hat in der Begründung darzulegen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist, es sei denn, dies treffe ganz offensichtlich zu (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 146 II 276 E. 1.2.1; 139 II 340 E. 4).  
Das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist regelmässig zu bejahen, wenn der Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann - namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist unter Umständen auch anzunehmen, wenn es sich um eine erstmals zu beurteilende Frage handelt, die einer Klärung durch das Bundesgericht bedarf. Es muss sich allerdings um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft. Aber auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann von grundsätzlicher Bedeutung sein, wenn sich die erneute Überprüfung aufdrängt (vgl. BGE 139 II 404 E. 1.3; 139 II 340 E. 4; Urteil 2C_1037/2019 vom 27. August 2020 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 147 II 116). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer stellt die Frage, ob das völkerrechtliche Vertrauensprinzip von der Glaubhaftmachung der Voraussetzungen für die Amtshilfe entbinde. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass zwischen ihm und der B.________ Group Ltd. ein Konnex bestehe. Mangels Zusammenhangs seien die Unterlagen der B.________ Group Ltd. für seine Besteuerung nicht voraussichtlich erheblich. Dennoch erachte die Vorinstanz, so der Beschwerdeführer weiter, die Sachverhaltsdarstellung der ersuchenden Behörde angesichts des völkerrechtlichen Vertrauensprinzips als glaubhaft. Vor diesem Hintergrund stellt sich nach Ansicht des Beschwerdeführers die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip und der Glaubhaftmachung des dem Amtshilfeverfahren zugrundeliegenden Sachverhalts.  
 
1.3. Nach der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt, dass die ersuchte Behörde nicht zu entscheiden hat, ob der im Amtshilfeersuchen dargestellte Sachverhalt gänzlich der Realität entspricht. Sie muss lediglich überprüfen, ob die ersuchten Informationen einen Bezug zu diesem Sachverhalt haben (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.3; 143 II 185 E. 3.3.2; 142 II 161 E. 2.1.1). Der ersuchte Staat kann Auskünfte daher nur verweigern, wenn ein Zusammenhang zwischen den verlangten Angaben und der Untersuchung wenig wahrscheinlich erscheint (vgl. BGE 143 II 185 E. 3.3.2; 141 II 436 E. 4.4.3). Folglich beschränkt sich die Rolle der Steuerbehörden des ersuchten Staats im Wesentlichen auf die Prüfung der Plausibilität des Ersuchens (vgl. BGE 142 II 161 E. 2.1.1; vgl. auch Urteil 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4).  
Nach dem (völkerrechtlichen) Grundsatz von Treu und Glauben im Sinne von Art. 26 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (SR 0.111) wird vermutet, dass ein staatsvertraglich gebundener Staat nach Treu und Glauben handelt. Im Bereich der internationalen Amtshilfe in Steuersachen bedeutet diese Vermutung, dass der ersuchte Staat auf die Angaben des ersuchenden Staats vertraut (sogenanntes Vertrauensprinzip; vgl. BGE 146 II 150 E. 7.1). Zwar steht es dem ersuchten Staat offen, zu prüfen, ob die erbetenen Informationen für den vom ersuchenden Staat angestrebten steuerlichen Zweck voraussichtlich erheblich sind. Allerdings verpflichtet das völkerrechtliche Vertrauensprinzip ihn im Grundsatz dennoch, sich auf die Angaben zu verlassen, die der ersuchende Staat mitteilt (vgl. BGE 144 II 206 E. 4.4; 142 II 161 E. 2.1.3; 142 II 218 E. 3.3). Das Vertrauensprinzip schliesst daher nicht aus, dass der ersuchte Staat vom ersuchenden Staat zusätzliche Erklärungen verlangt, wenn ernsthafte Zweifel an der Einhaltung der völkerrechtlichen Grundsätze oder an der voraussichtlichen Erheblichkeit der ersuchten Informationen bestehen. Die Vermutung des guten Glaubens kann nur aufgrund konkreter, nachgewiesener Anhaltspunkte umgestossen werden (vgl. BGE 146 II 150 E. 7.1; 144 II 206 E. 4.4; Urteil 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.5). 
 
1.4. Die Vorinstanz nimmt auf die soeben dargelegte bundesgerichtliche Rechtsprechung Bezug. Sie erwägt, der Beschwerdeführer vermöge die Sachverhaltsdarstellung der ersuchenden Behörde nicht in Zweifel zu ziehen. Es seien keine konkreten Anhaltspunkte nachgewiesen, die dazu Anlass gäben, nicht auf die Erläuterungen der ersuchenden Behörde zu vertrauen und deswegen nicht auf ihre Angaben abzustellen (vgl. E. 3.1.3 des angefochtenen Urteils). Der dargestellte Sachverhalt und die Verbindung zwischen der B.________ Group Ltd. und dem Beschwerdeführer hält die Vorinstanz sodann für plausibel (vgl. E. 3.2.3 des angefochtenen Urteils). Im Lichte des Gesagten betrifft die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage lediglich die konkrete Anwendung der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Darstellung des massgebenden Sachverhalts durch die ersuchende Behörde, zur Prüfung der Plausibilität des Ersuchens sowie zum völkerrechtlichen Vertrauensprinzip durch die Vorinstanz auf den vorliegenden Einzelfall (vgl. E. 1.3 hiervor). Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 84a BGG vor.  
 
1.5. Im Ergebnis ist auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten.  
 
2.  
Diesem Verfahrensausgang entsprechend trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. September 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Zollinger