Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_571/2023  
 
 
Urteil vom 29. Februar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. August 2023 (IV.2023/127). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1972) meldete sich im März 2016 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung (berufliche Integration/Rente) an. Mit Mitteilung vom 7. März 2017 lehnte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen das Begehren um berufliche Eingliederungsmassnahmen mit der Begründung ab, gemäss ihren Abklärungen seien aufgrund des Gesundheitszustands aktuell keine beruflichen Eingliederungsmassnahmen möglich. Ausschlaggebend war dabei, dass A.________ am 6. März 2017 in eine stationäre psychiatrische Behandlung eingetreten war. Die Mitteilung enthielt den Hinweis, dass der Anspruch auf berufliche Massnahmen nach dem Austritt erneut geprüft werde. Mit Orientierungsschreiben vom 24. April 2018 teilte die IV-Stelle A.________ mit, die medizinischen Abklärungen hätten ergeben, dass weiterhin keine beruflichen Massnahmen möglich seien. Die Unterlagen würden zur Rentenprüfung weitergeleitet.  
Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die Medizinische Abklärungsstelle Bern ZVMB GmbH am 3. Februar 2020 ein polydisziplinäres Gutachten. Mit Verfügung vom 10. September 2020 verneinte die IV-Stelle einen Anspruch der A.________ auf Leistungen der Invalidenversicherung, da "kein andauerndes Krankheitsbild mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit" habe erhoben werden können. Diese Verfügung wurde unangefochten rechtskräftig. 
 
A.b. Am 14. September 2021 meldete sich A.________ erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Daraufhin teilte ihr die IV-Stelle mit Schreiben vom 28. September 2021 mit, ihr Gesuch um berufliche Massnahmen und Rentenleistungen sei mit Verfügung vom 10. September 2020 abgewiesen worden. Damit auf das neue Leistungsgesuch eingetreten werden könne, müsse eine seither erfolgte wesentliche Veränderung des rechtserheblichen Sachverhalts glaubhaft gemacht werden. Mit Vorbescheid vom 21. Oktober 2021 kündigte die IV-Stelle an, mangels Glaubhaftmachens einer relevanten Sachverhaltsveränderung nicht auf das Begehren um berufliche Massnahmen und Rentenleistungen einzutreten. Mit Verfügung vom 12. Januar 2022 entschied sie im Sinne des Vorbescheids.  
Mit Entscheid vom 12. Oktober 2022 wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die gegen den Nichteintretensentscheid betreffend Rente erhobene Beschwerde ab; den Nichteintretensentscheid betreffend berufliche Massnahmen ersetzte es durch den verfahrensleitenden Entscheid, dass auf das Begehren einzutreten sei. Es wies die Sache deshalb zur materiellen Prüfung des Begehrens an die IV-Stelle zurück. Die von der IV-Stelle dagegen geführte Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil 8C_661/2022 vom 26. Juni 2023 teilweise gut. Es hob den Entscheid des Versicherungsgerichts hinsichtlich der Eingliederungsmassnahmen auf und wies die Sache zur Prüfung, ob in Bezug auf die Eingliederungsmassnahme eine erhebliche Sachverhaltsveränderung glaubhaft gemacht ist, und anschliessender neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Mit Entscheid vom 9. August 2023 bejahte das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen eine glaubhaft gemachte wesentliche Veränderung des für die berufliche Eingliederung massgebenden Sachverhalts. Es hob den Nichteintretensentscheid der IV-Stelle vom 12. Januar 2022 betreffend berufliche Massnahmen auf und verpflichtete die Verwaltung, auf das Begehren der A.________ um berufliche Massnahmen einzutreten und die Sache materiell zu prüfen. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle, es sei der Entscheid des Versicherungsgerichts vom 9. August 2023 aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Während die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung verzichten, beantragt die Beschwerdegegnerin, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Eventualiter sei diese abzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 V 380 E. 1 Ingress mit Hinweis).  
 
1.2. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide (Art. 90 BGG), Teilentscheide (Art. 91 BGG), selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und den Ausstand (Art. 92 BGG) sowie gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. a und b BGG).  
 
1.3. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich formell gesehen um einen Rückweisungsentscheid. Dieser schränkt hier zwar den Entscheidungsspielraum der Verwaltung wesentlich, aber nicht gänzlich ein und stellt somit einen Zwischenentscheid dar. Das kantonale Gericht erwog, zeitliche Vergleichsbasis für die Glaubhaftmachung einer anspruchserheblichen Änderung im Sinn von Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV sei die Mitteilung vom 7. März 2017. Sie stellte alsdann fest, damals sei das Begehren um berufliche Eingliederungsmassnahmen nur mit der Begründung abgewiesen worden, wegen der stationären Behandlung seien berufliche Massnahmen "zurzeit" nicht möglich. Im Zeitpunkt der Neuanmeldung am 14. September 2021 habe sich die Beschwerdeführerin nicht mehr in einer stationären psychiatrischen Behandlung befunden. Damit sei eine im Sinne von Art. 87 Abs. 3 IVV wesentliche Veränderung des für die berufliche Eingliederung massgebenden Sachverhalts glaubhaft gemacht. Die Vorinstanz wies die IV-Stelle deshalb an, auf das Begehren um berufliche Eingliederungsmassnahmen vom 14. September 2021 einzutreten.  
Die IV-Stelle hingegen ist in ihrer Verfügung vom 12. Januar 2022 davon ausgegangen, dass der Sachverhalt vom 10. September 2020 als Vergleichsbasis massgebend sei. Sie macht nun letztinstanzlich zu Recht geltend, durch die materielle Vorgabe des kantonalen Gerichts eines falschen Vergleichszeitpunkts entstehe ihr ein nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da sie gezwungen werde, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen, die sie in der Folge nicht mehr anfechten könne (Urteil 8C_557/2022 vom 4. August 2023 E. 1.3 mit Hinweisen). Infolgedessen ist auf die Beschwerde der IV-Stelle einzutreten. 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellungen von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4). 
 
3.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie die Verfügung der IV-Stelle vom 12. Januar 2022 aufgehoben und die Sache zur materiellen Prüfung der Neuanmeldung für berufliche Eingliederungsmassnahmen zurückgewiesen hat. 
 
4.  
 
4.1. Eine Neuanmeldung wird nur materiell geprüft, wenn die versicherte Person glaubhaft macht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung in einem für den Rentenanspruch erheblichen Mass verändert haben (Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV; BGE 130 V 71 E. 2.2 mit Hinweisen; hinsichtlich der für den Vergleich des Sachverhalts massgebenden Zeitpunkte vgl. BGE 133 V 108; Urteil 9C_297/2016 vom 7. April 2017 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 143 V 77, jedoch in: SVR 2017 IV Nr. 51 S. 152). Gelingt ihr dies nicht, so wird auf das Gesuch nicht eingetreten. Ist die anspruchserhebliche Änderung hingegen glaubhaft gemacht, ist die Verwaltung verpflichtet, auf das neue Leistungsbegehren einzutreten und es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend zu prüfen (BGE 141 V 9 E. 2.3; Urteil 8C_746/2013 vom 10. Juni 2014 E. 2, in: SVR 2014 IV Nr. 33 S. 121); sie hat demnach in analoger Weise wie bei einem Revisionsfall nach Art. 17 ATSG vorzugehen (BGE 141 V 585 E. 5.3 a.E.).  
 
4.2. Für das Beweismass des Glaubhaftmachens genügt es, dass für das Vorhandensein des behaupteten rechtserheblichen Sachumstands wenigstens gewisse Anhaltspunkte bestehen, auch wenn durchaus noch mit der Möglichkeit zu rechnen ist, bei eingehender Abklärung werde sich die behauptete Änderung nicht erstellen lassen (Urteile 8C_465/2022 vom 18. April 2023 E. 3.2 und 9C_438/2022 vom 24. November 2022 E. 2; je mit Hinweis). Weder eine im Vergleich zu früheren ärztlichen Einschätzungen ungleich attestierte Arbeitsunfähigkeit noch eine unterschiedliche diagnostische Einordnung des geltend gemachten Leidens genügt per se, um auf einen veränderten Gesundheitszustand zu schliessen; notwendig ist vielmehr eine veränderte Befundlage (Urteil 9C_212/2021 vom 22. Oktober 2021 E. 4.4.1, in: SVR 2022 IV Nr. 19 S. 60; Urteil 8C_586/2022 vom 26. April 2023 E. 3.2).  
 
5.  
 
5.1. Im Urteil 8C_661/2022 vom 26. Juni 2023 äusserte sich das Bundesgericht auch zur Frage des massgeblichen Vergleichszeitpunkts. Es hielt fest:  
 
"Mit Verfügung vom 10. September 2020 wurde das Leistungsgesuch insgesamt (berufliche Integration/Rente) abgewiesen, da gemäss eingeholtem polydisziplinärem Gutachten kein 'andauerndes Krankheitsbild mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit erhoben werden' konnte. Mit anderen Worten wurde ein invalidenversicherungsrechtlich relevanter Gesundheitsschaden verneint. Diese Verfügung blieb unangefochten. Im Neuanmeldungsverfahren (berufliche Integration/Rente) wäre demnach glaubhaft zu machen gewesen, dass sich zwischenzeitlich die tatsächlichen Verhältnisse in einer für den Anspruch erheblichen Weise verändert haben." 
Zwar erwächst der Entscheid nur in jener Form in Rechtskraft, wie er im Dispositiv zum Ausdruck kommt, doch ergibt sich dessen sachliche Tragweite vielfach erst aus dem Beizug der Erwägungen. Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung werden daher die Erwägungen eines letztinstanzlichen Rückweisungsentscheids für die Behörde, an welche die Sache geht, und - im Hinblick auf ein zweites Urteil - auch für das Bundesgericht selbst verbindlich (zum Ganzen: Urteile 9C_185/2022 vom 2. Mai 2023 E. 3.2; 8C_824/2017 vom 27. März 2018 E. 2.2 mit Hinweisen). Weder das kantonale Gericht noch das Bundesgericht dürfen sich deshalb in ihrem neuen Entscheid auf Erwägungen stützen, die das Bundesgericht im Rückweisungsentscheid ausdrücklich oder sinngemäss verworfen hat. Wegen dieser Bindungswirkung der Gerichte ist es ihnen wie auch den Parteien, abgesehen von allenfalls zulässigen Noven, verwehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind. Dementsprechend hat die kantonale Instanz, die sich erneut mit der Sache auseinanderzusetzen hat, die rechtliche Einschätzung, mit der die Rückweisung begründet wird, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen, ohne dass im Dispositiv ausdrücklich auf die Erwägungen verwiesen wird (BGE 117 V 237 E. 2a; STEFAN HEIMGARTNER/HANS WIPRÄCHTIGER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 26 f. zu Art. 61 und J OHANNA DORMANN, ebenda, N. 18 zu Art. 107). 
 
5.2. Der Vorinstanz stand es demnach nicht frei, vom vorgebenen Vergleichszeitpunkt abzuweichen und auch das Bundesgericht bleibt daran gebunden. Von einem irrtümlich festgelegten Zeitpunkt kann im Übrigen keine Rede sein. Der Verfügung vom 10. September 2020 lag ein polydisziplinäres Gutachten der Medizinischen Abklärungsstelle Bern ZVMB GmbH vom 3. Februar 2020 zu Grunde. Darin kamen die Experten zum Schluss, dass bei der Beschwerdegegnerin keine relevanten Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit vorlägen. Eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit habe auch retrospektiv nie bestanden. Der beigezogene Arzt des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) übernahm die Beurteilung des Administrativgutachtens und hielt fest, es liege kein Krankheitsbild mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit fest. Die zuständige Sachbearbeiterin der IV-Stelle hielt daraufhin in ihrem Feststellungsblatt am 26. März 2020 fest, da kein IV-relevanter Gesundheitsschaden vorliege, resultiere kein Anspruch auf IV-Leistungen. Nach entsprechendem Vorbescheid wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren der Versicherten mit Verfügung vom 10. September 2020 ab. Der Titel der Verfügung lautete: "Kein Anspruch auf IV-Leistungen". Zur Begründung wurde ausgeführt, aus versicherungsmedizinischer Sicht habe kein andauerndes Krankheitsbild mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit erhoben werden können, weshalb Versicherungsleistungen der Invalidenversicherung abgelehnt würden. Damit hat die IV-Stelle augenscheinlich nicht bloss einen Rentenanspruch, sondern eben auch einen Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen verneint. Ob die Ablehnung sämtlicher Versicherungsleistungen, also auch der Eingliederungsmassnahmen, damals zu Recht erfolgt ist, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.  
Als Vergleichszeitpunkt für die Frage einer glaubhaft gemachten Veränderung des rechtserheblichen Sachverhalts gilt nach dem Gesagten der 10. September 2020. Die Beschwerdegegnerin selbst hat sich im kantonalen Beschwerdeverfahren stets auf diesen Zeitpunkt bezogen, wobei sie nicht zwischen dem Rentenbegehren und dem Gesuch um Eingliederungsmassnahmen unterschieden hat. Soweit sie nunmehr vorbringt, es sei offensichtlich unrichtig und willkürlich, auf den 10. September 2020 als Vergleichszeitpunkt abzustellen, verhält sie sich widersprüchlich. 
 
6.  
 
6.1. Die Vorinstanz bejahte das Glaubhaftmachen einer im Sinne von Art. 87 Abs. 3 IVV wesentlichen Veränderung des für die berufliche Eingliederung massgebenden Sachverhalts. Sie begründete dies damit, dass die IV-Stelle am 7. März 2017 das Begehren um berufliche Eingliederungsmassnahmen deshalb abgewiesen habe, weil solche wegen der damaligen stationären Behandlung der Beschwerdegegnerin nicht möglich gewesen seien. Im Zeitpunkt der Neuanmeldung am 14. September 2021 habe sich diese nicht mehr in einer stationären Behandlung befunden, womit eine Veränderung glaubhaft gemacht sei.  
 
6.2. Da im massgeblichen Vergleichszeitpunkt die beruflichen Eingliederungsmassnahmen - wie aufgezeigt - nicht aufgrund der stationären Behandlung der Beschwerdegegnerin, sondern aufgrund eines fehlenden Krankheitsleidens mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit abgelehnt wurden, ist die vom kantonalen Gericht festgestellte Veränderung - nunmehr gegebene objektive Eingliederungsfähigkeit - für die Frage des Glaubhaftmachens hier nicht relevant. Die Sache ist deshalb - antragsgemäss - an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie prüfe, ob in Bezug auf die Eingliederungsmassnahmen im massgeblichen Vergleichszeitraum vom 10. September 2020 bis zum 12. Januar 2022 eine erhebliche Sachverhaltsveränderung glaubhaft gemacht ist. Die Beschwerde der IV-Stelle ist begründet.  
 
7.  
Soweit die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung Kritik am Urteil 8C_661/2022 vom 26. Juni 2023 äussert und eine Änderung der Rechtsprechung betreffend das Erfordernis des Glaubhaftmachens einer erheblichen Veränderung im Rahmen der Neuanmeldung für berufliche Eingliederungsmassnahmen geltend macht, ist darauf nicht weiter einzugehen. Das Urteil ist am Tag der Ausfällung in Rechtskraft erwachsen (Art. 61 BGG) und kann im vorliegenden Verfahren nicht auf den Prüfstand gehoben werden. 
 
8.  
 
8.1. Hinsichtlich der Prozesskosten gilt die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid mit offenem Ausgang praxisgemäss als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1). Die Beschwerdegegnerin hätte demnach grundsätzlich die Gerichtskosten zu tragen. Unnötige Kosten hat indessen zu bezahlen, wer sie verursacht (Art. 66 Abs. 3, Art. 68 Abs. 4 BGG). Dies erlaubt es, die Gerichts- und Parteikosten ausnahmsweise der Vorinstanz bzw. dem Gemeinwesen, dem sie angehört, aufzuerlegen, namentlich, wenn sie in qualifizierter Weise die Pflicht zur Justizgewährleistung verletzt hat (BGE 142 V 551 E. 9.1 mit Hinweisen).  
 
8.2. Letzteres trifft hier zu. Die Vorinstanz hat die Erwägungen des Bundesgerichts im Rückweisungsentscheid missachtet und damit die IV-Stelle erneut zum Gang vor das Bundesgericht gezwungen. Weil dieses unnötige bundesgerichtliche Verfahren nicht der Versicherten angelastet werden kann, sind die Gerichtskosten dem Kanton St. Gallen zu überbinden.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. August 2023 aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und neu entscheide. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Kanton St. Gallen auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 29. Februar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest