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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_957/2023  
 
 
Urteil vom 10. Januar 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Stadtrichteramt Zürich, 
Verwaltungszentrum Eggbühl, 
Eggbühlstrasse 23, 8050 Zürich, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einsprache gegen Strafbefehl; Kosten (Widerhandlung gegen die Covid-19 Verordnung), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 5. Juli 2023 (UH230025-O/HON). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 1. Dezember 2021 rapportierte die Transportpolizei der SBB gegen A.________ wegen Missachtung von Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie. Sie erstattete Strafanzeige. A.________ war an jenem Tag anerkanntermassen ohne Gesichtsmaske mit einem öffentlichen Verkehrsmittel der SBB gefahren. 
Das Stadtrichteramt Zürich büsste A.________ mit Strafbefehl vom 7. April 2022 wegen Widerhandlung gegen die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung besondere Lage; SR 818.101.26; Fassung vom 19. November 2021) durch Missachten der Maskentragepflicht in einem Fahrzeug des öffentlichen Verkehrs, gestützt auf Art. 5 Abs. 1 und Art. 28 lit. e Covid-19-Verordnung besondere Lage, mit einer Busse von Fr. 100.--. Es auferlegte ihm zudem eine Kosten- und Gebührenpauschale von Fr. 150.--. 
A.________ bezahlte die Busse, erhob aber gegen die Kosten- und Gebührenpauschale Einsprache. Das Stadtrichteramt Zürich hielt am Strafbefehl fest und überwies die Akten an das Bezirksgericht Zürich. 
 
B.  
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verfügte das Bezirksgericht Zürich am 25. November 2022, die Kosten- und Gebührenpauschale des Strafbefehls seien A.________ aufzuerlegen. Die Untersuchungskosten von Fr. 350.-- seien indessen abzuschreiben, da sie durch unnötige Verfahrenshandlungen (Einvernahme des geständigen Einsprechers) entstanden seien. Das Bezirksgericht Zürich setzte die Kosten ihres Verfahrens auf Fr. 180.-- fest, wovon sie A.________ aufgrund seines teilweisen Obsiegens noch die Hälfte auferlegte. 
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Verfügung vom 5. Juli 2023 ab. 
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen sinngemäss, die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. Juli 2023 sei aufzuheben. In Anwendung des Ordnungsbussengesetzes hätte das gesamte Verfahren kostenlos sein müssen, weshalb ihm keine Kosten oder Gebühren aufzuerlegen seien. Weiter ersucht A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Anfechtungsobjekt der Beschwerde an das Bundesgericht ist der letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG), d.h. vorliegend die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. Juli 2023. Verfahrensgegenstand ist damit einzig die Frage, ob das Stadtrichteramt Zürich im ordentlichen Verfahren oder im Ordnungsbussenverfahren über die nicht bestrittene Widerhandlung gegen die Covid-19-Verordnung besondere Lage (Fassung vom 19. November 2021) durch Missachten der Maskentragepflicht in einem Fahrzeug des öffentlichen Verkehrs (Vorfall vom 1. Dezember 2021) zu entscheiden hatte. Der Beschwerdeführer ist daher mit Anträgen und Ausführungen, die ausserhalb des durch den angefochtenen Entscheid begrenzten Streitgegenstands liegen, nicht zu hören. So kann beispielsweise auf seine Vorbringen zur Zustellung des Strafbefehls, zur stadtrichteramtlichen Einvernahme, zur Auslastung der Justizbehörden und auf seine allgemeinen Einwände zur Maskentragepflicht daher nicht eingetreten werden. 
 
2.  
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat ein Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Um diesem Erfordernis zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2; 140 III 86 E. 2). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 IV 73 E. 4.1.2). 
Die Vorinstanz hält zunächst fest, gemäss Ordnungsbussengesetz vom 18. März 2016 (OBG; SR 314.1; Stand: 19. Dezember 2020) werde in einem vereinfachten Verfahren mit Ordnungsbusse bestraft, wer eine Übertretung begehe, die im Epidemiengesetz vom 28. September 2012 (EpG; SR 818.101) oder in einer Verordnung gestützt auf das EpG aufgeführt sei (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. a Ziff. 12a und lit. b OBG). Nach Art. 15 OBG liste der Bundesrat nach Anhörung der Kantone die Übertretungstatbestände auf, die durch Ordnungsbusse zu ahnden seien und bestimme den Bussenbetrag. In der am 1. Dezember 2021 geltenden Fassung der Ordnungsbussenverordnung vom 16. Januar 2019 (OBV; SR 314.11) sei mit einer Busse von Fr. 100.-- zu bestrafen, wer in geschlossenen Bereichen von Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs unbefugt keine Gesichtsmaske trage (OBV Anhang 2, Bussenliste 2, Ziff. XVI, Nr. 16002; Verfügung S. 5 E. 5). Ferner erwägt die Vorinstanz, damit das Ordnungsbussenverfahren im Einzelfall zur Anwendung komme, müssten weitere Voraussetzungen erfüllt sein. So würden Ordnungsbussen von Polizeiorganen und Behörden erhoben, die hierfür ermächtigt seien; es sei Sache der Kantone, diese zu bezeichnen (siehe Art. 2 Abs. 1 OBG). Zudem sei das Ordnungsbussenverfahren gemäss Art. 3 Abs. 1 OBG nur anwendbar, wenn die Vertreterin oder der Vertreter des zuständigen Organs die Widerhandlung selbst festgestellt habe. Vorliegend sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer zunächst von einem Zugbegleiter der SBB auf die Maskentragepflicht aufmerksam gemacht worden und er danach im Hauptbahnhof Zürich von der Transportpolizei der SBB kontrolliert worden sei. Dabei sei keine Busse erteilt worden. Die im Kanton Zürich zuständigen Organe zur Erhebung von Ordnungsbussen seien in den §§ 3 ff. der Kantonalen Bussenverordnung vom 10. Dezember 2019 (KOBV/ZH; LS 321.2) genannt. Ausdrücklich erwähnt würden dabei die Kantons-, Stadt- und Gemeindepolizei sowie weitere Organe gemäss Anhang 2 KOBV/ZH etc. Eine Zuständigkeit der Zugbegleiter der SBB oder der Transportpolizei ergebe sich aus der KOBV/ZH hingegen nicht. Mangels gesetzlicher Grundlage seien diese somit nicht befugt, bei einem Verstoss gegen die Maskentragepflicht eine Ordnungsbusse auszusprechen. Damit sei die erste Instanz zu Recht zum Schluss gelangt, dass im vorliegenden Fall das Ordnungsbussenverfahren nicht anwendbar gewesen sei, weshalb das Stadtrichteramt im ordentlichen Verfahren über die Widerhandlung des Beschwerdeführers zu entscheiden gehabt habe (Verfügung S. 5 E. 5 f.). 
Mit diesen zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz setzt sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeeingabe nicht auseinander. Sofern er darin sodann auf Akten verweist, kann darauf nicht eingetreten werden. Die Begründung der Beschwerde muss in der Beschwerdeschrift selbst enthalten sein (BGE 138 IV 47 E. 2.8.1; 134 I 303 E. 1.3; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer wendet ein, die Kantone seien verpflichtet, die zuständigen Organe zu bezeichnen, welche für die Erhebung von Ordnungsbussen ermächtigt seien (Beschwerde S. 1 f.). Entgegen seiner Auffassung bedeutet der Umstand, dass der Kanton Zürich - im Gegensatz z.B. zum Kanton Solothurn - die Transportpolizei nicht zur Erhebung von Ordnungsbussen ermächtigt hat, aber nicht, dass der Kanton Zürich seiner Pflicht zur Bezeichnung der diesbezüglich zuständigen Stellen nicht nachgekommen ist (vgl. §§ 3 ff. KOBV/ZH). 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz zumindest sinngemäss eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, weil sie nicht auf seinen Einwand eingegangen sei, wonach die Transportpolizisten der SBB mit POLICE angeschrieben seien, weshalb es für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass er es mit einer privaten Organisation zu tun habe (Beschwerde S. 3).  
 
3.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) folgt die Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Das Gericht muss in seiner Begründung wenigstens kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen es sich hat leiten lassen und auf die es seinen Entscheid stützt. Es darf sich auf die massgebenden Gesichtspunkte beschränken (BGE 147 IV 409 E. 5.3.4; 142 III 433 E. 4.3.2; 139 IV 179 E. 2.2; je mit Hinweisen).  
 
3.3. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist unbegründet. Der angefochtene Entscheid genügt den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Die Vorinstanz äussert sich hinlänglich zu den massgeblichen Ausführungen des Beschwerdeführers. Es ist nicht erforderlich, dass sie sich mit all seinen Vorbringen einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne ausdrücklich widerlegt. Sie kann sich auf die entscheidwesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 148 III 30 E. 3.1; 143 III 65 E. 5.2; je mit Hinweisen). Dies ist hier ohne Weiteres gegeben.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. 
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinen angespannten finanziellen Verhältnissen ist mit einer reduzierten Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Januar 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini