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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_5/2024  
 
 
Urteil vom 14. März 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Hartmann, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Vorsorgliche Massnahmen (Eigentumsrecht), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 3. Kammer, vom 20. November 2023 (ZSU.2023.204). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a.  
 
A.a.a. A.________ war Eigentümer und Betreiber des landwirtschaftlichen Gewerbes "G.________", bestehend aus den Grundstücken Nr. oo, pp, qq, rr, ss, tt, uu, vv sowie ww GB U.________.  
 
A.a.b. Am 1. November 2022 schloss er mit B.________ einen Arbeitsvertrag; dieser war mit einem Anspruch auf Verpflegung und Benützung einer Unterkunft beim Arbeitgeber (Kost und Logis) verbunden.  
 
A.a.c. Die hiervor genannten Grundstücke wurden am 21. April 2023 im Rahmen einer Betreibung auf Grundpfandverwertung versteigert. Gegen den Zuschlag erhob A.________ Beschwerde, welche die beiden kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen abwiesen. Die Sache ist vor Bundesgericht hängig (Verfahren 5A_643/2023).  
 
A.a.d. Nach der Versteigerung kam es zu Unstimmigkeiten zwischen A.________ und B.________, der angeblich anderen Betriebsangestellten den Zugang zur Betriebsunterkunft verwehrte und auch A.________ den Zugang zu seiner eigenen Wohnung versperrte. Er hat das Arbeitsverhältnis mit B.________ am 1. Juni 2023 schriftlich (und fristlos) gekündigt. Die Rechtsgültigkeit der Kündigung ist strittig.  
 
A.b.  
 
A.b.a. Bereits am 16. Mai 2023 gelangte A.________ an das Bezirksgericht Laufenburg und verlangte, es sei B.________ anzuweisen, den anderen Angestellten auf dem G.________ den Zutritt zu ihrem Hausteil und zu ihren Zimmern zu gewähren sowie diesen die Mitbenutzung der gemeinschaftlichen Teile wie Bad, Küche und Aussenterrasse zu gewähren; beziehungsweise es sei B.________ zu untersagen, den anderen Angestellten auf dem G.________ den Zugang zu ihrem Hausteil, zu ihren Zimmern, und zu den gemeinschaftlichen Teilen zu versperren (Rechtsbegehren 1). Ferner sei B.________ anzuweisen, auch dem Bewirtschafter des G.________s den Zugang zum Hausteil der Angestellten auf dem G.________ zu gewähren, beziehungsweise es sei B.________ zu untersagen, dem Bewirtschafter den Zugang zum Hausteil der Angestellten zu versperren (Rechtsbegehren 2). Sodann sei der Beschluss des Gerichts über die Punkte 1 und 2 B.________ vom Gericht schriftlich mitzuteilen (Rechtsbegehren 3). Schliesslich seien die Punkte 1 bis 3 superprovisorisch, ohne Anhörung der anderen Parteien, durch das Gericht zu beschliessen.  
 
A.b.b. Das Bezirksgericht wies das Gesuch um superprovisorische Anordnung der beantragten Massnahmen ab (Entscheid vom 19. Mai 2023).  
 
A.b.c. Im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels reichte A.________ am 3. Juli 2023 ein weiteres Gesuch ein. Er beantragte, B.________ sei mit sofortiger Wirkung von dem landwirtschaftlichen Gewerbe "G.________" auszuweisen (Rechtsbegehren 1) und die Polizei sei anzuweisen, die Ausweisung umgehend zu vollstrecken (Rechtsbegehren 2). Sodann seien die Punkte 1 und 2 superprovisorisch, ohne Anhörung der Gegenpartei, zu beschliessen.  
 
A.b.d. Das Bezirksgericht wies auch dieses Gesuch um superprovisorische Anordnung der beantragten Massnahmen ab (Entscheid vom 5. Juli 2023).  
 
A.b.e. In der Hauptsache behandelte das Bezirksgericht die Rechtsbegehren als Begehren um Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) und trat auf diese nicht ein. In einer Eventualerwägung führte es ferner aus, die Begehren seien selbst dann abzuweisen, wenn man die Gesuche als solche um vorsorgliche Massnahmen beurteilen müsste (Entscheid vom 4. September 2023).  
 
B.  
 
B.a. Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons Aargau, dem er beantragte, den Entscheid vom 4. September 2023 aufzuheben (Rechtsbegehren 1) und den Gesuchen vom 14. Mai 2023 und vom 2. Juni 2023 stattzugeben (Rechtsbegehren 2). Sodann sei die sofortige (oder innert einer vom Gericht zu bestimmender Frist) Ausweisung B.________s aus der Liegenschaft G.________ und die Zwangsvollstreckung anzuordnen, beziehungsweise für den Fall der Widerhandlung anzudrohen (Rechtsbegehren 3). Ferner sei B.________ zu verpflichten, für die Zeit vom 13. Mai 2023 bis zum 7. Juni 2023 dem Gesuchsteller eine Entschädigung von Fr. 100.-- pro Tag für den Entzug der Nutzung der Betriebsunterkunft zu bezahlen (Rechtsbegehren 4). Schliesslich sei B.________ zu verpflichten, für die Zeit ab dem 8. Juni 2023 dem Gesuchsteller eine Entschädigung von Fr. 150.-- pro Tag für den Entzug der Nutzung der Betriebsunterkunft zu bezahlen (Rechtsbegehren 5).  
 
B.b. Das Obergericht behandelte die Rechtsbegehren als Gesuche um Anordnung vorsorglicher Massnahmen i.S.v. Art. 261 ff. ZPO und wies diese ab (Entscheid vom 20. November 2023).  
 
C.  
Mit Eingabe vom 29. Dezember 2023 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht, dem er nebst zahlreichen Begehren auch jene unterbreitet, die er vor dem Obergericht gestellt hatte (Rechtsbegehren 6-9). 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 I 121 E. 1; 143 III 140 E. 1; 141 III 395 E. 2.1). 
 
1.1. Die Beschwerde betrifft eine vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 BGG) und richtet sich gegen den Entscheid eines oberen kantonalen Gerichts, das auf Rechtsmittel hin entschieden hat (Art. 75 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Das Obergericht ging von einem Streitwert von weniger als Fr. 30'000.-- aus, weshalb es in seiner Rechtsmittelbelehrung auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde hinwies. Der Beschwerdeführer bestreitet diese Feststellung und geht von einem Fr. 30'000.-- übersteigenden Streitwert aus. Wie es sich damit verhält, braucht aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht entschieden zu werden. Ebenso wenig braucht sich das Bundesgericht mit der Behauptung des Beschwerdeführers zu befassen, es stellten sich drei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, um daraus auf die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen zu schliessen (Art. 74 Abs. 2 Bst. a BGG).  
 
1.3. Das Obergericht hat die Gesuche des Beschwerdeführers als solche um Anordnung vorsorglicher Massnahmen behandelt. Diese Qualifikation beanstandet der Beschwerdeführer nicht.  
 
1.4. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, kann aus drei voneinander unabhängigen Gründen auf die Beschwerde nicht eingetreten werden:  
 
1.4.1.  
 
1.4.1.1. Selbständig eröffnete Massnahmeentscheide, die vor oder während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des Hauptverfahrens Bestand haben bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet wird, stellen Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG dar (BGE 144 III 475 E. 1.1.1; 138 III 76 E. 1.2, 333 E. 1.2; 137 III 324 E. 1.1). Dies gilt nicht nur, wenn eine vorsorgliche Massnahme erlassen, sondern auch wenn eine solche verweigert wird (Urteile 4A_447/2022 vom 11. November 2022 E. 1.2 mit Hinweisen). Der angefochtene Entscheid betrifft ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen, die vor einem Hauptverfahren beantragt wurden. Sie hätten - wenn gutgeheissen - nur unter der Bedingung Bestand, dass innert Frist ein Hauptverfahren eingeleitet wird (vgl. Art. 263 ZPO). Mithin schliesst der angefochtene Entscheid das Verfahren nicht im Sinn von Art. 90 BGG ab. Es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.  
 
1.4.1.2. Gegen Zwischenentscheide der hier angefochtenen Art ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden kann; rein tatsächliche Nachteile reichen nicht aus (BGE 144 III 475 E. 1.2; 143 III 416 E. 1.3; 142 III 798 E. 2.2). Es obliegt der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht (BGE 144 III 475 E. 1.2; 142 III 798 E. 2.2 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer äussert sich mit keinem Wort, inwiefern die Abweisung seiner Rechtsbegehren im vorsorglichen Massnahmeverfahren einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken könnte. Ein solcher springt auch nicht geradezu in die Augen. Daher kann mangels dieser Sachurteilsvoraussetzung nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.  
 
1.4.2.  
 
1.4.2.1. In einer Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann - wie im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 116 BGG) - nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Auch eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen - einschliesslich der vorinstanzlichen Feststellungen über den Ablauf des kantonalen Verfahrens (Prozesssachverhalt; s. dazu BGE 140 III 16 E. 1.3.1) - kommt nur in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Für alle Vorbringen betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 II 44 E. 1.2; 143 II 283 E. 1.2.2). Das bedeutet, dass die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten muss, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 146 I 62 E. 3; 134 II 244 E. 2.2; 133 II 396 E. 3.2).  
 
1.4.2.2. Der Beschwerdeführer bezieht sich einzig an einer Stelle seiner Beschwerdeschrift (Rz 10) auf verfassungsmässige Rechte. Er macht geltend, die Konstruktion einer fiktiven Rechtsnorm wie vorliegend, welche Gesetze verletze, verletze auch das Willkürverbot (Art. 9 BV) und die Wahrung des Anspruchs auf Gesetzmässigkeit (Art. 46 Abs. 1 BV). Die Weigerung, bestehende Gesetze anzuwenden, verletze ebenfalls das Willkürverbot (Art. 9 BV). Die Schaffung eines rechtsfreien Raums bezüglich der zwangsverwerteten Liegenschaft, welcher eine rechtmässige Bewirtschaftung abgesprochen werde, und welche uneinklagbaren Zugriffen durch beliebige Dritte ausgeliefert werde, verletze die Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV), das Willkürverbot (Art. 9 BV) und die Wahrung der Gesetzmässigkeit (Art. 46 Abs. 1 BV).  
 
1.4.2.3. Diese Ausführungen genügen den hiervor dargelegten Begründungsanforderungen offensichtlich nicht. Vorweg ist darin keine Sachverhaltsrüge zu erkennen. Die Rechtsrügen bleiben sehr allgemein und stellen keinen Bezug zwischen dem (vermeintlich) relevanten Sachverhalt und der (angeblich) davon betroffenen Rechtsnorm her, die offensichtlich unrichtig angewendet worden sein soll. Die Beschwerde ist offensichtlich ungenügend begründet, weshalb das Bundesgericht auch aus diesem Grund auf die Beschwerde nicht eintreten kann.  
 
1.4.3.  
 
1.4.3.1. Das Obergericht wies die Beschwerde aus drei eigenständigen Begründungen ab: Zum einen bestehe ab Stellung des Verwertungsbegehrens eine umfassende Zwangsverwaltung durch das Betreibungsamt (Art. 155 Abs. 1 i.V.m. Art. 102 Abs. 3 SchKG). Die gestellten Gesuche tangierten die Verwaltung des Grundstücks und der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft dargetan, dass das Betreibungsamt ihm die Verwaltungsbefugnisse übertragen hätte. Folglich habe er kein schützenswertes Interesse an der Durchsetzung seiner - ohnehin fraglichen - Eigentumsansprüche. Zum anderen könne aufgrund der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners vom 9. Mai 2023 bis 18. Juni 2023 nicht als glaubhaft erachtet werden, dass die Kündigung des Arbeitsvertrags vom 1. Juni 2023 gültig erfolgt sei. Schliesslich sei nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil drohe und die beantragten Massnahmen dringlich wären.  
 
1.4.3.2. Begründet die Vorinstanz des Bundesgerichts ihren Entscheid mit zwei oder mehreren voneinander unabhängigen Argumenten, ist jede der den Entscheid tragenden Erwägungen zu beanstanden (BGE 133 IV 119 E. 6.3), denn der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Beurteilung einer Rechtsfrage, die sich nicht auf das Ergebnis auswirkt; es fehlt diesfalls das schützenswerte Interesse an der Beschwerde (Art. 76 BGG).  
 
1.4.3.3. Der Beschwerdeführer äussert sich nicht zu den Erwägungen des Obergerichts, mit welchen es das Erfordernis eines nicht leicht wiedergutzumachenden Nachteils und der Dringlichkeit verneint. Diese Feststellungen tragen den angefochtenen Entscheid, weshalb die Beschwerde selbst dann abzuweisen wäre, wenn das Obergericht - was hier nicht zu prüfen ist - bei der Beurteilung der anderen Voraussetzungen in Willkür verfallen wäre. Auf die Beschwerde kann daher auch aus diesem Grund nicht eingetreten werden.  
 
1.5. Schliesslich und der guten Ordnung halber: Die Rechtsbegehren 1-4 stellt der Beschwerdeführer erstmals vor Bundesgericht; sie sind neu und daher unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG). Darauf kann das Bundesgericht nicht eintreten.  
 
2.  
Nach dem Ausgeführten kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 3. Kammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. März 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante